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Auf einen Frieden, der keiner war, folgte ein Krieg, über dessen Sieger nie ein Zweifel bestand. Freilich: Dem irakischen Diktator die Massenvernichtungswaffen aus der Hand zu nehmen und Verbindungen des Terrors durchzuschneiden - das sind nicht die wirklichen Gründe der USA für diesen Krieg gewesen, wie Herfried Münkler in diesem Buch nachweist. Die Amerikaner hoffen nun, den Nahen Osten, seit Jahrzehnten die Weltkrisenregion schlechthin, gewaltsam zu befrieden - wie Europa im Zweiten Weltkrieg. Mit ungewissem Ausgang. Auf jeden Fall zwingt der neue Golfkrieg die Europäer, von einer Illusion…mehr

Produktbeschreibung
Auf einen Frieden, der keiner war, folgte ein Krieg, über dessen Sieger nie ein Zweifel bestand. Freilich: Dem irakischen Diktator die Massenvernichtungswaffen aus der Hand zu nehmen und Verbindungen des Terrors durchzuschneiden - das sind nicht die wirklichen Gründe der USA für diesen Krieg gewesen, wie Herfried Münkler in diesem Buch nachweist. Die Amerikaner hoffen nun, den Nahen Osten, seit Jahrzehnten die Weltkrisenregion schlechthin, gewaltsam zu befrieden - wie Europa im Zweiten Weltkrieg. Mit ungewissem Ausgang.
Auf jeden Fall zwingt der neue Golfkrieg die Europäer, von einer Illusion Abschied zu nehmen, die sie nach 1989 lieb gewonnen haben: dass nun das Zeitalter der friedensstiftenden UNO anbreche und die einzige Supermacht sich darin einbinden lasse. Das Gegenteil ist der Fall: Die USA befreien sich von allen Fesseln, die sie stören. Und Krieg ist wieder ein Mittel der Politik. Nach diesem Krieg wird die Welt nicht mehr so sein wie zuvor.
Wer wissen will, was die dramatischen Ereignisse am Golf für Deutschland, Europa, die USA und die UNO bedeuten, wird auf Herfried Münklers gründliche und kenntnisreiche Analyse der Ursachen, Motive und Folgen des Krieges nicht verzichten können.
Autorenporträt
Herfried Münkler, geboren 1951 in Friedberg, ist Professor für Politikwissenschaft an der Humbold-Universität zu Berlin und Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Er ist mit zahlreichen Studien zur politischen Ideengeschichte und zur Theorie des Krieges hervorgetreten. Nicht wenige davon sind mittlerweile Standardwerke, so etwa "Machiavelli" (1982) und "Gewalt und Ordnung" (1992).
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In seinem "scharfsinnigen" Buch "Der neue Golfkrieg" fragt Herfried Münkler nach den eigentlichen Zielen und Motiven der USA im Golfkrieg, berichtet Rezensent Peter Lösche. Münkler nehme die Aussagen von Wolfowitz, Cheney, Powell, Rumsfeld und Bush ernst, schreibt Lösche, und suche nach der möglichen Rationalität dieses Krieges. Zur Verblüffung Lösches hält Münkler den Sturz von Saddams Regime durchaus für plausibel - schließlich könnten dadurch mittelfristig stabilere Verhältnisse am Golf erreicht werden. Wie er weiter berichtet, prognostiziert Münkler nicht nur weitere Kriege ähnlichen Typs, sondern auch eine sich vertiefende Kluft zwischen Europa und Amerika. Er hebt hervor, dass der Leser vom Autor in den Bann seiner Thesen und Argumenten gezogen werde, "obwohl er doch ständig die Antithesen und Gegenargumente mitdenkt".

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.06.2003

Agents provocateurs
Wie rational handeln die USA?
„Blut für Öl” – dieses Schlagwort erscheint Herfried Münkler zu simpel, um komplexe Sachverhalte zu analysieren. Es kann die amerikanische Strategie und schon gar den Golfkrieg vom Frühjahr nicht erklären. Vielmehr wird in diesem scharfsinnigen Buch gefragt, was denn die eigentlichen Motive und Ziele der USA gewesen seien. Der Autor nimmt also die Aussagen der Herren Wolfowitz, Cheney, Powell, Rumsfeld und Bush ernst und sucht nach der Rationalität, die möglicherweise in dem Unterfangen verborgen sein könnte.
Seine Antwort ist verblüffend: Der dritte Golfkrieg könne dazu beitragen, am Golf auf mittlere Sicht Verhältnisse herzustellen, die eine dauerhafte Reduzierung jener US-Militärpräsenz erlaubten, die den Terrorismus gerade provozieren. So sei es plausibel, das Regime Saddam Husseins durch ein Prosperitätsregime zu ersetzen, in dem zivile Produktionsanlagen und die Infrastruktur wieder hergestellt würden, die Mittelschichten sich regenerierten und langfristig die Demokratie eine Chance bekäme.
Zudem könne der Eingriff die Selbstblockade jener arabischen Staaten aufbrechen, die sich auf der Grundlage des Öls als rentierliche Staaten herausgebildet hätten, gesellschaftliche Entwicklungen aber verhinderten. Die Ablösung eben dieser Art von Regime würde für alle arabischen Staaten einen beachtlichen Modernisierungsschub bewirken.
Weitere Kriege ähnlichen Typus dürften folgen, schreibt Münkler; die Kluft zwischen Europäern und Amerikanern werde sich vertiefen, die „Wertegemeinschaft des Westens” bald der Vergangenheit angehören. Der Leser wird vom Autor in den Bann seiner Thesen und Argumentation gezogen, obwohl er doch ständig die Antithesen und die Gegenargumentation mitdenkt. Indes: Wenn Münklers These zur Rationalität der amerikanischen Strategie im Dritten Golfkrieg tatsächlich zuträfe, dass es nämlich um einen Regierungswechsel mit dem Ziel gehe, ein Prosperitätsregime im Irak zu errichten, warum verkündet das dann die Bush-Administration nicht demonstrativ? Es brächte schließlich mehr Legitimität.
PETER LÖSCHE
HERFRIED MÜNKLER: Der neue Golfkrieg. Rowohlt, Reinbek 2003. 176 Seiten, 12,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.04.2003

Blitzkrieg und Drei-Klassen-Ordnung
Herfried Münkler über den amerikanischen Waffengang gegen den irakischen Diktator

Herfried Münkler: Der neue Golfkrieg. Rowohlt Verlag, Reinbek 2003. 176 Seiten, 12,90 [Euro].

Den Beginn des Krieges hat der Verlag noch abgewartet, um mit einem brandaktuellen Cover-Foto von aufmarschierenden Wüstenkriegern die Buchproduktion starten zu können. Anfang April - noch rechtzeitig vor dem Ende des Krieges - ist Herfried Münklers Analyse über die Vorgeschichte des dritten Golfkrieges ausgeliefert worden. Die Stärke des Buches besteht darin, daß der erste harte und verlustreiche Golfkrieg zwischen dem Irak und Iran in den Jahren 1980 bis 1988 mit etwa einer Million Toten und der zweite Sechswochen-Golfkrieg zu Jahresbeginn 1991 ausführlich einbezogen werden. Außerdem legt der Berliner Politikwissenschaftler bei der Analyse der Entscheidung zum Kriege die langfristigen Gründe der Washingtoner Regierung - jenseits aller kurzfristigen vorkriegspsychologischen und kriegspropagandistischen offiziellen Anlaß-Suche - eindrucksvoll frei und zeigt die möglichen Auswirkungen für die internationale Ordnung auf.

Münkler erinnert daran, daß die Pattsituation des Jahres 1988 "nicht zuletzt an der amerikanischen Unterstützung für den Irak gelegen haben" dürfte. Saddam Hussein ließ sich damals als Sieger feiern, der die Expansion der islamischen Revolution aufgehalten habe. Seinem darauf gegründeten Hegemonialanspruch in der arabischen Welt verlieh er im August 1990 durch die Besetzung Kuweits Ausdruck; zuvor hatte er bereits im Mai die gesteigerte Erdölförderung Kuweits und der Vereinigten Arabischen Emirate, die nicht mehr der Quotenverteilung der Opec entsprachen und daher zur Senkung des Ölpreises führten, als einen Krieg gegen den Irak bezeichnet.

Anfang 1991 gelang es dann der mit einem Mandat der Vereinten Nationen ausgestatteten und von den Vereinigten Staaten geführten Koalition, die irakische Armee - sie galt immerhin als die sechstgrößte der Welt - bei minimalen eigenen Verlusten zu zerschlagen. Für Münkler ist dieser begrenzte Schlag gegen den Irak, der lediglich auf die Befreiung Kuweits und auf die Vernichtung von Saddam Husseins Massenvernichtungswaffen abzielte, der erste aus einer Position der Stärke heraus "asymmetrisch geführte Krieg" des 20. Jahrhunderts. In seinem Gefolge sei "in begrenztem Ausmaß" der Krieg wieder zu einem politischen Instrument der einzig verbliebenen Supermacht geworden.

Besorgniserregender und auf die Dauer viel gefährlicher als der asymmetrische Krieg sei jedoch der asymmetrische Frieden in Gestalt des von den UN über den Irak verhängten Sanktions- und Embargoregimes. Nachdem sich die amerikanischen Hoffnungen auf einen Militärputsch in Bagdad im Frühjahr/Sommer 1991 nicht erfüllt hatten, habe das "von der internationalen Gemeinschaft über den Irak verhängte Repressionsregime, an dessen direkten und indirekten Folgen wahrscheinlich mehrere hunderttausend Menschen im Irak gestorben sind", die Aussicht auf eine Stabilisierung der politischen Lage am Golf in immer weitere Ferne rücken lassen.

Seit 1991 seien die Vereinigten Staaten durch die finanziellen Belastungen ihrer Truppenpräsenz am Golf und nicht zuletzt durch die wachsende Feindseligkeit der arabischen Welt in eine Zwickmühle geraten, die sie seit dem 20. März 2003 mit den Mitteln kriegerischer Gewalt beseitigen wollten - auch ohne UN-Mandat. Die andere Möglichkeit wäre ein Rückzug der amerikanischen Soldaten, die Aufhebung der UN-Wirtschaftssanktionen und das zumindest faktische Ende des Waffenembargos gewesen: "Aber das hätte zur Folge gehabt, daß Saddam Hussein in der arabischen Welt als Sieger und Bezwinger der amerikanischen Weltmacht gegolten hätte." Bei einem solchen Zusammenbruch der amerikanischen Nahost-Politik wäre auch die Bedrohung des Staates Israel dramatisch gestiegen.

Die entscheidende Zielvorstellung der politischen Führung der Vereinigten Staaten - und zwar der Demokraten wie der Republikaner - habe nicht nur in der Abrüstung des Iraks bestanden, sondern vor allem auch im Sturz Saddam Husseins und in der "Installierung eines eher an Prosperität als an Hegemonie orientierten Regimes" im Irak. Schon vor Ablauf der Amtszeit von Präsident Clinton habe Washington "die neuerliche Konfrontation" gesucht: "Spätestens die Aktion ,Desert Fox' vom Dezember 1998, als amerikanische und britische Kampfflugzeuge massiv irakische Ziele angriffen, war gleichbedeutend mit dem Eingeständnis der USA, daß ihre bis dahin verfolgte Politik gescheitert war."

Weder eine aktuelle Bedrohung der Vereinigten Staaten durch irakische Massenvernichtungswaffen noch eine direkte Verbindung zwischen der irakischen Regierung und dem Terrornetzwerk Al Qaida - die von der Bush-Administration "hilfsweise ins Spiel" gebracht worden sei - habe im März 2003 vorgelegen. Daher trete die "völkerrechtliche Fragwürdigkeit, um nicht zu sagen Völkerrechtswidrigkeit, des amerikanischen Angriffs auf den Irak" deutlich hervor. Aus Washingtoner Sicht könne seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 die unmittelbare Bedrohung "unter den Bedingungen des asymmetrischen Krieges, dessen extremer Ausdruck der Terrorismus ist, nicht länger als Voraussetzung für die völkerrechtliche Zulässigkeit eines Präventivkrieges gelten", weil der neue Gegner unsichtbar und unberechenbar sei: Seine Angriffe "erfolgen ohne Ankündigung und ohne erkennbare Vorbereitung. Wer sich gegen solche Feinde wirkungsvoll schützen will, muß sie angreifen, sobald er von ihrer Existenz und ihren Plänen weiß. Jedes Abwarten und jedes Zögern können verhängnisvolle Konsequenzen haben."

Die künftige Gefahr eines solchen präventiven Vorgehens bestehe in zu frühen, oft vielleicht sogar in willkürlichen Aktionen, "bei denen der Gegner noch nicht präzise identifiziert, seine Planungen unklar und die mit dem Angriff verbundenen Risiken unkalkulierbar sind. Präventivschläge können dann den entgegengesetzten Effekt des Beabsichtigten haben: Statt den Terrorismus zu bekämpfen, bringen sie ihn womöglich erst hervor." Daher gibt es laut Münkler nach wie vor gute Gründe dafür, am strikten Gewaltverbot der UN-Charta festzuhalten. Außerdem könnten in der Zukunft andere Staaten dem amerikanischen Beispiel folgen und das Gewaltverbot der UN-Charta unter Berufung auf den Verteidigungsfall - mit Hinweis auf das Recht auf Selbstverteidigung nach Artikel 51 - unterlaufen.

Für Münkler wird sich in der internationalen Ordnung der Zukunft faktisch eine Drei-Klassen-Gesellschaft etablieren: diejenigen Staaten, für die das Gewaltverbot unbedingte Gültigkeit hat, die wenigen Staaten, die davon im einen oder anderen Fall ausgenommen sind oder die dies durch ihren Status als Atommächte durchsetzen können, und schließlich die Vereinigten Staaten, die aufgrund ihrer überragenden militärischen Stärke die "Definitionsmacht" darüber besitzen, was als Ausnahme akzeptiert wird und was nicht.

Bei einer "schnellen Lösung des Irak-Problems", die seit Erscheinen dieses Buches ja eingetreten ist, rechnet Münkler mit weiteren "Kriegen ähnlichen Typs", die die Kluft zwischen Amerikanern und Europäern weiter vertiefen würde: "Schon in nicht allzu ferner Zeit könnte die im Augenblick noch beschworene ,Wertegemeinschaft des Westens' einer geschichtlich vergangenen Epoche angehören." Vielleicht kommt es aber auch anders, weil es ja wesentlich leichter ist, den kurzen Krieg als den langen Frieden zu gewinnen. Um jetzt die Friedensziele für die gesamte Region überzeugend zu definieren und wirkungsvoll durchzusetzen, empfiehlt es sich sogar für den Hegemon in Washington, sich diplomatisch und finanziell durch eine breite internationale Unterstützung abzusichern.

RAINER BLASIUS

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