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Oper als Passion, Oper-Machen als Leidenschaft: Mit diesem Buch zieht Gerard Mortier, der immer wieder Aufsehen erregende große Opernintendant, die Summe seines Lebenswerks. Er räumt darin mit den festgefahrenen und oft verstaubten Vorstellungen über die Kunstform Oper auf, denn sie ist für ihn weder dekoratives Beiwerk noch Ort der Zerstreuung, sondern entschieden politisch und ein Spiegel der "condition humaine". In pointierter Form formuliert Mortier seine Überzeugungen und gibt faszinierende Einblicke in die praktische Theaterarbeit mit großen Künstlern der Welt. Und er ermutigt dazu, den…mehr

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Produktbeschreibung
Oper als Passion, Oper-Machen als Leidenschaft: Mit diesem Buch zieht Gerard Mortier, der immer wieder Aufsehen erregende große Opernintendant, die Summe seines Lebenswerks. Er räumt darin mit den festgefahrenen und oft verstaubten Vorstellungen über die Kunstform Oper auf, denn sie ist für ihn weder dekoratives Beiwerk noch Ort der Zerstreuung, sondern entschieden politisch und ein Spiegel der "condition humaine". In pointierter Form formuliert Mortier seine Überzeugungen und gibt faszinierende Einblicke in die praktische Theaterarbeit mit großen Künstlern der Welt. Und er ermutigt dazu, den humanistischen Visionen und Utopien zu folgen, die seit der "Erfindung" der Oper ihren Wesenskern ausmachen.
Ein anregendes und engagiertes Buch, das nicht nur in die Hand aller am Musiktheater Tätigen gehört, sondern auch ein Geschenk an Opernfreunde ist, denen ihre Leidenschaft mehr bedeutet als eine nette gesellschaftliche Abendunterhaltung.

Aus dem Inhalt:

I. Dramaturgie eines neuen theatralischen Genres
II. Spiel-Räume: Dramaturgie der Architektur und des Ortes
III. Spiel-Pläne: Dramaturgie der Spielplangestaltung
IV. Spiel-Arten: Dramaturgie der Werktreue
V. Spiel-Ebenen: Dramaturgie der Kommunikation
VI. Spiel-Aufgaben: Dramaturgie der Uraufführungen
VII. Spiel-Freuden: Dramaturgie der Arbeit mit Künstlern
Finale
Coda: Giuseppe Verdi. Nieder mit dem Joch der Diktaturen!
Dokumentation sämtlicher Produktionen Gerard Mortiers
Autorenporträt
Gerard Mortier (1943-2014), einer der berühmtesten Opernintendanten unserer Zeit. Er leitete in den 1980er Jahren die Brüsseler Oper La Monnaie, war zehn Jahre Intendant und künstlerischer Leiter der Salzburger Festspiele, gründete die Ruhrtriennale, leitete danach die Pariser Oper und ab 2010 das Teatro Real in Madrid
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Gerard Mortiers Werk "Dramaturgie einer Leidenschaft" ist nun auch auf Deutsch erhältlich, jubelt Rezensentin Eleonore Büning, die diese Polemiken aus dem Nachlass des Intendanten nicht nur als Kampfschrift, sondern zugleich auch als Abschiedsgeschenk liest. Zwar folgt die Kritikerin hier den äußerst schlechten Prognosen Mortiers für die aktuelle Opernwelt, welcher der Intendant eine zu starke Fixierung auf Verkaufszahlen und zu wenig Interesse für zeitgenössische Werke attestiert. Zugleich liest sie aber mit großem Interesse Mortiers Thesen über die gesellschaftspolitische Bedeutung der Oper und seine Nachweise des sozialutopischen Potentzals in einem jeden Werk. Lobend erwähnt sie auch das eigens für den deutschen Markt hinzugefügte Kapitel über Verdi. Nicht zuletzt weil Büning manches Mal widersprechen möchte, hat sie nach der Lektüre das Gefühl, ein sehr angeregtes persönliches Gespräch mit Gerard Mortier geführt zu haben.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.04.2014

Ein Angriff auf die ganze Branche

Aus dem Nachlass des großen Intendanten Gerard Mortier sind seine Polemiken gegen eine Opernwelt erschienen, die sich dem Glamour und dem Markt ausliefert.

Nur wenige Tage nach dem Tod Gerard Mortiers kam ein schmales Buch mit seinen Schriften heraus. Es handelt sich um eine Polemik zur aktuellen Situation des Musiktheaters. Gleich im Vorwort wirft Mortier den Fehdehandschuh in den Ring. Er diagnostiziert: "Wir erleben gegenwärtig eine Periode der Restauration." Indiz hierfür ist ihm die eventorientierte Arbeitsweise jüngerer Kollegen, die nicht von einer gesellschaftspolitischen Verantwortung ihres Tuns überzeugt sind. Die "Besetzungen der Intendanzen der Opernhäuser und Festspiele in der sogenannten Ersten Liga" seien heutzutage eher qualifiziert "durch ihre Virtuosität im Verkauf eines beliebigen Produkts als durch ihre Innovationskraft bei der Gestaltung der Spielpläne". Und auch wenn Mortier, von den Bayreuther Festspielen abgesehen, keine konkrete Hausnummer nennt, ist doch klar, wer sich hier gemeint fühlen darf: fast alle.

Namentlich ausgenommen sind nämlich nur wenige Opernhäuser, etwa Frankfurt, Lyon oder Stuttgart, mithin Institutionen, in denen mit Bernd Loebe, Serge Dorny und Sylvain Cambreling enge Freunde, Schüler und Weggefährten Mortiers wirken. Alle anderen sitzen auf der Anklagebank: neben Katharina Wagner auch Alexander Pereira (Salzburg), Klaus Bachler (München), Dominique Meyer (Wien) Barrie Kosky (Berlin), Jürgen Flimm (auch Berlin), Georges Delnon (Basel) und viele andere mehr. So unhaltbar dieser Pauschalangriff auf die gesamte Branche ist, so hellsichtig wird hier doch eine Tendenz beschrieben.

Denn schaut man sich heutzutage um in der Opernwelt, bemerkt man, dass bereits zwei der großen deutschen Häuser, nämlich Dresden und Köln, auf längere Zeit nur interimistisch verwaltet werden. Andere, etwa in Wuppertal, lösen ihr Ensemble auf. Konzert- und Festivalintendanzen werden neuerdings nicht mehr von Künstlern, sondern von Betriebswirten und Juristen verwaltet, die, wie kürzlich auf einem Musikmanagertreffen ausposaunt, schon das Ausrollen eines roten Teppichs als innovative Programmidee empfehlen. So kommt man zu dem Schluss: Mortier warnt nicht umsonst. Und er blickt düster in die Zukunft: "Ist es nicht ein Zeichen für den Verfall der Kunstform, dass der Großteil der Opernhäuser lediglich fünfzehn Prozent ihrer Spielpläne der Oper des 20. Jahrhunderts und Uraufführungen widmen?"

Die meisten dieser sieben kurzen Kapitel zur Dramaturgie des Musiktheaters hat Mortier freilich schon vor fünf Jahren aufgeschrieben. Weniger aus Angriffslust, vielmehr zur Selbstvergewisserung oder auch als eine Art Rechenschaftsbericht. Damals stand Mortier gerade im Begriff, die Pariser Oper zu verlassen. Er ging als ein Enttäuschter, wenn nicht gar Gescheiterter. Und, auch das springt aus jeder Zeile, er will noch einmal grundsätzlich die Positionen festzurren, die Fronten klären. So wurde das Büchlein, das 2009 unter dem Titel "Dramaturgie d'une passion" in der Edition Christian Bourgois herauskam, damals wahrgenommen. Für die deutsche Ausgabe mit dem Untertitel "Für ein Theater als Religion des Menschlichen" hatte Mortier diese Essays überarbeitet, auf den neuesten Stand gebracht, besagtes kämpferisches Vorwort geschrieben und ein achtes Kapitel drangehängt, das nach den gesellschaftspolitischen Kernaussagen der Opern Giuseppe Verdis fragt und aus Anlass des Verdi-Jahres zuerst in dieser Zeitung veröffentlicht wurde (F.A.Z. vom 18. Oktober 2013).

Dass die Oper als Kunstgattung von ihren Anfängen bis heute ein Politikum gewesen sei, der Gesellschaft stets zugleich Spiegel und Sporn, ist eine Lieblings-, ja die Lebensthese Mortiers. Er sucht in jedem einzelnen Werk nach diesem sozialutopischen Potential, jenem erfüllten Augenblick, in dem "reale Situation" und "ideales Leben" zusammenschießen, die Zeit stillsteht und die Welt aus den Angeln gehoben werden kann - etwa im finalen Presto aus Mozarts "Le Nozze di Figaro" oder in Beethovens "Fidelio" beim Ruf der Retterin Leonore: "Töt' erst sein Weib!", samt Trompetensignal.

Diese Idee zieht sich durch sämtliche Essays, auch wenn sie sich zunächst nur mit praktischen musikdramaturgischen Fragen aus dem Alltag befassen, etwa der nach neuen Spielräumen oder der nach Sinn von Werktreue. Teils führt das zu gewagten Thesen. So trifft es sicher zu, dass sich eine erste große Blüte der Oper in republikanischen Kaufmannsstädten wie Venedig und Hamburg ereignete. Doch lässt sich der repräsentative Aspekt dieser kostenintensiven, prunkhaften Kunstform, die zunächst zur Ausschmückung von Fürstenhochzeiten diente, auch nicht leugnen. Die Florentiner Camerata gehörte zur aristokratischen Elite, Caccini, Peri oder Monteverdi komponierten nicht für den freien Markt, sondern für feudale Herren. Und die pauschale Abwertung der veristischen italienischen Oper ist ebenso anfechtbar wie die Missachtung der Barockoper oder Mortiers Behauptung, dass die Oper in La douce France von Lully bis Debussy dauerhaft verschattet worden sei durch die vom Sonnenkönig installierte Vorherrschaft von Protz und hohler Unterhaltung. Fortwährend ist man als Leser aufgefordert, im Detail zu widersprechen oder Widersprüche weiterzudenken und eigene Ideen dazu zu entwickeln. Es ist fast, als würde man sich mit Mortier live unterhalten. Insofern ist dieses kleine Buch nicht nur eine Kampfschrift, sondern zugleich ein Abschiedsgeschenk.

ELEONORE BÜNING

Gerard Mortier: "Dramaturgie einer Leidenschaft". Für ein Theater als Religion des Menschlichen. Aus dem Französischen von Sven Hartberger. Bärenreiter/Metzler Verlag, Kassel/Stuttgart 2014. 126 S., geb., 24,95 [Euro].

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