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21. Juli 1944. Nichts ist mehr wie es war. Auf Schloss Lautlitz in Württemberg hört Fritzi, dass auf den "geliebten Führer" ein Attentat verübt wurde. Die 14-Jährige ist fassungslos, als sie erfährt, dass ihre Familie an der Verschwörung beteiligt war. Hitlers Staatspolizei schlägt sofort zurück, will sie "ausrotten bis ins letzte Glied". Alle vom Kleinkind bis zur Großmutter werden in Sippenhaft genommen. Doch trotz Angst, Ungewissheit und Todesgefahr beginnt Fritzi zu erkennen, worauf die Verschwörer gehofft hatten: Es gibt ein Danach.

Produktbeschreibung
21. Juli 1944. Nichts ist mehr wie es war. Auf Schloss Lautlitz in Württemberg hört Fritzi, dass auf den "geliebten Führer" ein Attentat verübt wurde. Die 14-Jährige ist fassungslos, als sie erfährt, dass ihre Familie an der Verschwörung beteiligt war. Hitlers Staatspolizei schlägt sofort zurück, will sie "ausrotten bis ins letzte Glied". Alle vom Kleinkind bis zur Großmutter werden in Sippenhaft genommen. Doch trotz Angst, Ungewissheit und Todesgefahr beginnt Fritzi zu erkennen, worauf die Verschwörer gehofft hatten: Es gibt ein Danach.
Autorenporträt
Anne C. Voorhoeve, geb. am 19. Dezember 1963, schrieb ihre erste Geschichte mit sechs Jahren. Sie studierte nach der Schule Politikwissenschaft, Amerikanistik und Alte Geschichte in Mainz und arbeitete unter anderem als Assistentin an der University of Maryland, als Verlagslektorin, Drehbuchautorin und in der Öffentlichkeitsarbeit eines evangelischen Klosters. Anne C. Voorhoeve lebt in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.01.2009

Sind wir jetzt wieder frei?

In Sippenhaft: Anne C. Voorhoeve erzählt, wie die überlebenden Mitglieder der Stauffenberg-Familie die Zeit nach dem gescheiterten Attentat verbrachten.

Das Attentat am 20. Juli 1944 misslang bekanntlich, so wie die vielen vorangegangenen Versuche, Hitler umzubringen. Aber es war nicht nur ein "Aufstand des Gewissens eines Einzelnen", es war ein sorgfältig geplanter militärischer Anschlag, ein Staatsstreich, der ein "anderes Deutschland" zur Macht und den Krieg möglichst schnell zu einem Ende bringen sollte. Hunderte von Beteiligten und Mitwissern wurden hingerichtet, ihre Angehörigen verhaftet, deren Kinder von ihren Eltern getrennt. Sippenhaft hieß die Strafaktion, hinter der stets die Todesdrohung stand.

"Sippenhaft" statt "Einundzwanzigster Juli" wäre auch der treffendere Titel von Anne C. Voorhoeves Roman gewesen. Sie erzählt, wie es den nächsten Verwandten der Brüder Klaus und Berthold Stauffenberg nach dem 20. Juli erging. Die Stauffenbergs heißen in diesem Buch zwar Lautlitz wie der Familiensitz im Württembergischen, aber der Stammbaum stimmt bis auf zwei zusätzliche Namen mit dem der Grafen Schenk von Stauffenberg überein. Die Namen der weiter entfernt Verwandten und Freunde hat Anne C. Voorhoeve nicht verändert. Zwei Enkel des hingerichteten Berthold Graf Stauffenberg hätten die Entstehung dieses Buches begleitet und unterstützt, schreibt sie; außerdem konnte sie sich auf die zahlreichen Veröffentlichungen zum 20. Juli wie auch auf private Aufzeichnungen stützen.

Entstanden ist trotz allem ein Roman: Um das Zeitbild unmittelbar vor und nach dem Attentat zu erweitern, hat Voorhoeve als Erzählerin die vierzehn Jahre alte Fritzi, eine Nichte der Lautlitz, und deren Mutter erfunden. Nach zwei Jahren in Ostpreußen findet Fritzi das Mietshaus in Berlin, in dem ihre Mutter wohnt und ein Schneideratelier betreibt, halb zerstört vor; in ihrem Kinderzimmer versteckt sich ein dunkelhaariges Mädchen, und Fritzi spürt, dass sie keineswegs willkommen ist. Fast täglich fallen Bomben, Lebensmittel sind knapp, und im Luftschutzkeller wagt keiner auszusprechen, was die meisten befürchten: dass der Krieg verloren ist.

Doch Fritzi glaubt nach wie vor an Hitler und die rettende Wunderwaffe. Mit ihrer Mutter kann sie nicht reden. Sie bekommt nur ausweichende Antworten auf ihre Fragen nach dem unbekannten Gast oder den Lebensmittelmarken und Ausweisen der toten Nachbarin, die die Mutter eilig an sich nimmt, um sie an "Untergetauchte" weiterzugeben.

Auf den ersten hundert Seiten versucht Voorhoeve also so viel wie möglich von der letzten Phase des Krieges unterzubringen: die täglichen Nachrichten vom "Heldentod" so vieler, die Sorge um Vermisste nach Stalingrad, die Bespitzelung der Hausnachbarn, die Angst vor Fliegeralarm, Brandbomben und einstürzenden Mauern. Das alles ist realistisch und eindringlich beschrieben, doch es gibt auch unglaubwürdige und überflüssige Szenen wie die Begegnung mit Emmy Göring, der Frau des Reichsmarschalls, die im zerbombten Atelier der Mutter eine Abendrobe anprobiert und mit "Hohe Frau" angeredet werden will.

Fritzis Lieblingstante, die hochdekorierte Testpilotin Lexi, ist dagegen trotz der an Wunder grenzenden Taten, die sie vollbringt, wirklich die Fliegerin und Wissenschaftlerin Melitta Gräfin Stauffenberg, Ehefrau des dritten Bruders aus Lautlitz. Sie ist die interessanteste Figur in diesem zwischen Fiktion und authentischem Bericht wechselnden Buch. Nach dem Attentat verhaftet wie die ganze Stauffenberg-Familie, wird sie schon nach wenigen Tagen wieder entlassen, weil man sie braucht für die Weiterentwicklung des Sturzkampfflugzeugs, mit dem sie mehr als zweitausend Testflüge unternommen und ausgewertet hatte. Dass sie Halbjüdin ist und nur mit Sondergenehmigung von höchster Stelle wegen ihrer Kenntnisse "gleichgestellt" wurde, erfährt Fritzi durch einen Zufall; es erschüttert ihr von Naziideologie geprägtes Weltbild. Das gerät allerdings bald noch weiter ins Wanken, als die berühmte Tante das junge Mädchen in ihrem Kleinflugzeug zu den Verwandten nach Lautlitz bringt: Dort sprechen die Großmutter wie der dominierende Onkel Yps laut von "Hitler, dem Verbrecher und Mörder", der eine ganze Welt im Würgegriff hält. Den Krieg geben sie, ebenso wie Lexi, verloren, was, wie Fritzi weiß, Defätismus ist und schwer bestraft wird.

Noch ist es still in Lautlitz, aber die Spannung ist deutlich zu spüren. Die Meldung im Radio, Hitler sei am 20. Juli einem Sprengstoffanschlag nur mit knapper Not entgangen, stürzt Fritzi in Verwirrung - gehörten ihre Onkel und deren Freunde wirklich zu der "kleinen verbrecherischen Clique", wie Hitler die Attentäter bezeichnet? Noch ist sie sich einig mit dem Hausmädchen, das anfangs mit ihr über die wunderbare Rettung des "geliebten Führers" jubelt. Die Großmutter und die nächsten Verwandten rechnen dagegen mit dem Schlimmsten, doch sie bewahren Haltung und gehen wie immer zur Kirche. Keiner denkt an Flucht.

Nach dem 21. Juli wird einer nach dem anderen von der Geheimen Staatspolizei abgeholt. Die Kinder kommen unter anderem Namen in Heime. Auch Fritzi wird verhaftet, sieht ihre Mutter aber bald in der Zelle wieder, und allmählich versteht sie die Lautlitzer und ihre Bereitschaft, sich für ein anderes Deutschland zu opfern. Die qualvollsten Stationen der Haft beginnen geradezu idyllisch mit einem unverhofften Aufenthalt in einer Riesengebirgsbaude. Dort vergrößert sich die Gruppe um weitere Familienmitglieder und Freunde mit bekannten Namen. Das Hotelparadies müssen sie allerdings bald unter strengster Bewachung verlassen. Das Konzentrationslager Stutthof ist die nächste Station, bevor die Front näher rückt und die Sonderhäftlinge in Viehwaggons nach Buchenwald transportiert werden. Anfang April 1945 geht es in Richtung Süden weiter. Bevor die Amerikaner kommen, übergibt die SS sie der Wehrmacht. "Sind wir gerade befreit worden?", fragt Fritzi ungläubig. Auf den Frieden muss sie allerdings noch warten. Es dauert sechs Wochen, bis sie zu Hause sind.

Obwohl Voorhoeve ihre Geschichte manchmal etwas überfrachtet, ist ihr ein Zeitbild gelungen, das nicht nur Jugendliche zu Diskussionen über den Widerstand in einer Diktatur anregen wird, über Verantwortung und Mut. Ihrem Buch vorangestellt hat sie ein Zitat von Berthold Graf von Stauffenberg: "Das Furchtbarste ist, zu wissen, dass es nicht gelingen kann und dass man es dennoch für unser Land und unsere Kinder tun muss."

MARIA FRISÉ

Anne C. Voorhoeve: "Einundzwanzigster Juli". Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2008. 350 S., geb., 14,95 [Euro]. Ab 12 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.04.2009

Der Tag nach dem 20. Juli
Anne C. Voorhoeves Heldin wird in das Schicksal der Familie Stauffenberg verwickelt
Wie stellt sich die Nazizeit aus der Sicht einer Jugendlichen dar, die im Geist des Nationalsozialismus erzogen wurde? Das schildert die renommierte Jugendbuchautorin Anne Voorhoeve in ihrem Buch über den 20. Juli. Die Ereignisse jenes Tages und der folgenden Monate, in denen die Familien der Attentäter unter teils schrecklichen Bedingungen eingesperrt waren, werden von Philippa erzählt, der Tochter einer Kusine von Claus Graf Stauffenberg, der im Buch Georg heißt.
Die Geschichte ist ganz eng an das Schicksal der Familie Stauffenberg angelehnt: Die Attentäter und ihre nächsten Angehörigen kommen fast alle vor. Ihre Namen hat die Autorin auf Bitten der Familie indes verändert. Für den Roman war diese Rücksichtnahme ein Segen: So kann man das Buch lesen, ohne der Irritation ausgesetzt zu sein, die sich aus dem Zweifel ergäbe, ob man es mit einem Geschichtsbuch oder einem Roman zu tun hat. Davon abgesehen, ist es nicht so sehr die romaneske Verarbeitung des Attentats und seiner Folgen, die Anne Voorhoeves Buch zu etwas Besonderem macht. Es ist zwar das erste Jugendbuch, das vom 20. Juli handelt, doch wäre das allein noch kein Grund, es zu empfehlen. Nein, dies Buch zeichnet sich vor allem durch all das aus, was die Autorin zur Wirklichkeit hinzu erfunden hat.
Es beginnt mit den Bombennächten in Berlin, die – wie alles Historische – sehr plastisch und ganz nah an der Wirklichkeit geschildert sind. Philippa, die Erzählerin, die Fritzi genannt wird, kommt nach Haus zurück, auf eigene Faust hat sie sich Knall auf Fall aus der Kinderlandverschickung verabschiedet, wo man die vergangenen zwei Jahre genutzt hat, sie zu einer ordentlichen kleinen Nazisse zu machen. Sie hat ein böses Geheimnis, das sie niemandem anvertrauen will. Umso enttäuschter ist sie, als die Mutter sich nicht recht über ihre Heimkehr freuen mag. Zu ihrem Entsetzen macht die Mutter lauter defätistische Bemerkungen, sogar am Endsieg scheint sie zu zweifeln. Wo die Tochter herkommt, hätte man jemanden, der so redet, sofort gemeldet. Noch ärger treibt es die alte Luchterhand, die im selben Haus wohnt und sich weigert in den Luftschutzkeller zu gehen: „Keller? Wat soll ick da? Sterben kann ick ooch hier, wo ick mir auskenne.” Anne Voorhoeve hat der Berlinerin ganz wundervolle Sätze in den Mund gelegt. Als Fritzi ihr anbietet, das Fenster zu öffnen, um frische Luft hereinzulassen, lehnt die Alte ab: „Watt’n für Fensta? Dit sind nur noch Pappen, Kindchen. Un frische Luft hamwa seit dreiunddreißig nich jehabt.”
Ganz allmählich begreift Fritzi, dass viele Menschen in ihrer Umgebung ihre angepasste Weltanschauung nicht teilen. Sie bemerkt, dass manche Erwachsene Geheimnisse vor ihr haben. Das gilt auch für die Verwandten der Mutter von Schloss Lautlitz (die romaneske Entsprechung des Stauffenbergschen Schlosses in Lautlingen). Aber weil sie auf Hitler nichts kommen lässt, hält sie den geliebten Verwandten zugute, dass die ihre Kritik an Krieg und Führer nicht ganz ernst meinen.
Fritzi und ihre Eltern sind fiktiv: Die Autorin hat dem Stammbaum der Stauffenbergs einen kleinen Zweig hinzugefügt. So kann sie Fritzis zähe, beklemmend langwierige Läuterung schildern, ohne mit der Historie zu kollidieren. Auch als Fritzi nach dem misslungenen Attentat zusammen mit ihrer Mutter von einem Haftort in den nächsten gebracht wird, steht sie in Treue fest zum NS. Nicht einmal der Anblick von ausgemergelten KZ-Häftlingen rührt an ihren Sinn für Mitleid. Wenn sie nicht als verstocktes kleines Aas erscheint, so nur deshalb, weil sie selbst so eindringlich erzählt, wie ihr jeweils zumute ist, und damit unweigerlich die Sympathie des Lesers weckt. Kurz vor Kriegsende – und somit kurz vor Ende des Buchs – ringt sie sich immerhin zu der Ansicht durch, dass Hitler sein Land verraten habe. Das ist wenig genug: Ihre Geschichte steht exemplarisch für die Deutschen, die sich nach dem Krieg einredeten, vom „Führer” betrogen worden zu sein.
Die Autorin wusste, dass sie es dabei nicht belassen konnte. Ihr fesselnder Roman ist auf die letzten Seiten hin konzipiert. Nun, am Ende, löst sich – man muss sagen: ein klein wenig hastig – alles auf. Fritzi versteht, warum die Mutter ihre Erziehung der HJ überlassen hat. Sie begreift, dass nicht Hitler allein an allem schuld war, dass die meisten Deutschen sich nur gar zu gern auf den Nationalsozialismus einließen. Offen ist sie nun auch für die Erklärung ihres Vaters, der sagt, dass es schon „lange vor uns allen” einen „tapferen Mann namens Georg Elser” gab, der erkannte, „dass man etwas unternehmen muss”. Und schließlich traut sie sich, die tiefe Schuld zu beichten, die sie auf sich geladen hat. Die Erwachsenen trösten sie. Doch sie bekennt: „Wenn sie ehrlich wären, würden sie etwas anderes zu mir sagen als, arme Fritzi.” FRANZISKA AUGSTEIN
Anne C. Voorhoeve
Einundzwanzigster Juli
Ravensburger Buchverlag 2008.
349 Seiten, 14,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Anne C. Voorhoeve bettet in ihrem Jugendbuch die Geschichte der Verschwörer des 20. Juli, ihres Attentats und vor allem der Folgen für ihre Familien in einen fiktiven Kontext. Sie erfindet dafür zwei Figuren, vor allem die vierzehnjährige Stauffenberg-Verwandte Fritzi und ihre Mutter. Fritzi ist zunächst völlig von der Nazi-Ideologie überzeugt und bangt am Tag des Anschlags noch mit dem Führer. Erst nach und nach, als die Verwandten verhaftet werden, beginnt sie ihre Einstellung zu ändern. Die Rezensentin Maria Frise äußert sich verhalten freundlich über das Buch. Gelegentlich ist es, findet sie, schon etwas "überfrachtet", alles in allem sei es jedoch gut geeignet für eine erste Annäherung an die Geschichte des 20. Juli.

© Perlentaucher Medien GmbH
- Basierend auf Erinnerungen der Familie Stauffenberg; - Preisgekrönte Autorin; - Ideale Schullektüre