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Ein Mann sucht das Weite und die verlassene Frau anschließend Trost bei einer Freundin Doch kaum ist sie dort eingezogen, geht merkwürdigerweise auch die Beziehung der Freundin in die Brüche. Kein Einzelfall, wie sich bald herausstellt. Wo immer die unglückliche Heldin auftaucht, ist es mit dem Beziehungsglück vorbei. Am Ende bleibt ihr nur der Gang zur Psychiaterin, aber auch die scheint ihr plötzlich irgend etwas sehr übel zu nehmen... Mit herrlich boshaftem Unterton erzählt Will Self die außergewöhnlichen Stories. Und bereitwillig folgt man ihm in die absurdesten Winkel seiner Fantasie.

Produktbeschreibung
Ein Mann sucht das Weite und die verlassene Frau anschließend Trost bei einer Freundin Doch kaum ist sie dort eingezogen, geht merkwürdigerweise auch die Beziehung der Freundin in die Brüche. Kein Einzelfall, wie sich bald herausstellt. Wo immer die unglückliche Heldin auftaucht, ist es mit dem Beziehungsglück vorbei. Am Ende bleibt ihr nur der Gang zur Psychiaterin, aber auch die scheint ihr plötzlich irgend etwas sehr übel zu nehmen... Mit herrlich boshaftem Unterton erzählt Will Self die außergewöhnlichen Stories. Und bereitwillig folgt man ihm in die absurdesten Winkel seiner Fantasie.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.01.2000

Die Totenbücher von London
Exzentrisches Geplauder: Will Selfs diagnostische Geschichten

Im neuen England der neunziger Jahre gab es viel Rummel um junge Autoren und Künstler. Einer der Stars der Londoner Szene ist der 1961 geborene Will Self, von dem mit einiger Verspätung nun die beiden ersten Erzählbände "The Quantity Theory of Insanity" (1991) und "Grey Area" (1994) auf Deutsch erschienen. Man merkt diesen Geschichten die Herkunft aus einem Milieu des intelligenten Punk und der Erlebniskultur an, die das "Time Out"-Magazin inszeniert. Jedoch zetteln sie in der Darstellungsform keineswegs den Krawall des Neuen an. Vielmehr verlässt sich der Autor auf eine Tradition des humoristisch-satirischen Schreibens seit Swift, obwohl der Erzähler von "Eine kurze Geschichte des englischen Romans" vorgibt, nicht an "den zentralen Stellenwert der literarischen Tradition in diesem Land" zu glauben. Auch inhaltlich setzt Self immer wieder auf die altehrwürdige englische Lust am Exzentrischen. Das zeigt bereits das Leittheorem des ersten Bandes. Es besagt, dass in einer Zeit und Gesellschaft die Menge an geistiger Gesundheit begrenzt ist. Art und Vorkommen des verbleibenden umvermeidlichen Irrsinns beschreiben Selfs Erzählungen, und daher begegnet man dem ganzen Spektrum vertrauter englischer Exzentriker.

In der Titelgeschichte lässt Self den Erzähler als Kunsttherapeuten einer psychiatrischen Klinik auftreten, um die Theorie des mediengeilen Doktor Busner gleichsam unter Laborbedingungen zu überprüfen. Wenig überraschend zeigt sich alsbald, dass die Therapie die Krankheit ist, die sie zu lindern vorgibt. Interessanter ist die Haltung einer fast widerstandslosen sarkastischen Selbstverständlichkeit, mit der sich der Erzähler in das wechselseitige Abhängigkeitsverhältnis von Personal und Patienten hineinziehen lässt. Seine schleichende Veränderung zeigt sich im Wandel seines Blicks auf die täglich beobachteten Dinge und Räumlichkeiten. Fast klaglos nimmt der Erzähler schließlich das Trügerische und Absurde der erfahrenen Umgebung als Aufgehobensein an: "Die cremige Härte der Maschinenhaut, das staubige Klirren des Fliesenbodens, die stinkende Abschürfung am Ärmel von Toms Pullover. ... Jims Knollennase und seine modisch geschnittenen Haare lassen ihn absurd wirken, den Eindruck, der noch verstärkt wird von seinen äffischen Armen, die auf der Plattform ruhen wie die Hebezinken eines abgeschalteten Gabelstaplers. Aber jetzt tröstet er mich. Beide trösten mich."

Während "Die Quantitätstheorie des Irrsinns" eine Psychiatrie nach der Art Ronald Laings durch den Kakao zieht, kommt in "Die Erforschung der Ur-Lawalei" die Ethnologie in der Tradition James Frazers in den satirischen Blick. Von ihr sagte schon Wittgenstein, sie sei unfähig, ein anderes Leben zu beschreiben als das englische ihrer Zeit. Self versucht es konsequenterweise gar nicht erst. Die fremde Kultur erscheint vielmehr als eine besonders langweilige Kopie der eigenen. Die Ur-Lawalei sind Leute, denen man auf einer Party keinesfalls begegnen möchte. "In ihren Augen führen andere Stämme ein unendlich verlockenderes Leben als sie selbst, und oft sprechen sie, ohne die Spur von Beleidigtsein, von den vielen Partys und anderen gesellschaftlichen Ereignissen, zu denen sie nie eingeladen werden." Wie die Aura des Irrsinns und des Fremden verfallen bei Self alle mehr oder minder modischen Vorstellungen von einer anderen Welt einer nonchalanten Lächerlichkeit. In "Das Nordlondoner Totenbuch" ist die Mutter des Erzählers nach ihrem Tod nur in einen anderen Stadtteil umgezogen, um dort als Schattenwesen, behängt mit Einkaufstüten von "Barnes & Noble" oder "Waitrose", dem gleichen Leben nachzugehen wie vorher, nur eben für immer. Auch hier ist es nicht die inversive Pointe, die den Reiz der Erzählung ausmacht, sondern der Blick auf das absurde Detail der menschlichen Existenz und in den besten Passagen eine trockene, im Plauderton vorgetragene Logik, die - nach einer Anekdote über Freddy Ayer - die Vorstellung von Paris vorzüglich in einem Straßenschild, auf dem Paris steht, beschworen findet.

Dieser Erzähler betrachtet die moderne Wirklichkeit mit den Augen eines sprachanalytischen Positivisten, der das Staunen über deren Irrsinn nicht verlernt hat. Noch aus der Lektüre einer Werbebroschüre der Pharmaindustrie, die einen "Meilenstein in der Antidepressiva-Therapie" anpreist, aus dem "heillosen Mischmasch von medizinischem Fachchinesisch und Reklamegeschwafel", zieht er komische Effekte, die aber immer wieder Schlaglichter in das Unheimliche der heutigen Welt werfen. Die Hauptquelle seiner Imagination ist die präzise Rekapitulation des neurotischen Raums und seiner Attribute: "Ebenso deutlich kann ich mir um ihn herum, auf Tischen und Stühlen, auf Heizungsabdeckungen, Kaminsimsen und dem Fußboden, die Pillendöschen rezeptpflichtiger Medikamente vorstellen: Sedativa, Schlaftabletten und Beruhigungsmittel."

Self überzeugt da am meisten, wo er die menschlichen Beziehungen in den Dingen sinnlich erscheinen lässt und lesbar macht oder Gelesenes in Dringlichkeit rückverwandelt. In chaplinesker Manier tritt dabei die Tücke der Objekte hervor. Allerdings gehen ihm mehr als einmal die Pferde seiner Einbildungskraft durch: "Giselle war Sex nie schwer gefallen. Sie war mühelos vom Reiten auf Ponys und Pferden zu Jungen und Männern übergegangen und hatte sich die sinnlichen Sporen nur gegeben, um vom körperlichen Trott zum geistigen Trab zu kommen." Davon abgesehen aber haben diese Erzählungen bei aller zur Schau getragenen Schnoddrigkeit die Wirkung eines altmodischen Antidepressivums und lassen einen den "nie versiegenden Strom von Neurotikern", der sich in die moderne Welt ergießt, gelassener ertragen. Beide Übersetzer haben gut daran getan, einen einfachen Konversationston zu wählen und viel Mühe an die Fachtermini zu verwenden. Denn in Selfs besten Stücken entstehen die komischen und satirischen Effekte aus präziser Mimikry des omnipräsenten Geschwafels.

FRIEDMAR APEL

Will Self: "Die Quantitätstheorie des Irrsinns". Erzählungen. Aus dem Englischen übersetzt von Klaus Berr. Luchterhand Literaturverlag, München 1999. 315 S., geb., 39,80 DM.

Will Self: "Das Ende der Beziehung". Storys. Aus dem Englischen übersetzt von Ulrich Blumenbach. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 1999. 288 S., br., 24,- DM.

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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Zeitgleich, aber in unterschiedlichen Verlagen, erscheinen zwei Bände mit Erzählungen des britischen Autors Will Self, der das Thema Drogen und Psychosen äußerst erfolgreich bearbeitet hat. Jan Bürger weist in seiner Doppelbesprechung darauf hin, daß einem guten Buch nicht automatisch ein gutes zweites folgen muß.
1) Will Self: "