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Sie galt als »das schwarze Schaf der Familie«, doch unbeirrt ging Friedelind Wagner ihren eigenen Weg: Eva Rieger schreibt die erste Biografie der Enkelin Richard Wagners, die als Einzige des Bayreuther Clans den Nazis Widerstand leistete. Reichskanzler Adolf Hitler ist in Bayreuth alljährlich ein umjubelter Gast: Mit Winifred, der Herrin des Hügels, verbindet ihn eine enge Freundschaft. Für ihre Kinder spielt er den Ersatzvater. Nur eine schert aus dem braunen Pakt aus: Friedelind. Die aufmüpfige Tochter entschließt sich zum offenen Widerstand - gegen ihre Familie und gegen das Nazi-Regime.…mehr

Produktbeschreibung
Sie galt als »das schwarze Schaf der Familie«, doch unbeirrt ging Friedelind Wagner ihren eigenen Weg: Eva Rieger schreibt die erste Biografie der Enkelin Richard Wagners, die als Einzige des Bayreuther Clans den Nazis Widerstand leistete. Reichskanzler Adolf Hitler ist in Bayreuth alljährlich ein umjubelter Gast: Mit Winifred, der Herrin des Hügels, verbindet ihn eine enge Freundschaft. Für ihre Kinder spielt er den Ersatzvater. Nur eine schert aus dem braunen Pakt aus: Friedelind. Die aufmüpfige Tochter entschließt sich zum offenen Widerstand - gegen ihre Familie und gegen das Nazi-Regime. Sie emigriert nach England und opfert so ihren Lebenstraum, an der begehrten Festspielleitung mitzuwirken. Doch nach dem Krieg scheint Friedelinds große Stunde zu schlagen: Wer, wenn nicht sie, könnte jetzt die Leitung der Bayreuther Festspiele übernehmen? Schließlich ist sie die Einzige der vier Geschwister, die von der Vergangenheit unbelastet ist. Aber die Familie steht der Emigrantin feindlich gegenüber - und tut alles, um die »Verräterin« auszubooten.
Autorenporträt
Eva Rieger, geboren 1940 auf der Insel Man, arbeitete sechs Jahre lang beim RIAS in Berlin, studierte dann Musikwissenschaft und Anglistik, promovierte bei Carl Dahlhaus und arbeitete als Akademische Rätin an den Universitäten Göttingen und Hildesheim. Ab 1991 bis zur ihrer Emeretierung Professorin für Musikwissenschaft an der Universität Bremen. Seit den frühen siebziger Jahren in der Frauenbewegung aktiv, war sie weltweit die Erste, die nach Sophie Drinker (1948) die Sozial- und Kulturgeschichte der Frau in der Musikkultur aufarbeitete.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Zeitbeschreibung ist der Autorin Sache nicht, meint der Rezensent Stephan Speicher düster. Dafür wartet die Musikwissenschaftlerin Eva Rieger in ihrer Biografie über Friedelind Wagner, die Enkelin Richards, mit anderen interessanten Dingen auf. Etwa über die Hitler-Resistenz Friedelinds. Oder über ihre Erfolglosigkeit in familiären und geschäftlichen Dingen. Den feministischen Einschlag des Buches, die Sympathien der Autorin für die dominante, sendungsbewusste, doch eher gemiedene Frau Wagner, bleiben Stephan Speicher nicht verborgen. Doch ein Wust von Kleinigkeiten, schreibt er, begräbt des öfteren, was für ihn von Interesse hätte sein können. Was genau das wäre, erfahren wir leider nicht.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.08.2012

So bekämpfte die aufmuckende Maus den bösen Familiengeist
Bayreuths rebellischste Enkelin: Die Musikwissenschaftlerin Eva Rieger porträtiert Friedelind Wagner, die keinem Konflikt mit ihrer Verwandtschaft aus dem Wege ging

Sie war eine schöne, mutige, anstrengende Frau: Friedelind Wagner, 1918 als zweites Kind von Winifred und Siegfried Wagner in Bayreuth geboren, äußerlich ein Abbild ihres Großvaters Richard Wagner. "Sie sagt manchmal etwas dumme und freche Sachen, aber irgend etwas ist natürlich ganz knorke und bestrickend an ihr", schrieb Klaus Mann, der sie 1942 in New York kennengelernt hatte. Heute ist Friedelind Wagner wegen ihrer frühen Emigration aus dem nationalsozialistischen Deutschland und ihrer kritischen Einlassungen zur Herkunftsfamilie bekannt. Zeitlebens engagierte sie sich aber auch für die Musik ihres Vaters und ihres Großvaters, sie pflegte ein weitgespanntes Netz von Künstlerfreundschaften und machte sich durch Vortragsreisen und als Förderin des musikalischen Nachwuchses einen Namen.

Schon die Jugendliche, zu Hause "Maus" oder "Mausi" genannt, galt als schwarzes Schaf der Familie. Nach dem Tod des geliebten Vaters im Jahr 1930 musste sie zahlreiche Kämpfe mit der Mutter ausfechten. Nachdem Friedelind mit Erreichen der Volljährigkeit Deutschland verlassen und über die Schweiz, England und Argentinien schließlich die Vereinigten Staaten erreicht hatte, veröffentlichte sie 1945 die ihren "beiden Vätern Siegfried Wagner und Arturo Toscanini" gewidmete Autobiographie "Heritage of Fire", die noch im selben Jahr unter dem Titel "Nacht über Bayreuth" auch in Bern herauskam. Darin berichtet sie, wie Hitler lange vor der sogenannten Machtergreifung Einzug in Bayreuth hielt und wie groß seine Nähe zur Familie und den Festspielen tatsächlich war.

Die wenigen falsch dargestellten Vorgänge am Hügel, auch die Selbststilisierung zur früh informierten, eigenständigen Heroine unbenommen: "Nacht über Bayreuth", seinerzeit mit Hilfe einer professionellen Autorin auf den Weg gebracht, bietet ein faszinierend detailreiches Bild der Bayreuther Jahre zwischen 1918 und 1939. Der Bericht endet mit dem vergeblichen Versuch der Mutter, Friedelind in der Schweiz zum Einlenken zu bewegen; nach dem Abschied fühlte sich die Tochter im Gedanken an den Großvater beruhigt, der wie sie "als Emigrant nach Zürich gekommen war".

Das Leben der Friedelind Wagner bis zu ihrem Tod 1991 im westfälischen Herdecke schildert eine neue Biographie der Musikwissenschaftlerin Eva Rieger. Zu den Stationen zählen die Internatsjahre des übergewichtigen, oft aufmüpfigen Kindes; die enge Beziehung zu den Tanten Eva Chamberlain und Daniela Thode; das Ineinander von Festspielkultur und Nationalsozialismus (das Rieger freilich nicht immer auf angemessener Höhe diskutiert); die Wandlung Friedelinds zur Gegnerin der nationalsozialistischen Ideologie und ihre Jahre im Ausland; die Unterstützung, die sie den Angehörigen von dort aus zukommen ließ; die hoffnungsvolle Rückkunft nach Bayreuth als politisch Unbelastete und die Aneignung der Festspiele durch die Brüder; die problematischen Versuche als Produzentin, Regisseurin und Gründerin der Bayreuther Meisterklassen.

Riegers Darstellung orientiert sich mit Blick auf Quellen, Auskunftgeber und dem Anzweifeln etwaiger Ergebnisse an den Regeln guter wissenschaftlicher Praxis. Kaum greift sie auf die Autobiographie zurück, eher prüft sie diese und reiht sie ein in den Reigen weiterer Quellen, zu denen neben den üblichen Texten auch Unterredungen mit Zöglingen, Freunden und Freundinnen Friedelinds gehören: Rieger sprach mit der jüngeren Schwester Verena Lafferentz, mit Friedelinds Nichten Eva Wagner-Pasquier und Nike Wagner und dem Neffen Gottfried Wagner. Auch Konvolute aus dem Nachlass von Friedelind Wagner und Wieland Wagner konnte Rieger heranziehen.

Verwehrt wurde ihr dagegen der Zugang zu Wolfgang Wagners Privatarchiv. Keinen Einblick erhielt auch sie in das berühmt-berüchtigte Schrankmöbel, in dem Winifreds Lieblingsenkelin Amélie Hohmann, eine Tochter von Bodo und Verena Lafferentz, Briefe der Großmutter verwahrt. Die Quellensituation zeigt, in welchem Umfang die schwierige Familiensituation in die Entstehung des Buches mit hineinspielte. Womöglich hat sie sogar Stil und Verfahrensweise bestimmt. Davon zeugen zumindest die letzten Passagen, in denen Rieger etwas zu defensiv bemerkt, dass es "wohlfeil" sei, "als Nachgeborene den Zeigefinger zu erheben". Nicht darum gehe es, "etwas zu entschuldigen oder zu beklagen, es geht nur darum, Fragen zu stellen".

Dass Rieger einen vermittelnden Ton pflegt, ihrer Protagonistin wohlgesinnt bleibt und dennoch nicht stets für sie Partei ergreift, nimmt der Darstellung zwar einiges an Farbe und narrativer Beschleunigung. Zugleich darf man aber die Entschlossenheit bewundern, mit der hier jedes Schüren von Ranküne und Ressentiment verweigert wird. Schließlich böte schon das Verhältnis Friedelinds zur Mutter und zum jüngeren Bruder genügend Material. Von Kindheit an, schon Jahre vor der Nachkriegsregelung der Bayreuther Erbfolge gegen Siegfrieds testamentarischen Willen, mit der die Schwestern gegenüber den Brüdern übervorteilt wurden, waren die Beziehungen angespannt.

Erschreckend die Vernichtungslust auf allen Seiten: "Verräterin", urteilte Wolfgang wiederholt. Friedelinds Konflikt mit der von den Nationalsozialisten begeisterten Mutter "bagatellisierte" (Rieger) er zu einem Zerwürfnis über Erziehungsfragen. Die Maus, schrieb Winifred über die Jugendliche, die eben in eine Haushaltungsschule gesteckt worden war, "muckt natürlich. Muss sich aber drein finden!" Mit Argwohn betrachtete sie das finanziell oft desaströse berufliche Engagement ihrer Tochter, die man erfolgreich aus der Verantwortung für die Festspiele hinausgedrängt hatte. "Da spuckt sie uns nicht in die Suppe", glaubte sie, als Friedelind in England damit begann, ein Meisterklassenprojekt aufzubauen. Friedelind ihrerseits stand dem nicht nach. Sie schwärzte ihren Vetter Franz Wilhelm Beidler bei der amerikanischen Besatzungsmacht an, um ihn aus den Festspielen herauszuhalten, überlegte auch, im Entnazifizierungsprozess gegen die Mutter auszusagen, und nannte Winifred öffentlich "den bösen Geist der Familie".

Ein wenig wissenschaftliche Folklore zum Thema "Darstellung eines Frauenlebens" gleich in der Einleitung war vielleicht unverzichtbar, zumal für eine Autorin, die als Mitbegründerin der feministischen Musikwissenschaft gilt. Gleichwohl verwundert Riegers Bemerkung, dass Friedelind Wagner "keine überragende Leistung im Sinne einer historischen Großtat hinterließ", aber gleichwohl in extenso porträtiert werden dürfe: zum einen angesichts der Tatsache, dass sich mit ihr eine Persönlichkeit darstellen lässt, die im Musikleben der Nachkriegsjahrzehnte auf beiden Seiten des Atlantiks überaus präsent war. Und zum anderen, weil sich im Beharrungsvermögen und in der Widersprüchlichkeit dieser "rebellischen Enkelin" wie in einem Brennspiegel die Konflikte der noch lebenden Wagner-Nachkommen abzubilden scheinen.

CHRISTIANE TEWINKEL

Eva Rieger: "Friedelind Wagner". Die rebellische Enkelin Richard Wagners.

Piper Verlag, München 2012. 502 S., Abb., geb., 24,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.08.2012

Dickköpfig, selbstherrlich, rebellisch
Dienst am Großvater: Eva Rieger erzählt das bewegte Leben der Friedelind Wagner, die mit ihrer Familie brach und 1940 emigrierte
Im Sommer 1888 begegnen sich Houston Stewart Chamberlain und Cosima Wagner in Dresden. Chamberlain ist ein unbekannter Privatgelehrter, die „Grundlagen des 19. Jahrhunderts“ sind noch nicht geschrieben. Aber er nimmt Cosima Wagner sofort für sich ein, nicht zuletzt durch seine Bemerkung, er sei nicht Wagnerianer, sondern Bayreuthianer.
  Der Bayreuthianer ist nämlich mehr, nicht bloß Bewunderer des Wagnerschen Werkes, sondern Gefolgsmann einer Weltanschauung, wie sie in der Bayreuther Welt gepredigt und gelebt wird. Die Familie Wagner aber stellt die Oberpriester oder vielleicht besser: Apostel dieser Weltanschauung. Noch die (anerkannten) Enkel des „Meisters“ konnten auf dem Weg der apostolischen Sukzession eine besondere Autorität beanspruchen. Derzeit versuchen zwei Urenkelinnen diesen Anspruch aufrechtzuhalten; möglich allerdings, dass mit ihnen der Faden reißt.
  Wie tief diese Überzeugung einmal saß, zeigt das Leben Friedelind Wagners, Enkelin Richards, Tochter Siegfrieds und Winifreds. Wer sich für ihre Sphäre interessiert, kennt sie als Verfasserin der „Nacht über Bayreuth“ und vielleicht als Veranstalterin der Bayreuther Meisterkurse. „Nacht über Bayreuth“ erschien 1944 in England, ein Jahr später in der Schweiz und – sehr bezeichnend – erstmals in Deutschland 1994.
  Friedelind Wagner, geboren 1918, erzählt darin von Kindheit und Jugend und vor allem von Hitler in Bayreuth und der Begeisterung, die er bei Mutter, Brüdern, Tanten, Freunden entzündete. Sie selbst löste sich davon und emigrierte. Das war 1940 empörend und ab 1945 beschämend, dafür wurde sie von der Familie abgelehnt, geschnitten und benachteiligt. Und doch sind auch für Friedelind Richard Wagner und Bayreuth die Zentren ihres Lebens und Wünschens. Dass ihr eine verantwortliche Mitwirkung bei den Festspielen von den Brüdern verwehrt wurde, das war das große Unglück ihres Lebens.
  Dem hat die Musikwissenschaftlerin Eva Rieger nun eine umfangreiche Biografie gewidmet. Zu erzählen gibt es manches. Das Elternhaus ist scharf deutschnational, früh nationalsozialistisch, aber den Kindern gegenüber sehr frei. Friedelind ist ganz Tochter des Vaters. Als der 1930 stirbt, beginnen die Konflikte mit der Mutter, zumal diese sich bald Heinz Tietjen zuwendet, dem Intendanten der Berliner Staatsoper. Friedelind wird in Internate gesteckt, die karge Erziehung der Oberschicht in Heiligengrabe gehört dazu wie die Reformideen in Großsachsenhausen, wo sie auf die Leitung eines Gutsbetriebs vorbereitet werden soll. Und dann immer wieder Hitler und seine Entourage, seine persönliche Wirkung auf die Familie und speziell Winifred, aber auch auf die Festspiele. Friedelind ist selbst nicht gefeit davor; im Konfirmationsunterricht trägt sie ein Hakenkreuz am Armband, um den Pfarrer zu schockieren. Noch 1938 in der Sudetenkrise scheint sie Hitler die Sicherung des Friedens zuzutrauen, 1940 aber entschließt sie sich zur Emigration. Was den Bruch auslöst, wird nicht recht klar. Der Bruch mit dem nationalsozialistischen Deutschland bedeutet jedenfalls auch den Bruch mit der Familie.
  Über England und Argentinien gelangt sie in die USA. Die Emigration ist auch für sie nicht einfach, zeitweilig schlägt sie sich als Kellnerin und Bürokraft durch. Aber Name und Kontakte erleichtern wiederum vieles. Alte Freunde helfen weiter, vor allem Toscanini, der sie auch finanziell stützt.
  Mit Kriegsende stellen sich die Familienfragen neu. Friedelind will in die Leitung der auflebenden Festspiele einbezogen werden, doch die Brüder Wieland und Wolfgang finden mithilfe der Mutter einen Weg, die Schwester von allem Einfluss fernzuhalten; gerade, dass sie unlustig deren Meisterkurse zulassen. Aber diese verlaufen im Sande, zuerst in Bayreuth; ein zweiter Versuch in England, finanziert aus der Erbschaft der Mutter, ist nicht erfolgreicher. Als Friedelind Wagner 1991 stirbt, hat sich ihr Wunsch, als Intendantin oder Regisseurin auf das Musiktheater zu wirken, nicht erfüllt. Ihr Ruhm bleibt es, als einziges Mitglied der Familie dem Nationalsozialismus widerstanden zu haben.
  Die Autorin Eva Rieger vertritt eine feministische Musikwissenschaft, sie sympathisiert mit Friedelind, aber trägt auch manches vor, was gegen diese spricht. Gewiss war Friedelind Opfer der Brüder. Aber sie trug mit eigenen Schwächen das Ihrige dazu bei, dass so viele Pläne scheiterten. Offenbar fehlte es ihr an organisatorischem und namentlich finanziellem Geschick. Der Versuch, in den USA eine freifinanzierte Operncompagnie zu gründen und mit dieser fünf- bis sechsmal pro Woche den „Tristan“ zu spielen, grenzte an Verrücktheit. Und sie stieß oft und mit Vergnügen andere vor den Kopf, nicht etwa nur die alten Nazis in Deutschland. „Dickköpfig, selbstherrlich und taktlos“ nannte sie Arthur Beverley Baxter, der sich für ihr britisches Visum eingesetzt hatte. Auch später ist von Unbeherrschtheit und starkem Dominanzstreben die Rede, als ob sie die wilde Kindheit nie überwunden habe.
  Zumindest hat sie sich im Dienst am Großvater gesehen, „weil er ihr eine Identität als Enkelin verlieh, was ihr lebenslang Türen öffnete und ihrem Dasein einen Sinn gab“, wie Rieger meint. Daraus wächst ihr unglücklicher Anspruch auf große Aufgaben in der Opernwelt, die man ihr aber nie zutraute. Und möglicherweise wächst aus der familiären Konstellation auch ihre Abwendung vom Nationalsozialismus. Der Konflikt mit der Mutter scheint das zentrale Problem der Tochter in den dreißiger Jahren zu sein. Mit der Mutter wird Tietjen abgelehnt – und so irgendwann auch Hitler? Die Frage drängt sich auf: Wäre Winifred eine Parteigängerin der Republik gewesen – ob sich Friedelind genauso gegen den Nationalsozialismus gestellt hätte? Dass sie politisch besonders urteilsfähig gewesen wäre, das geht aus Riegers Darstellung nicht hervor.
  Es ist ein bewegtes, bemerkenswertes, aber nicht von Erfolgen gekröntes Leben, das Friedelind Wagner geführt hat. Ihre Biografin bietet manches Interessante, erstickt es aber immer wieder in einem Wust auch der Kleinigkeiten. Die Gabe, eine Zeit, deren Gedanken und Stimmungen zu schildern, fehlt der Autorin. Und so hat selbst, wer sich für Bayreuth interessiert, bei der Lektüre gelegentlich ein trockenes Gefühl im Mund.
STEPHAN SPEICHER
  
Eva Rieger: Friedelind Wagner. Die rebellische Enkelin Richard Wagners. Piper Verlag, München 2012. 504 S. 24, 99 Euro
Der Konflikt mit der Mutter
war ihr zentrales Problem
in den dreißiger Jahren
Friedelind Wagner (rechts), Enkelin Richard Wagners, mit Begum Aga Khan bei den Bayreuther Festspielen im Jahr 1956.
FOTO: ULLSTEIN BILD
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"(...) ein spannender, farbenreich geschriebener Familienroman.", Münchner Merkur, 30.08.2012 20151120