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Ein Ägypter geht nach Österreich, um Maschinenbau zu studieren. Vor Studienbeginn absolviert er ein Praktikum in einem Stahlwerk. Dort trifft er auf einen jungen Österreicher; die beiden verstehen sich ausgezeichnet: Die Frage nach dem Gottesglauben beantworten sie mit Vernunft; die herrschende Ordnung erscheint ihnen dermaßen widervernünftig, daß sie ihr gerne helfen würden zu verschwinden. Da sie dazu keine Gelegenheit bekommen, beschäftigen sie sich anderweitig: Sie gehen nach Ägypten und gründen mitten in der Wüste eine Farm. Als sie sechzig sind, wollen sie dort ein Fest veranstalten.…mehr

Produktbeschreibung
Ein Ägypter geht nach Österreich, um Maschinenbau zu studieren. Vor Studienbeginn absolviert er ein Praktikum in einem Stahlwerk. Dort trifft er auf einen jungen Österreicher; die beiden verstehen sich ausgezeichnet: Die Frage nach dem Gottesglauben beantworten sie mit Vernunft; die herrschende Ordnung erscheint ihnen dermaßen widervernünftig, daß sie ihr gerne helfen würden zu verschwinden. Da sie dazu keine Gelegenheit bekommen, beschäftigen sie sich anderweitig: Sie gehen nach Ägypten und gründen mitten in der Wüste eine Farm. Als sie sechzig sind, wollen sie dort ein Fest veranstalten. Doch jeder hat klare Indizien, daß der andere eine gemeine Intrige gegen ihn spinnt, und aus inniger Freundschaft wird erbitterter Haß.
Michael Scharang spickt in seinem neuen Buch die Ideen von unverbrüchlicher Freundschaft und von Freiheit im Leben und in der Arbeit mit den Stacheln der Kritik am irrationalen und menschenfeindlichen Kapitalismus. Die Komödie des Alterns ist ein Roman in streng gefügter Sprache mit ungefügigem Witz. Über den Autor urteilt Elfriede Jelinek: "Scharang hat eine neue ästhetische Möglichkeit für das Schreiben gesellschaftskritischer Literatur gefunden."
Autorenporträt
Scharang, Michael
Michael Scharang, geboren 1941 in Kapfenberg (Steiermark), schreibt Romane, Erzählungen, Essays, Hörspiele und Drehbücher. Er lebt in Wien.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.05.2010

Wie du dir, so ich mir
In Michael Scharangs neuem Roman machen zwei Freunde sich gegenseitig für das Altern verantwortlich – ein höchst lesenswertes Missverständnis
Zwölf Jahre nach dem „Jüngsten Gericht des Michelangelo Spatz“, diesem hochkomischen Amerika-Roman, hat Michael Scharang wieder ein längeres Prosawerk veröffentlicht und es „Komödie des Alterns“ betitelt. Der aus vornehmer Familie stammende Ägypter Zacharias Sarani und der Österreicher Heinrich Freudensprung, ein Arbeiterkind aus der Steiermark, sind nach Jahrzehnten inniger Freundschaft jäh zu Feinden geworden, was beiden die Lebensfreude vergällt. Seitdem sie in einem Kapfenberger Stahlwerk als Ferialarbeiter aufeinander trafen, hatte nichts sie zu trennen vermocht, auch nicht, dass der eine, der „sternenkundige Wüstenbewohner“, nach Ägypten zurückkehrte, und der andere, der „bergkundige Alpenbewohner“, in Österreich blieb und später als Schriftsteller nach New York zog.
Was der eine am anderen hatte, das zeigen die Briefe, die sie sich über vierzig Jahre schrieben: „Briefe zu schreiben bedeutete für sie nicht, das Sprechen zu ersetzen, denn sie schrieben nicht im Plauderton, sondern wohlüberlegt, und suchten für die Sache, um die es ging, den schönsten Ausdruck, der Sache wegen, aber auch aus Lust am Klang der Wörter, den sie, wenn einmal ein Satz gelungen war, in ihrem Überschwang für die Sache hielten.“ Solche Briefe zu schreiben, erfordert Zeit, einen Tag der Woche mussten sie sich schon freihalten, um schreibend ihre Freundschaft zu feiern. Und gefeiert musste sie werden, denn beiden ist das Fest die angemessene Art, das Leben zu achten und zu ehren. All ihrem Tun und Trachten liegt ein emphatisches Verständnis von Glück zugrunde. Darauf sind sie deswegen so versessen, weil sie unter den vielen Zumutungen die eine, „dass es einen Gott geben soll“, für die „unverfrorenste“ halten. Der Atheismus ist der Fels, auf dem sie ihr Lebensglück bauen; faule Kompromisse darf der nicht eingehen, der weiß, dass er nur einmal lebt.
Gemeinsam haben sie einst von einer Musterfarm in der Wüste geträumt, die im Eigentum derer stehen soll, die dort arbeiten, denn wer die Welt verändern will, der muss „mit der Änderung der Wirtschaft“ beginnen, „nicht mit der Änderung der Politik, die doch, zusammen mit Polizei und Militär, nur eine schützende Glocke über einer grotesken Wirtschaftsordnung sei“. Vor vielen Jahren hat Sarani dieses Unternehmen tatsächlich gegründet, auch damals hat es ein großes Fest gegeben, nicht um die Bauarbeiter zu belohnen, sondern um das ökonomische Projekt gebührend anzugehen: Nicht des schnöden Gewinnes wegen wird hier nämlich gewirtschaftet, sondern weil selbst der vermeintlich unfruchtbare Wüstenboden etwas hergibt, es sinnvoll ist, ihn ökologisch zu bebauen, und die Arbeit mehr sein kann als Plackerei. Der Gewinn, den das florierende Projekt abwirft, wurde zuerst in eine Musikschule und ein Zahnambulatorium gesteckt. Allein mit der Akademie – „die Farm war das Unternehmen, die Akademie die Unternehmung“ – ist Sarani nicht recht weitergekommen; ihr will er sich widmen, wenn die Farm, die frei ist vom Zwang der Kolchoswirtschaft, von der Religiosität der Kibbuzim-Bewegung und der weltflüchtigen Esoterik der Aussteiger, auch ohne ihn läuft.
Jetzt wäre die Zeit dafür eigentlich gekommen. Doch die zwei Männer sind inzwischen sechzig, und ein rätselhafter Hass hat von ihnen Besitz ergriffen, so sehr, dass sie nahe daran sind, alles, was sie kühn konzipiert und beschwingt verwirklicht haben, rundum für nichtig zu erklären. Wie ist es zu diesem Verdruss, diesem Groll gekommen? Eine „Komödie des Alterns“ verspricht der Titel, also haben der Konflikt und seine Lösung mit dem Altern zu tun; der Roman aber entfaltet seinen Witz, indem er jenen nicht todernst nimmt und zu dieser nicht mit den brachialen Mitteln der Tragödie gelangt.
Komisch ist an Scharangs Roman vieles, manch pointierte Formulierung und überlegene Volte, vor allem aber die Anlage selbst. Getrieben von ihrem selbstzerstörerischen Hass, wollen die zwei sich noch ein Mal, zum großen Showdown in Kairo treffen. Während Freudensprung im Flugzeug sitzt und Sarani in seinem Haus in der Wüste auf ihn wartet, rekapitulieren beide ihr Leben. Während sie gedanklich in die Tiefe der Jahre zurückgehen, nähern sie sich räumlich aneinander an. Obwohl es kein auktorialer Erzähler verrät, weiß der Leser bald, dass ihrem Hass, komödienspezifisch, ein Missverständnis zugrunde liegt.
Das Missverständnis: Wie Sarani davon überzeugt ist, Freudensprung habe ihm vorsätzlich den eigenen Sohn entfremdet, ist sich Heinrich umgekehrt sicher, Zacharias habe diesen auf ihn angesetzt, damit er ihm die junge Geliebte ausspanne. Alternd erlebt der eine, dass er keinen Zugang zu seinem Sohn mehr findet, und der andere, dass ihn die Geliebte wegen eines viel jüngeren Mannes verlässt. So macht jeder den Freund für sein eigenes Problem verantwortlich, das schlichtweg „Altern“ heißt und bedeutet, manchen Einfluss zu verlieren: auf den Körper, der auch gut gewartet nicht ewig der eines jungen Mannes bleiben kann, auf die Kinder, die den für sie richtigen Weg selbst finden müssen, auf die Frauen, denen kränkender Weise nicht entgeht, dass sie altern, und sogar auf das Lebensprojekt.
So glänzend die Farm sich nämlich entwickelt, das Bewusstsein der dort Arbeitenden verändert sich – ein Scherz der Dialektik – keineswegs so, wie es die Lehre von Basis und Überbau erwarten ließe. Längst wirft das Unternehmen genug ab, dass die Leute nur mehr halb so viel arbeiten müssten und dennoch neue Leute eingestellt werden könnten. Aber siehe, die Arbeiter wollen nicht mehr Freizeit haben, schon um vor ihren Nachbarn, die ums Überleben schuften müssen, nicht als privilegierte Nichtsnutze dazustehen. Schlimmer noch, Sarani, der einen sozialen, ja einen sozialistischen Betrieb aufgebaut hat, muss erkennen, dass sich der Kapitalismus weltweit stetig erneuert, indem er aus Arbeitern Kleinkapitalisten macht, die als Kleinaktionäre mit Inbrunst jene Opfer fordern, die sie als Arbeiter dann selbst zu leisten haben.
Einige Szenen, die in der gleißenden Hitze der Hochöfen von Kapfenberg oder bei Sandsturm in der Wüste spielen, hat Scharang atmosphärisch dicht, mit sinnlicher Intensität ausgestaltet. Aber er, der die gängige Romanware von heute zur „massenhaften Schundproduktion“ erklärt, hatte anderes im Sinn, als an die ratternde Romanmaschinerie anzudocken und seine späten Werke, die nun hoffentlich in zeitlich geringerem Abstand folgen werden, mit einer Geschichte voll exotischer Farbenpracht zu eröffnen. Das Maß aller romanhaften Dinge ist ihm Robert Musil, über den er einst seine Dissertation geschrieben hat und dem er im Text mehrfach die Reverenz erweist. Nicht nur dass er wie dieser im Roman scharfsinnige essayistische Passagen verstreut, über Karl Marx und Haydns Vogel-Quartett, ägyptische Pyramiden und das Klettern in den Alpen, über Mehrwert, Religion und Kapital. Nein, die Konzeption selbst kann man als Musilsche Versuchs-Anordnung verstehen: Der Autor stellt zwei Figuren hin, vor uns und vor sich selbst, und betrachtet mit Interesse, wie sie sich verhalten und was aus ihnen und ihrem Lebensprojekt wird.
„In der Wirklichkeit“, heißt es in einem Brief, den Freudensprung an Sarani geschrieben hat, „gibt es das falsche Leben, im Kopf dessen Verneinung. Was nahe liegt, ist der Versuch: im Geistigen der Essay, im Praktischen das Experiment, wie es sich auf der Farm entfaltet.“ Zur Wirklichkeit wird künftig auch dieser artifizielle Versuch, dieses in der Literatur von heute merkwürdig fremd anmutende Experiment gehören, einen Roman mit hohem Bewusstsein für die Form, merklicher Freude am gelungenen Satz und aus der Überzeugung zu schreiben, dass die Literatur noch dazu taugt, die wesentlichen Fragen der Epoche zu stellen und es, probeweise, mit Antworten auf sie zu versuchen.
KARL-MARKUS GAUSS
MICHAEL SCHARANG: Komödie des Alterns. Roman. Suhrkamp Verlag, Berlin 2010. 252 Seiten, 19,80 Euro.
Der Atheismus ist der Fels,
auf dem die Unzertrennlichen
ihr Lebensglück bauen
„In der Wirklichkeit
gibt es das falsche Leben,
im Kopf dessen Verneinung.“
Die Musterfarm mitten in der Wüste soll nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein ökonomisches Modell sein. Foto: Biosphoto/Thiriet Claudius
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.06.2010

Ich habe genug von dieser ewigen Dehydrierung

Ein Versuch in angewandter Weltverbesserung zwischen den Alpen und Ägypten: Michael Scharang erzählt in seiner "Komödie des Alterns" von zwei sehr ungleichen Freunden fürs Leben.

Irgendwann in der Mitte der Geschichte sitzen die beiden Helden, der Ägypter Zacharias Sarani und der Obersteirer Heinrich Freudensprung, bei Most und Speck in einer Bauernstube und reden über das, was sie begeistert. Während der Maschinenbaustudent Sarani von einer Revolution der Bremssysteme schwärmt, zitiert der angehende Schriftsteller Freudensprung Nestroy und Musil, um sein Faible für "polyphones Schreiben" zu illustrieren: "Vielstimmig zu schreiben heiße, einen Satz, der in der Gegenwart spiele, in die Vergangenheit, von wo er den Ausgang nehme, springen zu lassen, aber auch in die Zukunft, wohin es ihn, unzufrieden mit der Gegenwart, ziehe."

Es bedarf keines besonderen Spürsinns, um in diesem Protagonisten ein Alter Ego des Autors zu entdecken, der (wie jener) aus der steirischen Stahlstadt Kapfenberg stammt und über Robert Musil dissertiert hat. "Unzufrieden mit der Gegenwart" ist der bekennende Kommunist Michael Scharang bis heute, und Unzufriedenheit ist ja nicht die schlechteste Motivation für eine ästhetische Anstrengung.

Im Falle dieses Romans, Scharangs erstem nach zwölf Jahren, findet die Gegenwart unmittelbar nach dem 11. September 2001 statt: Die verheerende Attacke auf das World Trade Center ist für die Geschichte freilich nicht relevant. Obwohl der eine der beiden Freunde zu jener Zeit in New York wohnt, hat das Massaker bloß Verweischarakter: Mit den Türmen - den Zwillingstürmen! - scheint eine jahrzehntelange innige Freundschaft zusammenzubrechen, unter deren Trümmern auch die aus ihr entwickelten gesellschaftlichen Utopien begraben werden. Die nunmehr feindlichen Brüder bewegen sich trotzdem aufeinander zu: In der Erzählgegenwart fliegt Freudensprung nach Kairo, während Sarani den dortigen Flughafen ansteuert, um ein effektvolles Lebewohl loszuwerden. Womit der Erzähler eine Situation erzeugt hat, aus der er seine Sätze programmgemäß in die Vergangenheit, aber auch in die Zukunft springen lassen kann, was genaugenommen eher ein "polychrones" als ein "polyphones Schreiben" bewirkt, denn Scharangs Stimme behält stets denselben behäbig-nüchternen Klang.

Vor vierzig Jahren waren die ziemlich unrüstigen, ja geradezu lustvoll in ihrem Verfall schwelgenden Sechziger (eine "Komödie des Alterns" eben) zwei hoffnungsfrohe Burschen, die den eigenen Talenten ebenso selbstverständlich vertrauten, wie sie die kapitalistische Weltordnung missbilligten und einem fröhlichen Atheismus frönten. Es müsse doch, darin waren sich die beiden einig, möglich sein, anders zu arbeiten und anders zu leben. "Für das Können gibt es nur einen Beweis: das Tun", schrieb einst die reform-, aber nicht revolutionsfreudige Adelige Marie von Ebner-Eschenbach. So versuchen die Freunde sich nicht in politischer, sondern in angewandter Weltverbesserung und starten in der ägyptischen Wüste ein Experiment: eine Musterfarm, die, längst ein wirtschaftlicher Erfolg geworden, um die Jahrtausendwende ihren gesellschaftlichen Pioniercharakter eingebüßt hat.

Michael Scharang besetzt die Rollen nicht nach Klischee: Der Österreicher ist der Arme, das Arbeiterkind, das Landei. Der Zugereiste kommt aus Kairo, aus einer der ersten Familien Ägyptens, ebenso reich wie einflussreich. Man einigt sich darauf, dass (wenn schon die Revolution nicht stattfindet) die "Neuerung" der "Erneuerung", also dem faulen Kompromiss mit dem Alten, allemal vorzuziehen sei. Anders als in Nikos Kazantzakis' Roman "Alexis Sorbas", in dem der Erzähler aus der Stadt mit dem Kreter Sorbas ein irrwitziges Bergbauunternehmen beginnt, ist es bei Scharang der Fremde, der in der Wüste das Recht auf ein gutes Leben hochhält. Die erste Begegnung der Männer im Kapfenberger Stahlwerk - der eine hat den Ferienjob bitter nötig, der andere möchte den Rohstoff handgreiflich studieren - wird im Rückblick zum Glück ihres Lebens, das auch anhält, als Freudensprung als Schriftsteller seine eigenen Wege geht.

Scharang erzählt in seinem Roman von zwei, um es mit einem altmodischen Wort zu sagen, hochherzigen Menschen, die sich in einer Kette kleinlicher Missverständnisse - cherchez la femme! - verstricken, ehe sich alles komödienadäquat in Wohlgefallen auflöst. Dass der Autor, wie sein literarischer Hausgott Musil, den Erzählstrang mit (klugen) essayistischen Einlagen verknüpft, passt zum Inhalt: Versuche sind beide, der Essay und das soziale Experiment. Zwischen dem Village, Kairo und Kapfenberg eröffnet Scharang authentische Schauplätze; gerade die nicht weit von Elfriede Jelineks literarischem Versuchsgelände angesiedelte Landschaft um das Hochschwab-Massiv enthüllt im Roman ihren rauhen Reiz. Auch gibt es markante Szenen, etwa als Sarani bei seinem ersten Einsatz am Hochofen und dann abermals bei einer Bergtour in Lebensgefahr gerät.

Warum empfindet man "Komödie des Alterns" trotz alledem nicht als geglückt? Vielleicht weil die verschüttete Tradition des linken Epikureertums, dem der Autor das Wort redet, mit Hilfe etlicher Menüfolgen nur beschworen, aber nicht gestaltet wird. Ähnlich blutarm erscheint das Komödienhafte: Scharangs Roman ist ein im Doppelsinn des Wortes bewusst gesetztes Alterswerk, seine Komik kommt irgendwie umständlich und gestelzt daher. Das Mustergültige des Freundesprojekts und das Mustergültige des Romans stehen in einem verkehrt proportionalen Verhältnis zueinander. Das Modellhafte wirkt quasi dehydrierend: Während in der Wüste bewässert wird, wird dem Kunstwerk Saft und Kraft entzogen, bis es in makelloser Dürre erstarrt.

Vor allem aber gibt der Autor sich just in seiner Sprache, die er so deutlich als gediegen inszeniert, einige Blößen. Neben allzu originellen Bildern ("Die Augen waren tief in den Kopf gesunken, lagerten dort als Höhlenmalerei") stört insbesondere Scharangs strategische Verwendung des Konjunktivs, der seitenlang indirekte Rede nicht nur dort markiert, wo jemand spricht, sondern auch dort, wo er sich still erinnert ("Er sei, erinnerte Sarani sich, von Mustafas Engagement beeindruckt gewesen"). Leider: das ist kein polyphones Schreiben, das ist ein monophones Missverständnis.

DANIELA STRIGL

Michael Scharang: "Komödie des Alterns". Ein Roman. Suhrkamp Verlag, Berlin 2010. 252 S., geb., 19,80 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Dem Rezensenten kommen die Tränen. Wenn Michael Scharang, dieser theoriefeste Autor, zwei alte linke Utopisten noch einmal die wilden Sechziger und Siebziger als "Schlaraffenland der Ökonomie" Revue passieren lässt, um sie schließlich endgültig zu begraben und seine Helden quasi in die Toskana zu schicken, lässt Anton Thuswaldner sich vom versöhnlichen Ende nicht täuschen. Traurig findet Thuswaldner nicht die "melancholische Elegie auf eine untergegangene Epoche", in der die Linke noch Recht hatte, sondern eben die Friedfertigkeit, in die sich die beiden alten Grantler schließlich ergeben. Da kann Scharang noch so farbenprächtig fabulieren vom Wüstenparadies und seinen Figuren gegenüber noch so gnädig sein.

© Perlentaucher Medien GmbH