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In diesen Gedichten ist von seltsamen Dingen die Rede: von Dämmerungen und vom Gras, von Flüssen, die nicht fließen wollen, von Briefen ohne Absender, von Mücken, Krähen, Wasserläufern und vom Tod. Es ist eine einfache Welt, die darauf besteht, in ihrer Besonderheit wahrgenommen zu werden, diesseits und jenseits der Begriffe, die sie verstellen.
Die poetischen Augenblicke und Notate in diesem Buch wollen weder eine verlorengegangene Welt der Vergangenheit aufscheinen lassen noch eine katastrophische Welt der Zukunft imaginieren. Sie geben sich mit dieser zufrieden, obwohl sie dem Jetzt
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Produktbeschreibung
In diesen Gedichten ist von seltsamen Dingen die Rede: von Dämmerungen und vom Gras, von Flüssen, die nicht fließen wollen, von Briefen ohne Absender, von Mücken, Krähen, Wasserläufern und vom Tod. Es ist eine einfache Welt, die darauf besteht, in ihrer Besonderheit wahrgenommen zu werden, diesseits und jenseits der Begriffe, die sie verstellen.

Die poetischen Augenblicke und Notate in diesem Buch wollen weder eine verlorengegangene Welt der Vergangenheit aufscheinen lassen noch eine katastrophische Welt der Zukunft imaginieren. Sie geben sich mit dieser zufrieden, obwohl sie dem Jetzt mißtrauen.

"Michael Krüger lässt nicht die Natur dichten. Es gelingt ihm aber immer wieder scheinbar mühelos, die Worte anzuheuern, welche Natur, Welt und ihn und uns selber zur Sprache bringen. Das ist stärkend." -- Süddeutsche Zeitung

"Schreibend die Natur schreiben zu lassen, das verstehen nur wenige. Zu ihnen gehört Michael Krüger." -- Beatrice von Matt, Neue Zürcher Zeitung
Autorenporträt
Krüger, Michael
Michael Krüger wurde am 9. Dezember 1943 in Wittgendorf/Kreis Zeitz geboren. Nach dem Abitur an einem Berliner Gymnasium absolvierte er eine Verlagsbuchhändler- und Buchdruckerlehre. Daneben besuchte er Veranstaltungen der Philosophischen Fakultät als Gasthörer an der Freien Universität Berlin. In den Jahren von 1962-1965 lebte Michael Krüger als Buchhändler in London. 1966 begann seine Tätigkeit als Literaturkritiker. Zwei Jahre später, 1968, übernahm er die Aufgabe des Verlagslektors im Carl Hanser Verlag, dessen Leitung er im Jahre 1986 übernommen hat. Seit 1981 ist er Herausgeber der Literaturzeitschrift Akzente. Im Jahr 1972 veröffentlichte Michael Krüger erstmals seine Gedichte, und 1984 debütierte er als Erzähler mit dem Band Was tun? Eine altmodische Geschichte. Es folgten weitere zahlreiche Erzählbände, Romane, Editionen und Übersetzungen. Die Cellospielerin ist sein erster Roman im Suhrkamp Verlag. Michael Krüger lebt in München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.09.2010

Draußen sind wir zu finden
Gleiche Gewichte: Was Michael Krüger in der Natur liest

Die Metapher der Lesbarkeit der Welt hat Hans Blumenberg zufolge in der Moderne kritisches Potential freigesetzt, weil sie unwillkürlich mit dem Wunsch verbunden ist, die sichtbare Welt möge mehr Bedeutung für den Menschen zeigen, als vernünftigerweise von ihr erwartet werden kann. Schon bei Charles Baudelaire zeigt sich die widersprüchliche Angewiesenheit des modernen lyrischen Subjekts auf die Anschauung der Natur. Ihre nichtmenschliche Sprache scheint stumm und soll doch mit menschlichen Mitteln zum Ausdruck kommen, um der Zerstörung des Herzens im naturbeherrschenden Fortschritt durch Eingedenken des Verlorenen zu trotzen.

Auch das Ich, dass in Michael Krügers neuem Gedichtband mit sich und der Welt ins Reine kommen möchte, beharrt gegen die technologische Ratio auf der Bedeutung des Sichtbaren. "Wieder lese ich, gegen meinen Willen, / von der Gleichgültigkeit der Natur / und stürze in den zerzausten Garten, / um mich, mit den Vögeln, / in Zorn und Rage zu reden." Wie ein moderner Franziskus sucht es die Kontemplation im Gespräch mit den Gefiederten. Auch Baudelaires einsamer Dichter erblickte im Vogelflug die Freiheit der Gedanken und verglich sich mit dem Albatros, der am Boden unbeholfen und von den Menschen verspottet im Blau des Himmels zum König wird. Ähnlich hält es Michael Krüger gegen deren schlechten Ruf mit den Krähen. "Es mag Ihnen seltsam vorkommen, / aber auch Krähen haben ein Herz."

Die Erinnerung an die Krähen von Corbara, die dem menschlichen Zuschauer "über der Steilklippe das Gleichgewicht der Welt" demonstrieren, stellt sich nicht zufällig bei der Frage ein, welche Welt man einst zu haben können glaubte, in der Reflexion über die unleserlicher werdenden lebensgeschichtlichen Wunschzettel, "wenn man einsehen muss, / dass der eingeschlagene Weg den Verzicht / auf alle anderen Wege bedeutet". Die Erfahrung der Natur aber vermittelt nach der Hoffnung des Subjekts eine Kraft, welche "die vielen Worte für Unglück" vertreibt. Diese Kraft aber stellt sich erst im energischen Schauen und der Verständigung mit der Bewegung des Meeres ein: "Wir pochen auf das Sichtbare."

In einer beharrlichen Kultur des Auges wird die Welt gegen die wissenschaftlichen Vorurteile und jenseits des Begrifflichen wieder lesbar, aber nur für flüchtige Momente. Die Wellen "führen Buchstaben mit sich, / die ein Wort formen wollten". Das aber ist bei Krüger keine nostalgische Rückkehr zu einer zukunftsfreudigen romantischen Poetik. Die Antworten der Dinge fügen sich nicht zur Anschauung eines Ganzen der Erfahrbarkeit. "Deshalb wenig Zukunft, / auch wenn der Vogelflug anderes verheißt." Kein Gott wird sich zeigen, um Erbarmen zu fordern "für den Glanz auf den Dingen". Das ist dem Dichter aufgegeben im Bewusstsein der Vergeblichkeit. Bald werden ihm die Worte fehlen für das Licht. Bis dahin aber gilt es anfällig zu bleiben "wie der bleiche Bach, / der sich ständig erneuert / in einer anderen Sprache".

Den verlorenen Schlüssel zur Natur, den Code ihrer Entzifferung mögen die Vögel kennen, für den Menschen ist er unwiederbringlich. "Und das Licht kann nicht siegen, wenn das Geheimnis verbraucht ist." Die Dinge enthalten die Lebensgeschichte, aber sie auszulegen, ins Geschick zu bringen, wie Michael Krügers Vor-Leser Johann Georg Hamann gegen die aufklärerische Zweckrationalität forderte, gelingt nicht dauerhaft, der Zusammenhang von Reden und Sehen scheint durchtrennt.

Michaels Krügers neue Gedichte fügen sich zu einer großen Elegie auf die schwindende Sichtbarkeit der Welt, die gebrochen, aber nicht resignativ an eine große Tradition der Naturlyrik anknüpft, sich aber zugleich immer wieder als eine sehr persönliche Klage um versäumtes Leben darstellt. "Ins Reine" zeigt den Lyriker auf der Höhe seiner Kunst. Die aber strebt nicht zu eisigen Gipfeln, sondern zielt nur so hoch, wie die Vögel fliegen. Aufmerksame Naturbetrachtung erscheint darin als ein Mittel der Distanzierung von der beschleunigten Welt, in der wie immer flüchtig und melancholisch getönt Vorstellungen von gelingendem Leben aufscheinen, die dem Leser zu Herzen gehen.

FRIEDMAR APEL

Michael Krüger: "Ins Reine". Gedichte. Suhrkamp Verlag, Berlin 2010. 120 S., geb., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Das gelingende Leben, das wär's. Einstweilen kann man auch in Michael Krügers neuen Gedichten lesen, meint Rezensent Friedmar Apel, der sich von Krügers Versuchen, Welt jenseits des Begrifflichen zu entziffern, gern hat anstecken lassen. Dass solche Momente des Weltzusammenhangs flüchtig, ja letztlich vergeblich sind, ahnt Friedmar Apel auch. Der ganz und gar nicht resignative Ton bei Krüger und die in den Texten (wenn auch gebrochen, weil persönlich genommene) sich abzeichnende Traditionslinie der Naturlyrik sorgen beim Rezensenten dennoch für Herzensrührung.

© Perlentaucher Medien GmbH
»3. Platz der hr2-Hörbuchbestenliste vom November«