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Die europäische Idee hat eine lange Vorgeschichte. Aber gereift ist sie erst im Zweiten Weltkrieg. Viele Gegner des NS-Regimes schmiedeten Pläne für die Zukunft, die sich auf frappante Weise glichen. Doch mit der restaurativen Politik der Nationalstaaten und dem Beginn des kalten Krieges verflogen die Hoffnungen auf einen europäischen Bundesstaat.
Von diesem dramatischen Kapitel der Ideen- und Realgeschichte, vom Aufbruch und Scheitern der »Europäischen Bewegung« handelt das Buch. Von dort schlägt der Autor den Bogen zur »Europäischen Union 2000«. Was die »Europäer der ersten Stunde«
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Produktbeschreibung
Die europäische Idee hat eine lange Vorgeschichte. Aber gereift ist sie erst im Zweiten Weltkrieg. Viele Gegner des NS-Regimes schmiedeten Pläne für die Zukunft, die sich auf frappante Weise glichen. Doch mit der restaurativen Politik der Nationalstaaten und dem Beginn des kalten Krieges verflogen die Hoffnungen auf einen europäischen Bundesstaat.

Von diesem dramatischen Kapitel der Ideen- und Realgeschichte, vom Aufbruch und Scheitern der »Europäischen Bewegung« handelt das Buch. Von dort schlägt der Autor den Bogen zur »Europäischen Union 2000«. Was die »Europäer der ersten Stunde« gefordert hatten, steht wieder auf der Tagesordnung: ein europäischer Bundesstaat, mit supranationalen Instanzen ausgestattet, bürgernah, vom Subsidiaritätsprinzip bestimmt, der Demokratie, den Menschenrechten und der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet.
Autorenporträt
Frank Niess, geb. 1942. Studium der Geschichte und Politikwissenschaft in Bonn und Heidelberg. Danach wissenschaftlicher Assistent am Institut für Politikwissenschaft in Stuttgart. Anschließend fester freier Mitarbeiter in der Wissenschaftsredaktion des SDR. Seit 1987 Wissenschaftsredakteur, zuletzt beim SWR. Zahlreiche Aufsätze und Bücher über die USA und Lateinamerika.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.10.2001

Aus der Résistance geboren
Das Vereinte Europa ist die Antwort der europäischen Zivilgesellschaften auf den Totalitarismus
FRANK NIESS: Die europäische Idee – aus dem Geist des Widerstands, edition suhrkamp, Frankfurt 2001. 246 Seiten. 21,90 Mark.
Es scheint so, als sei dem europäischen Einigungsprojekt die Luft ausgegangen. Unmittelbar vor der Einführung der gemeinsamen Währung und der Osterweiterung ist den europäischen Regierungschefs offensichtlich mehr daran gelegen, nationale Besitzstände zu waren. In bester Tradition der Kleinkrämerei wird um Macht und Geld gefeilscht. Die irische Bevölkerung hat dieses Treiben mit einem klaren Nein beschieden.
Desinteresse und Skepsis haben sich bei den Bürgern in Europa breit gemacht gegenüber einem Projekt, das ursprünglich in der Zivilgesellschaft geboren wurde. Frank Niess rekonstruiert in seinem Buch die Genese der europäischen Idee und ihre realpolitische Umsetzung. Bereits 1930 kursierte ein Memorandum des französischen Außenminsters Aristide Briand, in dem die Aufgabenfülle der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), der Europäischen Gemeinschaft (EG) und der Europäischen Union (EU), wie sie später hieß, vorweggenommen wurde. Verfassungsentwürfe für die Vereinigten Staaten von Europa wurden geschrieben; in der Schweiz, in Frankreich und in Italien wurde darüber diskutiert.
Einen neuen Schub erhielten diese Europa-Initiativen von seiten der nichtkommunistischen Widerstandsbewegungen in den 40er Jahren. Ihr Kampf gegen den Faschismus war verbunden mit dem Einsatz für ein Vereintes Europa. Die Leitprinzipien der Résistance in den europäischen Ländern waren: Demokratie, bürgerliche Grundfreiheiten, Pluralismus, Dezentralisierung, Föderalismus. In der Idee eines europäischen Föderalismus sah man die adäquate Antwort auf den Totalitarismus.
Ende 1946 mündeten diese Aktivitäten in der Gründung der Union europäischer Föderalisten. Bereits einige Monate später tagte die Union erstmals als festumrissene Organisation mit Stützpunkten in neun europäischen Ländern. Bis Ende 1948 wuchs die UEF zu einer Bewegung heran, die sich auf die Mitgliedschaft von mehr als 50 einzelnen Organisationen in 12 europäischen Ländern berufen konnte. Der Haager Kongress 1948 brachte es zu Wege, die privaten europäischen Bewegungen und die Realpolitik zusammenzubringen. „Mussten die ersteren Konzessionen an die sperrige Wirklichkeit machen, sahen sich letztere genötigt, Impulse aus dem vorpolitischen Raum aufzunehmen.” Namhafte Wirtschaftvertreter, Gewerkschafter, Wissenschaftler, Literaten und jede Menge hochrangige Politiker der verschiedensten politischen Strömungen versammelten sich. Gestritten wurde schon damals über die Alternativen eines europäischen Bundesstaats oder eines Staatenbunds, der den Nationalstaaten ihre Souveränität belassen sollte. Auch das heute noch strittige Prinzip der Einstimmigkeit stand damals bereits zur Debatte. Unter anderem zeigte sich, dass fortan die Regierungen die Protagonisten der europäischen Einigung waren – und nicht die europäische Bevölkerung.
Bis 1989 blieb es allerdings ein westeuropäisches Projekt der Integration. Die Väter und Mütter der europäischen Idee hatten ein ungeteiltes Europa vor Augen, dass erst mit der Osterweiterung realisiert wäre. Ihr leidenschaftliches Pochen auf Demokratie und Bürgerbeteiligung ist angesichts der heutigen Schwierigkeiten des Einigungsprozesses aktueller denn je. Ohne die lebendige Beteiligung der Zivilgesellschaft wird das europäische Projekt eine Veranstaltung der Bürokraten bleiben.
ULRIKE ACKERMANN
Die Rezensentin ist Politologin und Publizistin in Frankfurt.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.07.2001

Zwei Lager

EUROPA. Den Gründungsmythos brachte der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker plötzlich auf den Tisch, als auf dem Gipfel in Biarritz wieder einmal die wichtigen Reformfragen in nationalem Gezänk und Beharren feststeckten. Solche Rückblicke auf die Anfänge der EU sollten nicht aus dem Blick geraten, um zu verstehen, warum und wie Europa entstand, aber auch, um die Begeisterung und die Visionen in Erinnerung zu rufen. Oder um manche Diskussion besser einzuordnen - wie etwa den Widerstreit zwischen den beiden Konzeptionen Bundesstaat oder Staatenbund. Diese Diskussion über die Gestalt Europas ist nicht neu, wie Frank Niess zeigt. Im Widerstand gegen den Nationalsozialismus bekam die Idee eines geeinten Europa eine faszinierende Wirkung. Sehr schnell aber bildeten sich zwei Lager heraus: Föderalisten versus Realisten. Niess beschreibt das Werden Europas innerhalb dieser Auseinandersetzung. Die Föderalisten sahen in einem politisch geeinten Europa - und zwar als Bundesstaat - die einzige Chance. Die Realisten, verkörpert von dem pragmatisch und nationalstaatlich denkenden Winston Churchill, strebten einen Staatenbund an, in dem die nationale Souveränität unangetastet bleiben sollte. Kenntnisreich und detailliert zeichnet der Autor die Positionen und Entwicklungen, Gedankengebäude und Debatten der Avantgarde des Europagedankens nach - der "Union Europäischer Föderalisten", des "United Europe Movement" und der "Europäischen Parlamentarier-Union" - bis hin zu dem "Großereignis" der Haager Konferenz und zur Gründung der ersten europäischen Institution, des Europarats. Churchill kommt in der Darstellung nicht gut weg. Für Niess war es ein Fehler, die Nationalstaaten zu restaurieren, um dann wieder ihre Souveränitäten mühsam abzubauen. Die Mischung aus detaillierten Kenntnissen über die Europa-Föderalisten und persönlichem Engagement des Autors sorgt für eine spannende Lektüre. (Frank Niess: Die europäische Idee - aus dem Geiste des Widerstands. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2000. 246 Seiten, 21,90 Mark.)

MARIANNE KNEUER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Europa, seine Anfänge, seine Probleme sind die Themen dieses Buches, dessen Inhalt Ulrike Ackermann kurz und umfassend referiert. Der Autor "rekonstruiert in seinem Buch die Genese der europäischen Idee und ihre realpolitische Umsetzung", von den ersten Anfängen durch Aristide Briand (1930), über die Gründung der Union europäischer Föderalisten (UEF, 1946) bis zur heutigen Stagnation. Bis zum Jahre 1989 eine westeuropäische Initiative sei dem "europäischen Einigungsprojekt die Luft ausgegangen", nun, da die Verwirklichung mit der Osterweiterung endlich möglich wäre, bedauert die Rezensentin.

© Perlentaucher Medien GmbH