Marktplatzangebote
9 Angebote ab € 2,00 €
Produktdetails
  • Verlag: Scherz
  • ISBN-13: 9783502611684
  • ISBN-10: 3502611688
  • Artikelnr.: 20855292
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.10.2006

Die buddhistische Mutter
Atemübungen beim Broteschmieren: Sarah Napthali möchte helfen, Kinder zu erziehen

An einem der unzähligen Tage, als wieder alles daheim drunter und drüber ging und die von Aufgaben und Pflichten überforderte Ehefrau das Handtuch in die Ecke werfen wollte, klingelte die Klingel an der Haustür. An der Tür stand Sarah Napthali und sagte zu der Frau mit dem Ich-schmeiß-alles-hin-Handtuch: Einen schönen guten harmonischen Tag. Ich bin die buddhistische Mutter. Ich möchte dir helfen. Sie lächelte.

Sie könne auch dem Vater helfen, sagt Sarah Napthali, dann aber konzentriert sie sich doch auf die Mutter, denn der Vater ist ja nicht daheim, wahrscheinlich ist er arbeiten (er ist arbeiten). Sie habe selbst zwei Kinder und gehöre nicht zu den Superbuddhisten, wahrscheinlich auch nicht zu den Superfrauen und Supermüttern. Die Frau, die eben noch mit ihren Nerven am Ende gewesen war, wird immer entspannter, je länger sie ihr zuhört. Als Sarah Napthali nach Stunden geht, läßt sie eine lächelnde Frau zurück, die sich den ihr bevorstehenden Aufgaben daheim nun in einem buddhistischen Geist widmen wird.

Sarah Napthali bittet alle Mütter, sich daheim in Achtsamkeit und Demut zu üben (Kinder, ihr möchtet nicht essen? Dann koche ich euch etwas anderes), die Wut zu bändigen (nie mehr: Kinder, ich habe jetzt die Schnauze voll von eurem Gebrüll). Die Mütter sollen sich von ihrem quengelnden Selbst trennen (habe ich etwa deswegen studiert, um meine Tage daheim beim Wickeln, Bügeln und Kuchenbacken zu verbringen?), lernen, sich in den Augenblick zu versenken (das geht und gilt auch schon beim Geschirrabspülen), und Mitleid und Liebe üben (und das nicht nur für und bei den Kindern, sondern auch schon mal, wenn der Partner abends mit schlechter Laune von der Arbeit kommt).

Selbstredend ist es gut, wenn man auf den Augenblick achtet, statt nur an bessere Zeiten zu denken; wenn man seine Selbstansprüche (manchmal) im Zaum hält; wenn man seine Wut im Griff hat, die Kleinen nicht mit Ohrfeigen traktiert und im Gespräch mit dem Partner auch mal nachgibt; wenn man sich in Mitleid übt und sich mit den Wehwehchen der Kinder ernsthaft auseinandersetzt.

Wahrscheinlich ist das alles nicht so geläufig, und vielleicht ist es deswegen gut, wenn das jemand in einem Erziehungsratgeberbuch sagt. Aber komisch ist es schon, daß mit Eva Herman und ihrem Heimfrauenbuch (über das Eva-Prinzip) nun auch noch die buddhistische Mutter auftaucht und das Lächeln in den vier Wänden predigt. Anne, Mutter von zwei Töchtern, erzählt Sarah Napthali: "Der Buddhismus hilft mir, Mutterschaft als eine spirituelle Reise zu betrachten. In den schlimmsten Momenten sage ich mir, Erziehung sei Üben, und zwar in der allerhärtesten Form des Übens. Meine Kinder sind meine Lehrer, die mich Mal um Mal zwingen, im Hier und Jetzt zu leben und die ganzen Phantasien und Träume aufzugeben von all den aufregenden und interessanten Dingen, die ich auch noch tun könnte."

Wir sollten lernen, schreibt Sarah Napthali, mit "der Unschuld eines Kindes jeder neuen Situation gegenüberzutreten statt mit der Voreingenommenheit von Erwachsenen. Wenn wir meditieren und achtsam leben, üben wir die Fähigkeit, Urteile und Bewertungen zu unterlassen, wir weigern uns, mit alten Meinungen und Automatismen zu reagieren." Wir sind jetzt ganz offen: Wenn wir alle Buddhisten werden, wird dann dem Streit an der neuen alten Frauen-Männer-Front die Luft ausgehen? Dann würden sich Frauen und Männer, Mütter und Väter endlich anlächeln und lächelnde Kinder in die Welt setzen und sich lächelnd auch noch darum kümmern? Gütiger Buddha. Warum klappt das nicht? Wir haben Anleitungen. Wir haben hier die buddhistische Mutter, jetzt brauchen wir noch den buddhistischen Vater. Der lachende Dritte im Bunde ist das Kind.

EBERHARD RATHGEB.

Sarah Napthali: "Der kleine buddhistische Erziehungsberater". Aus dem Englischen von Manja Van Wezemael. O. W. Barth im S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2006. 315 S., geb., 13,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eberhard Rathgeb ist schon ein wenig befremdet von den auf das Thema Kindererziehung hinmodellierten buddhistischen Weisheiten, die von Sarah Napthali in ihrem "Kleinen buddhistischen Erziehungsberater" zum besten gegeben werden. Der Tipp, sich angesichts quengelnder Kinder in Demut zu üben, in den Augenblick zu versenken, nie zu klagen und vor allem: immerfort zu lächeln, erscheint dem Rezensenten recht lebensfremd. Welches Kind würde eine solche Mutter ertragen? Und so schließt Rathgeb seine einigermaßen mokante Kritik mit dem Stoßseufzer "Gütiger Buddha!"

© Perlentaucher Medien GmbH