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"Neun außerordentliche Geschichten von Lücken im Leben und der Herausforderung, sie zu füllen" Abgründe lauern im Alltäglichen, kaum zu sehen, aber deutlich zu spüren. In Antje Wagners faszinierenden Erzählungen bewegen sich die Figuren auf dem unsicheren Boden des Bekannten und geraten langsam aus dem Tritt. Sie alle die allein erziehende Mutter, der jüngere Ehemann, das stille Kind kommen ins Rutschen, zunächst kaum merklich, dann in wachsender Geschwindigkeit, bis sie aus dem Leben fallen. Da ist Lena, ein unauffälliges Mädchen, das eines Nachts heimlich in den schimmligen Keller des…mehr

Produktbeschreibung
"Neun außerordentliche Geschichten von Lücken im Leben und der Herausforderung, sie zu füllen"
Abgründe lauern im Alltäglichen, kaum zu sehen, aber deutlich zu spüren. In Antje Wagners faszinierenden Erzählungen bewegen sich die Figuren auf dem unsicheren Boden des Bekannten und geraten langsam aus dem Tritt. Sie alle die allein erziehende Mutter, der jüngere Ehemann, das stille Kind kommen ins Rutschen, zunächst kaum merklich, dann in wachsender Geschwindigkeit, bis sie aus dem Leben fallen. Da ist Lena, ein unauffälliges Mädchen, das eines Nachts heimlich in den schimmligen Keller des Nachbarhauses zieht, nicht mehr schläft und nur noch von Insekten spricht. Da ist ein Ehepaar, das, in einer Waldhütte eingeschneit, monatelang ohne Aussicht auf Rettung ausharrt und schließlich aneinander irre wird.
Antje Wagner zieht den Leser hinein in das prekäre Leben ihrer Figuren, die ihm immer vertrauter werden und doch merkwürdig fremd bleiben, und lässt ihn fassungslos zurück. Ihre an der Romantik geschulte Sprache, der Bildreichtum und die präzise Dramaturgie entwickeln einen machtvollen Sog.
Autorenporträt
Antje Wagner, 1974 in Lutherstadt Wittenberg geboren, schreibt Romane für Erwachsene und Jugendliche und lebt in Hildesheim und Potsdam. Sie wurde u.a. mit dem ver.di Literaturpreis, dem Feuergriffel und dem Lesekompass der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" nahm sie 2012 in den Kanon der 20 besten deutschsprachigen AutorInnen unter 40 Jahre auf.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.08.2004

Im Doppelpackeis
Neues von der Zumutung Liebe: Erzählungen von Antje Wagner

Ein Hauch von Naivität, Verruchtheit und Ernsthaftigkeit durchweht diese Geschichten von Antje Wagner, und das hat System. Mit dieser kecken Mischung wird eine Spannung erzeugt, die den Leser zwar nicht ganz unberührt läßt, aber nicht so heftig wäre, daß sie die inständige Frage, ob diese elf Erzählungen nun Literatur, Kindergeschichten oder Geschichten über Kinder am Rande des Erwachsenwerdens seien, völlig neutralisieren würde. Ein wenig hat es die Autorin auf die Verstörung des Lesers abgesehen, aber doch wieder nicht zu sehr. Ein wenig will sie die Realität aus den Angeln heben, aber nur so weit, daß wir noch mühelos die Übersicht bewahren. Wir sollen schon merken, daß das Leben ein ständiges Balancieren über dem Abgrund ist, aber allzu beunruhigt müssen wir uns an keiner Stelle fühlen.

Und gewiß, die Liebe ist eine Zumutung, die dreißigjährige Literaturwissenschaftlerin und Schriftstellerin Antje Wagner spricht mit uns darüber, aber ihre Geschichten kommen nicht unter einer so monströsen Fratze daher, daß wir durch diese Einsicht richtig abgeschreckt würden. Das Böse hat bei Antje Wagner Methode und stellt sich meist am Ende einer Erzählung ein. Zwei, drei Sätze genügen, um alle Gewißheiten zu verrücken, aber diese Sätze tauchen fast immer allzu abrupt auf - und die Technik wirkt schon nach zwei, drei Anwendungen leicht mechanisch.

Exemplarisch zeigt sich das Verfahren in der Eingangserzählung "Ersetzen". Es ist die alte Geschichte vom Mädchen, das viel zu früh ein Kind erwartet und es trotz des Orakels der Mutter, es würde sich als alleinerziehende Mutter das ganze Leben verderben, nicht abtreibt. Vierundzwanzig ist sie erst, selbst noch ein Kind, aber wenn ihre Tochter beim Bäcker quengelt, weil sie sich nicht entscheiden kann zwischen Streuselkuchen und Eierschecke und die Leute aufgebracht starren, kommt sie sich vor wie vierzig. Sie lernt einen netten Jungen kennen, den sie sich als neuen Vater vorstellen könnte, aber als Thorsten das Kind sieht, ergreift er die Flucht. Von jetzt an ist Susan vorsichtig, meldet immer gleich von Anfang an, daß sie ein Kind habe, ihre Freizeit auf Spielplätzen und im Zoo verbringe und nur im Doppelpack zu haben sei.

Da lernt sie Inez kennen. Zwar spürt sie "Angst in sich, fein gearbeitet, mit ganz engen Maschen, direkt vor ihrem Herz", als die Freundin sie zum ersten Mal richtig betrachtet, und doch küßt sie sie eines Tages und denkt, daß es vielleicht "Inez sein könnte". Es kommt, wie es kommen muß. Sie lädt die Freundin ein, bereitet ein festliches Mahl, aber niemand läutet an der Türe. Auf der letzten Zeile erfahren wir, daß Angst und Wunsch gleich heftig waren und alles auslöschten: Die Adresse, die sie der Freundin aufgeschrieben hatte, befindet sich nämlich in einem weit entfernten Bezirk, und "ich habe wirklich geglaubt, sie würde es trotzdem finden, denkt Susan".

Nach diesem Schema verlaufen viele der Geschichten von Antje Wagner. Die Literaturwissenschaftlerin weiß genau, worauf es bei der Konstruktion ihrer Erzählungen ankommt. Sie greift kleine Beziehungsepisoden heraus zwischen Männern und Frauen, die zufällig aufeinandertreffen, und demonstriert den dramatischen Moment des Umschwungs in ihrer Beziehung oder den unerwarteten Ausbruch einer dunklen, verdrängten Seite. Dieses Buch verrät die Handschrift einer Generation, die viel weiß, freihändig mit literarischen Techniken spielt, aber doch nicht überzeugt, weil zwischen Konstruktion und Leben, Erdachtem und eigener Erfahrung Abgründe klaffen.

PIA REINACHER

Antje Wagner: "Mottenlicht". Erzählungen. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003. 155 S., br., 7,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Sebastian Domsch zeigt sich angesichts dieser Erzählungen von Antje Wagner teils erfreut, teils allerdings auch verärgert. Durchaus überzeugend präsentiere Wagner in "Mottenlicht" in ihrer nüchternen Art die menschlichen Abgründe; regelrecht mitreißend findet Domsch hierbei ihre stakkatoartigen Sätzen. In ihren besten Momenten schafft Wagner "lakonische Protokolle verdrängter Schrecknisse". Wenn sich die Autorin allerdings in einem lyrischen Tonfall versuche, verfalle sie leider und unnötigerweise in Pathos und "Sprachkitsch", muss er schließlich bedauernd feststellen.

© Perlentaucher Medien GmbH