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Bestsellerautor, Politiker, Frauenheld - Benjamin Disraeli (1804-1881) war eine der schillerndsten Figuren des 19. Jahrhunderts. Der geistige Vater des britischen Empire und Lieblingspremier Queen Victorias war zugleich der gefeierte Autor zahlreicher Romane. Adam Kirschs lebendige Biographie zeigt den außergewöhnlichen Menschen hinter der Fassade des bedeutenden Politikers.
Benjamin Disraeli, Sohn einer jüdischen Einwandererfamilie aus Italien, war in der Londoner Gesellschaft genauso zu Hause wie auf dem politischen Parkett. Sein extravagantes Auftreten verschaffte ihm Aufmerksamkeit, und
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Produktbeschreibung
Bestsellerautor, Politiker, Frauenheld - Benjamin Disraeli (1804-1881) war eine der schillerndsten Figuren des 19. Jahrhunderts. Der geistige Vater des britischen Empire und Lieblingspremier Queen Victorias war zugleich der gefeierte Autor zahlreicher Romane. Adam Kirschs lebendige Biographie zeigt den außergewöhnlichen Menschen hinter der Fassade des bedeutenden Politikers.

Benjamin Disraeli, Sohn einer jüdischen Einwandererfamilie aus Italien, war in der Londoner Gesellschaft genauso zu Hause wie auf dem politischen Parkett. Sein extravagantes Auftreten verschaffte ihm Aufmerksamkeit, und man sagte ihm zahlreiche Affären nach. Sein Erfolg als Romancier öffnete ihm die Türen zu den Salons, hier konnte er die Kontakte knüpfen, die ihm den Weg ins britische Unterhaus ebnen sollten. Politisch war Disraeli ein Mann der Gegensätze: ein Erzkonservativer, der von der liberalen Haltung Englands profitierte, ein getaufter Christ, der seine jüdische Herkunft dennoch als Grundlage seines Denkens betrachtete, ein ewiger Außenseiter, der von Ruhm und Ehre für England träumte. Seine Vorstellungen von Macht und der Weltherrschaft Großbritanniens und seine Überlegungen zum Nahen Osten sind bis heute von politischer Bedeutung.
Autorenporträt
Bernhard Jendricke arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren mit Rita Seuß zusammen. Gemeinsam haben sie neben Romanen von Clare Clark Werke von Gore Vidal, Peter Heather und Jeremy Scahill ins Deutsche übertragen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.11.2011

Mit der Queen im Landhaus des romantischen Imperialismus
Adam Kirschs neue Biographie über Benjamin Disraeli – den viktorianischen Politiker und Staatsmann, den Dandy und den Poeten
Für viele seiner viktorianischen Zeitgenossen war er undurchschaubar, der Nachwelt blieb er häufig ein Rätsel. Benjamin Disraeli, Schriftsteller und konservativer Premierminister, war der Außenseiter einer Gesellschaft, in der moralische Autorität religiösen Konformismus voraussetzte. Er wurde der jüdischen Minderheit zugerechnet, obwohl er im Alter von 13 Jahren in die Anglikanische Kirche aufgenommen worden war. Zeitlebens begegnete er dem Vorwurf, er handle allein aus gesellschaftlichem und politischem Opportunismus. Der Aufsteiger war ein Exzentriker, ein zynischer Romancier der nationalen und imperialen Bestimmung Großbritanniens, und doch vorrangig ein Anwalt seiner eigenen Ambitionen. Seine Extravaganzen wurden ihm verziehen, solange er die nationalen Interessen an das Konzept eines konservativen Universalismus knüpfte.
Dabei war Disraeli, wie Isaiah Berlin in einem Vergleich mit Marx einmal festgestellt hat, stets auf der Suche nach seiner Identität zwischen Judentum und dem, was er den nationalen Charakter nannte. Die anglikanische Exklusivität in Staat und Kultur garantierte eine ideologische Deutungshoheit, aber Disraeli durchbrach sie, indem er das Empire in weltbürgerlicher Absicht definierte. Nation und Expansion bildeten danach keine Widersprüche, sondern bedingten einander. Auch als katholischer Ire, presbyterianischer Schotte oder Jude konnte man am Empire teilhaben. Diesen Aspekt hätte Adam Kirsch in seinem jüngst erschienenen sympathischen, leicht lesbaren Porträt der vielen Leben Disraelis noch stärker betonen können.
Denn Disraelis politische und literarische Selbstinszenierung diente seiner Stellung in den adeligen Salons Londons ebenso wie der Überzeugung, der klassische, auf Edmund Burke zurückgehende Liberalismus der Individualität realisiere sich in imperialer Politik. Das britische Weltreich öffnete Perspektiven, die Disraelis Judentum zweitrangig machten. Erst als es ihm und Königin Viktoria 1876 gelang, dass die Kaiserkrone Indiens in Parlament und Öffentlichkeit akzeptiert wurde, glaubte sich der Freund der Rothschilds auf seinem langen Weg in die britische Gesellschaft angekommen. Doch diese imperiale Geste war nicht nur eitel, sondern prekär. Es lag vor allem an Viktoria selbst, sie auszufüllen, um sich dabei von ihrem ersten Kammerdiener wieder zu emanzipieren. Allzu sehr war die Krone Parteigängerin des Konservatismus geworden und hatte das Konzept des Ausgleichs in der konstitutionellen Monarchie gefährdet.
Dass Benjamin Disraeli ein begabter Politiker und ein beliebter Autor war, täuscht nicht darüber hinweg, wie mühsam er um Bewunderung rang. Dem Dandy, wie Kirsch ihn nennt, dem Verfasser von Bestsellern wie „Sybil“ und „Tancred“, war eben nicht ein glatter Aufstieg wie jener seines Erzkontrahenten William Gladstone gegönnt.
Mochte dabei die Ernsthaftigkeit des Anglikaners gegen den Juden ausgespielt werden, der als wenig vertrauenswürdig galt, – der politische Wettstreit der Kontrahenten wurzelte weder vornehmlich im Religiösen noch im Sozialen. Maßgeblich waren unvereinbare Auffassungen darüber, welche Bedeutung Europa und die Welt für Großbritannien besaßen, entscheidend die Einschätzung imperialer Herrschaft. In den Augen der Liberalen war die proürkische Außenpolitik der Tories während der Bulgarienkrise einer orientalischen Neigung ihres Premiers geschuldet.
Um ihm ihre Unterstützung zu signalisieren, besuchte Viktoria Disraeli in seinem Landhaus Hughenden. Daraufhin meinten Vertreter des Hochanglikanismus, die beiden teilten ein jüdisches Ghetto. Aber lässt sich, wie Kirsch es versucht, der Antisemitismus, der in Großbritannien zu keiner Zeit auch nur annähernd die Ausmaße hatte wie in Russland, Frankreich und Deutschland, wirklich als ein zentrales Grundprinzip für Disraelis Fremdsein in der britischen Gesellschaft verstehen und aus seinen Büchern entschlüsseln?
Man hat Disraeli, dessen größte Stunde auf dem Berliner Balkan-Kongress im Juni 1878 schlug, mit Neville Chamberlain nach dessen Rückkehr aus München 1938 verglichen. Beiden gelang knapp, was sie in die Worte eines „ehrenvollen Friedens“ fassten. Zugleich scheute Disraeli nicht vor dem Gebrauch bonapartistischer Machtmittel zurück und beorderte Truppen aus Indien in den Mittelmeerraum. Wie Bismarck ein konservativer Revolutionär, bewegte ihn die Vorstellung eines romantischen Imperialismus.
Als Gladstone die Liberalen zur Macht zurückführte, war Disraelis Bild vom Empire so unzeitgemäß geworden wie er selbst. Die moderne Massenpolitik mit der entstehenden Massenpresse gab „the people’s William“ den Vorzug. Disraelis letzter Roman „Endymion“, den er nur wenige Monate vor seinem Tod 1881 fertigstellte, konnte auch nicht mehr die Frage beantworten, warum die ihm so wichtige Anerkennung versagt blieb – nicht die der Königin oder die des Oberhauses, sondern die der breiten Bevölkerung.
BENEDIKT STUCHTEY
ADAM KIRSCH: Dandy, Poet, Staatsmann. Die vielen Leben des Benjamin Disraeli. Aus dem Englischen von Katharina Förs und Bernhard Jendricke. Insel Verlag, Berlin 2011. 256 S., 22,90 Euro.
Disraeli war auf der Suche nach
seiner Identität zwischen Judentum
und „nationalem Charakter“
Das frühe Kino als Medium des Nachruhms: Benjamin Disraeli, geboren 1804, gestorben 1881, verlässt in Gestalt eines Schauspielers das House of Commons – im November 1916.
Foto: Getty Images
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Leicht lesbar und sympathisch nennt Rezensent Benedikt Stuchtey Adam Kirschs Biografie des viktorianischen Politikers und Bestseller-Autors Benjamin Disraeli. Ganz überzeugt scheint er aber nicht von ihr zu sein. Sehr ausführlich widmet sich Stuchtey Disraelis Fremdheit in der Gesellschaft. Fraglich findet Stuchtey dabei Kirschs Versuch, diese Fremdheit vor allem mit Disraelis Judentum beziehungsweise mit dem ihm entgegengebrachten Antisemitismus zu erklären. Auch hätte er sich gewünscht, dass Kirsch ausarbeitet, dass es auch liberale Hoffnungen waren, die Disraeli auf das - nationale Begrenztheiten überwindende - Empire setzte. Inwieweit sich Stuchteys Ausführungen zu Disraelis Exzentrik, seinem Bonapartismus und seinem Versuch, die Krone zu einer "Parteigängerin des Konservatismus" zu machen, auch in Kirschs Buch wiederfinden, lässt sich Stuchteys Kritik leider nicht entnehmen.

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