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Internationale Geschichte ist eine Disziplin in der Erneuerung. Über die Beziehungen zwischen Staaten und Gesellschaften hinaus treten zunehmend die innenpolitischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen von Außenpolitik ins Blickfeld, ebenso die außenpolitischen Entscheidungsprozesse, die Geschichte des internationalen Systems und seiner Wandlungen, transnationale Bewegungen und Beziehungen und die wechselseitige Durchdringung von Kulturen. International ausgewiesene Historiker bieten in diesem Themenband eine Bilanz der Methodendiskussion zur Geschichtsschreibung der…mehr

Produktbeschreibung
Internationale Geschichte ist eine Disziplin in der Erneuerung. Über die Beziehungen zwischen Staaten und Gesellschaften hinaus treten zunehmend die innenpolitischen, gesellschaftlichen und kulturellen Bedingungen von Außenpolitik ins Blickfeld, ebenso die außenpolitischen Entscheidungsprozesse, die Geschichte des internationalen Systems und seiner Wandlungen, transnationale Bewegungen und Beziehungen und die wechselseitige Durchdringung von Kulturen. International ausgewiesene Historiker bieten in diesem Themenband eine Bilanz der Methodendiskussion zur Geschichtsschreibung der internationalen Beziehungen und erschließen neue Dimensionen der Internationalen Geschichte.
Autorenporträt
Wilfried Loth, geboren 1948, ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Duisburg-Essen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.03.2001

Auf der Höhe der Zeit sein wollen
Internationale Geschichte: Ein Sammelband als Programm

Wilfried Loth, Jürgen Osterhammel (Herausgeber): Internationale Geschichte. Themen - Ergebnisse - Aussichten. R. Oldenbourg Verlag, München 2000. XIV, 415 Seiten, 128,- Mark.

In regelmäßigen Abständen versuchen die Historiker, sich ihres Gegenstandes, ihrer Methoden und theoretischen Grundlagen zu vergewissern, Bestandsaufnahme zu machen, neue Forschungsperspektiven zu entwickeln, um im Kampf um die stets knappen Ressourcen der Forschung den Eindruck zu vermeiden, nicht auf der Höhe der Zeit und des Erkenntnisfortschritts zu sein.

Dieser Versuch wird in dem vorliegenden Band für eines der klassischen Teilgebiete der Geschichtswissenschaft unternommen, das seit Thukydides zum Kernbereich der Historiographie gehört, für die Geschichte der zwischenstaatlichen, der internationalen Beziehungen. Das für den deutschen Sprachraum wichtige und überfällige Werk hat sich ein dreifaches Ziel gesetzt: In Abgrenzung von der Theorie- und Methodendiskussion der siebziger Jahre, die Wilfried Loth für einen "Dialog der Taubstummen" (Hans-Ulrich Wehler, Andreas Hillgruber, Klaus Hildebrand) hält, wird im ersten Teil in kritischer Absicht eine Bilanz der disziplingeschichtlichen Entwicklung gezogen.

Im zweiten Teil werden Themenfelder und Deutungsaspekte vorgestellt, denen nach Ansicht der Herausgeber in der Disziplin der internationalen Beziehungen bisher zuwenig Aufmerksamkeit geschenkt worden sei. Viele dieser Themen beziehen sich auf "Konzepte mittlerer Reichweite", die es erlauben sollen, die handelnden Akteure der Außenpolitik besser in ihrem Umfeld zu sehen, ja, diese Kontexte selbst angemessener zu analysieren: beispielsweise internationale Geschichte als Systemgeschichte, die gesellschaftlichen Dimensionen internationaler Beziehungen, das Perzeptionsparadigma in der Außenpolitik, internationale Geschichte und historische Friedensforschung, Geopolitik und internationale Politik et cetera. Diese Beiträge sollen plausibel machen, daß es an der Zeit sei, für diesen klassischen Zweig der Historiographie einen neuen Gattungsbegriff einzuführen, nämlich "Internationale Geschichte". Denn der Titel des Sammelbandes ist zugleich Programm.

Im dritten Teil werden weitere, mögliche Aspekte dieser neuen Disziplin der Internationalen Geschichte vorgestellt. Es geht um das Problem der Integration in den internationalen Beziehungen am Beispiel der Europäischen Gemeinschaft, um den Wandel europäischer Staatlichkeit und die Verschränkungen regionaler, nationaler und europäischer Identität sowie um die internationale Umweltgeschichte.

In seinem kraftvollen Schlußbeitrag über Globalisierung und die Pluralität der Kulturen demonstriert Jürgen Osterhammel das Erweiterungspotential der neuen Gattung, indem er konkret zeigt, welche Erkenntnisse und methodischen Innovationen die deutsche Geschichtswissenschaft gewönne, wenn sie die "im internationalen Vergleich ganz ungewöhnliche Marginalisierung der außereuropäischen Geschichte", einschließlich der Geschichte der letzten hegemonialen Supermacht der Welt, der Vereinigten Staaten, beenden würde. In systematischer Hinsicht fordert Osterhammel mehr Strukturanalysen, mehr Forschung über transnationale Vernetzungs- und Interdependenzprozesse, eine verstärkte Aufmerksamkeit für weltpolitisches Denken und eine sinnvolle - das heißt nicht zu einem neuen Paradigma aufgeblasene - Einbeziehung von "Kultur" in die Disziplin der internationalen Beziehungen.

Denn das wird sowohl bei den Herausgebern als auch in vielen anderen Beiträgen deutlich: Die gewünschte Erneuerung der Disziplin wäre sinnlos, wenn das Kind mit dem Bade ausgeschüttet würde. Bei aller Erweiterung des Gegenstandsbereiches werden die Außenpolitik der Nationalstaaten und das System der Großmächte, Diplomatie- und Machtstaatsgeschichte, die alten Fragen von Krieg und Frieden, Gleichgewicht und Hegemonie ein vitaler Teil der Disziplin bleiben müssen. Ansonsten könnte es zu einem ganz anderen "Dialog der Taubstummen" und einer Selbstmarginalisierung der Historiker kommen - zu einem Phänomen, das man in den Vereinigten Staaten besichtigen kann. Während sich dort die Historiker der internationalen Beziehungen auch unsinnigen Anregungen der Kulturgeschichte öffnen, ist in den Korridoren der Macht und den außenpolitischen Denkfabriken weiter in erster Linie von Freund und Feind, von Entscheidungen und vitalem Interesse, von Macht und Herrschaft, von "hard power" und "soft power" die Rede.

Dieser verdienstvolle Sammelband spiegelt wie kein anderes deutschsprachiges Werk die Vielfalt und Vitalität der "Internationalen Geschichte". Die 18 Beiträge sind ein Beweis dafür, daß die Geschichte der internationalen Beziehungen als Kerndisziplin der Geschichtswissenschaft mindestens ebensoviel innovatorische Kraft entfaltet wie das Lieblingskind der sechziger und siebziger Jahre, die Sozialgeschichte, und das Lieblingskind des gegenwärtigen Zeitgeistes, die Kulturgeschichte.

DETLEF JUNKER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Warum die Rezensentin Anette Bingemer eine von W. Loth und J. Osterhammel herausgegebene Aufsatzsammlung über den Versuch einer "Internationalen Geschichte" für eine insgesamt wichtige Leistung hält, wird nicht ganz klar. Außer den "lesenswerten" Beiträgen der Herausgeber und den "Kapiteln über Perzeptionen und Umstände der Entstehung von Weltbildern" kann sie in den Argumentationen und Forschungsvorschlägen der Historiker nämlich nichts Spannendes entdecken. In der Tat klingt das, was sie über die Themen der Aufsätze mitteilt, wenig überzeugend. Allzu angestrengt werde hier nach einem eigenen Platz der Geschichtswissenschaft im Globalisierungsdiskurs gesucht. Ihr erscheint das Buch, "als beschäftige man sich mit der Frage 'Wie kann die Arznei in das Dragée kommen', ohne dabei auch nur einen Schritt weiter in der Rezeptur zu sein".

© Perlentaucher Medien GmbH
"Dieser verdienstvolle Sammelband spiegelt wie kein anderes deutschsprachiges Werk die Vielfalt und Vitalität der "Internationalen Geschichte". Die 18 Beiträge sind ein Beweis dafür, daß die Geschichte der internationalen Beziehungen als Kerndisziplin der Geschichtswissenschaft mindestens ebensoviel innovatorische Kraft entfaltete wie das Lieblingskind der sechziger und siebziger Jahre, die Sozialgeschichte, und das Lieblingskind des gegenwärtigen Zeitgesites, die Kulturgeschichte." Detlev Junker in: FAZ vom 15.3.2001