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»Mich scheint es überall zu geben. Mindestens zweihundert Niederländer tragen denselben Namen wie ich. Selbst in den Appalachen laufen Doppelgänger von mir herum. Notgedrungen bin ich ein ausgesprochener Individualist.« Seine Romane sind bevölkert von Eigenbrötlern, Schelmen und Figuren, die ihm zum Verwechseln ähneln - Maarten 't Harts Leben steckt in seinen Büchern. Seine Autobiografie gewährt erzählerische Einblicke in seine frühen Jahre, die ihm bis heute Geschichten für seine Fabulierkunst liefern.

Produktbeschreibung
»Mich scheint es überall zu geben. Mindestens zweihundert Niederländer tragen denselben Namen wie ich. Selbst in den Appalachen laufen Doppelgänger von mir herum. Notgedrungen bin ich ein ausgesprochener Individualist.« Seine Romane sind bevölkert von Eigenbrötlern, Schelmen und Figuren, die ihm zum Verwechseln ähneln - Maarten 't Harts Leben steckt in seinen Büchern. Seine Autobiografie gewährt erzählerische Einblicke in seine frühen Jahre, die ihm bis heute Geschichten für seine Fabulierkunst liefern.
Autorenporträt
Maarten ¿t Hart, geboren 1944 in Maassluis, studierte Verhaltensbiologie, bevor er sich als freier Schriftsteller niederließ. 1997 erschien auf Deutsch sein Roman »Das Wüten der ganzen Welt«, der zu einem überragenden Erfolg wurde. Nicht zuletzt seine autobiografischen Werke machen ihn zu einem der renommiertesten europäischen Gegenwartsautoren, dessen Bücher sich allein im deutschsprachigen Raum über 2 Millionen Mal verkauft haben.
Rezensionen
"Maarten 't Hart hat eine unverwechselbare Art humorvollen realistischen Erzählens. (...) Er überzeugt als humoristischer, im letzten immer versöhnlicher Erzähler.", Rheinische Post, 16.02.2015

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.11.2014

Das Leben als Wettlauf mit dem Unglück

Der niederländische Meistererzähler Maarten 't Hart wird siebzig. Aus diesem Anlass erscheint seine Autobiographie nun endlich auch in deutscher Übersetzung.

Das Gesamtwerk des niederländischen Schriftstellers Maarten 't Hart, der heute siebzig Jahre alt wird, bezieht sich direkt oder verdeckt auf sein Leben, zu dem freilich auch wieder die Bücher und die darin entworfenen Versionen der eigenen Person gehören. Ein ganzer Kosmos ist so entstanden, immer weiter nach innen aufgefaltet. Dieses auf Erinnerungsfundamenten errichtete Werk ist Selbstinszenierung in vollendeter Form, in der sich zwischen Selbst und Inszenierung nicht mehr unterscheiden lässt, ein Großkunstwerk, auch wenn der Autor von manchen Kritikern gern unterschätzt wird, weil er dem Realismus verpflichtet ist, verständlich schreibt, Bestsellerstatus genießt und eine erste Karriere als Verhaltensbiologe gemacht hat.

Die Außenseiterperspektive ist in 't Harts Büchern konsequent beibehalten. Fast immer stehen sympathisch neurotische Sonderlinge im Mittelpunkt, die in der Ich-Form brutal ehrlich, aber zugleich amüsant-ironisch die eigene Verschrobenheit ausstellen, was zu schier unüberwindlichen Problemen im Sozialleben führt, Freundschaften, Lieben oder Ehen scheitern lässt. Außerdem lernt man durch die Bücher dieses Autors mehr über die sich mühsam aus den Fängen des Calvinismus befreiende Gesellschaft der Niederlande als durch die meisten Geschichtsbücher.

Vielleicht aber ist dieser Kosmos inzwischen ausgemessen. Die letzte Veröffentlichung des einst hochproduktiven Autors, "Der Schneeflockenbaum", liegt jedenfalls fünf Jahre zurück. Die Holländer aber lesen dennoch unverdrossen weiter Maarten 't Hart, dieser Tage etwa im Rahmen der "Nederland Leest"-Kampagne. Sie hat "Ein Schwarm Regenbrachvögel" von 1978 zum Buch des Jahres gewählt.

Diese wunderbar sensible Erzählung, 't Harts Publikumsdurchbruch, nähert sich in Rückblicken einer tristen Jugend, in welcher der Protagonist mit der Mutter die einzige geliebte Person verliert. Alleingelassen sucht er Trost in den Lebensgeschichten anderer einsam Hochbegabter: Kepler, Pascal, Gauß. Doch spätestens die Sexualität lässt die Sehnsucht nach dem Anderen übermächtig werden, ohne dass sie freilich je erfüllt würde.

Es bleibt nur die Sublimierung der Unfähigkeit zur Liebe durch Bejahung der Isolation und Aufgehen in der Arbeit, womit der Erzähler/Autor aber zugleich die von ihm mit aller Macht bekämpfte calvinistische Lebensweise reproduziert, die von Erwählungsglaube, Absonderung und Arbeitsethos geprägt ist. Ein depressiveres Romansujet scheint kaum denkbar. Dass 't Hart daraus einen Bestseller zu machen verstand, zeigt, welch grandioser Erzähler in ihm steckt.

Dieses Mutter-Epitaph wurde längst ins Deutsche übersetzt, ebenso das im Folgejahr erschienene korrespondierende Buch über den strenggläubigen Totengräber-Vater ("Gott fährt Fahrrad"). Erst im vergangenen Jahr aber hat der Piper Verlag "Unter dem Deich" aus dem Jahr 1988 auf Deutsch herausgebracht. Seitdem fehlte von 't Harts frühen autobiographischen Schriften hierzulande noch das Zentralwerk aus dem Jahr 1984, das den eigenen Aufstieg zum gefeierten Autor reflektiert. Jetzt ist es pünktlich zum Geburtstag 't Harts unter dem Titel "Das Paradies liegt hinter mir" erschienen.

Das Buch geht nicht streng chronologisch vor, sondern unterteilt sich in Themenblöcke, innerhalb deren ein bunter Anekdotenreigen präsentiert wird. Das alles ist durchdacht komponiert und läuft auf den sukzessiven Ausstieg aus allen Kommunikationszusammenhängen zu. Wir lernen dabei einen Protagonisten kennen, der seinem Alter und seinem Stand von Geburt an weit voraus ist: In den Kindergarten marschiert er gleich am ersten Tag allein und will sich selbst anmelden; in der Schule bekommt er Ärger, weil er die Aufgaben schneller löst, als sie gestellt werden; nach dem Abitur kommt kein "Pseudofach wie Psychologie, Soziologie oder sonst ein vergleichbarer Nonsens" in Frage, sondern nur eine Naturwissenschaft; im Studium stolpert er unvorbereitet in Prüfungen und besteht trotzdem. Ein dermaßen kluges Kerlchen entdeckt natürlich auch im frommen Bibelglauben seiner Familie früh unauflösliche Widersprüche.

Zugleich aber scheinen Herkunft und Erscheinung so wenig speziell wie nur denkbar. Ständig wird der Erzähler mit seinem Allerweltsgesicht auf Doppelgänger angesprochen, und "als ich geboren wurde und den Namen Maarten erhielt, gab es in meiner Verwandtschaft bereits sechs weitere Personen mit demselben Vor- und Nachnamen". Es lag nahe, die eigene Intelligenz als spezifisches Charakteristikum aufzufassen und "den für meine weitere Entwicklung wenig förderlichen Hochmut" zu kultivieren, "dass ich zu mehr in der Lage bin als andere". "Wenig förderlich" ist eine Untertreibung. Der Erzähler/Autor wurde gemobbt und geschnitten, im Kindergarten, in der Schule, im Studium. Das scheint wenig verwunderlich, wenn man seine Auslassungen über das Sozialleben liest, das er komplett verweigert habe, um stattdessen lieber fünf Bücher pro Tag zu lesen. Ein analoger Nerd!

Der Preis war Einsamkeit. Sich als Überflieger unter Dumpfbacken zu stilisieren, die zu laschen Zulassungskriterien der Universitäten zu bedauern und "hoffnungslos zu vereinsamen" als größtes Glück zu feiern, das könnte freilich auch schon eine jener Gegenstrategien des aus ganz anderen Gründen - nämlich der calvinistischen Erziehung - Isolierten sein; so viel Psychologie ist in diesem Buch (eines Biologen!) enthalten, dass die obige "Nonsens"-Bemerkung als reines Ablenkungsmanöver erscheint.

Den Höhepunkt bildet einmal mehr die eigentümliche Konversion: weg von der christlichen Lehre, hin zur Kunstreligion, zum heißen Glauben an die Schönheit, die nirgends so rein zum Ausdruck komme wie in den Kompositionen Bachs. Damit ist eine Abnabelung verbunden, die für die meisten Mitteleuropäer dieser Generation über Rock und Pop funktionierte. Im Hause 't Hart aber galten klassische Kompositionen als "kranke Musik".

Maarten 't Harts Art zu musizieren ist das Schreiben. Auch wenn er immer schon die Sehnsucht verspürt habe, den eigenen Namen auf einem Buchcover zu lesen, so begann er doch erst Anfang der Siebziger mit belletristischen Versuchen. Seither liegt der Erzähler/Autor im Wettlauf mit dem Unglück vorne, wenn auch stets nur um eine Nasenlänge. Wie der Jungschriftsteller seine ersten Verleger fand, wie er mit dem Freund Maarten Biesheuvel um frühe Aufmerksamkeit konkurrierte, welche Stufen ein 't-Hart-Manuskript durchläuft (Urfassung und drei Überarbeitungen) und wie er auf den Erfolg der "Regenbrachvögel" reagierte (nämlich mit schnellen weiteren Veröffentlichungen, weil es ihm vorkam, als nehme ihm die Öffentlichkeit seine Geschichte weg), das kann man hier alles nachlesen, doch haben diese Episoden besonders viel Patina angesetzt und sind nur für die passioniertesten Bewunderer von Interesse. Ein aktuelles Postskriptum des Autors hätte der Veröffentlichung jedenfalls gut angestanden.

OLIVER JUNGEN

Maarten 't Hart: "Das Paradies liegt hinter mir". Meine frühen Jahre.

Aus dem Niederländischen von Gregor Seferens. Piper Verlag, München 2014.

304 S., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Pünktlich zu Maarten t' Harts siebzigstem Geburtstag erscheint seine Autobiografie nun unter dem Titel "Das Paradies liegt hinter mir" endlich auch auf Deutsch, freut sich Rezensent Oliver Jungen. Das bereits 1984 veröffentlichte Werk, dass den erfolgreichen Aufstieg des niederländischen Autors nachzeichnet, versammelt einen "bunten Anekdotenreigen", informiert der Rezensent: Er erfährt hier, das t'Haart sich schon früh durch seine besonderen Begabungen auszeichnete, wenig Anschluss fand und bald begann, seine Einsamkeit zu stilisieren. Allerdings muss der Kritiker gestehen, dass dieses nahezu musikalisch komponierte Buch, das auch Einblicke in den Arbeitsprozess des Autors gewährt, ein wenig in die Jahre gekommen ist und leider ein aktuelles Nachwort des Autors vermissen lässt.

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