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Keinen ihrer Kanzler verehrten und bekämpften die Deutschen mehr als den Sozialdemokraten Willy Brandt. Seine dritte Ehefrau Brigitte Seebacher schildert das Leben mit einem ebenso unbeirrbaren wie von Zweifeln geplagten Staatsmann, der am Ende in seiner Partei vereinsamte. Ein eindrucksvolles Porträt.

Produktbeschreibung
Keinen ihrer Kanzler verehrten und bekämpften die Deutschen mehr als den Sozialdemokraten Willy Brandt. Seine dritte Ehefrau Brigitte Seebacher schildert das Leben mit einem ebenso unbeirrbaren wie von Zweifeln geplagten Staatsmann, der am Ende in seiner Partei vereinsamte. Ein eindrucksvolles Porträt.
Autorenporträt
Brigitte Seebacher-Brandt ist promovierte Historikerin. Von ihr liegen außerdem eine Biographie von August Bebel sowie "Die Linke und die Einheit" vor.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.06.2004

Blick in den Spiegel
Ein etwas anderer Willy Brandt: Brigitte Seebacher zeichnet den sozialdemokratischen Kanzler allzu subjektiv und rückt sich dadurch selbst ins rechte Licht
BRIGITTE SEEBACHER: Willy Brandt. Piper Verlag, München/Zürich 2004. 453 Seiten, 22,90 Euro.
Dieses Buch ruft zunächst fast automatisch in Erinnerung, dass auf verlässliche Quellen bedachte Historiker die Veröffentlichungen von Witwen bedeutender Männer bisweilen für problematisch halten. Denn zum einen ist das, was die Autorinnen aus der Zweisamkeit zu berichten haben, meistens nur durch ihre eigenen Aussagen belegt. Und zum anderen tendieren die hinterbliebenen Lebensgefährtinnen natürlicherweise zu einer Schönung oder gar Glorifizierung des Verstorbenen. Die Autorin Brigitte Seebacher, gelernte Historikerin, Lebensgefährtin und Ehefrau Willy Brandts in seinen letzten 14 Lebensjahren, versucht dies Problem dadurch zu umgehen, dass sie Brandt dort, wo sie ihn als Politiker darstellt, als „W. B.” und dort, wo er als ihr Mann gezeigt wird, als „W.” bezeichnet. Doch konnte diese Differenzierung leider nicht mit voller Deutlichkeit durchgehalten werden.
Aus dem Leben gegriffen
Gelungen ist der Autorin gleichwohl ein aus ihrer Nahsicht deutlich gezeichnetes und lebendiges Bild dieses großen und facettenreichen, menschlichen und gelegentlich auch etwas entrückten Deutschen, der persönlich und politisch einen ungewöhnlichen Lebensweg genommen und in die deutsche und internationale Politik seiner Zeit nachhaltig und positiv gestaltend eingegriffen hatte. Brandts Biographie ist zwar gerade in jüngerer Zeit gut bekannt geworden – vom locker verfassten Schnellschuss Gregor Schöllgens bis zur präzisen und verlässlichen Darstellung von Peter Merseburger (die allerdings beide in der dem Buch beigegebenen Bibliographie fehlen).
Die Autorin vermittelt Situationsschilderungen und Momentaufnahmen aus dem täglichen Leben mit W., beschreibt Reaktionen und Äußerungen von ihm zu vielen Themen und Ereignissen und steuert schließlich auch Interpretationen und Bewertungen bei, sodass das bestehende Bild von Willy Brandt insgesamt auf interessante Weise belebt und bereichert wird. Gleichzeitig ist allerdings auch unübersehbar, dass es sich hier nicht nur um ein Buch über Willy Brandt, sondern auch um ein Buch der Autorin über sich selbst handelt. Nicht von ungefähr findet sich sein sachlich interessantester und eingängigster Teil in den beiden auf Brandt konzentrierten Kapiteln, in denen sein Leben von seinen Anfängen bis zum Wahlsieg von 1972 geschildert wird – also in einer Zeit lange vor seiner Verbindung mit der Autorin. Hier vor allem findet der Leser ein geschlossenes und schlüssiges Bild von der Persönlichkeit Willy Brandts.
Dabei stört es auch nicht, dass die Schilderung des jeweiligen Umfeldes gelegentlich etwas ausufernd geraten und einiges nicht ganz angemessen ist. Dazu gehört etwa die historische Mystifizierung des durch den Tod August Bebels charakterisierten Geburtsjahres von Brandt (1913) oder der Versuch der Autorin die zeitgenössische bildende Kunst umfassend zu bewerten, was ihr nicht immer überzeugend gelingt. Die übrigen Teile des Buches bieten ein anderes Bild. Hier wird die Autorin an der Seite Brandts gewissermaßen zum integralen Teil des Bildes von W. beziehungsweise W. B., indem man viel darüber erfährt, was „wir” gedacht, gemeint und geurteilt haben. Die Symbiose setzt sich bis zum Ende des Buches fort, an dem nicht nur die Agonie Brandts minutiös geschildert wird, sondern die Autorin auch berichtet, dass sie von dem Sterbenden noch den Auftrag erhalten habe, ein Buch über ihn zu schreiben.
Es drängt sich der Eindruck auf, dass das unter dem unspezifischen Titel „Willy Brandt” veröffentlichte Buch nicht nur den (ohnehin unstreitigen) Platz von Willy Brandt in der Geschichte, sondern auch die Rolle der Autorin und ihren Platz an seiner Seite ins rechte Licht rücken soll. Ferner kommt es im Fortgang der Lektüre immer mehr zu einem doppelt unguten Leseerlebnis: Da erscheint in nicht wenigen der Betrachtungen und Bewertungen, welche die Autorin als Ergebnis ihres Gedankenaustauschs mit Brandt zu Papier gebracht hat, dessen politisches Denken und Fühlen sehr viel stärker konservativ und national geprägt, als dies in seinem öffentlichen Wirken erkennbar gewesen ist. Oder sollte die Autorin vielleicht schon damals ihre sozialdemokratische Phase hinter sich gelassen haben? Sollte sie dadurch möglicherweise aus heutiger Sicht ihr damaliges Denken teilweise als das ihres verstorbenen Mannes wahrnehmen oder zumindest als das, was „wir” gedacht haben? Was hier als historisch gesichert gelten kann, muss unklar bleiben.
Zum anderen gibt es unter den politischen Freunden und Weggefährten von Brandt, zumindest bei den Prominenteren unter ihnen, kaum einen, dem die Autorin nicht, sei es auch nur unter dem Tisch, einen Tritt verpasst. Abwertende Formulierungen und Anspielungen sind ihr leicht zur Hand, und häufig verwendet sie diese auch unter Berufung auf Äußerungen von W. oder W. B. ihr gegenüber. Brandts frühere Frau Rut wird von ihr mit feinsinniger Häme kommentiert.
Fast könnte man meinen, dass die Autorin sich in der sozialdemokratischen Lebenswelt ihres Mannes nicht wohl gefühlt, sie möglicherweise sogar als feindlich empfunden hat. In jedem Fall sind solche persönliche Einfärbungen dazu geeignet, die vom Leser erhoffte Authentizität des dargebotenen Bildes von Willy Brandt zu beeinträchtigen. Völlig auf ein Feindbild fixiert zeigt sich die Autorin in dem Kapitel „Nach Moskau. Exkurs”, in dem sie auf mehr als 40 Seiten erneut die von ihr seit langem vertretene Theorie ausbreitet, der Sturz von Bundeskanzler Brandt 1974 sei das Ergebnis eines gemeinsamen Komplotts von Ost-Berlin und Moskau gewesen.
Lücken in der Wahrheit
Herbert Wehner habe darin, schreibt sie, eine zentrale Rolle gespielt. Zu diesem Vorgang dürfte inzwischen in der wissenschaftlichen Literatur und in der Publizistik alles gesagt sein. Dazu gehört zwar sicher auch, dass es noch einige bis heute nicht voll ausgeleuchtete Stellen gibt. Demgemäß berichtet die Autorin in allen Einzelheiten, dass es zu dieser Entwicklung in Moskau einige Aktenstücke gebe, die nicht eingesehen werden könnten. Sie unterlässt es jedoch nicht, den Leser mit einer Fülle von Erwägungen, Spekulationen und Vermutungen zu bedenken, wie es vielleicht hätte sein können.
Dies alles mag durchaus interessant sein, muss aber erst mal belegt werden, was in immerhin dreißig Jahren wilder Spekulationen nie gelang. Außerdem dürfte es für ein Buch über Willy Brandt, zumal für eine persönliche Würdigung durch seine Witwe, unerheblich sein. Denn es ist nicht zu erkennen, was sich an der postumen Wahrnehmung und
Bewertung von Person und Werk Willy Brandts ändern würde, wenn sich
tatsächlich einmal herausstellen sollte, dass er nicht nur das Opfer eines östlichen Agenten und vielleicht auch einiger deutscher Intrigen, sondern zusätzlich auch noch eines weiteren östlichen Agenten geworden ist. Das historisch belegte Bild von Willy Brandt steht für sich
und bedarf keiner zweifelhaften Ergänzungen.
HANS ARNOLD
„W.B.” steht für den Politiker Willy Brandt, „W.” für den Ehemann: Ehepaar Brandt auf dem SPD-Parteitag 1991.
Vario-Press
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Mit einem "lauten Seufzer" und ein wenig Mitleid mit Willy Brandt hat Rezensent Gunter Hofmann das Buch Brigitte Seebachers zur Seite gelegt. Die Autorin, 14 Jahre lang mit dem Ex-Bundeskanzler liiert, hat ein "belangloses", wenn nicht gar "anmaßendes" Buch geschrieben. Diesbezüglich ist sich der Rezensent nicht ganz sicher. Doch er weiß ganz genau, dass Seebacher der Komplexität eines Willy Brandt und der damaligen Ereignisse nicht gerecht wird. Sie erklärt den Einfluss Wehners, den Rücktritt, die Rolle Ost-Berlins und Moskaus "nach einem simplen Konspirationsmuster" und ergeht sich in "kleinen, giftigen Andeutungsmixturen", die zwar Methode haben, aber nichts "Neues, Belegbares oder auch nur Logisches" mit sich bringen. Mehr als bedauerlich findet es der Rezensent, dass von der Vielschichtigkeit Brandts, seinen "Irrtümern und Metamorphosen" nichts sichtbar wird. Der Leser sei am Ende überzeugt, dass das Buch "allenfalls" im Namen Willy Brandts verfasst worden war. In seinem Sinn sicher nicht.

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