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Daniel Pennac und Belleville gehören zusammen. Auch in diesem wunderbar witzigen Roman ist der multikulturelle Vorort von Paris wieder Schauplatz einer ungewöhnlichen Geschichte, wie sie auch den Malaussènes hätte passieren können. Am Anfang war der Aufsatz. Crastaing, der seit Generationen meistgehaßte Lehrer Bellevilles, gibt ihn drei Freunden als Strafarbeit auf: "Sie wachen eines Morgens auf und stellen fest, daß Sie sich über Nacht in einen Erwachsenen verwandelt haben. Kopflos stürzen Sie ins Schlafzimmer Ihrer Eltern. Diese haben sich in Kinder verwandelt. Erzählen Sie die Fortsetzung."…mehr

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Produktbeschreibung
Daniel Pennac und Belleville gehören zusammen. Auch in diesem wunderbar witzigen Roman ist der multikulturelle Vorort von Paris wieder Schauplatz einer ungewöhnlichen Geschichte, wie sie auch den Malaussènes hätte passieren können.
Am Anfang war der Aufsatz. Crastaing, der seit Generationen meistgehaßte Lehrer Bellevilles, gibt ihn drei Freunden als Strafarbeit auf: "Sie wachen eines Morgens auf und stellen fest, daß Sie sich über Nacht in einen Erwachsenen verwandelt haben. Kopflos stürzen Sie ins Schlafzimmer Ihrer Eltern. Diese haben sich in Kinder verwandelt. Erzählen Sie die Fortsetzung." Schon das Schreiben des Aufsatzes ist abends eine Tortur, noch schrecklicher aber das Erwachen am nächsten Morgen.
Nourdine, Joseph und Igor sind zu Erwachsenen geworden, und im Elternschlafzimmer schlummern oder toben die auf Kindergröße geschrumpften Eltern. Mit Leichtigkeit, Sprachwitz und Situationskomik schildert Pennac einen einzigartigen Rollentausch mit überraschenden Einblicken in die Abgründe kindlich-erwachsener oder erwachsen-kindlicher Seelen.
Autorenporträt
Pennac, Daniel
Daniel Pennac, geboren 1944, lebt in Paris. Über zwei Jahrzehnte arbeitete er als Lehrer, bevor er sich 1995 endgültig nur noch dem Schreiben zuwandte. Neben zahlreichen Romanen, wie den erfolgreichen Malaussène-Krimis, hat er Kinder- und Jugendbücher und einen Band mit eigenen Zeichnungen veröffentlicht. Bekannt wurde Pennac vor allem durch die literarische Streitschrift für die Rechte des Lesers »Wie ein Roman«. Für «Schulkummer« erhielt er 2007 den renommierten Prix Renaudot, mit »Der Körper seines Lebens« führte er in Frankreich wochenlang die Bestsellerlisten an.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als "das geweihte Brot der Zapping-Kinder", so Rezensentin Alexandra M. Kedves, betrachtet man in Frankreich Daniel Pennacs Bücher. Auch in diesem "phantastischen Schwank" drehe der Plot "seine bittersüßen, wahnwitzigen Wendungen", und man spürt das Vergnügen, das Kedves beim Lesen hatte. Deswegen verzeiht sie dem Buch wohl auch manche Schwächen, die sie nur zwischen den Zeilen andeutet. Die Geschichte von Kindern, die eines Morgens aufwachen, und sich in ihre Eltern verwandelt haben, die wiederum jetzt ihre Kinder sind: all das hätte als "schlimmster Pädagogenschmus" daherkommen können. Kam aber nicht: Lektüre daher dringend empfohlen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.06.2000

Die lichten Rätsel der Kindheit
Daniel Pennacs Roman "Große Kinder, kleine Eltern"

"Sie wachen eines Morgens auf und stellen fest, dass Sie sich über Nacht in einen Erwachsenen verwandelt haben. Kopflos stürzen Sie ins Schlafzimmer Ihrer Eltern. Diese haben sich in Kinder verwandelt. Erzählen Sie die Fortsetzung." Eine Strafarbeit, die sich gewaschen hat; eine, wie sie nur der legendäre Monsterpauker des Quartiers, Monsieur Crastaing, austüfteln konnte, um drei zwölfjährigen Jungs den Garaus zu machen, die ihn genauso glühend hassen wie schon Generationen Halbwüchsiger vor ihnen. Überhaupt gibt es in der ganzen Angelegenheit lediglich zwei Streber: den französischen Filmemacher Pierre Boutron und seinen schreibenden Kollegen Daniel Pennac. Unter dem Titel "Messieurs les enfants" haben sie 1997 einen Wettkampf der Künste veranstaltet und die Geschichte von den verwandelten Kindern unabhängig voneinander auf Zelluloid beziehungsweise auf Papier gebannt. Nun ist Pennacs Version als "Große Kinder, kleine Eltern" auf Deutsch erschienen.

Da sitzen sie also, die drei Steppkes aus der Pariser Vorstadt Belleville - wo auch ihr preisgekrönter Autor zu Hause ist -, und schwitzen über der Strafarbeit. Der eine hockt, von seinem Vater verbannt, in seinem Zimmer, der zweite, von einem flic beim Klauen erwischt, auf der Wache, der dritte, von seiner Aufgabe als Therapeut der frisch verwitweten Mutter erschöpft, allein am Küchentisch - als es passiert: ein Stich im Kopf, ein Schlag in den Magen, eine gnädige Ohnmacht; und beim Aufwachen Haare in den Achselhöhlen, Fett um die Taille und Gören auf dem Hals, die eben noch die eigenen Eltern waren. Auf die Testfrage, was sie gestern gemacht hätten, antworten die Zwerge ohne Zögern: "Gescheischnet und auschgemalt: In der Schule? Türlich, bister blöd!" Selbst der Polizist ist zum naseweisen Knirps geschrumpft.

"L'imagination ce n'est pas le mensonge!", lautet der Wahlspruch Crastaings, den er seinen Schülern seit dreißig Jahren um die Ohren haut, von Eveline Passet geschmeidig mit "Erfinden heißt nicht lügen" übersetzt. Und lügen müssen die drei Klassenclowns für ihre Strafarbeit wahrhaftig nicht mehr, jetzt, da sie sich mit dreisten Dreikäsehochs, hinreißenden Huren und dem anstrengenden Alltagskram der Großen herumschlagen. Ohne Crastaing, der seinerseits zum matzerathschen Mini-Erwachsenen mutiert ist, wären die riesigen kleinen Nicks hoffnungslos aufgeschmissen.

"Große Kinder, kleine Eltern" ist ein buchstäblich fantastischer Schwank mit drei - politisch korrekten und brandaktuellen - Gaston Lagaffes aus der multikulturellen, schön scheußlichen belle ville: Nourdine will als halber beur, als halber Araber der zweiten Generation, gern irgendwo ganz dazugehören, und sei's beim Scheißebauen, seine Mutter ist mit dem Aushilfspostler durchgebrannt, und seine Schwester rennt verzweifelt der viel beschworenen Integration hinterher, immer ein paar Schritte zu langsam, versteht sich. Joseph ist ein halber Jude, sein Großvater mütterlicherseits ein Fascho, derweil seine Großmutter väterlicherseits ihren Sohn einst vor den hübschen Goi-Mädchen mit den weißen Brüsten gewarnt hatte, vergeblich, versteht sich. Igor schließlich riskiert als Viertelkosake und Halbwaise eine kesse Lippe, denn seit sein Vater vor kurzem einer HIV-Infektion via Bluttransfusion erlag, hat er nichts mehr zu verlieren; unterdessen zieht der Tote als guter Geist vom Grab aus die Fäden, obwohl es ihn gar nicht gibt, versteht sich.

Das alles könnte als schlimmer Pädagogenschmus daherkommen, der, mit flotten Tiefsinnigkeiten zum Happy End samt Doppelhochzeit verrührt, die 250 Romanseiten zum Marshmallow à la française zusammenpappt. Doch der - 1944 als Daniel Pennachioni in Casablanca geborene - Französischlehrer korsischer Abstammung lügt nicht, wenn er erfindet (und Eva Passet nicht, wenn sie übersetzt). Pennac wird in Frankreich, wenn auch etwas spöttisch, als das "geweihte Brot der Zapping-Kinder" gefeiert, als der "heilige Gral ihrer Eltern", als der "letzte Kult der Editions Gallimard" - und das nicht ohne Grund. Im Jahre 1982 erschien sein erstes Kinderbuch, 1985 gelang ihm mit "Au bonheur des Ogres" der große Wurf und die Geburt der Malaussènes, und sein jüngster Roman "Aux Fruits de la Passion" verkauft sich ebenfalls wie warme Semmeln. Auch in "Große Kinder, kleine Eltern" dreht der Plot seine bittersüßen, wahnwitzigen Windungen, sprechen die Personen ihre bittersüßen, fabelhaft komischen Wendungen zwischen Slang, Wortwitz und poetischer Platitude. Pennacquerien eben. Da schimpft man "meine Fresse" über seinen "Schmock, der als Golem durchgehen will" und doch bloß ein schlapper Konrektor ist. Da weiß man, dass man die Quellen des wahren Glücks nicht preisgeben darf, weil "der liebe Gott sonst eifersüchtig" wird. Und da seift man, "hastunichtgesehn", den Schulrektor ein mit einer Wortkaskade über kindliche "Tauschpartner, Partien, Parteien, Partituren, pausenlos tauschen sie Party-Uhren..."

Keine flachen Lösungen!, hatte Crastaing gefordert. Und flach ist die Geschichte nicht geworden, die Pennac aus der Strafarbeit gemacht hat. Arg lieb und leicht und lustig zwar, gutmütig wie der Mond, der auf eine Kinderwiege herablächelt - aber was tut's? In seinem milden Blick leuchten sie von selbst, die Kinder: "Les enfants sont des énigmes lumineuses."

ALEXANDRA M. KEDVES

Daniel Pennac: "Große Kinder, kleine Eltern". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Eveline Passet. Kiepenheuer und Witsch Verlag, Köln 1999. 255 S., br., 18,80 DM.

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"Ein Roman zwischen Phantasie und Realität, Träumen und Alpträumen, eine Fabel vom Ende des Jahrhunderts über die Kindheit." Le Figaro, Frankreich