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Warum war Mussolini so beliebt? In seinem preisgekrönten Roman erzählt Antonio Pennacchi den Wandel der Bauernfamilie Peruzzi, die Ende der Zwanzigerjahre an der Aushebung des Canale Mussolini mitwirkt: Aus ihrer ehemals sozialistischen Gesinnung entwickelt sich immer mehr eine Faszination für das faschistische System, bis sogar ein Onkel gute Beziehungen nach Rom pflegt und Oma Peruzzi mit Mussolini flirtet...

Produktbeschreibung
Warum war Mussolini so beliebt? In seinem preisgekrönten Roman erzählt Antonio Pennacchi den Wandel der Bauernfamilie Peruzzi, die Ende der Zwanzigerjahre an der Aushebung des Canale Mussolini mitwirkt: Aus ihrer ehemals sozialistischen Gesinnung entwickelt sich immer mehr eine Faszination für das faschistische System, bis sogar ein Onkel gute Beziehungen nach Rom pflegt und Oma Peruzzi mit Mussolini flirtet...
Autorenporträt
Pennacchi, Antonio
Antonio Pennacchi, 1950 in Latina geboren, arbeitete als Schichtarbeiter, bevor er 1982 mit dem Schreiben begann. Für »Canale Mussolini« wurde er 2010 mit dem wichtigsten italienischen Literaturpreis, dem Premio Strega, ausgezeichnet.

Kleiner, Barbara
Barbara Kleiner hat Komparatistik, Germanistik und Romanistik studiert. Sie hat einige bedeutende italienische Schriftsteller übersetzt, darunter Primo Levi, Italo Svevo und Ippolito Nievo. Für ihre Arbeit hat sie mehrere Auszeichnungen erhalten, u.a. den Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis 2011.
Rezensionen
"Antonio Pennacchis Buch ist der seltene Glücksfall eines witzigen, nachdenklich machenden, manchmal erstaunlichen Familienromans, der einem noch dazu im Plauderton erzählt, warum der Faschismus in Italien so lange lebte und gedieh.", Süddeutsche Zeitung, 27.07.2013 20151120

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.03.2012

Peruzzis Unterhosen
und der Duce
Der Erfolgsroman „Canale Mussolini“
erzählt von Italiens Führerliebe
München – Als an einem sonnigen Dezembertag des Jahres 1932 Mussolini persönlich in den süditalienischen Ort Littoria reist, fällt seine Rede pompös aus, wie üblich. In geschraubten Worthülsen feiert der Duce die Einweihung einer neuen Stadt, wo sich einst Sumpfgebiete erstreckten. Er beschwört die Arbeit, den Boden, bevorstehende Schlachten. Jubel brandet auf, auch bei Pericle Peruzzi. Dann geht das Leben weiter – und Peruzzi Unterhosen kaufen.
So erzählt es der italienische Autor Antonio Pennacchi in seinem Roman „Canale Mussolini“ (Hanser-Verlag), und die wenig huldvolle Szene ist typisch für das Buch, das in Italien beträchtliche Diskussionen auslöste. Wobei: Wirbel im Stiefel-Land, das ist ja nichts Neues. Während der konfusen Ära der letzten Berlusconi-Regierung wurde des Deutschen liebster Fleck auf Erden so skandalös regiert und so fruchtlos dagegen andebattiert, dass selbst dem wohlmeinendsten Mitglied der Münchner Toskanafraktion die Treue schwerfiel. Und mitten hinein in die Farce um Bunga-Bunga-Partys und aufflammenden Neofaschismus platzte 2010 ein ehemaliger Fabrikarbeiter mit einem 460-Seiten-Epos über den Aufstieg des italienischen Despoten.
Antonio Pennacchi, 1950 in Latina geboren, traf mit „Canale Mussolini“ einen empfindlichen Nerv seiner Heimat. So begeistert die Literaturkritik das Buch aufnahm – die autobiographisch gefärbte Saga über die Familie Peruzzi, 1928 aus dem ärmlichen Venetien in das morastige Niemandsland südlich von Rom umgesiedelt, warf beunruhigende Fragen auf. Die Laufbahn des späteren Diktators Mussolini, eingebettet in die amourösen, inzestuösen, politischen Irrungen und Wirrungen eines sympathischen Familienclans – darf man auf solche Weise vom Keim des Faschismus erzählen? Bedeutet diese Perspektive eine nachträgliche Verharmlosung? Pennacchi hat die Aufregung nicht geschadet. Er erhielt für den Roman die wichtigste literarische Auszeichnung Italiens, den Premio Strega .
Jetzt kommt Antonio Pennacchi auf Lesereise nach Deutschland, an diesem Mittwoch ist er um 19 Uhr im Italienischen Kulturinstitut zu Gast (Hermann- Schmid-Str. 8) – und die Frage: Darf man das? wird der Schriftsteller mit Bärtchen und Schiebermütze vielleicht öfter hören. Kaum vorstellbar jedenfalls, dass ein deutscher Autor das schicksalhafte Emporkommen des Adolf Hitler aus Braunau verknüpft mit einem brillant, witzig und warmherzig erzählten Generationenroman. Doch den Einwand vom Tabu lässt der 62-Jährige nicht gelten – genau das, sagt er, sei auch in Italien das Problem gewesen bei der Kritik an seinem Buch. „Das Tabu beim Thema Faschismus existiert bei uns genauso“, sagt Pennacchi. „In der Psychoanalyse würde man es Verdrängung nennen.“ Wer ihm Verharmlosung vorhalte, wolle die Realität nicht sehen: das Ausmaß, in dem der Duce von Anfang an breite Sympathie genossen habe, auch und gerade bei bodenständigen, braven Leuten wie der Roman-Familie Peruzzi. Die Tendenz, „sich die Geschichte bequem zu reden“, bringt den Autor auf. „So hätten es die Italiener gerne: Es gab die Guten und die Bösen, und mit den Bösen haben wir alle nichts zu tun.“ Dabei habe die überwältigende Mehrheit der Italiener Mussolinis Regime seinerzeit gutgeheißen, „das kann jeder, der es will, in der eigenen Familie recherchieren.“
Das sind unbequeme Positionen. Wie sehr Antonio Pennacchi der unfaire Vorwurf der Mussolini-Nostalgie schmerzt, zeigt auch sein Hinweis auf seine Mitgliedschaft im Partito democratico. Wobei der frühere Fabrikarbeiter, der mit „Canale Mussolini“ seinen Vorfahren ein literarisches Denkmal setzen möchte, in seiner Jugend durchaus mit den Neofaschisten flirtete. Um zu wissen, wo er heute steht, muss man nur seinen Roman genau lesen. Die Art, wie Pennacchi das Pathos, später auch die Untaten Mussolinis kontrastiert mit den allzu menschlichen Niederungen der Peruzzis, ist weit weg von Verherrlichung – und große Erzählkunst.
Anne Goebel
Von Kritikern angefeindet, von Kritikern ausgezeichnet: der italienische Autor Antonio Pennacchi. Foto: oh
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit Antonio Penacchis neuem Roman "Canale Mussolini" hat Rezensentin Nicole Henneberg nicht nur ein "funkelndes und burleskes" Familienepos gelesen, sondern auch eine brillante politische und psychologische Fallstudie. Auf bewundernswerte gelinge es dem Autor, sich mit dieser Familiengeschichte, die der Kritikerin dank ihrer autobiografischen Bezüge umso kenntnisreicher und intimer erscheint, einem in Italien bis heute totgeschwiegenem Thema zu widmen: Henneberg folgt hier der einst leidenschaftlich sozialistischen Landarbeiter-Familie Peruzzi, die aus Dankbarkeit zu ebenso leidenschaftlichen Faschisten werden, nachdem unter der Regierung Mussolinis in einem faschistischen Großprojekt das ehemalige Sumpfland von Latina in fruchtbares Ackerland und somit in bewohnbare Siedlungen verwandelt wurde. Und so liest die Rezensentin neben der zentralen ergreifenden Liebesgeschichte zwischen einem jungen Neffen und seiner Tante wie der Peruzzi-Clan immer weiter in das detailliert geschilderte Kriegsgrauen hineingezogen wird. Insbesondere lobt Henneberg Pennacchis Vermögen, seine Figuren ebenso sympathisch wie kritisch und sarkastisch in all ihren Facetten und Ambivalenzen auszuleuchten.

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