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Ulrich Beck hielt im November 2001 vor dem russischen Parlament eine vielbeachtete Rede, in der er sich mit den Themen Terror und Krieg, wirtschaftliche Globalisierung und Neo-Liberalismus sowie mit dem Verhältnis der Staaten zu ihrer Souveränität befaßt. Der terroristische Widerstand gegen Globalisierung hat das genaue Gegenteil dessen bewirkt, was er bezweckte - er hat eine neue ära der Globalisierung der Politik und des Staates eingeleitet: die transnationale Erfindung des Politischen durch Vernetzung und Kooperation.

Produktbeschreibung
Ulrich Beck hielt im November 2001 vor dem russischen Parlament eine vielbeachtete Rede, in der er sich mit den Themen Terror und Krieg, wirtschaftliche Globalisierung und Neo-Liberalismus sowie mit dem Verhältnis der Staaten zu ihrer Souveränität befaßt.
Der terroristische Widerstand gegen Globalisierung hat das genaue Gegenteil dessen bewirkt, was er bezweckte - er hat eine neue ära der Globalisierung der Politik und des Staates eingeleitet: die transnationale Erfindung des Politischen durch Vernetzung und Kooperation.
Autorenporträt
Ulrich Beck wurde 1944 in Stolp in Hinterpommern geboren. Nach seinem Studium der Soziologie, Philosophie, Psychologie und Politikwissenschaft in München promovierte er dort im Jahr 1972. Sieben Jahre später wurde er im Fach Soziologie habilitiert. Sein wissenschaftliches Hauptinteresse galt dem Grundlagenwandel moderner Gesellschaften, insbesondere im Zeichen der Globalisierung. Er beschäftigte sich mit den daraus erwachsenden theoretischen, empirischen und methodologischen Fragen sowie den Konsequenzen und Risiken, die dieser Wandel für Wirtschaft, Politik, Kultur und Massenmedien nach sich zieht.
Seit 1980 war Ulrich Beck Herausgeber der Zeitschrift "Soziale Welt". Ihm wurden mehrere Ehrendoktorwürden europäischer Universitäten und zahlreiche Preise verliehen. Ulrich Beck verstarb im Januar 2015.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.02.2002

Wörter schweigen nicht
Ulrich Beck hat schon bessere Titel gedichtet
Kaum eine Formulierung hat sich als so treffend erwiesen wie der von Ulrich Beck geprägte Begriff „Risikogesellschaft”. Als er ihn vor gut 15 Jahren zum Titel eines Buches machte, brachte er damit das Lebensgefühl und die Lebensbedingungen der Gegenwart in einem Wort auf den Punkt. Von Tschernobyl über die mexikanische erst und dann die asiatische Finanzkrise, die Giftgasattacke in der Tokioter U-Bahn bis zu BSE und der Vorbereitung zur Erzeugung von Homunkuli in amerikanischen Forschungslabors wird unsere Weltsicht von Nachrichten über Katastrophen und Risiken bestimmt, die im Unterschied zu Noahs Sintflut, der Verschüttung Pompejis und noch des desaströsen Erdbebens voriges Jahr in der Türkei Menschenwerk sind.
Das Paradox des menschlichen Geistes, der sich zu immer höheren Leistungen aufschwingt, aber nicht die Mittel hat, die Folgen seines Tuns zu überblicken, geschweige zu kontrollieren, ist zweifellos ein Kennzeichen unserer Zeit. Auch damit, dass all die Entwicklungen, die wir unter den Begriff Globalisierung zu subsumieren uns gewöhnt haben, die Risiken, mit denen wir leben, noch unkalkulierbarer machen, hat Beck recht. Weniger überzeugend freilich ist seine jüngste Stellungnahme zu diesen Fragen. Unter dem Eindruck der Terrorangriffe im vorigen September in den Vereinigten Staaten – und das mag eine Entschuldigung sein – hat er ihn unter den Titel „Das Schweigen der Wörter” gestellt. Das soll mehr als eine eingängige Floskel sein. Er spricht davon, nicht nur dass uns angesichts horrender Taten die Worte fehlen, im metaphorischen Sinne, sondern behauptet, dass „unsere Sprache angesichts dieser Wirklichkeit versagt”.
Zwar verharmlost er damit nicht unbedingt die Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, er schickt aber die, die sie verstehen wollen, in die Irre. „Wir leben, denken und handeln in Begriffen, die historisch veraltet sind, jedoch unser Denken und Handeln weiter regieren”, sagt Beck. Gibt es daran etwas auszusetzen? Alles! Die Probleme, mit denen er sich ebenso wie viele andere beschäftigt, sind keine Sprachprobleme. Es sind Probleme der Technologie, der Waffenindustrie, der Naturausbeute, des Nord-Süd-Gefälles, der Moral, usw. Die Wörter schweigen nicht; sie sagen auch nichts. Wir sagen etwas mit ihnen und biegen sie so zurecht, dass wir sagen können, was zu sagen ist. Oder wir prägen geeignete neue Wörter, wie „Risikogesellschaft”.
Beck diskutiert einige Beispiele für seine These, dass die Sprache versagt, z. B. „verteidigen”. Dass man davon spräche, in Afghanistan die innere Sicherheit Deutschlands zu verteidigen, sei ein Beweis für einen falschen Begriff. „Die Unterscheidung zwischen Verteidigung und Angriff ist nicht mehr eindeutig.” Aber war sie das je? Si vis pacem, para bellum: Dieser Grundsatz des Kriegshandwerks begleitet uns seit fast zweieinhalb Jahrtausenden. Ebenso wie der, dass der Feindesfeind gegebenenfalls zum Freund wird. Dass als solche bezeichnete Schurken und Terroristen, diese Epitheta gewöhnlich nicht in den Augen aller verdienen, ist auch keine neue Erkenntnis. Die Wörter regieren uns nicht, wir machen mit ihnen, was wir wollen, insbesondere so eloquente Leute wie Ulrich Beck und diejenigen, die sich am besten Gehör verschaffen können wie z. B. die geballte Macht der amerikanischen Medien.
Beck ist von der Tatsache beeindruckt, dass die Sprache vor der Aufgabe versagt, künftige Generationen, sagen wir in 10000 Jahren, über Gefahren zu informieren, die wir in die Welt setzen. Auch das war nie anders. Wie auch die Einschätzung dessen, was gefährlich ist, historisch kontingent ist. Insbesondere gilt das für neue Technologien. Noch zu Zeiten der französischen Revolution galt die Alphabetisierung der Massen vielen, die wussten, wovon sie sprachen, als unkalkulierbares Risiko, ja, als Gefahr; aus im nachhinein durchaus verständlichen Gründen. Ulrich Beck zu erklären, was „Risikogesellschaft” oder das von ihm in der hier besprochenen Schrift verwendete „Weltrisikogesellschaft” bedeutet, ist gewiss vermessen und soll auch gar nicht versucht werden. Es gehört aber zu den ironischen Risiken des Sprachschöpfers, dass er die Kontrolle über seine Geschöpfe verliert. Der Hinweis, dass die Risiken der Risikogesellschaft weder in der Sprache ihre Ursache haben, noch glückliche Formulierungen sie besser kalkulierbar machen, muss erlaubt sein. Eine Rede, und um eine solche handelt es sich bei dem Buch, die mit der Aufforderung beginnt, „das Schweigen der Wörter” müsse gebrochen werden, ist kokett.
Was Beck über die Globalisierung der Märkte, die Bedrohung des staatlichen Gewaltmonopols durch internationalen Terror und andere Herausforderungen staatlicher Souveränität sagt, ist bedenkenswert. Seine These, dass diese Probleme in solchen der Sprache wurzeln, widerlegt er aber mit jedem Satz.
FLORIAN COULMAS
ULRICH BECK: Das Schweigen der Wörter. Über Terror und Krieg. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002. 48 Seiten, 5 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Florian Coulmas kann den Argumenten des Autors, den er als den verdienstvollen Schöpfer des Begriffs der "Risikogesellschaft" rühmt, nicht zustimmen. Wortreich widerspricht er der These Becks, die Wörter versagten angesichts der Geschehnisse in der Welt und argumentiert, dass die Probleme wie Globalisierung, Terror, Kriege und Umweltzerstörung keineswegs ein "Sprachproblem" seien. Der Rezensent findet den Titel des Buches schlicht "kokett" und sieht die Ansichten des Autors "in jedem Satz widerlegt". Das ändert allerdings für Coulmas nicht daran, dass manches, was Beck zur Weltlage zu sagen hat, "bedenkenswert" ist.

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