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"Gender" hat sich in den letzten Jahren als eine elementare Analysekategorie der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften etabliert. Dieses konkurrenzlose Lexikon informiert in rund
500 Einträgen über sämtliche Teilbereiche der Gender Studies wie z.B. Frauenforschung, Women's Studies, Men's Studies und Queer Studies.

Produktbeschreibung
"Gender" hat sich in den letzten Jahren als eine elementare Analysekategorie der Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften etabliert. Dieses konkurrenzlose Lexikon informiert in rund

500 Einträgen über sämtliche Teilbereiche der Gender Studies wie z.B. Frauenforschung, Women's Studies, Men's Studies und Queer Studies.
Autorenporträt
Renate Kroll, Professorin für Interdisziplinäre Frauenforschung in der Romanistik, Universität Siegen
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.01.2003

Beim Stichwort "Hausarbeit" fehlen die Literaturangaben
Die Gender Studies haben ein Lexikon erhalten: Verweispfeile führen durch die sozialen Konstruktionen des kleinen Unterschieds

Was ist das für eine Wissenschaft, die Stichworte wie Diskurs, Amazonomanie, Hausarbeit und Hexe zu ihrem lexikalischen Grundvorrat zählt? Der Eßstörungen ebenso in den Blick geraten wie die Globalisierung, die Résistance, die Präraffaeliten, das Gesetz des Vaters oder das Internet? Die zu ihren Müttern Simone de Beauvoir und Judith Butler, zu ihren Vätern den Dadaismus und Michel Foucault zählt? Und welche Forschungsfragen lassen es wohl notwendig erscheinen, Begriffe so unterschiedlicher Gebiete wie Psychoanalyse, Biologie, Literatur- und Kunstwissenschaft oder Medizin zu ihrer Beantwortung heranzuziehen?

Ob die Geschlechterforschung eine eigene Disziplin darstellt oder Geschlecht nicht einfach nur ein Gegenstand ist, der sich mit den Mitteln hergebrachter Wissenschaften erforschen läßt, ist selbst innerhalb der akademischen "Gender Studies" umstritten. Ihre Voraussetzung lautet, daß die Unterscheidung von Mann und Frau eine universelle ist: Alles hat mit ihr zu tun, an alles kann man sie herantragen. So entstehen in einem Lexikon der Geschlechterforschung Einträge zu Architektur, weil es offenbar "frauengerechte Stadtplanung" gibt; zum Mond, weil dieser Trabant mitunter Fruchtbarkeit symbolisiert hat; und zur Oper, weil sich in dieser die "bürgerlichen Vorstellungen von Weiblichkeit", erstaunlicherweise aber erst "seit 1780" spiegelten.

Wer an einer solchen sehr weiten Fassung dessen, wozu Geschlechterforschung etwas sagen sollte, zweifelt, könnte an die Diskussionen anknüpfen, die seit zehn Jahren unter dem englischen Titel "Gender scepticism" geführt werden. Sie werfen die Frage auf, wie erkenntnisträchtig es sein mag, bei allen Dingen in erster Linie nach femininen oder maskulinen Vorzeichen zu suchen. Im vorliegenden Lexikon fehlt das entsprechende Stichwort. Aber es fehlen auch Kriterien dafür, warum nun die Oper, aber nicht die Operette, die Musik und der Tanz, aber nicht die Malerei oder auch nur die "Bilder" einer Geschlechtsbetrachtung unterzogen wurden.

Eine engere Fassung einschlägiger Gegenstände der Geschlechterforschung ließe sich aus ihren Anfängen ableiten. Weil das deutsche Wort "Geschlecht" die Unterscheidung zwischen Biologie und Soziologie nicht kenntlich macht, wurde einst ein Lehnwort aus dem anglo-amerikanischen Sprachraum in die deutsche Forschung eingeführt: "Gender" kennzeichnet den kleinen Unterschied, jenen im Sexus, als soziale Konstruktion, und damit als große Differenz. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die "Gender" sagen, meinen damit eine Geschlechtsidentität, die nicht angeboren ist, "sondern sozio-kulturell durch diskursive Zuschreibung erworben wird". In den sechziger Jahren stand eine schlichte Feststellung am Beginn der Geschlechterforschung: Frauen sind benachteiligt. Ihre Beiträge zu Kunst, Wissenschaft und Politik waren marginal und wurden marginalisiert. Die feministische Theorie trat an, dies abzustellen, die feministische Geschichtsforschung (neckisch "Her-story" genannt) und Soziologie nach Belegen hierfür zu suchen.

Geschlechterforschung war also Forschung über Ungleichheit und ihre Gegenstände alle Fälle von auffälliger Ungleichbehandlung. Im vorliegenden Lexikon wird das zwar beinahe von jedem Artikel noch einmal unterstrichen. Aber die bekanntesten Gebiete, auf denen sich solche Ungleichheit zeigt, werden eher sparsam oder gar nicht mit Stichworten bedacht. In den Eintrag "Arbeit" ist nicht viel derselben eingegangen, "Hausarbeit" fällt noch knapper und beides ohne Literaturangaben aus. Über "Alterität" erfährt man mehr als über das "Alter" und von der ebenfalls kurz abgehandelten "Ehe" heißt es, sie sei "verstanden als Ort exklusiver zwischenmenschlicher Beziehungen, eine relativ junge Erscheinung"! Ob man sie aber so verstehen kann, wenn auch im Mittelalter geheiratet wurde, wird nicht erörtert.

Wie notwendig es ist, das Thema der Ungleichheit der Geschlechter zu untersuchen, zeigt die entsprechende soziologische Forschung. Eine ihrer Fragen lautet, warum Inklusion nicht zum Einlaß führt. Warum also die gesetzliche Gleichstellung von Frauen noch längst nicht zu entsprechenden Anteilen an Spitzenpositionen, gleichen Löhnen oder gleicher Arbeitsbelastung im Haushalt geführt hat. Die Soziologie weiß, auf wie viele Forschungsfelder diese Frage führt und daß sie mit der Kategorie "Geschlecht" allein nicht zu beantworten ist. Oft werden darum weitere Quellen von Ungleichheit benannt, wie auch das Lexikon referiert: etwa Klasse und Ethnie. Mit der anglo-amerikanischen Trias "class, race, and gender" wird die Sache allerdings noch komplizierter. So weiß die Statistik, daß der Unterschied zwischen den Gehältern von weißen und farbigen Männern größer ist als jener zwischen weißen und farbigen Frauen.

Auf seiten der Frauenbewegung und der Geschlechterforschung hat die Pluralität der Ungleichheitsquellen zu einer weiteren Aufsplitterung geführt, wie das Stichwort "Afrikanisch-amerikanischer Feminismus / Afrikanisch-amerikanische feministische Literatur" vermerkt. Dieser Feminismus "stellt die undifferenzierte Schwesternschaft aller Frauen in Frage und betont ihre gesellschaftlichen Unterschiede, um Marginalisierungen entgegenzuwirken". In der Wirklichkeit der Geschlechterforschung bedeutet dies heutzutage, daß Beiträge weißer, heterosexueller Mittelklasse-Frauen zu "Black Women's Studies" beispielsweise mit Vorsicht zu genießen seien. Wenn man das zu Ende denkt, verwundert es kaum, daß sich unter den mehr als neunzig Beauftragten des Lexikons weniger als zehn Prozent männliche Autoren finden. Soll man den von ihnen verfaßten Stichworten wirklich trauen? Und wie bekäme man ihre Hautfarbe oder sexuelle Präferenz heraus?

Läßt man die Verwunderung über den universellen Anspruch des Lexikons, die Aufnahme also vieler Begriffe, die in psychoanalytischen oder medizinischen Nachschlagewerken bereits gut aufgehoben sind, beiseite, so ist die Qualität der einzelnen Beiträge recht einheitlich. Unterschiede sind, wie zu erwarten, ideologischer Natur und verstecken sich häufig in Neben- oder letzten Sätzen. So heißt es etwa über die französische Widerstandsbewegung in nationalsozialistischen Besatzungszeiten, es ginge aus "zahlreichen autobiographischen Texten im Umkreis der Résistance hervor, daß viele Frauen ihre Mitwirkung" an ihr "auch als emanzipatorischen Ausbruch aus der vorgegebenen Frauenrolle erlebt haben". Will diese feministische Deutung sagen, daß dem letzten Weltkrieg seine Wirkung als Katalysator gesellschaftlicher Gleichheit gutgeschrieben werden müßte?

Auch nicht selten sind enigmatisch abgefaßte Kuriosa wie der Artikel "Parler Femme", in dem auf Luce Irigarays Konzept einer weiblichen Sprache verwiesen wird. Erklärt - oder vielmehr nicht erklärt - wird hier die "Schamlippen-Theorie, die zunächst die weiblichen Genitalien meint, aber auch als (Verweispfeil) Metapher des weiblichen Seins verstanden werden kann: Mutter - Tochter, zwei sich Liebende. Weibliche Sprache (Pfeil Frauensprache) ist nicht präzise, sondern widersprüchlich und polysem (kein Pfeil)". Manchmal wäre eben weniger mehr gewesen, hätte man den Verzicht auf Verweispfeile und Stichworte begrüßt, um dafür andere genauer erläutert zu sehen. Was soll man denn mit dem Wissen, daß einmal eine "Schamlippen-Theorie" entworfen wurde, eigentlich anfangen?

Es sind Einträge wie dieser, bei denen sich Fragen nach dem Sinn eines solchen Lexikons besonders aufdrängen. Es soll Studierenden der Geschlechterforschung als Nachschlagewerk dienen, sicher. Aber welchen Eindruck von ihrer Wissenschaft müssen sie bekommen, wenn Sigmund Freud quantitativ dieselbe Aufmerksamkeit gilt wie Marilyn French, der Autorin von "Das blutende Herz"? In solcher Verschiebung der Wertmaßstäbe zeigt sich, daß die "Gender Studies" ihre größte Schwierigkeit gar nicht wahrnehmen. Indem die Geschlechterforschung sich beispielsweise beim Nachdenken über Kunst ganz darauf konzentriert, ob und wie Werke gesellschaftliche Verhältnisse zementieren, in denen Frauen benachteiligt sind, verzerrt sie die Maßstäbe ästhetischer Beurteilung. Aussagen über Art, Qualität und Bedeutung von wissenschaftlichen, künstlerischen oder ganz allgemein sozialen Sachverhalten sollten aber auch dann nicht in Ideologien gründen, wenn ihre Absicht - der Gleichberechtigung der Geschlechter zu dienen - honorig ist.

WIEBKE HÜSTER

"Metzler Lexikon Gender Studies/Geschlechterforschung". Ansätze, Personen, Grundbegriffe. Hrsg. von Renate Kroll. Verlag J. B. Metzler, Stuttgart 2002. 450 S., geb., 39,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Nicht wirklich einverstanden ist die Rezensentin Wiebke Hüster mit der Auswahl, die die Herausgeberin dieses Lexikons zur Gender-Thematik getroffen hat. Oft erscheint ihr die Gewichtung verfehlt und die Auswahl beliebig, was nach Meinung der Rezensentin unter anderem eine Verzerrung der "Maßstäbe ästhetischer Beurteilung" zur Folge hat. Auch findet Hüster problematisch, dass zum Beispiel einer Autorin wie Marilyn French derselbe Platz eingeräumt wird wie Sigmund Freud. Ein weiteres Problem sieht die Rezensentin in dem viel zu universellen Anspruch des Lexikons und in einem Übergewicht von ideologischem Sendungsgewusstsein. Hier verortet sie eine mangelnden Skepsis gegenüber der eigenen Forschungsdisziplin - so fehlt ihr ein Eintrag zu "gender scepticism" und es sich für die Rezensentin trotz eines gewissen Nutzwertes die Frage nach dem Sinn eines solchen Lexikons.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Das Lexikon ist eine Bereicherung für 'Gender'-Interessierte, StudentInnen sowie WissenschaftlerInnen verschiedener Fachrichtungen und bietet einen umfassenden Zugang zu dieser sehr komplexen Disziplin." - LiteraturNachrichten

"Ich halte das Lexikon für sehr wichtig und informativ. Es wird Wissenschaftlern und Studierenden eine grosse Hilfe sein, weil die Literaturhinweise auch umfangreich und vielfältig sind." - KT OrganisationsEntwicklung

"Das Lexikon informiert mit rund 500 Beiträgen über die vielfältigen und inzwischen kaum noch überschaubaren Denkansätze, Begriffe und Teilbereiche der Gender Studies." - Zeitschrift für Politikwissenschaft

"Ein Nachschlagewerk, das bisher auf dem Buchmarkt gefehlt hat. Sehr geeignet zur ersten Orientierung im weiten Feld relevanter Schlagworte der Geschlechterforschung, aber auch zu Autoren und Autorinnen, die mit ihrem Beitrag die geschlechterdifferenzierenden Studien ein Stück weiter gebracht haben." - lehrerbibliothek.de

"Das Gender-Lexikon hat Ergebnisse jahrzehntelanger Geschlechterforschung vorerst fixiert, pragmatisch aufbereitet und lexikographisch institutionalisiert. Ein Lexikon, geeignet als Nachschlagewerk und auch als Lesebuch. SIC!" - Forum für feministische Gangarten

"Das Lexikon versammelt Beiträge zu Themen sowie führenden TheoretikerInnen der Gender studies. Über 90 Personen haben zu einem besonders für die literaturwissenschaftliche Geschlechterforschung nützlichen Nachschlagewerk beigetragen." - Germanistik

"Ein Gender-Studies-Lexikon zusammenzustellen erweist sich als schwieriges Projekt. Schließlich muss ein sich in alle nur erdenklichen Richtungen enorm ausdifferenziertes Feld angemessen repräsentiert und Nutzenden ein einigermaßen aktueller Forschungsstand zugänglich gemacht werden. Das von Renate Kroll herausgegebene Metzler Lexikon Gender Studies/Geschlechterforschung, dessen Artikel von mehr als 90 AutorInnen verfasst wurden, ist diesbezüglich der längst überfällige, erste deutschsprachige Versuch." - Freiburger FrauenStudien

"Das erste Lexikon im deutschsprachigen Raum zum Thema Gender Studies. Über 90 AutorInnen aus unterschiedlichen kulturwissenschaftlichen Disziplinen bieten darin Informationen zu unterschiedlichen Aspekten des Themenkomplexes..." - KULT online, GGK
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