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Wie lässt sich das Vergängliche bewahren, wie der Liebe Dauer verleihen? Um diese Frage kreisen alle Texte über die große Liebe von der Antike bis heute. Denn alle Lust will Ewigkeit , formulierte Nietzsche treffend. Und eben dies leistet die Literatur: Sie garantiert, dass die Liebe fortdauert, selbst über den Tod hinaus. Auch wenn die Liebenden längst gestorben sind und ihr Andenken erloschen, spricht die Literatur noch von ihrer großen Liebe, als sei sie eben erst geschehen. Dies mag ein Grund sein für die enge Allianz, die Literatur und Liebe seit jeher eingegangen sind. Bei diesem…mehr

Produktbeschreibung
Wie lässt sich das Vergängliche bewahren, wie der Liebe Dauer verleihen? Um diese Frage kreisen alle Texte über die große Liebe von der Antike bis heute. Denn alle Lust will Ewigkeit , formulierte Nietzsche treffend. Und eben dies leistet die Literatur: Sie garantiert, dass die Liebe fortdauert, selbst über den Tod hinaus. Auch wenn die Liebenden längst gestorben sind und ihr Andenken erloschen, spricht die Literatur noch von ihrer großen Liebe, als sei sie eben erst geschehen. Dies mag ein Grund sein für die enge Allianz, die Literatur und Liebe seit jeher eingegangen sind. Bei diesem Rundgang durch die Literaturgeschichte begegnen dem
Leser die verschiedensten Spielarten und Protagonisten der großen Liebe. Vorgestellt und erläutert werden u.a. Werke und Gedanken von Ovid, dem Prediger Salomo, Novalis, Schiller, Martin Walser oder Elfriede
Jelinek. Matthias Luserke-Jaqui ist ein überraschend frischer Blick auf ein ebenso altes wie unerschöpfliches Thema gelungen.
Autorenporträt
Matthias Luserke-Jaqui, geb. 1959, ist Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Technischen Universität Darmstadt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.09.2011

Jetzt, jetzt, schnell, schnell
Gefangen im Treibsand der Langeweile: Matthias Luserke-Jaqui schreibt eine Literaturgeschichte der großen Liebe

Vor einigen Jahren diagnostizierte der Literaturwissenschaftler Thomas Anz bei seiner Zunft eine grassierende Lustfeindlichkeit, weil sie das zentrale Charakteristikum der Literatur ignoriere, nämlich Lust zu bereiten. Nun ist der Darmstädter Germanist Matthias Luserke-Jaqui nicht nur angetreten, mit diesem Missstand aufzuräumen. Er hat mit seiner "Kleinen Literaturgeschichte der großen Liebe" höhere Ambitionen: "Einen Text über Liebe zu lesen, generiert Wissen über Liebe (vielleicht sogar Liebe selbst?)."

Letzteres sei dahingestellt, die Lustqualitäten etlicher der vom Autor präsentierten Textzeugnisse sind dagegen offensichtlich. Wie etwa dieses "antiken Zauberspruchs": "Der schmachtende Hermeias erbittet von Anubis, dass seine Geliebte, ,schmelzend in Liebesbegierde zu allen Stunden von Tag und Nacht' sein möge, bis sie, gepeitscht vom Begehren, zu ihm komme, ,dienend meinem und ihrem Liebesverlangen ohne Zögern und ohne Scham, Schenkel an Schenkel, Leib an Leib pressend und ihr Schwarzes an mein Schwarzes, das höchste Wonne bringt, jetzt, jetzt, schnell, schnell'."

Solche Fundstücke entschädigen ein wenig dafür, dass sich Luserke-Jaquis umfangreicher Essay über weite Strecken wie eine Art Zitatesammlung liest. Mühsam hangelt sich der Autor mit Paraphrasen von Zitat zu Zitat, in denen ein ums andere Mal die Liebe beschworen wird, als gelte es auszutesten, mit wie wenig Eigenleistung man heutzutage Bücher veröffentlichen kann. Oder soll diese Zitierfreudigkeit die an den untersuchten Texten aufgezeigte Geschwätzigkeit der "großen Liebe" widerspiegeln? Die große Liebe, das ist für Luserke-Jaqui die erfüllte, glückliche Liebe, die stets auch die körperliche Dimension mit einschließt - und nicht die unglückliche oder tragische Liebe. Nicht "Romeo und Julia" oder der "Werther" also stehen hier im Mittelpunkt, sondern Schlegels "Lucinde", Musils "Mann ohne Eigenschaften" und Nicholson Bakers Roman "Vox" (1992).

Ein Gegenwartsautor, der hier fehlt, wäre Hanns-Josef Ortheil, etwa mit seinem Roman "Das Verlangen nach Liebe". An ihm hätte sich ebenso wie an den genannten Textbeispielen ein prinzipielles ästhetisches Problem untersuchen lassen, das bei Luserke-Jaqui ausgeblendet bleibt: Glück, auch die glückliche Liebe, ist ein episodisches Phänomen. "Wir sind so eingerichtet, dass wir nur den Kontrast intensiv genießen können, den Zustand sehr wenig", lehrte einst Freud. Liebesromane zum Beispiel müssen nicht unbedingt schlecht ausgehen, um als satisfaktionsfähig zu gelten - sollten den Leser aber zumindest einem Wechselbad der Gefühle aussetzen. Üblicherweise durch die Inszenierung äußerer und innerer Widerstände, welche die Figuren erst überwinden müssen, um zueinander zu finden. Während Trennungen aller Art fast schon automatisch Spannungen erzeugen, muss, wer eine geglückte Liebe beschreibt, besondere Textstrategien entwickeln, um gegen den Treibsand der Langeweile anzukämpfen.

Luserke-Jaqui geht es in seinem aus diversen Aufsätzen montierten Essay allerdings nicht um die glückliche Liebe allein, sondern um den "Zusammenhang von großer Liebe und lustvoller Frau", denn: ",Große Liebe' imaginiert das Bild der lustvollen Frau." Warum es nicht auch um lustvolle Männer geht, bleibt offen, sicher scheint indes, das die Beschreibungen von "lustvollen Frauen" durch männliche Autoren immer auch Männerphantasien sind, ein Aspekt, den Luserke-Jaqui zwar anführt - ein Kapitel widmet sich sogar Elfriede Jelineks Roman "Lust". Und doch stellt der Autor seine literarischen Beispiele auf eine grundsätzlichere Weise in Frage, als ihm bewusst zu sein scheint.

OLIVER PFOHLMANN

Matthias Luserke-Jaqui: "Kleine Literaturgeschichte der großen Liebe".

Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2011. 198 S., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Oliver Pfohlmann sieht zwar der "Lustfeindlichkeit", die Thomas Anz seinen Schriftstellerkollegen insgesamt vorwarf, mit diesem Essay zur "großen Liebe" in der Literatur von Germanist Matthias Luserke-Jaqui entgegengearbeitet. Trotzdem kritisiert er das Ergebnis als vor allem durch Paraphrasen zusammengehaltene Zitatensammlung, die sich nicht eben lustvoll lesen lässt. Zudem reflektiert der Autor darin zu seinem Unwillen kaum, dass die glückliche Liebe für Schriftsteller ein spezielles Darstellungsproblem birgt, wollen sie nicht langweilen. Außerdem wundert es Pfohlmann schon ein wenig, dass Luserke-Jaqui der großen Liebe zwar die "lustvolle Frau" zur Seite stellt, den "lustvollen Mann" dabei aber nicht bedenkenswert zu finden scheint. Damit verstrickt sich der Autor seiner Meinung nach in "Männerphantasien", ohne sich dessen bewusst zu sein, wie der Rezensent bemängelt.

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