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"Wenn du dich in New York kurieren willst, wieso fliegst du dann nach Miami?"Dieses Buch erzählt die empfindsame Reise Seraphines nach Hause und ist gleichzeitig ein Wegweiser durch einen amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf.Ein klassischer Anlass, zu reisen, sind Sorgen. Seraphine ist eine junge amerikanische Emigrantin, die sich dummerweise in den falschen Mann verliebt. Mehr als zehn Jahre hat sie in Europa verbracht, ohne auch nur einmal nach Hause zu fahren, hat ihr Leben sehr genossen und hatte gar keine Zeit, Amerika zu vermissen. Aber Liebeskummer bringt sie dazu, spontan in ein…mehr

Produktbeschreibung
"Wenn du dich in New York kurieren willst, wieso fliegst du dann nach Miami?"Dieses Buch erzählt die empfindsame Reise Seraphines nach Hause und ist gleichzeitig ein Wegweiser durch einen amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf.Ein klassischer Anlass, zu reisen, sind Sorgen. Seraphine ist eine junge amerikanische Emigrantin, die sich dummerweise in den falschen Mann verliebt. Mehr als zehn Jahre hat sie in Europa verbracht, ohne auch nur einmal nach Hause zu fahren, hat ihr Leben sehr genossen und hatte gar keine Zeit, Amerika zu vermissen. Aber Liebeskummer bringt sie dazu, spontan in ein Flugzeug zu steigen, um sich in New York zu kurieren. Sie landet mitten in einem erhitzten Wahljahrsfrühling, und im Verlauf ihres Aufenthalts wird es Sommer. Sie interessiert sich ganz und gar nicht für Politik, aber der Zufall will es, dass sie immer wieder tief in die Wahlschlacht hineingerät. Und dabei ist es gerade ihr völliges Desinteresse, das sie Dinge sehen lässt, die niemand anders wahrnimmt.
Autorenporträt
Irene Dische wurde in New York geboren. Heute lebt sie in Berlin Reinhard Kaiser, 1950 in Viersen am Niederrhein geboren, lebt in Frankfurt am Main und ist Schriftsteller und Übersetzer. Er hat Bücher von Robert K. Merton, Georges Duby, Isaiah Berlin, Sylvia Plath, Nancy Mitford, Sybille Bedford und anderen ins Deutsche übertragen, wofür ihm zum Beispiel der Heinrich-Maria-Ledig-Rowohlt-Übersetzerpreis verliehen wurde
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.04.2009

Obama und ich

Betrachtungen einer Unpolitischen: Irene Dische stolpert mit ihrer Heldin durch den amerikanischen Wahlkampf des Jahres 2008.

Von Sandra Kegel

Ihre Sprachphantasie und ihr Wortwitz sind auch in ihrem neuen Buch unverkennbar. Irene Dische beherrscht den urbanen Sound, ungeduldig und frech klingt das, melodramatisch und mit einem Schuss Zynismus. Die gebürtige New Yorkerin, die in einem jüdischen Elternhaus samt katholischem Kindermädchen groß wurde und zeitweise in Berlin lebt, schreibt auf Englisch, ist aber vor allem hierzulande berühmt. Ihr unerschöpfliches Reservoir an Ideen verdankt sich nicht zuletzt diesem reichen und disparaten Erfahrungsschatz, gepaart mit einem scharfen Blick auf die Welt. Auch in dieser satirischen road novel zündet sie also wieder ein Feuerwerk der erzählerischen Einfälle und bizarren Beobachtungen. Trotzdem macht es sich die Autorin, die ihre fünfunddreißigjährige Heldin hier während des Wahlkampfs 2008 durch Amerika schickt, zu einfach.

Auch Clarissa wurde in New York geboren, als Tochter polnischer Juden, die dem Holocaust entkamen, und wie ihre Schöpferin kam sie in jungen Jahren nach Deutschland. Doch damit hat es sich schon mit der Ähnlichkeit. Denn so gewitzt diese jewish princess auch ist, interessiert sie sich doch vor allem für Oberflächen: für Motorhauben von Luxuslimousinen ebenso wie für ihren dank der modernen Medizin flach gewordenen Bauch und natürlich ihr makelloses Äußeres: "Ich mag hell erleuchtete Räume, damit man mich wirklich sieht." Grund für "Clarissas empfindsame Reise", der Titel spielt auf Laurence Sternes Klassiker der Reiseliteratur an, ist eine unglückliche Liebe. Verheiratet mit einem Berliner Handchirurgen, den Clarissa vor allem wegen seiner Kreditkarte schätzt, hat sie ihr Herz an einen russischen Lyriker verloren, der sie leider sitzenließ. In Florida will sie sich rächen, indem sie einen noch "berühmteren" Dichter zu treffen versucht, denn, so ist sie überzeugt: "Sich zu verlieben ist eine Begabung, und ich habe sie."

Statt der erhofften Liaison beginnt die Odyssee, und die Ich-Erzählerin stolpert von einer grotesken Situation in die nächste: Sie gerät auf Partys mit den Reichen und Mächtigen des Kontinents, und schon ein paar Seiten später sitzt sie in einer heruntergekommenen Trailor-Siedlung, wo Hinterwäldler sich zum Bibelkreis treffen. Clarissas Weg kreuzt Sexshops und politische Veranstaltungen, Kosmetikstudios und Obamas Wahlkampfzentrale. Dieses Amerika, so viel ist sogar der egozentrischen Hauptfigur bald klar, ist vom Fieber gepackt. Die Aussicht, dass ein Schwarzer erstmals in der Geschichte Präsident werden könnte, versetzt Freunde wie Feinde des Bewerbers in Hysterie. Nur Clarissa kann die ganze Aufregung nicht verstehen: "Ich habe viel größere Probleme als jemand, der ein Land regieren soll."

Irene Dische erzählt das alles in einem rasanten Tempo. Flott wechselt die Protagonistin die Transportmittel, vom Auto geht es in den Bus, zwischendrin ist sie mal zu Fuß unterwegs, dann wieder im Flugzeug, das sie zuletzt nach Anchorage bringen wird. Dort wartet ein bärenmordendes Mannsbild auf die junge Frau, und es kommt beinah zu einer Vergewaltigung - es ist niemand anderes als der Gatte von Sarah Palin.

Mit dem schonungslosen Blick der Unbedarften will Irene Dische die geschönten Fassaden der amerikanischen Doppelmoral wegreißen. Das zu lesen ist über weite Strecken amüsant, doch neben plumpen Gags wie jenem "Mr. Alaska" sowie der Tatsache, dass man einige der witzigsten Beobachtungen bereits aus einem Artikel der Autorin über ihre Erfahrungen als Wahlhelferin kennt, erliegt sie hier noch einer ganz anderen Problematik, nämlich der des aktualistischen Schreibens.

Wer sich als Romancier so sehr auf das Zeitgeschehen festlegt, muss damit rechnen, von ihm überholt zu werden. Freilich konnte Irene Dische nicht ahnen, wie sehr sich ihr Heimatland verändern würde. Amerika heute ist ein anderes Land als noch vor wenigen Monaten. Auch dieses Buch ist deshalb ein Opfer der Krise geworden: Angesichts der neuen Weltsituation klingt eine Erzählung über Akzeptanzprobleme, die Obama während des Wahlkampfs hatte, wie ein Märchen aus der guten alten Zeit.

Überdies hat Irene Dische die dramaturgische Zuspitzung und die emotionalen Effekte so arrangiert, dass die Geschichte oft über die Zweidimensionalität der Satire nicht hinauskommt. Die vielen Figuren, die den Weg der Heldin kreuzen, sind bloß Mittel zum Zweck. Sie mögen eine Weltsicht vermitteln, einen way of living verkörpern. Atmen aber hören wir sie niemals. Und sie besitzen keine empfindsamen Nervenenden, das freilich verbindet sie mit Clarissa.

Irene Dische: "Clarissas empfindsame Reise". Roman. Aus dem Englischen von Reinhard Kaiser. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2009. 160 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.05.2009

Liebeskummer lohnt sich nicht
Als die Bush-Ära zu Ende ging: Irene Disches Roman „Claras empfindsame Reise”
Wenn ein Buch von Irene Dische auf den Markt kommt, muss man sich jedesmal vergewissern, ob es sich wirklich um eine Novität handelt und nicht vielmehr um die Neuausgabe oder Neuübersetzung eines älteren Werkes. So quirlig und wendig wie ihr Publikationsgebaren wirkt auf den ersten Blick auch ihr Schreiben, aber am Ende läuft es immer wieder auf die Verarbeitung ihrer jüdisch-amerikanischen Herkunft und amerikanisch-deutschen Doppelexistenz hinaus.
Der kleine Roman „Clarissas empfindsame Reise”, zweifelsfrei ihre neueste Tat, erscheint der Abwechslung halber zuerst in deutscher Übersetzung und dann im englischen Original. Dass die Verfasserin den Titel (und sogar einige formale Marotten) von Laurence Sterne entlehnt hat, sollte keine falschen Erwartungen wecken, geht man doch im angelsächsischen Sprachraum spätestens seit Doris Days Zeiten mit dem Begriff „sentimental journey” viel lockerer um als bei uns mit dem deutschen Äquivalent.
Empfindsam ist die ebenso kokette wie abgebrühte Ich-Heldin Clarissa mitnichten, schon gar nicht im Sterneschen Sinne, doch immerhin hat ein starkes Gefühl sie zu ihrer Reise angetrieben: Von einem Kurztrip in ihre Heimatstadt New York erhofft sich die Mittdreißigerin, die als Teenager wegen eines Sexskandals nach Deutschland verfrachtet wurde und danach nie wieder in Amerika war, nichts Geringeres als die Heilung von schwerem Liebeskummer. Das bindet sie auch gleich ihrem Sitznachbarn im Flugzeug auf die Nase, so wie sie jede Zufallsbegegnung mit ihren Geschichten überfällt. Der Leser indes begreift, sobald er Näheres über die Natur ihres Herzschmerzes erfährt, dass er Clarissas Erzählungen etwa so ernst nehmen soll wie den Plot eines Billy-Wilder-Films, denn die Paarkonstellation könnte kurioser kaum sein.
Clarissa, selbstredend aus jüdischer Familie, ist eine Art Superweib mit unwiderstehlicher erotischer Ausstrahlung und anspruchsvollem Lebensstil, den sie sich als Rallyefahrerin selbst finanziert hat, bis sie in einem geliehenen VW-Käfer eine rote Ampel und eine alte Dame überfuhr. Genau zur rechten Zeit trat der bildschöne, hochvermögende Handchirurg Hans auf den Plan, mit dem sie seitdem eine zärtliche und komfortable Ehe führt. Der Grund ihres Liebesleids jedoch heißt Ivan und ist ein Dichter russisch-jüdischer Provenienz, ein „kleiner, älterer Herr”, der aussieht wie ihr Vater, „bloß ohne die gesunde Haut und die guten Zähne”, und der trotzdem reichlich Gelegenheit findet, seine Gattin zu betrügen.
Ivans experimentelle Lyrik ist zum Gähnen, es gebricht ihm an Feinsinn, und er benutzt Billigflieger. Weil es aber für Clarissa kein stärkeres Aphrodisiakum gibt als die Aura eines Großschriftstellers, hat sein Entschluss, sich von ihr zu trennen, sie in ein schwarzes Loch gestürzt. Allenfalls ein noch berühmteres Exemplar der Gattung kann da Abhilfe schaffen. Sie hat sich auch schon einen passenden Gentleman ausgegoogelt, und zwar in Orlando/Florida, weshalb sie New York auf dem Umweg über Miami anfliegt.
Obama und das Ivan-Problem
Die Nadelspitzen aus dem Literaturbetriebs-Nähkästchen dienen der Autorin als Vorwand, um eine satirische Reise durch die USA im Obama-Wahljahr anzuzetteln. Zwischen Miami und Anchorage, wo sie planwidrig landet, erlebt Clarissa lauter genuin amerikanische, überwiegend komische Szenen und Szenerien, die entweder Klischees bekräftigen oder weniger bekannte Skurrilitäten in grellen Farben ausmalen. Luxusherberge und Schwulenmotel, Highway und Sexshop, Trailerpark-Kirche und Greyhoundbus, Kosmetiksalon und Wahlkampf-Hauptquartier sind die Stationen einer Geisterbahnfahrt durch den American Way of Life der ausklingenden Bush-Ära, dem die zynisch-scheinnaive Perspektive der Emigrantin hübsche Pointen abgewinnt.
Merkwürdige Männerbekanntschaften säumen Clarissas Weg, aber auch unter den Frauen finden sich gelungene Karikaturen. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen können nicht ausgeschlossen werden; so lässt sich etwa für „Mr. Alaska”, einen Schneemobilrennfahrer und Bärentöter mit Vergewaltigungsgelüsten, der Gatte der republikanischen Vizepräsidentschaftsgattin Sarah Palin als Vorbild identifizieren. Und obwohl der große Barack, hier noch Präsident in spe, nur indirekt vorkommt, dürfte das Buch in einem literarischen Obama-Verewigungs-Wettbewerb ganz weit vorn landen: In ihrer Phantasie chauffiert Clarissa den Kandidaten mit zweihundert Kilometern pro Stunde zum nächsten Wahlkampftermin und vertraut ihm unterwegs ihr Ivan-Problem an – eine schöne Metapher für die Hoffnungen von Millionen, die Amerikas Retter auf seinen schmalen Schultern trägt.
Im New Yorker Finale hebt die leichtgewichtige Story vollends vom Boden ab, denn Clarissa lässt sich von einem jungen Barmann, bevor sie ihm das großzügige Geschenk ihres Luxuskörpers macht, das Levitieren beibringen. Und schon ist Ivan so schlagartig entzaubert wie seinerzeit „der Iwan” als Bedrohung der westlichen Zivilisation. Dafür zeichnet sich nun die Heimkehr der verlorenen Tochter ab: Statt des abtrünnigen Liebhabers, den es inzwischen ebenfalls nach New York verschlagen hat, ruft sie ihren Vater an – das Original statt der Fälschung.
Damit ist Irene Dische wieder ganz bei ihrer eigenen Geschichte angekommen, denn wie sehr sie an ihrem Vater hing, hat sie in mehreren Büchern verraten. So endet diese Reise, auch wenn sie nicht empfindsam ist, dann doch noch als „sentimental journey” mit mittlerem Rührungsfaktor. KRISTINA MAIDT-ZINKE
IRENE DISCHE: Clarissas empfindsame Reise. Roman. Aus dem Englischen von Reinhard Kaiser. Verlag Hoffmann & Campe, Hamburg 2009. 160 Seiten, 19,95 Euro.
Irene Dische Foto: Katja Lenz/ddp
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Keine Frage: Rezensentin Sandra Kegel ist enttäuscht. Irene Dische, deren Qualitäten sie durchaus zu schätzen weiß, schreibt hier für die Begriffe der Rezensentin ganz eindeutig unter ihrem Niveau. Nicht, dass es an guten Beobachtungen und "erzählerischen Einfälle" ganz und gar fehlt; die Rechnung, sich dem Gegenwarts-Amerika mit diesem satirischen Roman zu nähern, gehe dennoch nicht auf. Zum einen, weil Dische der Gefahr des "Aktualismus" nicht entkomme. Manche Szene aus dem Obama-Wahlkampf sei nun, zur Veröffentlichung, längst überholt. Es kommt dazu, dass manche satirische Wendung es sich mit den kritisierten Figuren und Zuständen allzu leicht macht, so Kegel. Etwa wenn ein als Ehemann Sarah Palins erkennbares "bärenmordendes Mannsbild" unversehens zum Beinahe-Vergewaltiger werde.

© Perlentaucher Medien GmbH