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Palindrome gibt es in allen Sprachen. Eines der wohl bekanntesten ist "Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie", das Schopenhauer zugeschrieben wird. Aber auch die Wortpalindrome "Anna", "Rentner" oder "Reliefpfeiler" geben Aufschluss darüber, um was es hier geht: Palindrome sind Wörter, Sätze, Gedichte oder einfach Strukturen, die, vorwärts wie rückwärts betrachtet, lesbar sind und den gleichen Sinn ergeben. Dieses Phänomen gibt es nicht nur in der Sprache oder der Poesie, sondern auch in der Musik (z. B. den "Krebskanon" bei Bach und Mozart ) oder auf molekularer Ebene bei der…mehr

Produktbeschreibung
Palindrome gibt es in allen Sprachen.
Eines der wohl bekanntesten ist "Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie", das Schopenhauer zugeschrieben wird. Aber auch die Wortpalindrome "Anna", "Rentner" oder "Reliefpfeiler" geben Aufschluss darüber, um was es hier geht:
Palindrome sind Wörter, Sätze, Gedichte oder einfach Strukturen, die, vorwärts wie rückwärts betrachtet, lesbar sind und den gleichen Sinn ergeben.
Dieses Phänomen gibt es nicht nur in der Sprache oder der Poesie, sondern auch in der Musik (z. B. den "Krebskanon" bei Bach und Mozart ) oder auf molekularer Ebene bei der Doppelhelix-Struktur der DNS.

Karl Günter Kröber hat sich vorgenommen, diese Strukturen auf die Mathematik zu übertragen. Er hat dafür ein Verfahren entwickelt, das es erlaubt, Zahlen so zusammenzustellen, dass sie in Strukturen "antworten". Seinen auch für Physiker und Kristallographen aufregenden, neuen Ansatz nennt er "Strukturbildung durch Palindromisierung" und wird ihn erstmals in diesem Buch präsentieren.

Autorenporträt
Prof. Dr. sc. phil. Karl Günter Kröber publizierte während seiner Wissenschaftskarriere Arbeiten zu erkenntnistheoretischen und methodologischen Problemen der Wissenschaft und ihrer Entwicklung sowie zur Wissenschaftsgeschichte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.11.2003

Gnutötung 2002
Karl Günter Kröber lässt die Palindrome tanzen
Viele Menschen vermeiden es, bei einer Wanderung oder einem Spaziergang denselben Weg hin- und zurückzugehen, üblicherweise mit der Begründung, dass sie lieber „etwas Neues” sehen wollen. Es ist daher mitunter überraschend, dass Eindrücke und Empfindungen bei der Rückkehr längs desselben Weges sehr verschieden von denen des Hinwegs sein können, auch dann, wenn man von Extremfällen, etwa eines reinen Auf- oder Abstiegs oder völlig veränderter Wetterverhältnisse, absieht. Der Rundweg scheint jedoch aus evolutionärer „Erfahrung” bevorzugt zu sein, zum Beispiel weil er größere Areale ökonomischer erschließt; wohl auch deshalb haben die Griechen ein eigenes Wort – Palindromos – für die Rückreise längs desselben Weges geformt, bei dem vermutlich die Heimkehr der Schiffe in den Hafen Pate gestanden hat.
Auf nicht leicht zu klärende Weise ist diese Bedeutung eingeengt worden auf eine bestimmte Gruppe von Wörtern – oder linearen Zeichenfolgen –, nämlich die, die vorwärts wie rückwärts dieselbe Abfolge von Buchstaben aufweisen. Neben dem Vergnügen an der Symmetrie solcher Objekte (wie Rentner, Gnutötung oder Relieffeiler) scheint nun aber gerade die Sorge vor den ganz anderen Eindrücken einer umgekehrten Lesart die Palindrome als „unhintergehbar” in ihrer Bedeutung herauszuheben. Dazu passt der verbreitete Aberglaube, dass ein rückwärts gelesener Zauberspruch die ursprüngliche Wirkung aufhebt.
Gegenstand des vorliegenden Buches sind nun nicht Worte oder ganze Sätze mit palindromischem Charakter – wie „subi duras a rudibus”, das Motto einer alten englischen Schule – sondern palindromische Zahlen, wie 11, 101 oder 1012101. Solche Zahlen sind vergleichsweise selten; zwar war das vergangene Jahr 2002 ein „palindromisches Jahr”, auf das nächste werden wir aber 110 Jahre warten müssen, auch wenn das vorangegangene nur 12 Jahre zurückliegt.
Was ist mit 196?
Die Idee, die allen Überlegungen des Buches zugrundeliegt, ist die folgende: aus einer nichtpalindromischen Zahl sollte sich eine palindromische machen lassen, indem man die Ziffernfolge umkehrt und die neugewonnene Zahl zu der gegebenen addiert. Tatsächlich sieht man sehr leicht, dass dieser Trick funktioniert, wenn alle Ziffern der Ausgangszahl zwischen 0 und 4 liegen, also z. B. 4321 + 1234 = 5555. Wenn die Ziffern beliebig gewählt werden, ergibt sich ein Problem durch den „Zehnerübergang”; trotzdem kann dieser Prozess immer noch gelingen, wenn er genügend oft wiederholt wird – wie jeder Leser bei passend langweiliger Gelegenheit an eigenen Beispielen überprüfen kann.
Aber gelegentlich versagt der experimentelle Zugriff, zum Beispiel bei der Zahl 196, aus der auch die schnellsten Rechner noch kein Palindrom gewinnen konnten. Damit ist die Neugier geweckt, was wohl hinter dieser Verhaltensweise stecken mag, ob es Zahlen gibt, die „palindromisierungsresistent” sind und wenn ja, wie man sie erkennt. Diese Fragen sind erstaunlich schwierig und bislang noch kaum beantwortet. Man muss sich dem Problem daher experimentell nähern, also bestimmte Zahlen wählen und die nach dem obigen Verfahren gewonnenen neuen Zahlen fortlaufend darunter schreiben. In diesem prinzipiell unendlichen Schema kann man die Entwicklung gleicher Ziffern oder womöglich gleicher Ziffernblöcke verfolgen, indem man sie gleichfarbig markiert, so dass sich graphische Muster bilden. Die meisten Zahlen dürften keinerlei Form von Ordnung in ihrem Palindromisierungsschema erkennen lassen, aber es ist eine Tatsache, dass geeignete Zahlen erstaunlich komplex geordnete Muster bilden, die zumindest einer phänomenologischen Beschreibung zugänglich sind.
Das ist das Thema von Karl Günter Kröbers Buch „Mathematik der Palindrome”, das sich überwiegend mit der Typisierung von Mustern beschäftigt, die bei gewissen Zahlen auf die beschriebene Weise entstehen; technisch gesehen wird dabei sowohl das Palindromisierungsverfahren wie das Stellensystem, in dem die Zahlen geschrieben werden, noch geeignet variiert.
Daraus lässt sich nun aber leider kein Stoff formen, der den durchschnittlichen Leser fesseln könnte, solange er nicht selbst „infiziert” ist von der algorithmischen Jagd nach Palindromen. Diesem offensichtlichen Missstand versucht der Autor nun dadurch zu begegnen, dass er den so aufgefundenen Mustern universellen Charakter zuschreibt, sie also zu den „Elementen” aller möglichen Muster erklärt, vom I Ging über das gemeine Chaos bis zum genetischen Code und den zellulären Automaten – was nicht nur die Phantasie des Lesers, sondern gelegentlich auch die Sachkenntnis des Autors überfordert. Für eine solche Interpretation sind freilich keine übergeordneten Gründe erkennbar, die ein genaueres Studium der Materie nahelegen. Doch wer kann das schon mit letzter Sicherheit sagen in Zeiten, in denen kein Muster davor sicher ist, aus völliger Vergessenheit zum heißen Forschungsgegenstand zu avancieren. Wer einen Versuch mit diesem Buch wagen möchte, der geht jedenfalls kein großes Risiko ein: das Virus der Palindromisierung infiziert schnell oder gar nicht.
JOCHEN BRÜNING
KARL GÜNTER KRÖBER: Ein Esel lese nie. Mathematik der Palindrome. Rowohlt Verlag, Reinbek 2003. 348 Seiten, 9,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nicht um sprachliche Palindrome - also Wörter oder Sätze, die sich von vorne oder hinten lesen lassen wie der Titel des Buches - geht es hier, sondern um Zahlenpalindrome wie das Jahr 2002. Zu diesen stellt der Autor einige mathematische Überlegungen an, die sich der Rezensent Jochen Brüning auch gefallen lässt: dazu etwa, wie man aus nicht-palindromischen Zahlen palindromische macht (indem man "die Ziffernfolge umkehrt und die neugewonnene Zahl zu der gegebenen addiert"). Oder dazu, wieso manche Zahlen - die 196 wird genannt - sich allen Palindromisierungstricks widersetzen. Überflüssig und eher haltlos freilich findet Brüning das Bemühen Kröbers, das Palindromische als Muster überall erkennen zu wollen, vom I Ging bis zum genetischen Code. Und es gelte ohnehin: Entweder packe einen das Palindrom-Fieber oder eben nicht. Nur im ersteren Fall werde man an der Lektüre Freude haben.

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