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Fruttero & Lucentini: das erfolgreichste Autorenduo Italiens. Jetzt erscheinen Lucentinis frühe Erzählungen zum erstenmal auf deutsch. Eindringlich spiegeln sie die Atmosphäre in Rom und Wien der Nachkriegsjahre zwischen Unschuld und käuflicher Liebe, Heimatsuche und Neuanfang - eine literarische Überraschung. die durch Frutteros liebevolles Porträt brillant abgerundet wird.

Produktbeschreibung
Fruttero & Lucentini: das erfolgreichste Autorenduo Italiens. Jetzt erscheinen Lucentinis frühe Erzählungen zum erstenmal auf deutsch. Eindringlich spiegeln sie die Atmosphäre in Rom und Wien der Nachkriegsjahre zwischen Unschuld und käuflicher Liebe, Heimatsuche und Neuanfang - eine literarische Überraschung. die durch Frutteros liebevolles Porträt brillant abgerundet wird.
Autorenporträt
Franco Lucentini, geboren 1920 in Turin, hat zusammen mit Carlo Fruttero viele sehr erfolgreiche Kriminal- und Gesellschaftsromane geschrieben.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.10.2004

Moretto-Bonbons im Bordell
Es gab ein Leben vor dem Duo: Erzählungen von Franco Lucentini
Als sich Franco Lucentini, schwer krebsleidend, vor zwei Jahren in den Treppenschacht seines Turiner Palazzos stürzte, endete „la ditta”, die Firma, wie Lucentini und sein Kompagnon Carlo Fruttero ihre äußerst erfolgreiche Autorengemeinschaft nannten. Die „coppia piú amata”, das meistgeliebte Paar Italiens, hatte in drei Jahrzehnten ein Dutzend Kriminal- und Gesellschaftsromane geschaffen und war neben Umberto Eco zu den auflagenstärksten Autoren italienischer Sprache geworden. Unter dem Titel „Der unbekannte Begleiter” sind nun drei frühe Erzählungen Franco Lucentinis aus der Zeit vor der Kooperation mit Fruttero erschienen.
Der junge Autor erzählt von Verzweifelten, Versehrten und Verstörten im chaotischen Nachkriegseuropa. In „Die Tür”(1947) entschließt sich die römische Hure Adriana, ihres Daseins überdrüssig, fortan in der sicheren Abgeschiedenheit eines Kellergewölbes zu leben, dem „Invisible Man” Ralph Ellisons ähnlich. In „Die unbekannten Gefährten” (1950) lahmt Franco, äußerlich versehrt durch eine Kugel, innerlich durch die Liebe, durch das besetzte Wien und sucht den erlösenden Freitod. Es bleibt ungewiss, ob ihn die neu erfundene menschliche Nähe retten wird. Im „Bericht von den Ausgrabungen”(1964) wollen die leichten Mädchen von Rom nicht nur Perry Mason lesen, sondern auch Moretto-Bonbons lutschen, und so eilt ein Bordellgehilfe äußerst schlichten Gemüts, genannt „Professor”, von Auftrag zu Auftrag.
Im Vorwort diagnostiziert Lucentini selbst und zu Recht qualitative „Unterschiede im Schreibstil” der Erzählungen. Die ersten beiden zeigen einen talentierten, aber noch unsicheren Jungautor, der - vor allem in der gekonnten Sprachcollage aus Italienisch, Deutsch, Russisch, Polnisch und Tschechisch in „Die unbekannten Gefährten” - mit seiner Weltläufigkeit brilliert. Doch die dritte Erzählung lässt bereits die spätere Könnerschaft ahnen. Hier besucht der „Professor” regelmäßig die Ruinen der ehemaligen Hadriansvilla. Die Bedeutung der umherliegenden Steinfragmente zu bestimmen erweist sich als unmöglich: „Vielleicht war es ja nicht einmal das, was es war, denn ganz bestimmt wusste man ja nicht einmal dieses andere.” Auch mit dem zur Orientierung angeschafften Büchlein kommt „Der Professor” zu dem Schluss, dass „jede Bestimmung willkürlich” ist.
Bücher, von denen eben dies gilt und in denen die Verrätselung des Offensichtlichen zum Programm wird, sind der Grund für den späteren Ruhm des literarischen Duos. Der Beckett-Übersetzer Fruttero und der Borges-Herausgeber Lucentini bezeichneten das Ergebnis ihres Schreibens selbst als „letteratura codificata”, als verschlüsselte Literatur. Dies ist nicht zuletzt anhand des Romans „Der Palio der toten Reiter” (1983) nachzuvollziehen, einem der vertracktesten, in dem die Architektur Sienas zur Chiffre der Ver- und Enträtselung wird.
Komplettiert wird der Band von einem wunderbaren Nachwort Carlo Frutteros. Das „Porträt des Künstlers als schöne Seele” (1973) ist eine wahre Liebeserklärung an den Kollegen. Zugleich unternimmt Fruttero sehr komische biographische Lektüren der drei Erzählungen. Am Ende von „Bericht von den Ausgrabungen” betrachtet sich der verliebte, dennoch fundamental verunsicherte „Professor” mit seinem Mädchen in einem Schaufenster: „Aber wer weiß, ob wir es waren”, so denkt er, „und was das alles überhaupt war.” Nach dem schmerzlichen Verlust seines literarischen Partners - des ihm vielleicht doch unbekannten Begleiters - mag Fruttero sich das Gleiche gefragt haben.
JOHANN MAASS
FRANCO LUCENTINI: Der unbekannte Begleiter. Drei Erzählungen. Mit einem Nachwort von Carlo Fruttero. Aus dem Italienischen von Dora Winkler. Piper Verlag, München 2004. 246 Seiten, 19 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Drei Geschichten von unglücklichen, verletzten und im Nachkriegseuropa herumirrenden Menschen umfasst der Erzählband Franco Lucentinis, der zwei Jahre nach dem Tod des Autors nun veröffentlicht wurde. Rezensent Johann Mass stellt dabei "qualitative Unterschiede" fest: Während zwei Geschichten einen zwar "talentierten", jedoch noch etwas "unsicheren" jungen Lucentini verrieten, lasse die dritte Erzählung bereits die "spätere Könnerschaft" des Autors ahnen, den der Rezensent zumindest in Sachen Auflage auf einer Ebene mit Umberto Eco weiß. Lesenswert sei auch das Nachwort Carlo Frutteros, dem Freund und Kompagnon Lucentinis. "Wunderbar" findet der Kritiker diese "wahre Liebeserklärung" an den Kollegen. Wunderbar auch das Buch, in dem die "Verrätselung des Offensichtlichen zum Programm" werde.

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