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Wieviel Bruch, wieviel Kontinuität haben Erster Weltkrieg und Revolution wirklich bedeutet? Mit Blick auf den Wandel der politischen Parteien vom Kaiserreich zur Weimarer Republik untersuchen die Beiträge auf der Grundlage neuer und teilweise noch unabgeschlossener empirischer Forschungen, die hier überwiegend zum erstenmal vorgelegt wurden, die Entwicklung der Führungsschichten (Eliten) in den Parteien, im Staat und in einzelnen gesellschaftlichen Bereichen. Dies geschieht unter Berücksichtigung der sozialen Milieus, der Geschichte der Öffentlichkeit und ihrer Beeinflussung, von Wahlen und…mehr

Produktbeschreibung
Wieviel Bruch, wieviel Kontinuität haben Erster Weltkrieg und Revolution wirklich bedeutet? Mit Blick auf den Wandel der politischen Parteien vom Kaiserreich zur Weimarer Republik untersuchen die Beiträge auf der Grundlage neuer und teilweise noch unabgeschlossener empirischer Forschungen, die hier überwiegend zum erstenmal vorgelegt wurden, die Entwicklung der Führungsschichten (Eliten) in den Parteien, im Staat und in einzelnen gesellschaftlichen Bereichen. Dies geschieht unter Berücksichtigung der sozialen Milieus, der Geschichte der Öffentlichkeit und ihrer Beeinflussung, von Wahlen und Parlamenten, Regierungen und Verwaltungen im Reich und in einzelnen Ländern, vor allem in Preußen. Neben den Vergleich der Parteientwicklungen zwischen dem Kaiserreich und der Weimarer Republik treten Vergleiche zwischen Parteien im nationalen und internationalen Maßstab. Aus der Presse: "This collection presents exciting new research on a critical issue in current interpretations of modern Germany. It warrants the attention of a wide audience..." German Studies Review 25/1 2002
Autorenporträt
Jürgen Kocka, geboren 1941, studierte Geschichte, Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie in Marburg, Wien, Berlin und Chapel Hill (North Carolina). Er promovierte 1968 bei Gerhard A. Ritter; Wissenschaftlicher Assistent in Münster und ADLS-Fellow in Harvard bis 1972; nach der Habilitation Professur an der Universität Bielefeld 1973 - 1988; als Gastprofessor bzw. Fellow u.a. in Princeton, Jerusalem, Stanford und Paris. Seit 1988 Professor für die Geschichte der industriellen Welt an der FU Berlin sowie seit 1991 ständiges Mitglied des Wissenschaftskollegs zu Berlin. Zahlreiche Auszeichnungen, u.a. Leibniz-Preis 1992. Präsident des "Comite des Sciences historiques".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.04.2000

Wenn ein Staat keine Parteien kennen will
Und doch so nötig braucht: Kaiserreich und Weimarer Republik

Dieter Dowe, Jürgen Kocka, Heinrich August Winkler (Herausgeber): Parteien im Wandel vom Kaiserreich zur Weimarer Republik. Rekrutierung, Qualifizierung, Karrieren. Schriftenreihe der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte, Band 7. R. Oldenbourg Verlag, München 1999. 410 Seiten, 68,- Mark.

Wer über den Tellerrand aktueller Affären schaut, sieht, dass parlamentarische Demokratie ohne organisierte Parteien nicht funktionieren kann. Das Grundgesetz trägt dem etwas verklausuliert Rechnung. Dagegen kannte die Verfassung des Kaiserreichs überhaupt keine Parteien, und auch die Verfassung der Weimarer Republik erwähnt sie nur einmal negativ: Beamte dienen "nicht einer Partei". Dennoch liegen Welten zwischen diesen zwei Staatswesen hinsichtlich der Rolle der Parteien.

Wie war es aber um die Parteien selbst bestellt, brachte auch ihnen der Systemwandel von 1918 einen tiefen Einschnitt? Oder war der Umbruch - wie für etliche Bereiche der politischen und sozialen Struktur - nur ein partieller? Das ist die Leitfrage des aus einer Tagung hervorgegangenen Sammelbandes. Wie bei solchen Sammelbänden üblich, summieren sich seine Aufsätze eher zu einem Flickenteppich von Antwortfragmenten als zu einem resümierbaren Fazit. Die Ergebnisse aus den häufig regional oder auf ausgewählte Politiker begrenzten Beiträgen sind nur bedingt verallgemeinerbar (wie überhaupt der fast ausschließliche Preußen-Bezug Entwicklungen in Süddeutschland ausblendet) und liefern ebenso wie die schlaglichtartigen Ausblicke auf andere Staaten (Frankreich, Großbritannien, Italien, die Vereinigten Staaten) eher Zusammenfassungen größerer Arbeiten oder Hypothesen für weitere Forschung.

Am besten informiert wird man über die Sozialdemokratie, zu der systematisch gesammelte Daten für alle Reichstagsabgeordneten vorliegen. Die Partei hatte schon im Kaiserreich den höchsten Professionalisierungsgrad, da sie dem Nachwuchs eine Karriere als "Arbeiterbeamte", als hauptamtlich Tätige in der Arbeiterbewegung, in Aussicht stellte, die an höhere Aufgaben und gegebenenfalls ein Parlamentsmandat heranführen konnte. Die liberalen Parteien litten dagegen in ihrer Schlagkraft unter der eigenen Ideologie: Wenn das Individuum im Zentrum des Selbstverständnisses steht, kann auch in einer parlamentarischen Demokratie wie der Weimarer Republik der Aufbau der notwendigen effektiven Parteiorganisation nur schwer gegen die weltanschaulichen Beharrungskräfte durchgesetzt werden. Ähnliches gilt für den konservativen ostelbischen Adel, der sich im Kaiserreich der Auseinandersetzung mit dem Bürgertum durch Abschottung entzogen hatte; die weitere Erosion seiner sozialen Basis wollte er in den zwanziger Jahren durch den Kampf gegen die Republik verhindern und geriet dadurch ins Fahrwasser der völkischen Rechten. Unter den bürgerlichen Parteien scheint nur das (in den Beiträgen unterrepräsentierte) Zentrum seine Milieuverhaftung, aus der es auch die parlamentarische Stärke bezog, wenn auch nicht ungeschmälert in die Republik hinübergerettet zu haben.

Zwei den Weimarer Parteien gemeinsame Probleme klingen wiederholt an: Sie sahen sich als Weltanschauungsparteien, die das Staatswohl mit der Durchsetzung ihrer Ideen gleichsetzten, nicht auch als Interessenvertretungen, was Parteien in einer Demokratie nun mal sind. Und auch wenn die Weimarer Republik durchaus auf dem Weg zur Ausbildung einer eigenen politischen Klasse war, so zerbrach sie doch nicht zuletzt an der diffamierenden Attacke gegen den "Parteienstaat".

WOLFGANG ELZ

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wolfgang Elz erinnert daran, dass - aller aktuellen Affären zum Trotz - Parteien für eine Demokratie notwendig sind. Dass zeigt auch der hier vorgestellte Sammelband, der, so Elz, deutlich macht, dass die Weimarer Republik nicht zuletzt an der "diffamierenden Attacke gegen den Parteienstaat" zerbrach. Die Leitfrage der Autoren sei, ob das Ende des Ersten Weltkriegs für die Parteien einen ähnlichen Umbruch gebracht habe wie für den Rest der Gesellschaft. Der Band ist das Ergebnis einer Tagung, weshalb er Elz auch an einen "Flickenteppich" erinnert. Nach einem "resümierbaren Fazit" sucht man vergebens, stellt der Rezensent fest. Am besten informiert werde man noch über die Sozialdemokratie, über deren Abgeordnete es "systematisch gesammelte Daten" gibt.

© Perlentaucher Medien GmbH