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Der klassische Staatenkrieg scheint zu einem historischen Auslaufmodell geworden zu sein - was aber ist an ihre Stelle getreten? Der Krieg ist keineswegs verschwunden, er hat nur seine Erscheinungsform verändert. In den neuen Kriegen spielen nicht mehr Staaten die Hauptrolle, sondern Warlords, Söldner und Terroristen. Die Gewalt richtet sich vor allem gegen die Zivilbevölkerung; Hochhäuser werden zu Schlachtfeldern, Fernsehbilder zu Waffen. Wo die Staaten nicht mehr das Monopol auf die militärischeGewalt besitzen, tritt an die Stelle des Friedensschlusses ein langwieriger, stets von Scheitern…mehr

Produktbeschreibung
Der klassische Staatenkrieg scheint zu einem historischen Auslaufmodell geworden zu sein - was aber ist an ihre Stelle getreten? Der Krieg ist keineswegs verschwunden, er hat nur seine Erscheinungsform verändert. In den neuen Kriegen spielen nicht mehr Staaten die Hauptrolle, sondern Warlords, Söldner und Terroristen. Die Gewalt richtet sich vor allem gegen die Zivilbevölkerung; Hochhäuser werden zu Schlachtfeldern, Fernsehbilder zu Waffen.
Wo die Staaten nicht mehr das Monopol auf die militärischeGewalt besitzen, tritt an die Stelle des Friedensschlusses ein langwieriger, stets von Scheitern bedrohter Friedensprozess.
Das Zeitalter der zwischenstaatlichen Kriege geht offenbar zu Ende. Aber der Krieg ist keineswegs verschwunden, er hat nur seine Erscheinungsform verändert. In den neuen Kriegen spielen nicht mehr Staaten die Hauptrolle, sondern Warlords, Söldner und Terroristen. Die Gewalt richtet sich vor allem gegen die Zivilbevölkerung; Hochhäuser werden zu Schlachtfeldern, Fernsehbilder zu Waffen.
Herfried Münkler macht die Folgen dieser Entwicklung deutlich. Er zeigt, wie mit dem Verschwinden von klassischen Schlachten und Frontlinien auch die Unterscheidung von Krieg und Frieden brüchig geworden ist: Wo die Staaten nicht mehr das Monopol über die militärische Gewalt besitzen, tritt an die Stelle des Friedensschlusses ein langwieriger, stets von Scheitern bedrohter Friedensprozess. Lässt sich die "Privatisierung" der Gewalt aufhalten? Und wie kann man den besonderen Gefahren begegnen, die von den neuen Kriegen ausgehen?
Autorenporträt
Herfried Münkler, geb. 1951 in Friedberg, ist Professor für Politikwissenschaft an der Humbold-Universität zu Berlin und Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Er ist mit zahlreichen Studien zur politischen Ideengeschichte und zur Theorie des Krieges hervorgetreten. Nicht wenige davon sind mittlerweile Standardwerke.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.12.2002

Unsichtbare Fronten
Neue Kriege ähneln alten Vorbildern / Von Klaus Hildebrand

Krieg zu führen, stellt Herfried Münkler mit Blick auf die in unserer Zeit wachsende Anzahl bewaffneter Konflikte fest, lohnt sich wieder. Gemeint ist damit nicht der große Staatenkrieg, der selbst für den Sieger nichts als Ruin hinterläßt und den der Autor deshalb, pourvu que ça dure, als "historisches Auslaufmodell" einschätzt. Sein Urteil bezieht sich vielmehr auf die zahlreichen kleinen Kriege, die vornehmlich in der Dritten Welt zu beobachten sind und die Grenzen zwischen Kriegführung, Banditentum und Terrorismus verschwimmen lassen.

Wie diese Spezies des neuen Krieges ins Kraut schießt, untersucht der Autor gedankenreich. Zwei wesentliche Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte faßt er zusammen: Zum einen hat der Staat als "Monopolist des Krieges" in jenen weiten Teilen der Welt abgedankt, die vom historischen Tribalismus in die moderne Globalisierung geschleudert wurden, ohne zuvor die - nach okzidentalem Geschichtsverständnis jedenfalls - unverzichtbaren Elemente klassischer Staatlichkeit genügend stark ausgebildet zu haben. Zum anderen repräsentieren die neuen Kriege nicht mehr länger militärische Auseinandersetzungen zwischen gleichberechtigten Subjekten der Staatenwelt; sie sind vielmehr "asymmetrisch" geworden. Ihre Existenz verdanken sie vor allem dem Umstand, "daß in der Regel nicht gleichartige Gegner miteinander kämpfen. Es gibt keine Fronten mehr, und deshalb kommt es auch nur selten zu Gefechten und eigentlich nie zu großen Schlachten, so daß sich die militärischen Kräfte nicht aneinander reiben und verbrauchen, sondern sich gegenseitig schonen und die Gewalt statt dessen gegen die Zivilbevölkerung richten."

Daß der neue Krieg im Grunde alten Vorbildern ähnelt, macht der Verfasser in einem aufschlußreichen Rückblick auf die verwandten Phänomene des Dreißigjährigen Krieges klar, als sich - denkt man nur an so pittoreske Gestalten wie Ernst von Mansfeld, Christian von Braunschweig oder Albrecht von Wallenstein - der Krieg aus dem Krieg ernährte und ungeachtet seiner ihn ursprünglich verursachenden sowie auch weiterhin begleitenden Motive religiöser und politischer Natur mehr und mehr an "Verselbständigung" gewann. Als im Gefolge der Erfahrungen dieser Europa heimsuchenden Katastrophe der Staat das Recht, über Krieg und Frieden zu befinden, resolut in die eigene Hand nahm, als die Doktrin der Souveränität jedem Staat das Recht auf Kriegführung einräumte und die Lehre vom gerechten Krieg zurücktrat, bildete sich jenes Völkerrecht der Neuzeit aus, das die Einhegung des Krieges, seine Verstaatlichung und Kontrollierbarkeit der Tendenz nach, zumindest bis zu den beiden Weltkriegen des zwanzigsten Jahrhunderts, erlaubte.

Mit dem Ende des Kalten Krieges und mit der Renaissance der Überzeugung vom gerechten Krieg, der Münkler zufolge seine Entsprechung im Heiligen Krieg findet, uferten die bis dahin nicht selten als Stellvertreterkriege der Blöcke ausgetragenen Konflikte in der Dritten Welt aus: Warlords, Bürgerkriegsparteien und regionale Milizen führen den neuen Krieg auf eigene Rechnung, der nur ihnen selbst dient und allen anderen, den ausgepowerten Regionen zumal, jedoch schadet. Heute ist diese Form des Krieges noch lohnender und eher möglich als vor Jahrhunderten, weil über den eigentlichen Schauplatz der Konflikte hinaus die Kriegführenden von der "Schattenglobalisierung" profitieren, vom billigen Waffenmarkt, der seit dem Ende der Sowjetunion entstanden ist, von humanitären Hilfsleistungen, von denen sich die Täter oftmals vor den Opfern ihren Teil sichern, und von den modernen Medien, die globale Aufmerksamkeit sichern und damit nicht zuletzt den Zufluß gespendeter Güter fördern.

Nach Münklers anregenden Betrachtungen zum neuen Krieg, die bis zu einer Analyse des Terrorismus reichen, bleibt vor allem dies festzuhalten: Wo Staaten und Staatlichkeit zerfallen oder gar abdanken, ziehen Anarchie und Krieg ein. Daher ist, was die etatistische Kernaufgabe angeht, nämlich den Schutz der Bürger nach innen und außen zu garantieren, auch in Europa nicht weniger, sondern mehr Staat erforderlich, auf keinen Fall mehr Privatisierung, sondern das gerade Gegenteil davon. Zum anderen widerlegt der Verfasser einmal mehr das alte, durchaus sympathische Dogma des Liberalismus, wonach voranschreitende Kapitalisierung, Zivilisierung und Demokratisierung der allgemeinen Verhältnisse einen Zustand des ewigen Friedens und das Ende der alten Macht-Geschichte gleichsam automatisch mit sich bringen würden.

Münkler zufolge ist die "Theorie des demokratischen Friedens" im übrigen viel "weniger bedeutsam und folgenreich", als oftmals angenommen wird, weil sie den Kern der Probleme unserer Zeit kaum trifft. Wenn nämlich die Anzahl der neuen Kriege mit ihren auch die Metropolen in Mitleidenschaft ziehenden Folgen zunimmt und wenn sich die nicht zuletzt auch finanziellen Grenzen der militärischen, gleichfalls in der Regel "asymmetrischen" Interventionen des Westens bemerkbar machen werden, wenn der staatliche Rückzug aus dem Kernbereich von Krieg und Frieden nicht in weltweitem Umfang aufgehalten werden kann und wenn an die Stelle der im Prinzip gleichberechtigten Souveränität der Staaten und des Gleichgewichts der Staatenwelt mehr und mehr die Überzeugung vom gerechten Krieg mit dem Ziel tritt, Weltinnenrecht militärisch durchzusetzen, dann kann eine bislang vor allem die Dritte Welt ruinierende Entwicklung auch den bis dato noch wohlverwahrten Alten Kontinent ergreifen und in jene Vormoderne zurückwerfen, in der die sogenannten "neuen Kriege" der Gegenwart durchaus schon bekannt waren.

Herfried Münkler: "Die neuen Kriege". Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2002. 285 Seiten, 19,90 [Euro].

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Der Krieg der Zukunft
"Der Krieg hat seine Erscheinungsform verändert, aber er hat dadurch nicht aufgehört, Krieg zu sein", so lautet die zentrale These des Politikwissenschaftlers Herfried Münkler, der mit Die neuen Kriege eine beunruhigende Analyse der weltpolitischen Lage vornimmt. Vor allem am Beispiel des 11. September 2001 illustriert Münkler, wie Krieg in Zukunft definiert wird: nämlich nicht mehr als zwischenstaatliche Auseinandersetzung mit militärischen Mitteln, sondern als Gewalt von so genannten Warlords, Söldnern und Terroristen, die gegen die Zivilbevölkerung vorgehen.
Der "Asymmetrische Krieg"
Die Kriege des 21. Jahrhunderts werden mit denen des 18. oder 19. Jahrhunderts nicht mehr zu vergleichen sein, so Münkler. Denn die Zeiten "symmetrischer Kriege", in denen sich gleichartige Gegner - "tendenziell gleiche Ausrüstung, gleichartige Bewaffnung, ähnliche Rekrutierungsformen" - gegenüberstanden, seien vorbei. Die neuen Kriege werden geführt von hoch technologisierten Kräften auf der einen und Terroristen auf der anderen Seite, für die die Regeln des Völkerrechts keine Bedeutung haben.
Ein düsteres Szenario
Im Gegenteil: Münkler beschreibt, dass gerade völkerrechtliche Verbrechen wie Plünderung, ethnische Vertreibung, Vergewaltigung, Zerstörung von Kulturgütern usw. zu "zentralen Instrumenten der Kriegführung" werden. Er entwirft ein düsteres Szenario, in dem Angst und Schrecken die Zukunft bestimmen, weil selbst eine hoch technologisierte Militärmacht ihre Bevölkerung nur bedingt vor terroristischen Angriffen schützen kann. Wie dieser unheilvollen Entwicklung entgegen getreten werden kann, darauf hat auch der Politikwissenschaftler keine Antwort. Ein Patentrezept gibt es sicherlich nicht.
(Eva Hepper, literaturtest.de)
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

So zufrieden ist Hans-Martin Lohmann mit dem Autor und diesem Werk, dass er fast nur noch nacherzählt, welchen Thesen, Fragen und Antworten über die neuen Kriege "in Südostasien, Zentralafrika, Lateinamerika und anderswo" hier nachgegangen wird. Die Analyse der strukturellen Unterschiede von ‚alten’ Kriegen, in denen das "Kriegsmonopol" beim Staat liegt und denen, die von "Warlords" geführt werden, macht dabei den Hauptteil der Besprechung aus. An einem Kapitel über "Terrorismus" zeigt Münkler auf, wie sehr diese Strukturunterschiede sich auch in den Ländern der Ersten Welt inzwischen auswirken; Lohmann stimmt dem Autor zu, wenn er die Vorstellung von z.B. Habermas von einem "Zeitalter globaler Menschenrechtspolitik" per militärischer Intervention für "völlig unrealistisch" hält. "Ein ebenso klares und differenziertes wie luzides Werk" urteilt Lohmann.

© Perlentaucher Medien GmbH
Selten hat man ein gescheiteres und konziseres Buch über die Kriege der Zukunft in der Hand gehalten als dieses. Deutschlandfunk