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Ein verwunschenes Haus am Rande der Tora-Bora-Berge, wo bin Laden sich versteckt halten soll. Allein harrt der Brite Marcus Caldwell hier aus, obwohl seine afghanische Frau von den Taliban getötet wurde und nun Spezialkräfte der US-Armee auf der Suche nach Terroristen die Gegend unsicher machen. Doch dann kommt die Russin Lara zu ihm, voller Hoffnung, ihren während der sowjetischen Besatzung verschwundenen Bruder zu finden, und im Gespräch der beiden, in Geschichte auf Geschichte, enthüllt sich ein furchtbares Familiendrama vor dem Hintergrund jener noch furchtbareren historischen Dramen, die…mehr

Produktbeschreibung
Ein verwunschenes Haus am Rande der Tora-Bora-Berge, wo bin Laden sich versteckt halten soll. Allein harrt der Brite Marcus Caldwell hier aus, obwohl seine afghanische Frau von den Taliban getötet wurde und nun Spezialkräfte der US-Armee auf der Suche nach Terroristen die Gegend unsicher machen. Doch dann kommt die Russin Lara zu ihm, voller Hoffnung, ihren während der sowjetischen Besatzung verschwundenen Bruder zu finden, und im Gespräch der beiden, in Geschichte auf Geschichte, enthüllt sich ein furchtbares Familiendrama vor dem Hintergrund jener noch furchtbareren historischen Dramen, die Afghanistan seit über vierzig Jahren heimsuchen . . .
" Intelligent, aufklärerisch, höchst unterhaltsam und eine schmerzhafte Lektüre zugleich - dieses Buch verdient die größtmögliche Leserschaft. " DAVID MITCHELL
" Ein Werk, das von großem Mut zeugt. Es ist schön und gewalttätig - ein filigranes Gewebe von uner-füllter Liebe, zerstörter Leidenschaft und künftigen Romanzen vor dem Hintergrund eines politischen Dramas unserer Zeit. " THE INDEPENDENT, LONDON
Autorenporträt
Nadeem Aslam wurde 1966 in Gujranwala, Pakistan, geboren, musste das Land wegen des Widerstands seines Vaters gegen das Zia-Regime als Jugendlicher verlassen, studierte in England Biochemie und Literatur und lebt heute in London.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.04.2011

Geschundenes Land
Nadeem Aslams großer Roman über Afghanistan

Seit Jahrzehnten lebt der britische Arzt Marcus in Usha, einem Dorf am Fuße der Tora-Bora-Berge, wo sich einst Osama Bin Laden versteckt haben soll. Er ist geblieben, obwohl man ihm alles genommen hat. Seine linke Hand wurde ihm abgehackt, seine geliebte Frau Qatrina von den Taliban gesteinigt, seine Tochter Zameen von den Sowjets gefoltert und vergewaltigt, der Enkel Bihzad verschleppt. Allein harrt Marcus in einem verwunschenen Haus aus, das einst von einem persischen Maler und Kalligrafen erbaut wurde, der jedes Zimmers einem bestimmten Sinn zuordnete, Seh- und Hörsinn, dem Tast-, Geruchs- und Geschmackssinn, bis hin zum letzten Raum, der die Liebe repräsentiert. Nie verlässt ihn die Hoffnung, den verlorenen Enkel doch irgendwann noch wiederzufinden.

Anhand dieser tragischen Lebensgeschichte entfaltet der pakistanisch-britische Autor Nadeem Aslam seinen historisch so tiefgehenden wie zeitlich und gesellschaftlich breit angelegten Roman über das von Krieg und Terror heimgesuchte Afghanistan. Aslam holt dafür von den achtziger Jahren bis in die Gegenwart nach dem 11. September aus und beleuchtet noch einmal die politischen Kräfte, die dort seit dreißig Jahren ohne Rücksicht auf Verluste die eigenen Interessen verfechten und zu der russischen Okkupation Afghanistans Anfang der achtziger Jahre geführt haben, zum Bürgerkrieg zwischen den Warlords nach Abzug der Russen, zur Machtübernahme der Taliban Ende 1995 und nicht zuletzt dazu, dass die Amerikaner nur wenige Wochen nach 9/11 in Afghanistan einmarschierten und dort inzwischen fast annähernd so viele Soldaten stationiert haben wie einst die Russen.

Im titelgebenden "Haus der fünf Sinne" finden all diese historischen Stränge zusammen. Die Gäste, die Marcus nach und nach in sein Heim aufnimmt, haben, ob sie es nun wissen oder nicht, alle eine gemeinsame Vergangenheit, die Stück für Stück ans Licht kommt. Lara, eine Russin, die auf der Suche nach ihrem in Afghanistan verschollenen Bruder Benjamin ist, muss feststellen, dass dieser während seiner fünfundzwanzig Jahre dauernden Dienstzeit grausame Folter und Vergewaltigungen begangen hat - unter anderem an Marcus' Tochter Zameen. Der Amerikaner und früherer CIA-Agent David, der früher mit Zameen und deren Sohn zusammenlebte, entdeckt Vatergefühle für den jungen Dschihadisten Casa, der sich nach einem missglückten Anschlag auf das Dorf Usha schwer verletzt in das Haus von Marcus rettet. Dort betört ihn die schöne Dunia, eine gläubige Dorflehrerin, die von der örtlichen Bevölkerung wegen ihres vermeintlich freizügigen Lebenswandels abgelehnt wird.

Das Zusammentreffen all dieser Figuren in einem Haus ist eine geschickte Konstruktion, die es Aslam ermöglicht, verschiedene Stimmen gleichberechtigt zu Wort kommen zu lassen. Mit Marcus spricht ein später Nachfolger der Kolonialmächte, der sich in die Schönheit des Landes und seiner Bewohner verliebt hat und ihm sein Leben geschenkt hat.

Für die mit aller Gewalt unterdrückten Frauen unter den Taliban steht das Schicksal von Marcus' Frau Qatrina, die ihrem Mann kurz vor ihrer eigenen Steinigung öffentlich die Hand abschlagen muss. Vor ihrer Gefangennahme hatte sie im Zustand geistiger Umnachtung alle Bücher an die Decke genagelt und die wunderbaren Zeichnungen des persischen Kalligrafen mit Lehm bedeckt, um sie vor der Vernichtung durch die Taliban zu schützen. Der frühere Agent David, bisher Fürsprecher imperialer Ansprüche der Besatzer, lernt die Brutalität amerikanischer Sicherheitsfirmen kennen, die nach ihrem Dienst für die amerikanische Armee bei afghanischen Warlords anheuern. Mit dem Strahl einer Lötlampe beschießt ein amerikanischer Muskelmann das Auge des dreizehnjährigen Casa - auf seinem T-Shirt das Ultraschall-Bild seines ungeborenen Kindes daheim in Amerika. Am nächsten aber kommt man dem radikalisierten Casa, der bei den islamistischen Gotteskriegern ein neues Zuhause sucht und am Ende einen tragischen Tod als nichtsahnender Spielball der Warlords findet.

Aslam schildert all diese Schicksale und schier unerträglichen Grausamkeiten ohne jede moralische Wertung. Ihm geht es nicht um die Schuldfrage. Er will offenlegen, in welcher komplexen Verstrickung sich dieses geschundene Land Afghanistan seit Jahrzehnten befindet. Der hohe Ton, den Aslam dazu anschlägt, ist genau richtig. Er verleiht den einzelnen Schicksalen historisches Gewicht und dem Autor das Ansehen eines morgenländischen Geschichtenerzählers. Die Haltung eines allwissenden Erzählers jedoch hat Aslam überwunden.

Mit bemerkenswerter Sensibilität versetzt er sich in seine Figuren, erzählt aus ihrer Perspektive, zeigt in assoziativ-unvermittelten Rückblenden die Präsenz des Vergangenen in ihren Seelen. Aus kleinen Szenen schmiedet er symbolträchtige Schlüsselereignisse, die wie lyrische Kleinode im geschmeidigen Erzählfluss blitzen. Nadeem Aslam ist mit "Das Haus der fünf Sinne" ein großes Buch über Afghanistan gelungen - ein wunderbares und schreckliches zugleich.

SARAH ELSING

Nadeem Aslam: "Das Haus der fünf Sinne".

Aus dem Englischen von Bernhard Robben. Rowohlt Verlag, Reinbek 2010. 460 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Als wehmütigen, poetischen Abgesang auf das längst untergegangene einstige Afghanistan hat Irene Binal diesen Roman gelesen - und auch als Porträt eines geschundenen Landes. Die Erinnerung an das versunkene Afghanistan ist Binals Informationen zufolge im titelgebenden Haus, ein "altes, geheimnisvolles Gemäuer in Usha am Fuß der Tora-Bora-Berge" aufgehoben, das einst, wie die Kritikerin schreibt, von einem Maler und Kalligrafen erbaut worden sei, der jedes Zimmers einem bestimmten Sinn zuordnete, Seh- und Hörsinn, dem Tast-, Geruchs- und Geschmackssinn, bis hin zum letzten Raum, der die Liebe repräsentiert". Dort lebe ein britischer Arzt Marcus, der vor vielen Jahren nach Afghanistan kam und trotz allem, was ihm und dem Land seitdem widerfuhr, geblieben sei. Kunstvoll verschachtelt erzähle Nadeem Aslam seine Geschichte, aus der sich für die Kritikerin langsam ein Bild der Vergangenheit ebenso wie der blutigen Gegenwart schält.

© Perlentaucher Medien GmbH