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Ein ungezähmtes, leidenschaftliches Buch über das Theater - Peter Zadeks Erinnerungen an die 70er Jahre Die lange erwartete Fortsetzung von Peter Zadeks erstem Erinnerungsbuch My way, die turbulenten 70er Jahre in Bochum und Hamburg, die historischen Shakespeare-Inszenierungen, ein heftiges Theaterjahrzehnt.
Im Mai 2006 feiert der große deutsche Theaterregisseur Peter Zadek seinen 80. Geburtstag. Bis zum heutigen Tag sind seine Inszenierungen Herausforderungen für das Publikum und Meilensteine der zeitgenössischen Kultur. Die Grundlage für seinen heutigen Ruhm hat Peter Zadek endgültig in
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Produktbeschreibung
Ein ungezähmtes, leidenschaftliches Buch über das Theater - Peter Zadeks Erinnerungen an die 70er Jahre Die lange erwartete Fortsetzung von Peter Zadeks erstem Erinnerungsbuch My way, die turbulenten 70er Jahre in Bochum und Hamburg, die historischen Shakespeare-Inszenierungen, ein heftiges Theaterjahrzehnt.

Im Mai 2006 feiert der große deutsche Theaterregisseur Peter Zadek seinen 80. Geburtstag. Bis zum heutigen Tag sind seine Inszenierungen Herausforderungen für das Publikum und Meilensteine der zeitgenössischen Kultur. Die Grundlage für seinen heutigen Ruhm hat Peter Zadek endgültig in den 70er Jahren gelegt, in seiner legendären Zeit als Intendant des Bochumer Schauspielhauses.Die hinreißende Revue Kleiner Mann, was nun? (nach Hans Fallada) war 1972 der Startschuss für eine Serie von magischen Theaterereignissen, v. a. großen Shakespeareinszenierungen von Der Kaufmann von Venedig bis Hamlet. Aus ganz Deutschland fuhr man nach Bochum, um Ulrich Wildgruber, Hermann Lauseoder Eva Mattes zu sehen. Es folgen die großen Inszenierungen am Hamburger Schauspielhaus bei Ivan Nagel, z. B. mit Ulrich Wildgrubers historischem Othello oder Ibsens Wildente.

Peter Zadek setzt so sein erstes Erinnerungsbuch My Way fort, wieder ein heftiges Lesevergnügen, wieder ein sehr unordentliches Buch, lebendig wegen seiner direkten, mündlichen Erzählform, voller Witz, Sarkasmus, Zärtlichkeit und Überraschungen: die explosive Zusammenarbeit mit R. W. Fassbinder, der junge Schauspieler Herbert Grönemeyer, das turbulente Privatleben, die Arbeit als Filmregisseur.

So entsteht das Bild einer Zeit, in der das Theater der Bundesrepublik eine unglaubliche Energie hatte, und man folgt Peter Zadek in seine Werkstatt, wo sich seine unverwechselbare Phantasie auf verschlungenen Wegen entfaltet und wo mit wunderbaren Schauspielern seine denkwürdigen Inszenierungen entstehen.

Autorenporträt
Zadek, PeterPeter Zadek, geboren am 19. Mai 1926 in Berlin, starb am 30. Juli 2009 im Alter von 83 Jahren. Studium in Oxford, seit 1946 Theaterarbeit in England, ab 1958 meist in Deutschland. Intendant in Bochum (1972 bis 1975) und Hamburg (1985 bis 1989), seitdem Arbeit als freier Regisseur u.a. in Wien, München und Berlin. Insbesondere seine Shakespeare-Inszenierungen haben Theatergeschichte geschrieben.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.12.2006

Ich will's ja gar nicht komplett
Erfolg ist langweilig: Der Regisseur Peter Zadek wetzt das Messer

Als Peter Zadek vor ein paar Jahren zu einer Podiumsdiskussion nach Bochum zurückkehrte, ließ ihn das Publikum so schnell nicht wieder ziehen. Wie ein Schriftsteller saß der Regisseur anschließend an einem Tisch im Foyer und signierte - nein, nicht Autogramme und auch nicht seine Autobiographie, sondern: Programmhefte von damals. Mehr als ein Vierteljahrhundert hatten die Zuschauer sie aufbewahrt, und nun standen sie Schlange, um sie dem Regisseur vorzulegen und mit ihm ins Gespräch zu kommen - als wollten sie sich die Erinnerungen an Aufführungen, die sich ihnen eingeprägt hatten, autorisieren lassen. Die große, aufregende Zeit, als Zadek das Schauspielhaus Bochum leitete, ist Teil ihres Lebens geworden, über den sie, dankbar und anhänglich, wie sie sind, viel erzählen können.

Nun erzählt Peter Zadek selbst von dieser Zeit: "Die heißen Jahre", wie er den zweiten Band seiner Memoiren überschreibt, erreichen mit der Bochumer Intendanz ihren Siedepunkt. Was sich damals innerhalb von nur fünf Jahren, von 1972 bis 1977, im Ruhrgebiet ereignete, war eine Kulturrevolution: Die Befreiung des deutschen Stadttheaters aus seinen organisatorischen wie konventionellen Zwängen. Dafür steigerte sich Zadek in eine "richtige Popularisierungswut", indem er auf volkstümliche Stücke und Darstellungsformen setzte, das Schauspielhaus mit dem Fußballclub VfL assoziierte, Themenwochenenden und Mittagsaufführungen veranstaltete, eine Kneipe im Theater und Spielstätten außerhalb eröffnete.

Was künstlerisch dabei heraussprang, war nichts Geringeres als eine Neuentdeckung Shakespeares. Vorbehalten blieb sie einem Regisseur, der als 1926 in Berlin geborener und 1933 mit seinen Eltern nach England emigrierter Jude "von einem inneren Streit zwischen meiner englischen und meiner deutschen Seite" spricht und aus dieser Spannung heraus die "kuriosesten und wahnsinnigsten Bilder" erfindet. Der Bühne konnten sie wohl nur in einer mittelgroßen, aber theatertraditionsstarken Stadt zugemutet werden, wo Zadek auf einen Kulturdezernenten traf, der etwas riskierte, und ein Publikum vorfand, dessen "Offenheit und Direktheit, Liebenswürdigkeit, Friedlichkeit und Begeisterungsfähigkeit mich völlig überrumpelt" haben. Daß sich der neue Intendant hier gleichwohl "noch fremder" fühlte als "sonst in Deutschland", hat sich einerseits als produktiv erwiesen und ihn andererseits veranlaßt, Bochum "ein bißchen früh" den Rücken zu kehren: "Irgendwann langweilte mich der große Erfolg, weil er fast automatisch kam."

Allerdings erzählt Zadek längst nicht so aufregend, wie er Regie führt: unterhaltsam und betont locker, aber nicht annähernd so kunstvoll, aufregend, dicht und hintergründig. Wie schon in "My Way" (1998), dem ersten Teil seiner Memoiren, hat er Tonbandkassetten besprochen, die redigiert wurden. Das führt nicht eben zu einem konzisen Stil, aber etwa dazu, daß bei einem, der in Italien "zu Hause" ist, der Vorname von Giorgio Strehler dreimal falsch geschrieben steht. Der Regisseur, der auch eine (nicht immer) glückliche Liebe zum Boulevard hat, plaudert nicht selten und dabei mitunter auch mehr Privates und Halbprivates aus, als es die Öffentlichkeit angeht.

"Ich bin ein eigensinniger Mann", bekennt Zadek ziemlich bald - eitel, aber auch selbstkritisch, dominant, aber auch offen, snobistisch, aber nicht dünkelhaft. Seine Haltung zur Welt, in der sich Coolness und Begeisterungsfähigkeit, Lässigkeit und Genauigkeit, Koketterie und Selbstbewußtsein verbinden, hat ihn "die heißen Jahre" intensiv erleben lassen - in diesem Buch ist mehr über Shakespeare, die Probleme seiner Übersetzung und Aufführung in Deutschland zu erfahren als im anglistischen Seminar, mehr über das Theater (nicht nur dieser Dekade), seine Funktionsweisen und Unwägbarkeiten, Betriebsblindheiten und Binnendynamik, Erpressungen und Eitelkeiten als in einem pfundschweren Standardwerk. Selbst in die aktuelle Kontroverse um das Sex- und Schmuddeltheater vermag es einzugreifen: Dem Rückblick auf den "Skandal" um seinen Hamburger "Othello" ist dazu Bedenkenswerteres zu entnehmen als der bisherigen, nur aufgeregt vordergründig geführten Debatte.

Die große Kunst der Menschenbeobachtung, die Zadeks Inszenierungen auszeichnet, schlägt auch auf seine Memoiren durch und um in messerscharfe Analysen. Der an Tschechow und Ibsen, seinen beiden anderen "Theatergöttern", geschulte Seelenzergliederer ist auch ein Meister der paradoxen Intervention: "Die Leute, die mich wirklich interessieren, sind Menschen, die ich am Anfang oft nicht mag und die mich nicht mögen." Die vielen Schauspieler, die er entdeckt, aus ihrer Routine gerissen, neu herausgefordert oder auch nur "eingesetzt" hat, die Regisseure, Bühnenbildner, Autoren und Dramaturgen, die ihn begleitet haben, machen sein Buch auch zu einer Porträtgalerie des Theaters. Sein Blick auf Günther Lüders, Hans Mahnke und O. E. Hasse, auf Ulrich Wildgruber, Hermann Lause und Ulrich Tukur, auf Eva Mattes, Hannelore Hoger, Rosel Zech, Ilse Ritter, um nur die allerwichtigsten zu nennen (Rainer Werner Fassbinder, Kurt Hübner, Ivan Nagel nicht zu vergessen), bleibt weitgehend an die Situationen, wenn nicht gar an das Interesse gebunden, das die Zusammenarbeit vorgibt: So entstehen sehr subjektive Profile, einprägsam und nicht immer "gerecht".

Schonungslos und oft schroff in seiner Kritik vermag Zadek, und das ist in Deutschland immer noch selten, Professionelles und Privates, ästhetische Urteile und freundschaftliche Zuneigung durchweg voneinander zu trennen. Das hat bei aller Unhöflichkeit etwas gnadenlos Ehrliches und macht "Die heißen Jahre" vor allem anderen zu einem Journal, das Einblicke in die Arbeitsweise und Ästhetik des Regisseurs gibt, der das Theater in Deutschland wie kein anderer seiner Generation bestimmt hat. Nicht einem Stil, sondern einer Haltung ist er dabei über die Jahrzehnte hinweg treu geblieben: "Vielleicht ist es mein Hauptmotiv, wenn ich Theater mache, die Neugierde des Publikums zu stimulieren." Nah am Leben bewegen sich seine Aufführungen, ohne es bloß abzubilden, und das läßt sie sowenig falscher Perfektion auf den Leim gehen wie die Marmorglätte des Klassikers annehmen: "Ich will keine Completeness."

Eine saloppe, unakademische Intelligenz und ein waches, unbestechliches Sensorium durchziehen diese Memoiren, die viele Sprünge und Abschweifungen nehmen. Auch wenn Zadek über das Kino reflektiert oder seine Lieblingsfilme auflistet, sich zur Kritik äußert oder von Krisen wie seiner Valium-Abhängigkeit berichtet, von dem "herrlichen Busen" der Antje Ellermann oder den Spaziergängen durch Lucca schwärmt, so gehen "Die heißen Jahre" doch kaum über eine Theaterbiographie hinaus: Studentenbewegung und Boheme, Mitbestimmung und politische Demonstrationen kommen zwar vor, doch kein Gesellschaftsbild wird gezeichnet, kein Zeitalter besichtigt. Aber auch das mag für das Theater und einen Künstler sprechen, dem es zu wichtig ist, als daß es für etwas anderes stehen könnte.

ANDREAS ROSSMANN.

Peter Zadek: "Die heißen Jahre". 1970- 1980. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006. 428 S., Abb., geb., 22,90 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.05.2006

Undogmatisch, unruhig, unliebsam . . .
. . . und neugierig wie ein Anfänger: Selbst an seinem 80. Geburtstag ist Peter Zadek immer noch einer der Jüngsten
Es klingt wie ein Beitrag zur aktuellen „Ekeltheater”-Debatte, was der große Regisseur Peter Zadek in Bezug auf seine legendäre Hamburger „Othello”-Inszenierung von 1976 in seinen Erinnerungen schreibt: „Nacktheit, Körper, Sexualität auf der Bühne - unser Theater ist ein angezogenes Theater, so muss man es beschreiben, in dem Sinn ist es erzogen. Menschen verbringen aber nur einen Teil ihres Lebens angezogen. Wichtige Dinge, die sie tun, tun sie nicht angezogen. Nicht nur scheißen oder ficken, auch viele andere Dinge. Der nackte Körper und die Anwesenheit des nackten Körpers, auch die Sicht darauf verändert alles.”
Im ebenso gut erzogenen wie angezogenen Theater deutscher Tradition war der Regisseur Peter Zadek, der Ende der fünfziger Jahre wie ein Wirbelsturm über das noch in allen Gliedern erstarrte Deutschland kam, der ungezogene Bube: ein Provokateur und Bildungsbürgerschreck, der das konventionelle Nachkriegs- und Klassikertheater aufmischte und auffrischte wie kein anderer.
Zadek ist Jude, geboren am 19. Mai 1926 in Berlin-Wilmersdorf: Heute feiert er seinen 80. Geburtstag. 1933, nach der Machtergreifung der Nazis, waren die Eltern mit dem damals Siebenjährigen nach England emigriert. Von dort brachte Zadek 25 Jahre später - neben einer hilfreichen Gebrauchsregie-Erfahrung aus der englischen Provinz - all das mit, was seine Inszenierungen hierzulande herausragend anders machte: englischen Witz, britische Coolness, Verrücktheit und Verspieltheit, Vorliebe für das Spektakelige, für Music Hall, Revuen und Boulevard - und seine große Liebe zu Shakespeare natürlich, die nie nachgelassen hat. Bald schon gesellten sich Ibsen und Tschechow als seine Leib-, Seelen- und Magendramatiker hinzu. Das „Dreigestirn meiner Theatergötter” nennt er sie.
Akuter Ekeltheater-Alarm
Wie das alles begann, damals in den wilden sechziger Jahren, als Zadek am Bremer Theater - und bei jungen Frauen wie Judy Winter - reüssierte, den Blick auf die Klassiker revolutionierte und das, was wir heute Regietheater nennen, eigentlich überhaupt erst erfand, das konnte man sehr anschaulich und lehrreich in seiner 1998 erschienenen Autobiographie „My Way” nachlesen.
Jetzt ist unter dem Titel „Die heißen Jahre” der zweite Teil seiner Erinnerungen erschienen, in Sprüngen die Zeit zwischen 1970 und 1980 umfassend, vor allem die Jahre seiner Bochumer Intendanz von 1970 bis 1975: ein höchst lesenswertes und unterhaltsames Buch, gespickt mit Anekdoten, Bekenntnissen, Liebes- und Lebenserklärungen, geschrieben im nonchalanten, oft saloppen Zadek-Plauderton (Peter Zadek: Die heißen Jahre. 1970-1980. Verlag Kiepenheuer&Witsch, München 2006. 425 Seiten, 22,90 Euro). Das liebdienerische Vorwort hat ausgerechnet Matthias Matussek geschrieben, der Kulturchef des Spiegel, der - im Trittbrettfahrverbund mit der Bild-Zeitung - den akuten Ekeltheater-Alarm überhaupt erst ausgelöst hatte. Erst neulich, beim Berliner Theatertreffen, wetterte er gegen Auswüchse des von Steuergeldern hoch subventionierten deutschen Regietheaters und lobpries statt dessen das englische Theater, das Shakespeare noch anständig vom Blatt spiele - genau jenes Theater also, das Zadek so spielerisch, frech und frei überwand. Und für das er niemals stand.
Hätte Matussek das Kapitel über Zadeks Hamburger Skandal-„Othello” gelesen, ihm wäre übel oder bestenfalls nachdenklich zumute geworden. Zadek schildert darin, wie der „dicke, große, fette, nicht sehr ästhetische Wildgruber schwitzte wie eine Sau”, wie er mit seiner Mohren-Schminke abfärbte an der fülligen Eva Mattes „mit ihrem kleinen Bikini”, wie er sie schließlich, im letzten Akt, „in einer Art Rausch und Wahn” aus dem Bett zerrte, sie splitternackt über die Bühne schleifte und dabei tötete, um dann ihre Leiche über den Brecht-Vorhang zu hängen, „mit dem Hintern zum Publikum”. Das Premierenpublikum soll geschrieen, getobt und sich gegenseitig geschlagen haben. „Es war der völlige Wahnsinn”, schreibt Zadek, „wie ein pornographischer Horrorfilm.” Die Inszenierung wurde legendär - wie der Regisseur.
Freilich, „Othello” liegt 30 Jahre zurück, und auch ein Zadek ist mit den Jahren zahmer und konventioneller, wenn auch nie müde geworden. Die Arbeiten jüngerer Regisseure beschimpft er heute gerne als plump, stilisiert und dumm. Aber es war er, der ihnen den Weg in die inszenatorische Freiheit ebnete, und der schon in seinen „heißen Jahren” Dinge betrieb, die heute gang und gäbe sind.
Als Intendant in Bochum setzte Zadek auf populäres Theater, wie man es bis dato in Deutschland nicht kannte. Mit der Eröffnungsinszenierung, der Revue „Kleiner Mann, was nun?” nach dem Roman von Hans Fallada, erschloss er sich die unterschiedlichsten Zuschauerschichten, darunter den gesamten VFL - ein rauschender Erfolg. Zadek schuf das existierende Abonnement ab, brachte die Fernsehserie „Ekel Alfred” als Mittagsaufführungen ins Theater, veranstaltete Themen-Wochenenden und eröffnete eine Theaterkneipe . Zadek war nie ein großer Freund der Mitbestimmung, wie sie in den siebziger Jahren angesagt war. Er rumpelte deshalb mit dem Regisseur Rainer Werner Fassbinder aneinander, der das Haus nach einem Jahr wieder verließ. Zadek wollte keine organisierte Mitbestimmung, sondern ein Haus mit freien Schauspieler, die „ihre Meinung sagten und ihre Ideen einbrachten”. Die zentralen Entscheidungen aber wollte er selber treffen: „Ein Theater, das mich interessiert, muss nach meinem Geschmack arbeiten, sonst ist es nicht meines.”
Ein Irrer unter Irren
Liest man Zadeks Erinnerungen an diese Jahre, entsteht nicht nur ein plastisches Bild jener turbulenten Zeit, in der „ein Irrer unter Irren” das Theater neu erfand, auch der private Zadek mit seinen Eigenheiten, Amouren und Neurosen kommt einem nahe. Seine Auseinandersetzungen mit Schauspielern, seine Schokoladen- und Medikamentensucht, seine oft stressigen Affären mit mehreren Frauen gleichzeitig - Zadek ist da sehr offen, ja redselig, schont in seinen Berichten weder andere noch sich selbst. „Die heißen Jahre” zeugen von gelebtem Leben, sie sind aber auch ein erhellendes Arbeitsbuch aus dem Innenleben des Theaters. Wenn Zadek von den Probenarbeiten zu seinen großen Bochumer Shakespeare-Inszenierungen wie „König Lear” (1974) oder „Hamlet” (1977) erzählt oder von seiner Arbeit am „Wintermärchen”, 1978 in Hamburg, dann sind das ebenso geist- wie lehrreiche Werkstattberichte aus dem Zadek-Kosmos, den vor allem eines kennzeichnet: größtmögliche Freiheit für die Schauspieler und ihre Phantasie. Die Schauspieler stehen im Zentrum von Zadeks Theater - und also auch im Zentrum seines Buches, das eine Liebeserklärung an sie ist.
Undogmatisch, unruhig, unliebsam, das ist Zadek geblieben. Und neugierig wie ein Anfänger. „Er ist ein Hafen für die Decouragierten, denn er glaubt noch an unser natürlich sehr anachronistisches Gewerbe, indem er jedes seiner neuen Projekte wie ein Neuer angeht”, schreibt sein Freund und Regiekollege Luc Bondy in dem schönen Band „Peter Zadek - His Way” (herausgegeben von Klaus Dermutz. Henschel Verlag, Leipzig 2006. 160 Seiten, 24,90 Euro). Zadek, der im Alter von 80 Jahren im Kopf noch immer einer der Jüngsten ist, will künftig mit Tom Stromberg und einem fahrenden Trupp Shakespeare inszenieren. Die erste Premiere, „Was ihr wollt”, musste wegen Krankheit leider auf 2007 verschoben werden. Peter Zadek sei alles Gute gewünscht.
CHRISTINE DÖSSEL
Peter Zadek
Foto: Ullstein Bild/Binder
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Zusammen mit der schon 1998 erschienenen Autobiografie "My Way" umfasst Peter Zadeks nun stattliche 1000 Seiten, merkt Simone Kaempf an, die sich anscheinend aber auf keiner einzigen gelangweilt hat. Besonders die auf Gesprächen mit Helge Malchow basierenden "heißen Jahre", die 1972 einsetzen, haben sie überzeugt. "So spritizg, spannend und gegenwartsnah" sei Zadeks Theater schon lange nicht mehr gewesen, jubelt die Rezensentin. Hier kommentiere Zadek "mit Genauigkeit und saloppem Understatement" seine eigenen Aufführungen und erspare dem Leser die Kritik jüngerer Kollegen. Mit den Reflexionen über Zadeks Schauspieler, die den anderen Schwerpunkt des Buches bilden, entsteht so ein Bild von "zutiefst gültigen Arbeitsprinzipien", schließt Kaempf sehr eingenommen.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Ein höchst lesenswertes und unterhaltsames Buch, gespickt mit Anekdoten, Bekenntnissen, Liebes- und Lebenserklärungen, geschrieben im nonchalanten, oft saloppen Zadek-Plauderton.« Süddeutsche Zeitung