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Ferdinand Goldberger hat den Hof seiner Familie verlassen und ist nach Wien gegangen, aber das erhoffte Liebesglück erweist sich als Illusion, als seine Verlobte sich das Leben nimmt. Bei einem Besuch auf dem Hof bemerkt er den wachsenden Zwist zwischen seinem Onkel Thomas und dessen Neffen Leonard, ein Hass, der immer destruktiver wird. Er geht nach Bolivien, auf den Spuren seines Vaters, der in Südamerika nur den Tod gefunden hatte. Als er sich gerade in der Fremde eingerichtet hat, wird er zurückgerufen: Thomas hat Leonhard erschlagen. Ferdinand übernimmt den Hof mit dem Plan, ihn zu…mehr

Produktbeschreibung
Ferdinand Goldberger hat den Hof seiner Familie verlassen und ist nach Wien gegangen, aber das erhoffte Liebesglück erweist sich als Illusion, als seine Verlobte sich das Leben nimmt. Bei einem Besuch auf dem Hof bemerkt er den wachsenden Zwist zwischen seinem Onkel Thomas und dessen Neffen Leonard, ein Hass, der immer destruktiver wird. Er geht nach Bolivien, auf den Spuren seines Vaters, der in Südamerika nur den Tod gefunden hatte. Als er sich gerade in der Fremde eingerichtet hat, wird er zurückgerufen: Thomas hat Leonhard erschlagen. Ferdinand übernimmt den Hof mit dem Plan, ihn zu zerstören, nichts übrig zu lassen von dem, was seine Familie ausgelöscht hat.

Mit großer Konsequenz und einem beinahe alttestamentarischen Erzählduktus schreibt Reinhard Kaiser-Mühlecker das Epos der Familie Goldberger zu Ende.
Autorenporträt
Kaiser-Mühlecker, ReinhardReinhard Kaiser-Mühlecker wurde 1982 in Kirchdorf an der Krems, Oberösterreich, geboren. 2008 debütierte er mit dem Roman Der lange Gang über die Stationen. Es folgten die Romane Magdalenaberg (2009), Wiedersehen in Fiumicino (2011), Roter Flieder (2012) und zuletzt Schwarzer Flieder (2014). Seine Arbeit wurde u. a. mit dem Jürgen-Ponto-Literaturpreis, dem Kunstpreis Berlin und dem Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ein großer Freund von Generation-Epen ist Rezensent Jan Wiele nie gewesen, Reinhard Kaiser-Mühlbecks Roman "Schwarzer Flieder" kann er nun aber wirklich gar nichts abgewinnen. Die Geschichte um Ferdinand und Susanne, die dem Kritiker im Jahre 1982 vom selben Autor kurz und knapp erzählt, gut gefallen hat, hätte weißgott nicht auf über 800 Seiten in zwei Roman ausgeweitet werden, findet Wiele. Von Abenteurern im bolivianischen Dschungel liest der Rezensent hier ebenso wie von den Problemen der in Scharen auftretenden Familienmitglieder, nebenbei erfährt er noch etwas über moderne Landwirtschaft, alles meist aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Und dass der ganze Roman auch sprachlich nicht überzeugen kann, verbessert die Laune des Kritikers auch nicht unbedingt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.06.2014

Bis ins
siebte Glied
Reinhard Kaiser-Mühlecker
beendet sein Familienepos
Ein Fluch. Bis ins siebte Glied, so hieß es unheilvoll, sollte die Familie für die Schuld des ehemaligen NSDAP-Ortsgruppenführers Ferdinand Goldberger büßen. Etwas Dunkles lastete auf Sohn und Tochter und später auf den Enkeln. Dann aber, mit dem Urenkel Ferdinand, schien der Bann gebrochen: Unvermutet tauchte er auf, erst mit sechzehn Jahren hatte er von seiner Familie erfahren. Er zog zu ihr und half seinem Onkel Thomas auf dem Hof. Doch jetzt bahnt sich wieder etwas an. Ferdinand entgeht dem nicht, was da in der Luft liegt.
  Schuld und Sühne, ein alter Fluch, Bruderzwist, Verdammung und Tod – es sind schwere Zeichen, mit denen Reinhard Kaiser-Mühlecker, dem soeben der Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft zuerkannt wurde, in seinen Romanen aufwartet, aber der österreichische Schriftsteller gewinnt der alttestamentarischen Konstellation etwas atemberaubend Gegenwärtiges ab. „Schwarzer Flieder“ heißt der zweite Band seines Familienepos, das er mit dem dickleibigen ersten Teil „Roter Flieder“ (2012) so eindrucksvoll begonnen hatte. Mit seinem neuen, deutlich kürzeren Roman führt Kaiser-Mühlecker die Geschichte der Familie Goldberger fort.
  Im Mittelpunkt steht der Urenkel Ferdinand, der den Hof des Onkels in Rosental verlassen hatte, um in Wien Agrarwissenschaften zu studieren und dann eine Karriere im Landwirtschaftsministerium begann. Über Umwege hört er eines Tages von seiner Jugendliebe Susanne. Die Bindung war damals ohne eindeutigen Grund zerbrochen. Ihr Gesicht sei „wie mit schmutzigem Wasser gewaschen“, „wie durch schmutzige Luft gegangen“, bemerkt Ferdinand, als er sie wiedertrifft und beide sich erlöst fühlen. Dem Schmutzigen auf den Grund zu gehen, vermeidet er. Umso brutaler erwischt ihn die Katastrophe, die kurz vor der anberaumten Hochzeit über ihn hereinbricht.
  Wieder legt Kaiser-Mühlecker eine Mischung aus Familienchronik, Porträtstudie, Dorfgeschichte und Heimatroman vor, und wieder entsteht ein starker Sog. Das liegt zum einen an dem anachronistischen Sujet. Mit einem planbaren, selbstbestimmten Leben hat die patriarchalische Dorfwelt nichts zu tun. Hier walten andere Kräfte; es herrschen Schicksal und Verhängnis. So viele versöhnliche Gesten es auch gibt, Gewalt ist Bestandteil aller Beziehungen. Die Verkrustungen scheinen mit jeder Generation zuzunehmen: Die Vergangenheit ist nicht nur mit einem Tabu belegt – es gibt auch schlichtweg keine Sprache für sie. Bei den Goldbergers herrscht ein Schweigegebot, und als Ferdinands Tante Sabine im dritten Teil von „Schwarzer Flieder“ zu einem langen Monolog mit vielen Erklärungen anhebt, endet sie mit den Worten, sie habe in ihrem gesamten Leben noch nie so viel gesprochen. Gleichzeitig installiert Kaiser-Mühlecker aber eine ausgesprochen markante Erzählerstimme, wodurch ein reizvolles Gefälle zu dem tiefen Schweigen in der Familie entsteht. Eloquent, in sorgfältig gestaffelten Satzperioden mit manchmal altmodischen Redewendungen leuchtet diese Stimme die Verhältnisse aus. Farbenprächtige Landschaftsbilder und Naturbeschreibungen kontrastieren die innere Taubheit der Figuren. Schauplatzwechsel – Ferdinand flieht nach Bolivien und sucht dort das Grab seines Vaters auf – geben der Handlung einen Rhythmus.
  Ohne je gekünstelt zu wirken, verwandelt Reinhard Kaiser-Mühlecker die oberösterreichischen Felder und Äcker in eine mythische Landschaft. Ein Fluch scheint hier etwas Alltägliches. „Ich wählte Dulden und Bleiben“ lautet das der Odyssee entnommene Motto des Romans. Auf die Hybris der Menschen folgt die Nemesis, wie seit Urzeiten. Ferdinand überlässt die Böden schließlich sich selbst und schaut zu, wie sie verwildern. So bannt er die Zerstörung.
MAIKE ALBATH
Reinhard Kaiser-Mühlecker : Schwarzer Flieder. Roman. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2014. 240 Seiten, 19,99 Euro. E-Book 15,99 Euro.
Reinhard Kaiser-Mühl-ecker , geboren 1982 in Kirchdorf an der Krems, Oberösterreich, debütierte 2008 mit dem Roman „Der lange Gang über die Stationen“. „Schwarzer Flieder“ ist sein fünfter Roman.
Foto: oh
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.07.2014

Dann tritt Rumpelstilzchen vor die Tür

Flirt mit der Heimatliteratur: Reinhard Kaiser-Mühlecker versucht mit seinem neuen Roman das alte Epos wiederzubeleben.

Eine junge Frau trennt sich von einem jungen Mann. Der beginnt ein neues Leben, doch über die Trennung kommt er nie hinweg, auch wenn es nach einer Weile so aussieht und er es beinahe selbst glaubt. Dann, nach Jahren, begegnet er ihr wieder und merkt: Der Stachel sitzt noch. Es ist eine alte Geschichte, und doch kann sie immer wieder neu erzählt werden. Zum Beispiel in Wien, zwischen einem Ferdinand und einer Susanne, bündig und novellistisch verdichtet auf vierundsiebzig Seiten, so wie im neuen Buch des 1982 geborenen Reinhard Kaiser-Mühlecker.

Aber leider gibt es in der Gegenwartsliteratur eine grassierende Krankheit. Sie heißt "Familien-Epos über mehrere Generationen". Und darum muss die für sich genommen starke Erzählung eingebettet sein in einen Roman aus lauter disparaten Handlungssträngen. Darum braucht Ferdinand einen Vater, der in Südamerika unter mysteriösen Umständen ums Leben kam und auf dessen Spuren er sich ins Herz der Finsternis begeben muss, und er braucht viel weitere Sippe, die auf einem oberösterreichischen Gehöft lebt und sich in seiner Abwesenheit die Köpfe einschlägt. Und darum muss, weil das alles schon viel ist für einen einzelnen Roman, dieser auch noch geteilt werden in zwei Bücher, nämlich über sechshundert Seiten "Roter Flieder" (F.A.Z. vom 2. Oktober 2012) und jetzt noch einmal knapp zweihundertvierzig Seiten "Schwarzer Flieder", die das "Epos der Familie Goldberger" im zwanzigsten Jahrhundert erzählen, eine Verfallsgeschichte natürlich.

Für den Leser, der den Folgeroman aufschlägt, ohne die Vorgeschichte zu kennen, heißt das: Gerade hat man sich an Wien gewöhnt, ist vielleicht auch Kaiser-Mühleckers Aktualisierung eines Großstadt-Provinz-Konflikts noch ganz gern gefolgt, die diesen Ferdinand als gewieften, aber auch dickschädligen Landburschen Karriere in einem Ministerium machen lässt, während er mit einer "Offenheit, fast Wehrlosigkeit der Sinne" durch die Häuserschluchten läuft und abends Gedichte liest, statt auszugehen, gerade hat man sogar Empathie entwickelt für seine Susanne, die sich die Arme aufschneidet, und würde gerne wissen, wieso - da bereitet der allmächtige Erzähler dieser Episode ein jähes Ende und schickt den Leser stattdessen in den bolivianischen Dschungel. Und gerade hat man sich widerwillig auf diese Abenteuergeschichte eingelassen, die Ferdinand an das Grab seines Vaters führt, da holt der Erzähler ihn wieder nach Hause, wo sein Onkel seinen Neffen erschlagen hat. So kehrt Ferdinand Goldberger, dieser Charakter mit etwas märchenhaftem Namen, am Ende zurück nach Rosental, wo er das Haus abreißt und die Felder verkauft, um sich am Onkel zu rächen.

Seit seinem Debüt "Der lange Gang über die Stationen" (2008) hat man Reinhard Kaiser-Mühlecker verschiedentlich gelobt für seinen langsamen und genauen Erzählstil. Man könnte diesen hier allerdings auch als behäbig und umständlich bezeichnen. Dass in seiner Familienstory Menschen erschlagen werden, hat manche Rezensenten verleitet, darin etwas Biblisches zu sehen. Der Stil erinnert allerdings eher an Fantasy-Romane, wirkt manchmal fast parodistisch: "Es begann eine vollkommen neue Zeit. Sie begann, weil die andere, die alte, zu Ende war."

Offensichtlich kokettiert Kaiser-Mühlecker auch mit einer Wiederbelebung der Heimatliteratur, was schon durch das Flieder-Motiv der Titel etwas zu deutlich gemacht wird. Der Held sitzt da schließlich allabendlich sinnierend auf einem Hackstock und stiert in den Sonnenuntergang, während draußen die Fleisch- und Getreidepreise mal wieder sinken. Das Elend der Bauern wird heute durch neue EU-Richtlinien besiegelt - vielleicht sogar durchaus ein brisantes Thema für einen Roman, aber es klingt hier doch sehr anrecherchiert, etwa wenn man erfährt, dass Ferdinand mir nichts, dir nichts "zu einem der landesweit führenden Fachmänner auf den Gebieten Bodenbearbeitung und Fruchtfolge" geworden ist.

Stilistisch lässt der Autor zudem gewisse Novellen des bürgerlichen Realismus oder auch Dorfgeschichten anklingen, indem er etwa Ortsnamen mit einem Buchstaben abkürzt oder genaue Jahreszahlen verschleiert ("19XX hatte Ferdinand Rosental verlassen", heißt es etwa). Wozu das gut sein soll, erschließt sich allerdings nicht, wenn auf der nächsten Seite vom Jahr 2000 die Rede ist.

Unglücklich wirkt einmal besonders die Wahl der Erzählperspektive. So wird ausgerechnet die Passage des Buchs mit dem größten Spannungspotential - in welcher der Onkel Thomas seinen Neffen Leonhard im Zorn tötet - als Nacherzählung der Tante Sabine präsentiert. Ihr Erinnerungsvorgang ist durch inflationäre Verwendung des Stilmittels der drei Punkte zwischen Gedanken geprägt. Dieses gleichsam pfeiferauchende, halb weggetretene Erzählen hat etwas Einschläferndes, das dem dramatischen Inhalt entgegensteht. Dazu kommen, neben durchaus eindrücklichen Szenen und Beobachtungen, auch handwerkliche Schwächen, die man leicht hätte beheben können. So ist es nicht die originellste Idee für einen Roman, wenn Menschen sich vor Schreck die Hand vor den Mund schlagen, oder solche, die auf Rache sinnen, "händereibend" wie Rumpelstilzchen vor das Haus treten. Nachdem Sabine Ferdinand die Totschlagsgeschichte erzählt hat, heißt es: "Sie wirkte nahezu erschüttert." Warum nur "nahezu"? Fast unfreiwillig komisch wirkt es, wenn diese Sabine in ihrem langen Sermon dann einmal seufzt: "Aber wem erzähle ich das alles."

Aus dem stilistischen und inhaltlichen Sammelsurium wird hier kein harmonisches Ganzes, es bleibt eine etwas krude Mischung, die in raunend beschwörendem Imperfekt allzu sehr vom großen Epos träumt. Am Ende wirkt das wie eine aktualisierte Begründung dafür, warum eine solche Form des welterklärenden und durchpsychologisierenden Epos schon vor hundert Jahren von den Modernisten als nicht mehr zeitgemäßes Erzählen disqualifiziert worden ist.

JAN WIELE

Reinhard Kaiser-Mühlecker: "Schwarzer Flieder". Roman.

Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2014. 237 S., geb., 19,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Reinhard Kaiser-Mühlecker vollendet mit Schwarzer Flieder seine düstere Familien- und Heimatchronik.« Werner Krause Kleine Zeitung, 04.01.2014