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Die vorliegende Quellensammlung dokumentiert erstmals umfassend die intellektuelle Kontroverse zwischen Heiden und Christen während der ersten Jahrhunderte. Anhand repräsentativer Texte werden in historisch-systematischer Gliederung zunächst die verschiedenen Anlässe, Phasen und Protagonisten der Auseinandersetzungen vom 2. bis 5. Jahrhundert vorgestellt, anschließend die unterschiedlichen Argumentationsstrategien und Hauptthemen des zwischen Christengegnern und Apologeten ausgetragenen Disputs veranschaulicht. Die Fremdwahrnehmung des frühen Christentums und dessen argumentative Begründung…mehr

Produktbeschreibung
Die vorliegende Quellensammlung dokumentiert erstmals umfassend die intellektuelle Kontroverse zwischen Heiden und Christen während der ersten Jahrhunderte. Anhand repräsentativer Texte werden in historisch-systematischer Gliederung zunächst die verschiedenen Anlässe, Phasen und Protagonisten der Auseinandersetzungen vom 2. bis 5. Jahrhundert vorgestellt, anschließend die unterschiedlichen Argumentationsstrategien und Hauptthemen des zwischen Christengegnern und Apologeten ausgetragenen Disputs veranschaulicht. Die Fremdwahrnehmung des frühen Christentums und dessen argumentative Begründung des eigenen Wahrheitsanspruchs kommen dabei ebenso zur Sprache wie die religiös-philosophischen Hintergründe der Kritik, die heidnische Denker gegen jenes christliche Selbstverständnis formulierten.
Autorenporträt
Michael Fiedrowicz, geb. 1957. Studium der katholischen Theologie, Philosophie und Klassischen Philologie in Berlin, Paderborn und Rom; seit 2001 Professor für Kirchengeschichte des Altertums, Patrologie und christliche Archäologie an der Theologischen Fakultät Trier, zahlreiche Veröffentlichungen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.01.2005

Auch Schrullen haben Tiefgang
Michael Fiedrowicz sammelt Heiden und Christen in Quellen

Im Jahre 177 richtete der christliche Philosoph Athenagoras eine Bittschrift an Kaiser Marc Aurel und seinen Sohn Commodus, in dem er zunächst feststellte, daß im Römischen Reich grundsätzlich religiöse Toleranz herrsche. Sodann beklagte er sich, daß diese Toleranz für die Christen nicht gelte, welche in vielfältiger Weise nur um ihres Namens willen unterdrückt würden. Flehentlich bat er die Monarchen, "auch in unserer Sache nach dem Rechten zu sehen, damit wir nicht länger mehr Opfer von Denunzianten sein müssen".

Keine zweihundert Jahre später verfaßte der sizilianische Anwalt Firmicus Maternus eine Hetzschrift "Über den Irrtum der gottlosen Religionen", die er an die Kaiser Constantius II. und Constans adressierte. Darin rief er die Herrscher dazu auf, die paganen Kulte mit Stumpf und Stiel auszurotten: "Aber auch euch, allerheiligste Kaiser, wird die Verpflichtung, dieses Übel zu züchtigen und zu strafen, auferlegt, und dies wird euch durch das Gesetz des höchsten Gottes geboten, daß eure Strenge den Frevel der Idolatrie auf jede erdenkliche Weise verfolge."

Wer sich mit der Kirchengeschichte der ersten Jahrhunderte befaßt, ist immer wieder frappiert über die bisweilen beklemmende Aktualität jener Epoche. Der Kirche, eben noch um ihres Glaubens willen drangsaliert und auch verfolgt, gelang es im Zuge der Konstantinischen Wende blitzschnell, sich in der spätantiken Gesellschaft als Mehrheitsreligion mit einem entsprechenden Machtbewußtsein zu etablieren. Das ging zwar nicht ohne Konflikte mit den politischen Gewalten ab - allein, von wenigen Ausnahmen abgesehen, riskierte man diese Auseinandersetzungen nur, wenn es um die eigene Lehre und die eigene Unabhängigkeit ging. Der im Laufe des vierten Jahrhunderts zunehmenden staatlichen Repression der paganen Kulte trat die Kirche hingegen nicht entgegen, im Gegenteil: Man nahm die Staatsmacht gerne in Anspruch, um paganen Forderungen auf gesellschaftliche und geistige Partizipation und staatliche Subventionierung entgegenzutreten. Das konnte zu regelrechten Pogromen führen. Firmicus Maternus gehört ohne Zweifel zu den "Schreibtischtätern" dieser Heidenverfolgungen.

Historische Befunde wie diese werfen einmal mehr die Frage auf: Trägt das Christentum durch Einübung von Tugenden zum Zusammenhalt der Gesellschaft bei, oder wirkt es durch sein Insistieren auf einem biblisch begründeten Wahrheitsbegriff sozial eher destruktiv, indem es durch seinen Absolutheitsanspruch die Intoleranz gegenüber Andersgläubigen befördert? Bei sorgfältiger Lektüre des neuen Buches "Christen und Heiden" aus der Feder des Trierer katholischen Kirchenhistorikers Michael Fiedrowicz wird deutlich, daß die Antwort, bezogen auf die ersten fünf Jahrhunderte, zwiespältig ausfällt: Ideologischen Betonköpfen wie Firmicus Maternus standen Denker wie Origenes im dritten Jahrhundert oder Augustinus am Ausgang der Spätantike gegenüber, die bei aller Kritik imstande waren, den Beitrag der heidnischen Philosophie und Literatur auch für das Christentum anzuerkennen.

Wenn man Fiedrowicz' fast achthundert Seiten starkem Quellenband eines vorwerfen kann, dann höchstens dies, daß er nicht umfangreich genug ist. Durch die Konzentration auf die Texte, in denen die Christen ihre Religion gegen Angriffe von paganer Seite verteidigten, bleibt die synthetische Leistung der christlichen Theologen unterrepräsentiert, die das pagane Erbe eben nicht rundheraus abgelehnt und unterdrückt, sondern in vielfältiger Weise adaptiert und überformt haben. Das gilt für den Platonismus der großen kappadokischen Mönchsbischöfe ebenso wie in ganz anderer Weise für die christliche Latinität eines Laktanz oder eines Hieronymus, um von dem Aristoteles-Übersetzer Boethius gar nicht zu reden. Der apologetische beziehungsweise kontroverstheologische Kontext der Schriften, die sich mit den anderen Religionen auseinandersetzten (und die in ihrer Polemik oft nur den bisweilen rauhen Umgangston widerspiegelten, wie er in der Auseinandersetzung zwischen den Philosophenschulen seit jeher gang und gäbe war), verdeckt, daß die Ausbildung der christlichen Trinitätslehre ohne das begriffliche Instrumentarium des Neuplatonismus oder die Vulgata ohne die rhetorischen Schriften eines Cicero nicht denkbar gewesen wären.

Schon vor einigen Jahren hatte Fiedrowicz ein vielbeachtetes Handbuch der altkirchlichen Apologetik veröffentlicht, das sich mittlerweile zu einem Standardwerk entwickelt hat und bereits in zweiter Auflage vorliegt. Der hier zu besprechende Band versammelt die einschlägigen Texte dazu in gut lesbaren Übersetzungen, ergänzt um Einleitungen und Anmerkungen, die - fast ohne jedes Fachvokabular - in knapper Form die wesentlichen Informationen zum besseren Verständnis der antiken Autoren bieten. Im Aufriß folgt der Quellenband der früheren Darstellung und kann einfach danebengelegt werden. Es ist aber fast reizvoller, sich ganz auf die Originaltexte einzulassen und darin kreuz und quer zu lesen. Dann häufen sich die Déjà-vu-Erlebnisse: Wie soll man die Bibel auslegen? Kann man ernsthaft einen Menschen als Gott denken? Wie läßt sich die Erwartung einer allgemeinen Totenauferstehung plausibilisieren? Ist die Ethik der Christen sozialverträglich? Ist das Christentum rational zu begründen und zu verantworten?

Zu all diesen Fragen bietet Fiedrowicz aus der Literatur der ersten fünf Jahrhunderte überreichlich Lesestoff, wobei er in einem ersten Teil die wichtigsten Protagonisten dieser Auseinandersetzung chronologisch vorstellt, während anschließend die zwischen Christen und Nichtchristen verhandelten Themen in systematischer Darstellung vorgeführt werden. Die schneidende (und überraschend aktuelle) Bibelkritik des vom Christentum enttäuschten Philosophen Porphyrios ist hier ebenso dokumentiert wie die christlichen Auseinandersetzungen mit manchen Absurditäten des spätantiken Polytheismus, die an die Schrullen moderner Esoterik erinnern. In einer Zeit, in der die Philosophie einen Monopolanspruch im Hinblick auf das wiedererwachte Interesse an einer öffentlichen Wahrheits- und Wertediskussion geltend machen möchte, wird aus der Lektüre dieses Bandes einmal mehr deutlich, daß es eben nicht damit getan ist, den christlichen Monotheismus pauschal für geistigen Obskurantismus und Intoleranz in Vergangenheit und Gegenwart verantwortlich zu machen. Auch wenn das Christentum nicht schuldlos ist an der Unterdrückung und Verfolgung Andersdenkender und -gläubiger, so hat es doch gleichzeitig einen erheblichen Beitrag zur rational verantworteten Existenzvergewisserung des Menschen und zu einer humanen Organisation der Gesellschaft geleistet.

Fiedrowicz ist aufgrund seiner gründlichen Kenntnis der antiken Quellen und seiner hohen philologischen Kompetenz das Kunststück gelungen, ein Lesebuch für Fachleute wie Laien gleichermaßen vorzulegen. Es steht allerdings zu befürchten, daß sein hoher Preis einer weiteren Verbreitung im Wege steht.

WOLFRAM KINZIG.

Michael Fiedrowicz: "Christen und Heiden". Quellentexte zu ihrer Auseinandersetzung in der Antike. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2004. 799 S., geb., bis 31.12.2005 128,-, danach 148,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Der Autor ist Kirchenhistoriker, informiert Wolfram Kinzig, und vor ein paar Jahren habe er ein Handbuch der kirchlichen Apologetik veröffentlicht, das mittlerweile zum Standardwerk geworden sei. Das Quellenbuch zum Handbuch liegt nun auch vor, zu einem Preis, der allerdings nur gut betuchte Leser oder institutionelle Stellen zum Kauf animieren dürfte. Vom Aufriss her folgt der Quellenband dem Handbuch, das heißt man kann die beiden Bände nebeneinander legen und beim jeweiligen Stichwort den Originaltext in guter Übersetzung nachlesen, ergänzt um eine Einleitung und Anmerkungen. Noch reizvoller erscheint es Kinzig, sich auf die Quellentexte allein einzulassen, und ironisierend merkt er an, wenn man eins dem Band vorwerfen müsse, dann dass er nicht umfangreich genug sei (800 Seiten!). Friedrowicz habe sich vor allem auf die Texte der frühen Christen konzentriert, die ihre Religion gegen den Paganismus verteidigten und ihrerseits heftige Anfälle der Intoleranz gegen die Heiden bekamen. Dennoch sei es unrichtig, resümiert Kinzig seine aufgefrischte Kenntnis der Quellen, das Christentum pauschal für Obskurantismus und Intoleranz gegenüber Andersgläubigen verantwortlich zu machen. Friedrowicz habe gute philologische Arbeit geleistet.

© Perlentaucher Medien GmbH