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"Die Gentechnik wird uns weder bedrohen noch erlösen" "Dolly und die Folgen", "Was ist dran an den Schreckenstechnologien?", "Entgrenzte Wissenschaft" - dazu und zu anderen brisanten Themen bezieht der Biologe Hubert Markl, Präsident der Max Planck-Gesellschaft, hier in deutlicher Sprache Position.
Embryonale Stammzellen, therapeutisches Klonen, Präimplantationsdiagnostik, Bioethik, Biopolitik - das sind Schlagworte, die die Diskussion beherrschen, wenn es um die Lebenswissenschaften geht. Dazu äußern sich der deutsche Bundespräsident, die Medien, die Parteien und zahlreiche
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Produktbeschreibung
"Die Gentechnik wird uns weder bedrohen noch erlösen"
"Dolly und die Folgen", "Was ist dran an den Schreckenstechnologien?", "Entgrenzte Wissenschaft" - dazu und zu anderen brisanten Themen bezieht der Biologe Hubert Markl, Präsident der Max Planck-Gesellschaft, hier in deutlicher Sprache Position.

Embryonale Stammzellen, therapeutisches Klonen, Präimplantationsdiagnostik, Bioethik, Biopolitik - das sind Schlagworte, die die Diskussion beherrschen, wenn es um die Lebenswissenschaften geht. Dazu äußern sich der deutsche Bundespräsident, die Medien, die Parteien und zahlreiche Wissenschaftler. Viele Menschen verfolgen die Debatte mit großer Anteilnahme. Einer, der deutlich dazu Stellung nimmt, ist der Biologe Hubert Markl, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft. Er hat Verantwortung als Wissenschaftsmanager übernommen und sich häufig exponiert. Als er letzten Sommer in Berlin eine pointierte Rede zur Diskussion in der Biologie und Medizin hielt, löste dies eine Kontroverse in den Medien aus. In seinem neuen Buch setzt er sich mit aktuellen Fragen zu den Lebenswissenschaften auseinander, erklärt, worum es in der Gentechnik geht, reflektiert "Dolly und die Folgen", denkt nach über die Möglichkeiten, Grenzen und Gefährdungen der Wissenschaften. Markl sagt, daß "wir ständig Grenzen überschreiten und uns dennoch in eigener Verantwortung neue Grenzen setzen müssen".
Autorenporträt
Prof. Dr. rer. nat. Hubert Markl, Verhaltensbiologe, Konstanz, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2002

Man ziehe sich von der Welt zurück in die Besenkammer
Neues Werkzeug für den Frühjahrsputz in der Embryonendebatte: Aber Hubert Markl kehrt nicht gut / Von Wolfgang Frühwald

Aldous Leonard Huxley, nach dessen berühmter Satire "Brave New World" von 1932 Hubert Markl sein neues Buch benannt hat, wird als der amüsierte Beobachter einer untergehenden Gesellschaft geschildert, die er satirisch und gelegentlich auch zynisch zu zeichnen unternehme. Von Satire, sogar von Zynismus sind die hier gesammelten, rhetorisch durchwegs brillanten Reden des ehemaligen Max-Planck-Präsidenten aus den Jahren 1999 bis 2001 nicht frei, wohl aber von dem mystisch-kontemplativen Gedankengang, der Huxleys Spätschriften anhaftet.

Der Gegensatz könnte größer kaum sein, denn der rationalistische Grundzug ist in Markls Reden nicht zu überhören. Die ehrenhaften und aller Ehren werten Kernworte der Aufklärung - Wirklichkeit, Erkenntnis, Fortschritt, Freiheit, Menschenwürde - ziehen sich wie ein roter Faden durch den Text. Der Verfasser scheut in der zusammenfassend den Reden vorangestellten Einführung (programmatisch überschrieben: "Was ist der Mensch?") nicht einmal vor einem kryptischen und hier keineswegs ironisch gebrauchten Zitat aus Goethes "Faust" zurück, wonach es die Lebenswissenschaften auf ihrem Erkenntnisweg zur Aufklärung komplexer Organismen "tatsächlich weit gebracht" hätten. Klingt da nicht der szientistische Stolz jenes Famulus aus Goethes Weltdrama an, dem sein Autor ein "helles, kaltes wissenschaftliches Streben" zugeordnet hat? Dieser Wagner züchtet (im zweiten Teil von Goethes Schauspiel) bekanntlich einen Menschen im Labor, "Homunculus", den Menschen im Glas, in vitro.

Markl hält seine Texte frei von den Visionen und den Utopien der Menschenzüchtung. Für die "Ahnenreihe philosophischer Menschenzuchtphantasten . . . von Platon über Thomas More, Tommaso Campanella, Friedrich Nietzsche bis Peter Sloterdijk" scheint ihm der "argumentative Kehrbesen" wünschenswert. Er ist ein Pragmatiker, für den die Gegenwart des Forschungsalltags schon genügend zu lösende Probleme enthält. Aber liegt die Menschenzüchtung nicht als eine stets gegenwärtige Gefahr zumindest in der Tendenz der Stammzellen- und der Embryonenforschung? Der von Habermas beschriebene Weg zu einer "liberalen Eugenik" ist in vielen Ländern der Erde längst beschritten.

Daß Hubert Markl zwar über die "Gefährdung der Wissenschaft" schreibt, aber wenig oder nichts über Realitäten, wie sie der Albtraum der "Menschen aus dem Eis", das heißt der vermarkteten, eingefrorenen Embryonen, erzeugt, wie sie die längst auch beim Menschen praktizierte Zuchtwahl hervorruft oder die von serieller Pränataldiagnostik bei schwangeren Frauen geschaffene "bange Erwartung" statt der "guten Hoffnung" et cetera - daß also kaum etwas über die Gefährdung durch Wissenschaft zu lesen ist, das empfinde ich als eine provozierende Lücke dieser Texte. Natürlich plädiert auch Markl für die strenge Kontrolle neuer Methoden und Techniken, insbesondere bei der Stammzellforschung. Von einer systematischen Sicherheitsforschung, die von der Wissenschaft zwar immer wieder versprochen, aber wegen des geringen Ansehens, das sie genießt, meist vermieden wird, ist nicht die Rede.

Nun wäre es wenig fair, diese Texte an solchen Ansprüchen, wie sie freilich immer lauter geäußert werden, zu messen. Denn das Buch intendiert in den gewichtigsten Reden keineswegs eine Antwort auf die alte Frage "Was ist der Mensch?", es versucht vielmehr in immer neuem Anlauf die Frage zu beantworten: "Wann beginnt der Mensch, Mensch zu sein?" In den Jahren 2001 und 2002 haben wir ja engagiert darüber gestritten, ob menschliche Embryonen getötet werden dürfen, damit aus ihnen Stammzellen gewonnen werden können, jenes faszinierende Forschungsmaterial, aus dem sich (bei Pflanze, Tier und Mensch) nicht die Gleichheit des Lebens, sondern dessen Verschiedenheit begründen läßt. Wer menschliche Embryonen im Frühstadium (in den ersten vierzehn Tagen ihrer Entwicklung) als Forschungsmaterial verwenden wollte, um Stammzellen aus ihnen zu gewinnen, der mußte erst den (zumindest in Deutschland lange herrschenden) Konsens aufkündigen, daß menschliches Leben mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle beginnt und der Mensch von diesem Augenblick an Mensch ist. Der mußte eine Neudefinition über den Beginn des menschlichen Lebens liefern, um den Embryo im Frühstadium als Organ, als "potentiellen Menschen", gar als "Schleimbätzchen" oder wie die abwertenden Bezeichnungen alle lauten mögen, zu kennzeichnen.

Hier ist diese Neudefinition, die in einer Mischung aus biologischen und sozialen Argumenten sich für das pränatale Leben der alten Behauptung bemächtigt, daß der Mensch einer Anerkennungsgemeinschaft bedürfe, um "Würde" zu haben. Die Anerkennungsgemeinschaft wird auf die Mutter-Kind-Dyade reduziert und daraus auf eine "Kulturmenschwerdung (nach dem rein biologischen Beginn der Gametenverschmelzung)" geschlossen. Der Zeitpunkt dieser "Kulturmenschwerdung" sei der zunächst unbewußte, dann "in der Bewußtwerdung ständig neu zu bekräftigende Akt der Verbindung zweier Lebewesen", also "die Aufnahme eines Menschenkeims durch den mütterlichen Organismus bei der Einnistung des etwa zwei Wochen alten Embryos im Uterus einer Frau". Mit dieser seltsamen Neudefinition des Beginns der Menschwerdung wäre der Streit um die Embryonenforschung obsolet, wären das Embryonenschutzgesetz und das Gesetz zum Stammzellenimport überflüssig, müßte aber auch - konsequenterweise - die Herstellung (und anschließende Tötung) von Embryonen zu Forschungszwecken erlaubt sein. Auf das ganze Verrohungspotential, das in einer solchen Vorstellung liegt, hat bei den Bundestagsdebatten zur Embryonenforschung vor allem Margot von Renesse hingewiesen.

Der allzu fein gesponnenen Unterscheidung von "Gametenverschmelzung" und "Kulturmenschwerdung", die meines Erachtens trotz Widerspruch auf ein biologistisches Menschenbild zielt, steht jene in der Denkgeschichte der Menschheit wirksame Vorstellung gegenüber, wonach Gott den Menschen vor aller Zeit in seine Hand geschrieben hat, der Mensch also mehr ist als ein Produkt aus Zeugung und Anerkennung. Dafür allerdings müßte die Frage, die Markls Buch einleitet, ergänzt werden um jenen bescheidenen Satz aus dem achten Psalm, dem diese Frage bekanntlich entnommen ist: "Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast; was ist der Mensch, daß du seiner gedenkst, und des Menschen Kind, daß du dich seiner annimmst?" Hubert Markls Buch ist lesenswert, es ist deshalb auch des Widerspruchs wert.

Hubert Markl: "Schöner neuer Mensch?" Piper Verlag, München 2002. 296 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Chancen für Benachteiligte
Es wird ihn nicht geben, den schönen neuen, genetisch verbesserten Menschen. Doch die Entschlüsselung des menschlichen Genoms wird weitere Fortschritte in der Medizin ermöglichen: von Prognose und Diagnose bis zu Prophylaxe und Therapie. Für den Biologen Markl wird daraus sicher nicht "ein schöner neuer Mensch in einer nur noch schönen Welt" hervorgehen. Aber er sieht bessere Chancen für heute genetisch schwer benachteiligte Menschen.
Freiheitsfreundliche Position
Mediziner und Biologen, Juristen und Soziologen, Philosophen und Feuilleton-Redakteure können sich über Hubert Markl freuen, ärgern oder sich an seinen Thesen reiben. Der Wissenschaftsmanager und langjährige Präsident der Max-Planck-Gesellschaft vertritt seinen forschungsfreundlichen, ja ausdrücklich freiheitsfreundlichen bioethischen Standpunkt mit Vehemenz. Das Buch enthält veröffentlichte Texte bzw. Vorträge aus den letzten drei Jahren, die sich mit der aktuellen Diskussion um die Lebenswissenschaften befassen. Bisher unveröffentlicht ist der Einführungstext mit dem Titel ´Was ist der Mensch?`.
Kritik am Gesetzgeber
Das vom Bundestag 2002 verabschiedete Stammzellgesetz verbietet die Herstellung embryonaler Stammzellen in Deutschland, gestattet aber unter strengen Kontrollauflagen den Import aus Zellkulturen. Für Hubert Markl und die wissenschaftliche Forschung ist der im Parlament erzielte Kompromiss `eine wenig überzeugende Perspektive`. Und weiter: `Es ist abzusehen, dass solche moraldeklamatorische Gesetzgebung der gesellschaftlichen Praxis der Zukunft in einem vereinten Europa offener Grenzen nicht sehr lange standhalten wird.´ Ein Beispiel für die Position Markls, der es an einem nicht mangelt: der nötigen Klarheit.
(Roland Große Holtforth)
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Wolfgang Frühwald erkennt in den "rhetorisch durchweg brillanten" Reden des ehemaligen Präsidenten des Max-Plank-Instituts Hubert Markl einen stark rationalistischen Grundzug. Die Schlagworte der Aufklärung ziehen sich seines Erachtens wie ein roter Faden durch die Texte. Dass Markl zwar über die Gefährdung der Wissenschaft schreibt, aber kaum ein Wort verliert über die Gefährdung durch die Wissenschaft, empfindet Frühwald als "provozierende Lücke dieser Texte". Von der systematischen Sicherheitsforschung, die von der Wissenschaft immer versprochen, aber meist vermieden werde, sei nicht die Rede. In den gewichtigsten Reden sucht Markl in immer neuen Anläufen die Frage zu beantworten, wann der Mensch beginnt, Mensch zu sein, hält Frühwald fest. Mit Markls Neubestimmung des Beginns menschlichen Lebens - sie kreist in einer Mischung aus biologischen und sozialen Momenten um die Unterscheidung von "Gametenverschmelzung" und "Kulturmenschwerdung" - ist Frühwald allerdings nicht einverstanden, sie ziele auf ein biologistisches Weltbild und berge ein hohes Verrohungspotential in sich. Markls Buch, resümiert der Rezensent, "ist lesenswert, es ist deshalb auch des Widerspruchs wert."

© Perlentaucher Medien GmbH"