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Die Schlacht von Aspern und Eßling, zwischen Franzosen und Österreichern, vor den Toren Wiens 1809 gilt als das erste große Blutbad des modernen Krieges, als ein Gemetzel ohne Sieger und Besiegte, ohne Ruhm und Illusionen: In dreißig Stunden wurden 40.000 Soldaten getötet, 11.000 verwundet. Dokumentarisch fundiert und packend erzählt Rambaud aus wechselnden Perspektiven, aus der Sicht Napoleons, seiner Marschälle und Offiziere bis zu der der einfachen Soldaten und des Beobachters Henri Beyle, der sich damals noch nicht Stendhal nannte. Er führt den Leser in das von der Armee Napoleons besetzte…mehr

Produktbeschreibung
Die Schlacht von Aspern und Eßling, zwischen Franzosen und Österreichern, vor den Toren Wiens 1809 gilt als das erste große Blutbad des modernen Krieges, als ein Gemetzel ohne Sieger und Besiegte, ohne Ruhm und Illusionen: In dreißig Stunden wurden 40.000 Soldaten getötet, 11.000 verwundet. Dokumentarisch fundiert und packend erzählt Rambaud aus wechselnden Perspektiven, aus der Sicht Napoleons, seiner Marschälle und Offiziere bis zu der der einfachen Soldaten und des Beobachters Henri Beyle, der sich damals noch nicht Stendhal nannte. Er führt den Leser in das von der Armee Napoleons besetzte Wien, über die schwankenden Pontonbrücken der reißenden Donau, zeigt die alten Haudegen und die angsterfüllten Rekruten, die Rivalitäten der goldbetreßten Marschälle, schildert hautnah den erbarmungslosen Kampf der feindlichen Armeen.
Ein historischer Roman über den Irrsinn des Krieges, der 1997 mit dem Romanpreis der Académie française und mit dem Prix Goncourt ausgezeichnet wurde.
Autorenporträt
Kronenberger, InaIna Kronenberg, geboren 1965 in Otterberg in der Pfalz, studierte - nach Auslandsaufenthalten in Paris und Israel - Romanistik und Skandinavistik in Mainz und Freiburg. Seit 1993 ist sie als freie Übersetzerin tätig und war Stipendiatin dreier Bertelsmannseminare sowie der Berliner Übersetzerwerkstatt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.04.2000

40 000 tote Zinnsoldaten
Patrick Rambauds Roman über eine Bataille Napoleons
Jahrelang hegte Balzac den Plan, eine bestimmte napoleonische Schlacht zu beschreiben, also ihren Verlauf in Romanform zu traktieren. 1835 nahm er die Lokalität in Augenschein, mit Überlebenden der Schlacht hatte er auch schon gesprochen – doch es wurde dann doch nichts aus dem Projekt. Nun liefert uns Patrick Rambaud, Jahrgang 1944, sein Substitut für das von Balzac Unterlassene, gewissermaßen verlegen lächelnd ob solcher Anmaßung, aber dann doch flott und umsichtig erzählend: „Am Dienstag, dem 16. Mai 1809, verließ am frühen Vormittag eine von Reitern umringte Kutsche Schönbrunn, um in gemächlichem Tempo das rechte Donauufer entlangzufahren . . .”
Am Ende sitzt man als Leser gewissermaßen verlegen lächelnd da, ob der unbekümmerten Angestaubtheit solchen Erzählens – milde amüsiert und grämlich zugleich: Da hat uns einer charmant und ohne die Stimme zu heben durch das Desaster dieser Schlacht Napoleons (und seiner verbündeten Truppen) gegen den österreichischen Erzherzog Karl (und seine verbündeten Truppen) geführt, und nach dreißig Stunden waren also in der Nähe von Wien, bei Aspern und Eßling, 40 000 Leute gestorben. Mit dieser Schlacht, so der Autor in seinen Nachbemerkungen, begann das Zeitalter der großen Blutbäder, die von nun an die Feldzüge Napoleons begleiteten. In der Tat, das wäre ja ein Grund, sich diese Schlacht mal erzählend und analysierend vorzunehmen: Woher kam denn dieser Wandel von Schlachten zu blanker Metzelei? In welcher Hinsicht war eine solche Schlacht ein Vorläufer der Massen- und Materialschlachten des 20. Jahrhunderts? Und da wir es ja hier nicht mit Geschichtsschreibung bzw. einer militärhistorischen Untersuchung, sondern mit einem Roman zu tun haben: Welche neuen Aufgaben stellt solches Massenmorden und -verrecken ans Erzählen? Wie schrieben Erckmann-Chatrian, wie Tolstoi, wie Balzac darüber – und wie müsste oder könnte man heute über die Metzelei von Aspern und Eßling schreiben?
Derlei Fragen plagen unseren Autor nicht. Mit rasender Harmlosigkeit lässt er uns verschiedene Personen, vom Kaiser bis zum Kürassier Fayolle, durch das Getümmel verfolgen, nimmt sich die Freiheit, den Möchtegern-Napoleon-Attentäter Staps und obendrein noch Henri Beyle (auch als Stendhal bekannt) in die Szene vom Mai 1809 zu versetzen, und endet das Ganze wenigstens auf einer unheimlichen Note, indem er als letztes Wort den Namen des nächsten Schlachtfelds, Wagram, also des nächsten Gemetzels ertönen lässt. Der Kaiser und seine Generäle (obwohl er manchmal einen von ihnen mit einer Reitpeitsche ins Gesicht schlägt – historisch verbürgt) essen in Schönbrunn wieder Hühnerbeine, erdulden den Fäulnisgestank des sterbenden Generals Lannes, und sind ansonsten froh und heiter und machen immer weiter, wie die Wiener, deren Theater schon wenige Tage nach der Bataille wieder brechend voll sind.
Man merkt, unser Autor hat gut recherchiert, ist militärhistorisch bestens informiert, bezeugt expressis verbis sein Bewusstsein der Monstrosität solcher Schlachten. Doch nichts davon schlägt auf seinen Erzählton durch, der weder mitleidlos kalt und genau, noch pathetisch-empört ist – nein, er ist einfach kultiviert, milde (aber schon sehr milde) ironisch, und auf elegante Weise unfreiwillig grotesk, nämlich in der Unangemessenheit des harmlosen Erzähltons zu dem Sujet. Patrick Rambaud wird einfach mit den Massen nicht fertig, die er zu bewegen hat. Er stellt Zinnsoldaten in Genreszenen, stellt sie dann wieder ein bisschen anders, zieht Kanonen hinter ihnen her und brennt ab und zu auf seinem Spielzeugschlachtfeld einen Kirchturm ab oder schmeißt eine Mauer um. An wirklichen Ausrutschern passiert ihm nur, dass er eine große Zahl Soldaten im Gleichschritt über eine Pontonbrücke marschieren lässt, ohne dass etwas passiert: Dabei würden die auf ihrer Behelfsbrücke hüpfen wie auf einem Trampolin und in die Donau stürzen, unter Garantie!
Eigentlich ist das ja das Gute an Geschichtsbüchern und historischen Romanen – aus irgendeinem Grund schläft man nach ihrer Lektüre besser. Das Unglück ist fern und das eigene Bett warm und 40 000 Leichen sind nicht anschaulich zu machen, sie bleiben eine Zahl, bei diesem Autor wenigstens. Wüsste man nicht, dass dies Buch halt doch von 40 000 sich metzelnden Menschen handelt, müsste man es eigentlich fast unterhaltsam nennen. Aber wie so viele von den neuerdings wieder auf den Markt geworfenen historischen Romanen ist es mit einer neuen Unbedenklichkeit geschrieben, und der Autor weiß das auch noch. Das Werk nimmt sich selbst nicht ernst, und das nicht aus Naivität, sondern aus Zynismus, und damit ist es gerichtet: Gewogen und zu leicht befunden.
JÖRG DREWS
PATRICK RAMBAUD: Die Schlacht. Roman. Aus dem Französischen von Ina Kronenberger. Insel Verlag, Frankfurt und Leipzig. 320 Seiten, 48 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.05.2000

Wenn Pferde schießen könnten
Patrick Rambauds Roman über die Schlacht von Aspern

Dass Balzac, erdrückt von der Fülle anderer Projekte, es einst unterließ, die im Jahre 1809 geschlagene Schlacht von Aspern und Eßling vor den Toren von Wien zu schildern, ist das ein zureichender Grund, das im neunzehnten Jahrhundert Versäumte nachzuholen und Balzacs Werk gewissermaßen posthum zu komplettieren? Patrick Rambaud bejaht die Frage heftig und mit ihm sechshunderttausend Franzosen, die das Buch gekauft haben. Ob sich dieser Erfolg nach Deutschland übertragen lässt?

Der Autor folgt nur recht ungefähr dem Plan, den sein großes Vorbild 1833 aufgestellt hatte. Mit allen Greueln, allen Schönheiten eines Schlachtfeldes wollte Balzac den Leser vertraut machen. Auch ein kühler Kopf solle die Menschenmassen, die strategischen Schachzüge, die reißende Donau und die hastig gezimmerten Pontonbrücken leibhaftig vor sich sehen, solle die Artillerie hören und in jeder Äußerung des großen Heeres Napoleon spüren. Kein weibliches Gesicht solle vorkommen, "nur Kanonen, Pferde, zwei Armeen, Uniformen; auf der ersten Seite ertönt die Kanone, auf der letzten verstummt sie".

Gehen wir die Programmpunkte einzeln durch. Greuel sind reichlich vorhanden, Schönheiten fehlen - der heutige Zeitgeist kann sich die Ästhetisierung des Krieges nicht mehr leisten. Die Massen und die Strategie stehen plastisch vor dem geistigen Auge - allerdings mit der wichtigen Einschränkung, dass alles unreflektiert nur aus dem französischen, nichts aus dem österreichischen Blickwinkel geschrieben ist. Die Donau erscheint als hinterhältige Siegerin, weil sie die Pontonbrücken fortspült und damit die französischen Nachschub- und Rückzugslinien kappt, weshalb die Schlacht zu einem tagelangen ortsfesten Gemetzel verkommt. Napoleon spüren wir in der Tat überall. Er allein ist verantwortlich in einem heute undenkbaren Grade, alles hängt von ihm ab, keiner würde einen Finger krümmen ohne seinen Willen. Insofern ist es eine Schlacht ohne Idee, ohne eine andere Idee als die der Macht. Kein weibliches Gesicht: Eine schwächliche Liebesgeschichte hat der sonst penibel auf historische Treue bedachte Autor dazu erfunden - das hätte er besser sein lassen sollen. Kanonen von der ersten bis zur letzten Seite: Stattdessen erhalten wir eine ausführliche, ein bisschen langweilige Vorgeschichte und eine kurze Nachgeschichte.

"Wagram" lautet das letzte Wort des Buches. Bei Wagram siegte Napoleon wenige Monate später und machte Aspern wieder wett. Aber hätte das letzte Wort nicht besser "Waterloo" gelautet? Der Verkaufserfolg in Frankreich mag damit zusammenhängen, dass durch allen Schlachtendreck hindurch der Mythos Napoleon eine düstere Gewalt behält. Der Grand Empereur ist zwar ein Vieh, roh und gewalttätig, schmierig und gefühllos, aber ein Genie ist er auch, und Frankreichs Größe noch im Untergang blitzt gelegentlich durch Rauch, Gestank und Pulverschwaden.

Die Schilderung der Schlacht selbst ist fraglos sehr spannend. Rambaud hat sorgfältig recherchiert und Balzac einige erzählerische Kniffe abgelernt. Die tiefere Absicht des Buches aber bleibt undeutlich und wenig überzeugend. Vierzigtausend Tote in drei Tagen, das scheint der eigentliche Knackpunkt zu sein. Aspern soll den modernen Krieg begründet haben, das ist die These. Das Blutbad mimt prophetische Kraft. Aber das allzu probate erzählerische Mittel der Individualisierung bindet die Aufmerksamkeit des Lesers an ein paar Prototypen; die Massen sind nur Kulisse. Auch der prophetische Trumpf sticht nicht. Angesichts der vorbildlosen Entsetzenshäufungen im zwanzigsten Jahrhundert nimmt jener Kampf von 1809 unweigerlich rückwärts-, nicht vorwärtsgerichtete Züge an. Ein Hauch Romantik schwebt über den bunten Uniformen, den Biwakfeuern, Reitern und narbigen Haudegen.

Einmal wird die Schlacht mit einer heiligen Messe verglichen, die Schlachtrufe mit Chorälen und das Pulver mit Weihrauch. Es ist Napoleon, dem diese Vision zugeschrieben wird. "Er spürte das Glück auf seiner Seite", heißt es, aber damit ist es in Wirklichkeit vorbei. Die größte Leistung des Buches ist es, zu schildern, wie Napoleon vom Glück verlassen wird, das Blatt sich wendet, die Gewalt ihren Charme verliert, ein schrecklicher Automatismus sich bildet und menschliche Marionetten, mit der Sinnlosigkeit ihres Einsatzes allein gelassen, zu gefühllosen Kampfmaschinen degenerieren. Napoleons Truppen können nicht mehr vor und nicht mehr zurück. Das treibt sie in die Grausamkeit. Siebenhundert Gefangene werden mit dem Bajonett geschlachtet, um Munition zu sparen. Im Lazarett alle zwanzig Sekunden eine Amputation, ohne Betäubung, mit der Säge. Die abgesägten Glieder auf einem Haufen. Überall Pferde mit aufgeschlitzten Bäuchen, denen man den Gnadenschuss verwehrt, weil Kugeln knapp sind. Fast wecken die Tiere, die nichts dafür können, mehr Mitleid als die törichten Menschen. "Wenn die Pferde schießen könnten, würden sie sich auf der Stelle umbringen."

HERMANN KURZKE

Patrick Rambaud: "Die Schlacht". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Ina Kronenberger. Insel Verlag, Frankfurt am Main und Leipzig 2000. 319 S., geb., 48,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Ein glatter Verriss! Jörg Drews kann diesem Buch gar nichts abgewinnen. Gewiss, es ist gut recherchiert und der Autor "militärhistorisch bestens informiert". Aber die "rasende Harmlosigkeit" des Erzähltons findet Drews schlicht unangemessen für ein Buch, dass den Wandel von der "Schlacht zur blanken Metzelei" zum Thema hat, die schon die Massenmorde des 20. Jahrhunderts ankündigt. Der milde Erzählton ist "auf elegante Weise unfreiwillig grotesk", meint Drews. Richtig zynisch findet er das. Das Werk "nimmt sich selbst nicht ernst" resümiert er und schließt etwas pathetisch: "Damit ist es gerichtet: Gewogen und zu leicht befunden".

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