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Aus nur anderthalb Kilo Menschenhirn gehen komplexe Gedanken hervor. Der Mensch denkt, fühlt, liebt, und das - so glauben wir - zeichnet ihn aus. Doch kann es auch Maschinen mit Emotionen geben? Oder sind sie nur seelenlose Apparate, die ein Programm abspulen? In seinem neuen Buch geht Bas Haring der Frage nach, worin genau der Unterschied zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz besteht, und kommt dabei zu überraschenden Erkenntnissen.

Produktbeschreibung
Aus nur anderthalb Kilo Menschenhirn gehen komplexe Gedanken hervor. Der Mensch denkt, fühlt, liebt, und das - so glauben wir - zeichnet ihn aus. Doch kann es auch Maschinen mit Emotionen geben? Oder sind sie nur seelenlose Apparate, die ein Programm abspulen? In seinem neuen Buch geht Bas Haring der Frage nach, worin genau der Unterschied zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz besteht, und kommt dabei zu überraschenden Erkenntnissen.
Autorenporträt
Bas Haring, geboren 1968, Studium der Informationstechnologie und künstliche Intelligenz in Utrecht.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.04.2005

Hoppla, der Kopf ist ab
Bas Haring über menschliche und künstliche Intelligenz
Sehr gerne stellen wir uns ganz dumm und lassen uns eine Dampfmaschine, die Relativitätstheorie oder die Transsubstantationslehre erklären. Doch das Dummstellen darf nicht in intellektuelle Entmündigung ausarten, sonst hat man nämlich schnell keine Lust mehr, z.B. das neue Buch von Bas Haring zu lesen. Haring ist ein junger Wissenschaftler an der Universität Leiden und hat bereits ein prämiertes Kinderbuch über die Evolution geschrieben. Für Erwachsene ist sein aktuelles Buch über unser Gehirn und seine Wiedergänger in der Künstliche Intelligenz gedacht.
Wenn Haring erklärt, wie das Gehirn funktioniert, denkt man zunächst: lustiger Ton, frech, mal was Neues. Seine Beispiele könnten anschaulicher nicht sein: die Nervenzellen sind wie kopflose Hühner oder wie alle Menschen der Erde, die mit Schnüren verbunden sind und an Schnüren ziehen können, so dass riesige Erregungswellen etwa in der Größe der Schweiz ablaufen, ohne dass der Einzelne weiß, wozu. Haring vergleicht die menschliche Intelligenz mit Computern und Robotern und stellt uns allgemeinverständlich ein paar Experimente vor, erklärt, wie man einen Roboter konstruieren muss, dass er durch Antwerpen flitzt, Sonnenflecken sucht, um seine Batterie aufzuladen, und gleichzeitig Menschen und Autos aus dem Weg geht. Oder wie einfache logische Operationen funktionieren und dass ein Computerhirn, weil ihm die Semantik wurscht ist, gutmütig löst, was es eben zu lösen gibt: „Es gibt kein Garp, das keinen Bresen kneben kann. Prutzel knebt nur Wahm. Ist Prutzel ein Garp oder nicht?”
Die ironisch-witzigen Bildunterschriften („Wer sein Leben als Geranie auf der Fensterbank zubringt, braucht kein Gehirn”) haben durchaus einen Unterhaltungswert. Die Merksätze sind manchmal freiwillig („Waschmaschinen wissen nicht, wo sie sind und was sie in fünf Minuten tun werden.”), manchmal eher unfreiwillig komisch und scheinen aus dem Mund des ignoranten Onkels zu kommen, der seit Jahrzehnten denkt, wir seien zwölf: „Der Mensch ist die einzige Tierart, die denken kann. Das ist praktisch und sorgt dafür, dass wir alles können, was andere Tiere nicht können. Aber wir dürfen den Bogen nicht überspannen: In unserer Menschenwelt legen wir wenig Wert auf Weisheit.” Irgendwann will man aber die Rolle des didaktisierten Dummerchens nicht mehr spielen und von der Frage, ob die Fische auf dem Bildschirmschoner wirklich schwimmen oder nicht, unbehelligt bleiben.
„Das zieht bei mir nicht!”
Auf der Rückseite des Buches wird damit geworben, dass die Zeitung De Volkskrant das Schreiben Harings „sexy” findet. Merkwürdigerweise hört man in letzter Zeit häufiger, dass Texte sexy sein sollen, wenn sie gut verständlich und flott geschrieben sind, als seien sie als Pedikürelektüre eines Starlets gedacht, das sich nicht lange konzentrieren will.
Hinter der infantil-wissenschaftlichen Fassade und der Kumpelhaftigkeit des Autors, der gern betont, dass er gern ein Bierchen trinkt, verstecken sich aber einige harte philosophische Thesen. Denn Haring muss naturgemäß über die großen Fragen der Menschheit schreiben, über den freien Willen und ob Maschinen denken und fühlen können, oder ob sie uns irgendwann beherrschen werden. Er ist ein Radikalpragmatiker, Begriffe wie Wille, Bewusstsein, Gefühl haben für ihn nur einen praktischen Wert: „Dass wir uns selbst kennen, hat nichts Magisches an sich. Der Gedanke, dass wir ein einziges Ding sind, ist im Grunde kaum mehr als ein Gedanke - wenn auch ein praktischer Gedanke.” Für den philosophisch sparsamen Haring ist im Grunde jeder Begriff nur ein äußerst praktischer Gedanke, der auf nichts Besonderes verweist, sondern schlicht die Kommunikation erleichtern soll.
Alles andere scheint ihm religiöse oder sonstwie müßige Spekulation. Das unverwechselbare, besondere menschliche Selbst hält er für ein bloßes Dogma: „Das zieht bei mir nicht”, sagt er und erzählt uns, was passiert, wenn wir weiterhin so selbstverliebt bleiben: „Wir klatschen Beifall zu unseren höheren Gaben, und wir glauben wirklich an sie. Aber ich nicht. Und Roboter oder Marsmenschen auch nicht. Für die ist das alles Schwachsinn. Dieses sogenannte Bewusstsein der Menschen. Wieso ‚etwas Besonderes’? Und dann schlagen sie uns den Kopf ab.”
Haring und seine Roboter und Marsmenschen machen es sich damit etwas zu einfach. „Unser Wille, unser Denken und unsere Emotionen”, schreibt er, „sind keineswegs realer als die geistigen Eigenschaften von Maschinen. Es kommt uns nur so vor.” Aber nur weil theoretisch alles - Emotionen, Bewusstsein, Todesangst - programmierbar ist, braucht es nicht die gleiche Dimension zu haben wie das Erleben eines Menschen. In seiner Programmierer-Hybris will es Haring nicht in den Sinn kommen, dass es sich um Simulationen und Fiktionen handelt, die er herstellt. Seine schriftstellerische Qualität blitzt an den Stellen auf, an denen er, statt sich als sexy Teenager anzubiedern, unprätentiös wie Alain de Botton über philosophische Fragen grübelt und elegant den banalsten Alltag mit den schwierigsten Problemen zu verbinden weiß.
OLIVER MÜLLER
BAS HARING: Sind wir so schlau wie wir denken? Der Wettstreit zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz. Aus dem Niederländischen von Barbara Heller. List Verlag, Berlin 2005. 176 Seiten, 19,95 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit der Zeit will Rezensent Oliver Müller nicht weiter den Trottel, die "Rolle des didaktisierten Dummerchens" spielen, wie er notiert. Bas Haring hat bereits ein Kinderbuch über die Evolution geschrieben. Dieses "infantil-wissenschaftliche" Spiel muss ihm viel Spaß bereitet haben, vermutet Müller, so dass er die Rolle nicht aufgeben und sein Spiel der "intellektuellen Entmündigung" - denn darauf läuft es für Müller hinaus - auch mit erwachsenen Lesern weitertreiben wolle. Zunächst mal kann das durchaus Spaß machen: die Beispiele, die Haring anführt, lobt der Rezensent als "anschaulich" und alltagsnah, die Bildunterschriften als "Ironisch-witzig". Aber Müller ist das philosophisch zu wenig, der Verfasser mache es sich "etwas zu einfach", kritisiert er. Denn hinter Harings Witzeleien verstecken sich knallharte philosophische Thesen, so Müller, die Themen wie den freien Willen oder Fragen, ob Maschinen denken können, auf betont pragmatische Weise abhandelten. Haring sei ein Radikalpragmatiker, behauptet der Rezensent, dem ein Begriff nur als "äußerst praktischer Gedanke" einleuchten wolle. Das ist ihm zu praktisch gedacht.

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