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Jeder kennt sie, die Sehnsucht nach dem Süden, nach dem irdischen Paradies. Und dieser Süden, sagt Iso Camartin, "hat wenig mit Längen- und Breitengraden zu tun. Er ist nur mit Licht- und Wärmegraden der Seele zu messen. Seine Dimensionen haben einen einzigen Maßstab: den der Begierde nach dem Hellen und Weiten."
Und jeder hat seinen Süden, das "Herzland", worin man sich geborgen wähnt, aufgehoben, beschützt, in dem man nicht friert und vom Alltäglichen verschont bleibt - ein Land, ein Ort, ein Raum. Süden kann demnach sein: ein bestimmter Flecken Erde, Sizilien zum Beispiel, ein Kloster in
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Produktbeschreibung
Jeder kennt sie, die Sehnsucht nach dem Süden, nach dem irdischen Paradies. Und dieser Süden, sagt Iso Camartin, "hat wenig mit Längen- und Breitengraden zu tun. Er ist nur mit Licht- und Wärmegraden der Seele zu messen. Seine Dimensionen haben einen einzigen Maßstab: den der Begierde nach dem Hellen und Weiten."

Und jeder hat seinen Süden, das "Herzland", worin man sich geborgen wähnt, aufgehoben, beschützt, in dem man nicht friert und vom Alltäglichen verschont bleibt - ein Land, ein Ort, ein Raum. Süden kann demnach sein: ein bestimmter Flecken Erde, Sizilien zum Beispiel, ein Kloster in Spanien, die Welt eines Dichters, die Farben eines Malers, die Kompositionen eines Musikers, Gerüche und Geräusche, das Große oder Kleine, in dem man sich zu Hause fühlt, angekommen, angenommen. Und "vielleicht ist radikaler Süden nichts als die Entdeckung jenes Kontinents, den man die Liebe einer Frau nennt". Oder auch: "die richtige Art von Nähe".

Iso Camartin ist mit Jeder braucht seinen Süden ein intelligentes wie sinnliches Buch gelungen. Es speist sich aus vielerlei Lebens- und Lese-, aus Seh- und Hörerfahrungen, und vor allem: Es liebt, was es betrachtet und Revue passieren läßt. Gewidmet den "Schwestern, Töchtern und Freundinnen, die im Norden wohnen", ist Camartins Südensuche ein genuines Stück Einübung in Lebenskunst.
Autorenporträt
Iso Camartin, geboren 1944 in Chur (Schweiz), studierte Philosophie und Romanistik in München, Regensburg und Bologna. Er war nach seiner Dissertation als Lektor, Publizist und Leiter der Kulturabteilung des Schweizer Fernsehens DRS tätig. Darüber hinaus war er Lehrbeauftragter an verschiedenen Universitäten. Iso Camartin lebt in Zürich.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.03.2003

Einladung an das Du
Iso Camartin sehnt sich nach dem unendlichen Sternenhimmel des Südens und liebt Klischees
Uns Deutschen ist das Buch geradezu auf den Leib geschrieben, das von unserer Sehnsucht nach dem Süden handelt, die wir wir nördlich der Alpen so viele Wochen im Jahr frieren müssen. Allein, der Essayist Iso Camartin, Chefredakteur der Kulturabteilung des Schweizer Fernsehens, ist natürlich nicht irgendein Tourist, den es nach Sonne verlangt. Für Camartin als einem Mitglied der schmalen deutschsprachigen „Bildungselite” ist der Süden natürlich bei aller Realität vor allem ein Ort der Kultur, ein Bildungsevent.
Sein Buch ist geschrieben als Einladung an ein Du, das er mehrfach in den Süden zu locken versucht – wobei unter diesem Du wohl die „Schwestern, Töchter und Freundinnen” zu verstehen sind, „die im Norden wohnen” und denen der Band gewidmet ist. Den Süden freilich schildert Camartin nicht etwa aus eigenem Erleben, sondern mit Hilfe poetischer Klischees wie jenem „unendlichen Sternenhimmel, der eine warme Nacht überwölbt”, mit Hilfe langer Zitate aus der Literatur und deren, wie es heißt, „intensivierter Deutung”.
Wie es sich für einen gebildeten Autor gehört, beginnt Camartin mit Homers „Odyssee”. Da er vornehmlich über Sizilien spricht, kommt er zudem immer wieder auf den Roman „Der Leopard” von Tomasi di Lampedusa zu sprechen, der für ihn wie für unendlich viele andere Leser das Geheimnis der Insel ausdrückt und daher nicht oft genug zu Rate gezogen werden kann. Überdies begeistert sich Camartin für ein Gedicht Paul Valérys über die Palme und Rilkes Übersetzung. Er erzählt von seiner Liebe zu den Bildern Cézannes, zitiert Verse der Sappho, um zu erkennen, dass Süden vielleicht einfach nur „die Liebe zu einer Frau” bedeutet.
Süden – das ist für Camartin außerdem ein Garten, in dem man genussvoll unter Palmen verweilt. Und bei Gärten liegt es natürlich nahe, an die Liebe des Islams für Gärten zu erinnern und obendrein von Boccaccios Garten zu berichten, in den sich die brigata im „Decameron” zehn Tage lang zurückzieht, um einander Geschichten zu erzählen.
Das Wort „Süden” hingegen lässt Camartin an „SUR” denken, das südliche Zentrum von Buenos Aires und zugleich der Titel einer Zeitschrift, die Victoria Ocampo herausgab. Und von Ocampo ist der Weg nicht mehr weit zu dem großen blinden Erzähler Borges, den Camartin einmal in der Münchner Residenz aus der Nähe bewundern durfte. Bei Borges endlich drängt sich der Gedanke an die Musik Astor Piazzolas auf, dessen Tangos Inbegriff des Südens seien. Von Piazzola geht es dann zur französischen Musik und so fort. Im Grunde ist Süden überall.
Eine kleine Überraschung erwartet den Leser am Ende, wenn der Schweizer „Philosoph und Kulturwissenschaftler” auf einmal Dante zu dem großen Dichter des Südens erklärt. Wobei Süden hier heißt, unter Freunden zu weilen, die Wärme der Freundschaft zu genießen. Unter Camartins Feder verwandelt sich die Divina Commedia in ein Denkmal, das der große Florentiner seinen Freunden setzt – was einigermaßen bizarr ist, denn es war immerhin Dante, der vielen der ach so geliebten Freunde ihren Platz in der Hölle zuwies, falls er sie nicht schon im Diesseits ins Exil hatte schicken können, wie seinen „großen Freund” Guido Cavalcanti.
Wie es in der Schlussanmerkung heißt, wollte Camartin in dem Essay die Frage lösen: „Warum lebe ich im Norden, wenn ich es auch im Süden könnte?” Gelöst hat er sie nicht, wie er selbst zugibt, aber: „Ich habe sie geschärft.”
Die Schärfung indes besteht offenbar in der Einsicht, dass jeder seinen Süden in sich trage und in sich heranreifen lassen müsse, und dass auch der schönste Süden ohne ein Du wie Wüste ohne Wasser ist. Um so dringlicher spricht er daher am Ende nochmals die Einladung an das Du aus, ihm nach Sizilien zu folgen, und zwar schon aus dem Grund, weil dort „die Auferstehung stattfinde”; und das – so scheint es – möchte man denn doch lieber zu zweit erleben.
Camartins Essay ist der Werbung des Suhrkamp Verlag zufolge „ein genuines Stück Einübung in Lebenskunst”. Aus dem guten Leben, über das die Stoiker früher nachdachten, ist heute offensichtlich das „Schöne Leben”, vielleicht auch ein „Schöner Leben” geworden.
FRANZISKA MEIER
ISO CAMARTIN: Jeder braucht seinen Süden. Suhrkamp Verlag, Frankfurt a. M. , 2003. 135 Seiten, 15 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Roman Bucheli fühlt sich von diesem Buch, das ein Loblied auf den Süden anstimmt, zunächst etwas abgeschreckt, weil es nicht nur in der Widmung klarmacht, dass es sich vor allem an Frauen richtet, sondern schon im ersten Satz mit einem zum Staunen anregen wollenden "Superlativ" anhebt, mit der Behauptung nämlich, das "südlichste Gedicht aller Zeiten" gefunden zu haben. Überhaupt missfällt dem Rezensenten der "auftrumpfende Gestus" des Bändchens, und er fühlt sich dadurch zum Widerspruch angeregt. Es geht in dem Buch nicht nur um den geografischen Süden, sondern auch um die Liebe und die Kunst, fasst Bucheli den Inhalt zusammen, der hinter allem "Überschwang" aber auch das "memento mori" erkennt, welches der Autor in den Schönheiten des Südens entdeckt. Der Rezensent macht deutlich, dass ihm manches zu "gestelzt" daherkommt, und er stört sich auch ein bisschen an dem "Mitteilungsbedürfnis" des Autors, ist also alles in allem nicht recht überzeugt von diesem "Baedeker des realen und imaginierten Südens".

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»Ein Buch, das einen träumen lässt, das gute Laune macht - und die Sehnsucht stillt.«