Marktplatzangebote
2 Angebote ab € 85,00 €
  • Buch mit Leinen-Einband

Im Sommer 1991 wurde eine Gruppe Jenaer Studenten zum Abschluß eines Johnson-Seminars nach New York eingeladen. Nach Betrachtung der Roman-Schauplätze - und in deutlicher Unterschätzung des Aufwands - beschlossen einige der Reisenden auf dem Heimflug, die Jahrestage zu kommentieren. Alles, was an geographischen, zeitgeschichtlichen und literarischen Bezügen erkennbar ist, sollte erklärt werden. Seitdem wird am Zeilenkommentar zu einem der bedeutendsten Werke der deutschen Gegenwartsliteratur gearbeitet. Mit zunehmender Dauer der Arbeit haben sich die Zusammensetzung der Gruppe und Einzelheiten…mehr

Produktbeschreibung
Im Sommer 1991 wurde eine Gruppe Jenaer Studenten zum Abschluß eines Johnson-Seminars nach New York eingeladen. Nach Betrachtung der Roman-Schauplätze - und in deutlicher Unterschätzung des Aufwands - beschlossen einige der Reisenden auf dem Heimflug, die Jahrestage zu kommentieren. Alles, was an geographischen, zeitgeschichtlichen und literarischen Bezügen erkennbar ist, sollte erklärt werden.
Seitdem wird am Zeilenkommentar zu einem der bedeutendsten Werke der deutschen Gegenwartsliteratur gearbeitet. Mit zunehmender Dauer der Arbeit haben sich die Zusammensetzung der Gruppe und Einzelheiten des Vorhabens geändert; die Idee ist geblieben: ein Buch zum Buch von Lesern für Leser. Es schreibt keinem vor, wie der Roman zu lesen sei, sondern stellt das Material bereit, das sonst mühsam aus Landkarten, Lexika und Johnsons Leseliste zusammengesucht werden müßte.
Entstanden ist auf diese Weise ein grundlegendes Werk der Johnson-Forschung. Es ist nützlich für Erstleser und informativ für Ken ner; für wissenschaftlich Interessierte wird es unverzichtbar sein. Der Kommentar enthält eine Fülle von Material zu Uwe Johnsons Umgang mit der New York Times, dem Spiegel, den Mecklenburgiana; darüber hinaus Angaben zu Personen und Schauplätzen. Die Einträge verdeutlichen, weshalb eine Stelle in der Forschung diskutiert wird; Verweise auf Sekundärliteratur machen diese Diskussion nachvollziehbar - der Gebrauch des Bandes ist jedoch davon nicht abhängig.
Der Kommentar ist ausdrücklich auch an die Noch-nicht-Leser gerichtet, die neugierig gemacht werden sollen auf den Gegenstand der Bemühungen.
Autorenporträt
Holger Helbig, geb. 1965, Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Rostock, promovierte mit einer Arbeit über Uwe Johnsons Roman 'Das dritte Buch über Achim', gründete 1994 zusammen mit Ulrich Fries das 'Johnson-Jahrbuch', Mitherausgeber der 'Johnson-Studien', Mitherausgeber von 'Johnsons Jahrestage . Der Kommentar'.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.07.2000

Heinrich, du rædst uns dot
Teach-in: Ein Kommentar zu Uwe Johnsons Roman "Jahrestage"

Der Schriftsteller Uwe Johnson nahm es mit sich und der Welt sehr genau. Was er schrieb, sollte Hand und Fuß haben, ordentlich gearbeitet sein. Ungefähr bleiben kam nicht in Frage. Den Höhepunkt in der Kunst, seine Figuren ins Nachprüfbare hineinzuschreiben, hat er in seinem Roman "Jahrestage" (1970 bis 1983) erreicht, dessen vierter Band ein Jahr vor dem Tod des Autors erschien. Ein Gestöber von Realien durchweht hier den Raum des Erzählens. Dies nicht nur deshalb, weil die Hauptfigur, Gesine Cresspahl, auf ihrem Weg durch das Jahr vom August 1967 bis zum August 1968 von der "New York Times" und ihren Nachrichten begleitet wird. Sondern weil in den "Jahrestagen" der Roman insgesamt den Verlässlichkeitsgeboten der Chronik Tribut zollt. Keine Redewendung, kein Ortsname, selbst wenn er fiktiv ist, kein historisches Datum und keine Entfernung darf ungeprüft passieren.

Schon lange gibt es ein sehr nützliches Adressbuch zum Roman von Rolf Michaelis. Jetzt ist ein voluminöser "Kommentar" hinzugekommen, der Seite für Seite ein riesiges Teach-in veranstaltet. Er umfasst nahezu zwölfhundert Seiten, weil er mit dem Schlimmsten rechnet: einem "Jahrestage"- Leser, der an jedem Detail interessiert, unglücklicherweise aber von Amnesie befallen ist und weder ein Konversationslexikon noch einigermaßen ordentliche Atlanten zur Hand hat. Er liest seinen Johnson gewissermaßen im Stand der absoluten Unschuld. Man muss ihm erklären, wer Tucholsky war und dass Bratislava die Hauptstadt der Slowakei ist. Er kennt weder Tilla Durieux noch Rudi Dutschke und die Geschichte des zwanzigsten Jahrhunderts ist ihm ein Buch mit sieben Siegeln. Auch Fontanes "Schach von Wuthenow", den der Praktikant Weserich so eindringlich auslegt, hat er nie gelesen.

Es steckt aber in dem voluminös aufgeschwemmten ein nützliches, sehr viel schmaleres Repertorium, das sich des Spezifisch-Erläuterungsbedürftigen der "Jahrestage" annimmt. Man findet hier nicht nur die niederdeutschen "Brassköppe" und "Wruken", sondern auch die Auflösung der "Dederon-Gardinen" (Dederon = DDR-Begriff für Perlon) oder den "Kükendraht", der sich dem englischen "chicken wire" an die Seite stellt.

lm

Holger Helbig u. a. (Hrsg.): "Johnsons ,Jahrestage'. Der Kommentar". Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1999. 1133 S., geb., 139, - DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

"Unentbehrlich" findet Uwe Steiner diesen Kommentar, wenn man als Leser die Beschäftigung mit Johnsons `Jahrestagen` als "prüfende Lektüre" versteht. Dem Rezensenten scheint es wichtig, darauf hinzuweisen, dass durch die vielen Zitate in diesem Band aus der `New York Times` nicht nur deutlich gemacht werden soll, welchen Hintergrund Johnsons Informationen hatten, sondern auch wie der Schriftsteller dieses Material ausgewertet hat. Denn dies geht schließlich weit über das hinaus, was die Protagonistin Gesine Cresspahl in dem von Johnson geschilderten einen Jahr aus ihrem Leben täglich durch diese Zeitung erfährt bzw. was sie zur Kenntnis nimmt. Der "beschränkte" Blick von Gesine Cresspahl wird so also um den "erweiterten" Blick Johnsons ergänzt. Gleichzeitig ist es nach Ansicht des Rezensenten unabdingbar, dass bestimmte Informationen, auch wenn sie damals politisch von großer Bedeutung waren (wie etwa das Massaker von My Lai, bei dem amerikanische Soldaten 567 Zivilisten töteten), hier nicht erwähnt werden.

© Perlentaucher Medien GmbH