Marktplatzangebote
7 Angebote ab € 5,00 €
  • Gebundenes Buch

Die großen Dirigenten faszinieren das Publikum, Orchestermusiker lieben, verehren oder hassen die »Magier des Taktstocks«. Bis heute ist die Neuberufung eines »Chefs« für ein großes Orchester Thema einer breiten Öffentlichkeit. Wolfgang Schreiber hat die Maestri seit Jahrzehnten als Kritiker begleitet. Sein Buch stellt sie vor, erzählt von ihrem Leben und von ihrer Musik. Die großen Dirigenten-Legenden wie Toscanini, Furtwängler, Walter, Kleiber, Klemperer, Busch, Karajan, Bernstein oder Celibidache werden ebenso gewürdigt wie die Stars von heute, also Abbado, Barenboim, Rattle, Jansons,…mehr

Produktbeschreibung
Die großen Dirigenten faszinieren das Publikum, Orchestermusiker lieben, verehren oder hassen die »Magier des Taktstocks«. Bis heute ist die Neuberufung eines »Chefs« für ein großes Orchester Thema einer breiten Öffentlichkeit. Wolfgang Schreiber hat die Maestri seit Jahrzehnten als Kritiker begleitet. Sein Buch stellt sie vor, erzählt von ihrem Leben und von ihrer Musik. Die großen Dirigenten-Legenden wie Toscanini, Furtwängler, Walter, Kleiber, Klemperer, Busch, Karajan, Bernstein oder Celibidache werden ebenso gewürdigt wie die Stars von heute, also Abbado, Barenboim, Rattle, Jansons, Thielemann, Salonen, Nagano oder Chailly. Zahlreiche Porträts herausragender Dirigenten aus nationalen Schulen, von Vertretern des Originalklangs (Harnoncourt, Gardiner und andere), von Dirigentinnen (wie Simone Young und Marin Alsop) und Jungstars komplettieren den Band.
Autorenporträt
Wolfgang Schreiber ist Koordinator der AKUF (Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung) und Mitglied der Forschungsstelle Kriege, Rüstung und Entwicklung der Universität Hamburg.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.12.2005

Zwischen den Jahren gehört
Hast du Töne: Wolfgang Schreiber dirigiert große Dirigenten

Das Dirigieren ist, wie der Komponist Gunther Schuller in seinem Buch mit dem doppeldeutigen Titel "The Compleat Conductor" schreibt, die anspruchsvollste Aufgabe im Bereich der musikalischen Interpretation. Während manche Musiker die Fähigkeiten eines Dirigenten unterschätzen, sofern sie ihn nur als den Ordnung schaffenden Verkehrspolizisten ansehen, neigen Hörer zur Überschätzung, weil sie der Magie des gestischen Schauspiels erliegen oder der Mär von der Gnadengabe: dem immer wieder beschworenen Charisma. Schuller hat in seiner Studie über 300 Aufnahmen führender Dirigenten - von Beethovens Fünfter und Siebter, Brahms' Erster und Vierter, Straussens "Till Eulenspiegel", Ravels "Daphnis et Chloé", Schumanns Zweiter, Tschaikowskys Sechster - bis in die Mikrostruktur zerlegt und, Tausende Fehler der Tempi, der Artikulation, der Phrasierung, der Dynamik aufzeigend, den Mythos vom Maestro gleichsam von innen in Frage gestellt. Hingegen hat Norman Lebrecht mit seinem Buch "Maestro Myths: Great Conductors in Pursuit of Power" eine provozierende Studie über die Mechanismen des globalisierten Musikmarktes mit dem Maestro als Galionsfigur vorgelegt.

Wolfgang Schreibers Buch "Große Dirigenten" dient der Heldenverehrung. Nach einer knappen Einleitung über "Die Kunst des Dirigierens" - sechs Seiten im Vergleich zu Schullers mehr als 100 Seiten über "A Philosophy" und "A History of Conducting" - huldigt er in 33 längeren Kapiteln 89 Dirigenten. Daß er zum Schluß 34 Dirigenten nur in Kurzporträts vorstellt, bedeute, wie er im Vorwort betont, kein "Qualitätsurteil". Gleichwohl zeugt es von einer problematischen Gewichtung, daß er Bernard Haitin nur 28 Zeilen zubilligt - selbst unter Berücksichtigung seines Hinweises auf die "persönliche Auswahl, Einordnung und Beurteilung", welche letztere "notgedrungen skizzenhaft-feuilletonistisch" ausfalle.

Anders als etwa Harold C. Schonberg ("Die großen Dirigenten") versucht Schreiber nicht, eine Geschichte des Dirigierens - mit Blick auf Schulen und Traditionen oder Lehrer-Schüler-Beziehungen - zu schreiben. Dem ersten Kapitel über "Komponisten am Pult und erste Berufsdirigenten" läßt er eine Starparade folgen. Angeführt wird sie nicht, was rezeptionsgeschichtlich naheläge, von Wilhelm Furtwängler - dem er die "Erbschaft der Romantik" anvertraut; nicht von Arturo Toscanini - in dem er die "Portalfigur des zwanzigsten Jahrhunderts" sieht; nicht von Pierre Monteux - der mit Igor Strawinskys "Sacre" ein Epochenwerk der Moderne aus der Taufe hob. Den Vortritt läßt er den Arrivierten der letzten drei Jahrzehnte: Claudio Abbado, Zubin Mehta, Daniel Barenboim, Mariss Jansons, Simon Rattle, Esa-Pekka Salonen. Dabei ist von einem Ordnungsprinzip wenig zu erkennen - wenn man davon absieht, daß Jewgeni Mrawinski, Juri Temirkanow, Kirill Kondraschin, Jewgeni Swetlanow, Gennadi Roschdestwenski und Valery Gergiev "Schostakowitschs mächtiges Häuflein" bilden oder Ferenc Fricsay, István Kertész, Antal Doráti und Georg Solti "von Bartóks Geist" erfüllt sind.

Natürlich konnte Schreiber in der Rundfunkreihe des NDR, die den Ausgangspunkt dieses Buches abgab, nicht, wie Schuller in seiner Studie, vorführen, daß das von Beethoven für das Andante con moto seiner Fünften vorgesehene Tempo (Viertel=92) nur von Nikolaus Harnoncourt erreicht wird und von einigen - Leibowitz (88), Dohnányi und Norrington (86), den beiden Kleibers (84) - nur annähernd, während die meisten (Toscanini, Karajan, Reiner, Bernstein, Strauss, Wand und andere) gerade 80 errreichen und Walter, Krips und Solti ein Adagio-Tempo (Viertel=66) anschlagen. Daß er aber auf analytisch-differenzierte Beschreibungen auf der Grundlage technisch nachvollziehbarer Parameter völlig verzichtet, ist entschieden ein Manko.

Statt dessen findet man weihevolle Formeln und austauschbare Floskeln. Zum Beispiel: Die linke Hand Abbados "ruft die vielfältigen Akzente, Rhythmus- und Farbnuancen mit unnachahmlicher Empathie" ab. Unter Simon Rattle klangen die Symphonien Beethovens "utopischer" und "die Proportionen der Gestaltungskräfte befanden sich exakt im Lot", "Klangdurchsicht und Klangraffinement, rasche Impulse und Tempi bestimmten seinen Stil". "Karajans Pultabsolutismus" wurde "Mitte der fünfziger Jahre im europäischen Leben anscheinend definitiv". Auch Otto Klemperer ging es "um die Musik: unverstellt, gereinigt von den Schlacken emotionaler Gewohnheiten". So wird der Leser durch ein Treibhaus feuilletonistischer Stilblüten geführt.

Diese Floskeln finden ihre Entsprechung in der dokumentarischen Sorglosigkeit. Wieder und wieder werden Dirigenten oder Autoren bei der ersten Nennung ohne Vornamen eingeführt; werden Rezensionen ohne Nennung des Autors zitiert; werden relevante Daten nicht exakt angegeben, sondern durch vage Hinweise - "in den siebziger Jahren" - ersetzt; wird etwa das RIAS-Orchester als "führender Klangkörper für Ur- und Erstaufführungen" bezeichnet, ohne daß eines der Werke genannt würde. Vergebens erhofft der Leser detaillierte Hinweise auf Aufnahmen, die eine Überprüfung ermöglichen würden. "Gewiß können sich Porträts nicht", wie Schreiber vorbeugend sagt, "in vergleichender Plattenkritik erschöpfen"; doch ohne die Schallplatten als Beleg und Zeugnis ist eine Rundfunkreihe nicht möglich, ein Dirigentenbuch kaum nachvollziehbar. Als literarische Porträts kommen die Texte, geschrieben in einem assoziativ-addierenden, parataktischen Parlando und überdies schlampig redigiert, über die Materialsammlung eines ins Archiv entsandten Berichterstatters nicht hinaus.

Anders endlich als Norman Lebrecht zeigt Schreiber sich an ökonomischen Fragen wie den Mechanismen und Manipulationen des Betriebs wenig interessiert. Zwar steht das Kapitel über Herbert von Karajan unter dem Titel "Musik, Macht und Medien", doch wird des Dirigenten Geschick, durch die Konzentration der Mittel eine Expansion der Wirkung zu erreichen, so wenig im Detail beschrieben wie das weithin verbreitete Geschacher um Gagen und Posten. Kein Wort über die Verträge von Generalmusikdirektoren, die für ein Grundgehalt von 200 000 Euro fünfzehn Abende dirigieren, für jeden weiteren Abend aber die Gage eines Gastdirigenten beziehen und dazu die Zeit haben, ein zweites Orchester zu leiten. Kein Wort über gigantische Abfindungen, kein Wort über den sogenannten Marktwert von Stars auf der Grundlage eines subventionierten Kulturbetriebs. Schreiber ist ein erfahrener und kundiger Kritiker, seit drei Jahrzehnten mit dem Musikleben genau vertraut. Von ihm war mehr zu erhoffen als ein Buch, das den Mythos vom Maestro nur fromm fortschreibt.

JÜRGEN KESTING

Wolfgang Schreiber: "Große Dirigenten". Mit einem Vorwort von Sir Peter Jonas. Piper Verlag, München 2005. 530 S., 61 Abb., geb., 24,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.09.2005

Magnetische Maestri
Von SZ-Autoren: Wolfgang Schreiber über die großen Dirigenten
„Der ideale Dirigent sollte hochgewachsen sein, schön, bleich und gebieterisch, ein großer Schauspieler, geheimnisvoll, magnetisch, das Antlitz geprägt von edlem Leid.” Dieses ironische Bild von Federico Fellini trifft manchen Helden in Wolfgang Schreibers umfangreichem Porträt-Kompendium großer Maestri. Schreiber schildert, wie sich in rund 150 Jahren die Vielfalt an Dirigentengestalten herausbildete, verbunden mit der Geschichte der jeweiligen Orchester. Es beginnt mit Komponisten wie Mendelssohn und Mahler, führt über Monumente wie Nikisch, Furtwängler oder Toscanini zu heutigen Pultstars wie Rattle, Salonen oder Nagano. Schreiber, langjähriger Musikkritiker der SZ, beleuchtet Pioniere neuer Musik wie Scherchen oder Boulez ebenso wie die Charismatiker Abbado, Bernstein oder Kleiber. Er erzählt von Außenseitern, Frühvollendeten und Spätentwicklern, erläutert die Kraft nationaler Schulen bei den Ungarn Fricsay und Solti oder den Tschechen Talich und Kubelik. Im Zentrum aber steht die Musik als Phänomen des Verschwindens, dem sich alle Dirigenten stellen mussten und müssen, und das keiner besser erfasste als der „unbeugsame” Celibidache.
SZ
WOLFGANG SCHREIBER: Große Dirigenten. Piper-Verlag, München 2005. 531 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Dem Buch des langjährigen Musikkritikers Wolfgang Schreiber sei anzumerken, dass dem Autor seine "Bewunderung für Musiker und Musik und was sie mit uns machen" nicht abhanden gekommen ist, stellt Mirko Weber fest. Nicht richtend, sondern beobachtend und hörend nähere sich Schreiber den großen Meistern am Pult, wobei biografische Details zwar skizziert werden, aber nicht im Vordergrund stehen. Die auf einer Rundfunkserie basierende Sammlung gehe nicht chronologisch vor, was für den Rezensenten durchaus reizvolle Kontraste mit sich bringt, wenn etwa der Avangardist Pierre Boulez vor Furtwängler plaziert werde. Ganz frei von Vorlieben sei auch Wolfgang Schreiber nicht, moniert Mirko Weber und findet die München-Fraktion unter den Dirigenten zu stark vertreten. Obwohl CD-Hinweise fehlen, sei das Buch aber eine animierende Lektüre.

© Perlentaucher Medien GmbH