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"Freulers Rückkehr" beschreibt auf faszinierende Weise die dunklen Seiten der Seele. Täter und Opfer kommen sich in vertauschten Rollen gefährlich nah.

Produktbeschreibung
"Freulers Rückkehr" beschreibt auf faszinierende Weise die dunklen Seiten der Seele. Täter und Opfer kommen sich in vertauschten Rollen gefährlich nah.
Autorenporträt
Perikles Monioudis, 1966 in Glarus (Schweiz) geboren. Studium der Soziologie und Politologie in Zürich. Sein erster Roman, Die Verwechslung (1993), wurde mit einem Buchpreis der Stadt Zürich ausgezeichnet. Für den zweiten Roman, Das Passagierschiff (1995), erhielt er den Preis der Schweizerischen Schiller-Stiftung. 1995 Stipendiat des Berliner Senats im Literarischen Colloquium Berlin, 1996 Stipendiat des Stuttgarter Schriftstellerhauses.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.03.2005

Stolpernd ins Abgründige
Bettina Gundermann und Perikles Monioudis im Reich des Krimis

In der Theorie nimmt sich das Konzept vielversprechend aus. Und der Reihentitel "Die dunklen Seiten" klingt verlockend. Herausgegeben von Thomas Kraft, soll die neue Reihe mit Kriminal- und Spannungsromanen das breite Spektrum dieser Gattung widerspiegeln und mit erprobten wie neuen Varianten spielen, dem Abgründigen und Bösen auf die Spur zu kommen: "Unsere Idee, deutschsprachige Autoren, die in ihrer literarischen Arbeit mit dem Kriminalroman bisher kaum oder noch gar nicht in Berührung gekommen waren, für diese Reihe zu gewinnen, speist sich aus dem Wunsch, Spannung mit hohem ästhetischen Anspruch auf außergewöhnliche Weise zu verbinden." Doch ach, genau in dieser Intention liegt auch die größte Gefährdung, wie gleich der erste Band, "Teufelsbrut" von Bettina Gundermann, beweist: daß nämlich die insgeheim doch für bescheiden gehaltene Sache mit aller Gewalt in literarische Höhen gestemmt werden soll. Die Autorin, 1969 in Dortmund geboren, zunächst als Tanzdozentin und Journalistin tätig und 2001 mit ihrem Debütroman "lines" hervorgetreten, erzählt in "Teufelsbrut" von atavistischer Leidenschaft und vom todbringenden Verhängnis einer Projektion. Zadok, ein ebenso finsterer wie anscheinend faszinierender Mann, sucht mit allen Mitteln der Verführung und Autosuggestion in einer jungen Fremden, Sara, jenes für ihn engelsgleiche junge Mädchen wiederzufinden, dem er einst verfallen war und das er dem Tod preisgab, weil er es nicht an sich zu binden vermochte.

Zwar haben die Figuren, die streng als Archetypen firmieren, noch ihre Namen, aber damit beginnt schon Bettina Gundermanns systematisches Verwirrspiel. Luca nämlich, das überirdische Wesen - "sie schien wie irgendwo ausgeschnitten" -, trägt einen italienischen Männernamen (für Lucas), soll aber das weiblich Verlockende schlechthin verkörpern. Zwar findet die Autorin anfangs, wenn Sara die Stadt flieht und sich tastend der ihr seltsam abweisend vorkommenden Dorfgemeinschaft nähert, einprägsame Sprachbilder. "Das Rascheln unter ihren Füßen hört sich wie Kindheit an", lesen wir von Sara auf einsamen Spazierwegen, und von den scheuen Dörflern: "Trotzdem liegt in ihrem Schritt ein strammer Stolz." Doch solche lakonische Poesie verirrt sich leider allzu rasch im nur noch Verschmockten.

Bettina Gundermann webt an einem Mysterium von Schuld und unmenschlicher Verstrickung, das vollkommen kaltläßt, weil ihre Figuren keinerlei Anteilnahme zu wecken verstehen. Wie "das Dorf" und "die Stadt" flach und konturenlos bleiben, so wenig erhält das Kräftemessen zwischen Zadok und seiner "Sara ohne h" Überzeugungskraft, auch wenn die Autorin nicht müde wird, das geheimnisvolle Lodern in Zadoks Augen zu beschwören. Einzig als aus der Vergangenheit ein Akt dörflicher Lynchjustiz zutage tritt, bekommt Bettina Gundermanns Stakkato von Momentaufnahmen, deren hastiger Schnitt dem Kino abgeschaut scheint, die erhoffte Prägnanz. Daß die Autorin gleich auf der fünften Textseite ihre grammatikalischen Schwächen offenbart, dämpft obendrein das Zutrauen des Lesers. Sie gebraucht "brauchen" ohne zu und scheint mehr vom Akkusativ als vom Nominativ zu halten: "Und Lucas Vater, den, den sie zunächst für ihren Vater gehalten hatte, hätte seine Kinder lieber selber gezeugt."

Entschieden konventioneller geht Perikles Monioudis, der 1966 im schweizerischen Glarus geboren wurde und bisher Romane wie "Palladium", "Eis" oder "Deutschlandflug" veröffentlicht hat, die Dinge an. Schon der Titel "Freulers Rückkehr" verrät, daß da einer wieder anknüpfen möchte. Die Handlung folgt bewährten Mustern: Ein Industrieller wird tot in seiner Villa aufgefunden, doch ob er sich mit seiner Armeepistole selbst das Leben nahm, steht zumindest für den mit der Ermittlung beauftragten Beamten Freuler sehr in Zweifel. Und je länger er nachforscht, desto mehr wird er mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert.

Solch ein erzählerischer Ansatz scheint extrem abgenutzt, doch Monioudis versteht es ungleich besser als die Reihenkollegin, den Leser für seine Figuren und vor allem den Ort des Geschehens zu interessieren. Wo Bettina Gundermann besessen, aber ohne Anschaulichkeit an ihrer Archetypik pinselt, braucht der Schweizer nur die Augen offenzuhalten, um Atmosphäre zu schaffen: beim Blick auf die Bergmassive rund um Glarus, nördlich am Fuß des Klausenpasses gelegen. So plastisch die Landschaft in der Beschreibung ersteht, so prägend sind die Eigenheiten der Figuren. Schon daß Freuler "Verhörrichter" ist, schafft das eidgenössische Fluidum. Hinzu kommen charakteristische Wendungen wie "bis anhin" oder der "Umschwung", der nicht eine Wende im Geschehen meint, sondern das ausladende Grundstück eines Anwesens. Doch wenn dann ein Handy ins Spiel kommt statt eines Natel, wie es sich für die Schweiz gehörte, kriegt auch diese schöne Atmosphäre ihren Dämpfer. Man kann halt nicht alles haben.

HANS-DIETER SEIDEL.

Bettina Gundermann: "Teufelsbrut". Roman. Nymphenburger Verlag, München 2005. 224 S., geb., 18,90 [Euro].

Perikles Monioudis: "Freulers Rückkehr". Roman. Nymphenburger Verlag, München 2005. 264 S., geb., 18,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ein weiterer Roman aus der neuen Krimireihe des Nymphenburger Verlages, die unter dem Titel "Die dunklen Seiten" angelaufen ist. Anders als seine Kollegin Gundermann geht der Schweizer Perikles Monioudis konventionell zur Sache, berichtet Hans-Dieter Seidel halbwegs überzeugt. Ein Industrieller wird tot in seiner Villa aufgefunden, der ermittelnde Polizeibeamte wird mehr und mehr mit seiner Vergangenheit konfrontiert: ein klassisches, eher abgegriffenes Muster zwar, dem Monioudis aber interessante Seiten abzugewinnen versteht, bekräftigt Seidel seinen positiven Eindruck. Der Autor interessiere sich nämlich für seine Figuren und auch für den Ort des Geschehens, die Schweiz, die ihr "eidgenössisches Fluidum" verströme, so eigenwillig wie auch die Charaktere des Romans, allen voran der "Verhörrichter" Freuler, der Hans-Dieter Seidel besonders gefallen hat.

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