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Er gilt als altmodisch, bedächtig und konservativ - und steht doch für eine politische Revolution. Er ist bekennender Katholik, Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und hat doch dafür gesorgt, dass die seit über einem halben Jahrhundert regierende christliche Volkspartei abgewählt wurde. Das kenntnisreiche, kluge politische Porträt einer ungewöhnlichen Politikerpersönlichkeit. Und die Analyse einer spannenden politischen Bewegung, die in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Ein aktuelles Buch von zwei renommierten Journalisten, die den Weg und den Aufstieg des Winfried…mehr

Produktbeschreibung
Er gilt als altmodisch, bedächtig und konservativ - und steht doch für eine politische Revolution. Er ist bekennender Katholik, Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und hat doch dafür gesorgt, dass die seit über einem halben Jahrhundert regierende christliche Volkspartei abgewählt wurde. Das kenntnisreiche, kluge politische Porträt einer ungewöhnlichen Politikerpersönlichkeit. Und die Analyse einer spannenden politischen Bewegung, die in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Ein aktuelles Buch von zwei renommierten Journalisten, die den Weg und den Aufstieg des Winfried Kretschmann verfolgt haben, seit er 1979 die Grünen in Baden-Württemberg mitbegründete.
Autorenporträt
Peter Henkel, 1942 in Dortmund geboren, studierte in Bonn Germanistik und Philosophie und wurde dann Journalist mit dem Schwerpunkt Politik. Zuletzt war er fast drei Jahrzehnte Korrespondent der Frankfurter Rundschau. Heute lebt er als freier Autor in Stuttgart und im Salzkammergut.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.05.2011

Philosophenkönig
Eine erste Biographie nähert sich
Winfried Kretschmann
Im Mai 1980 zogen sechs Grüne in den Landtag von Baden-Württemberg ein, die Pioniere einer neuen Partei und ihre ersten Vertreter im Parlament eines Flächenstaats. Darunter war ein junger Biologielehrer, der sich gleich bei der ersten Sitzung im Hohen Haus zu Stuttgart entschuldigen ließ: Er reiste lieber ins Emsland, nach Gorleben, um gegen das dort geplante Endlager für Atommüll zu demonstrieren. 31 Jahre später, am kommenden Donnerstag, soll dieser Winfried Kretschmann nun der erste grüne Ministerpräsident in Deutschland werden. Die entscheidenden Stimmen bei der Landtagswahl am 27. März dürfte ihm nach der Katastrophe von Fukushima die Glaubwürdigkeit seines Neins zur Atomkraft eingebracht haben.
Selten zuvor ist eine Figur so unvermittelt auf die große politische Bühne getreten wie Kretschmann – auch die Grünen selbst hatten an ihren historischen Sieg bis zuletzt nicht zu glauben gewagt. Und selten zuvor hat ein solcher Auftritt ein ähnliches Staunen entfacht: Der ziemlich schwarze Grüne aus Laiz, einem Dorf auf der Schwäbischen Alb, Hobbygärtner und Hobbyphilosoph, bedient kaum ein Klischee der politischen Klasse. Manche sagen, er sei eine Klasse für sich. Von einem Stuttgarter Parteifreund stammt der übermütig schöne Satz: „Winfried Kretschmann ist der anständigste Mensch, der je in Deutschland Regierungschef wurde.“
Einen Menschen, der im Kommunistischen Bund war („meine radikale Verirrung“) und im katholischen Kirchenchor, muss man erklären. Das Autoren-Ehepaar Peter Henkel und Johanna Henkel-Waidhofer hat sich das vorgenommen, unter verschärften Bedingungen: Ihre Kretschmann-Biographie, die erste natürlich, erscheint an diesem Montag, gerade sechs Wochen nach der Landtagswahl. Geschrieben haben sie die 160 Seiten in drei Wochen.
Immer schneller reagieren die Verlage auf aktuelle Ereignisse; den Büchern, die sie dabei produzieren, merkt man die Eile dann meist an. Das ist auch beim Werk der Henkels nicht anders, allerdings nur insofern, als die Schrift auffällig groß ist und es nicht alle Fragen breit und tief beantworten kann. Die wichtigsten Fragen beantwortet es durchaus. Und das nicht nur kundig (beide Autoren sind versierte landespolitische Korrespondenten in Stuttgart), sondern trotz unverhohlenen Wohlwollens auch mit Verweis auf Brüche: Kretschmanns über drei Jahrzehnte recht schnell wechselnde Koalitionsvorlieben machen den Leser fast schwindlig.
Geschrieben ist das alles in munterem Ton, mal im Stil einer Reportage, mal im Stil eines Essays. Das Buch ist eine politische Biographie, gegliedert in thematische Kapitel, etwa über Kretschmanns undogmatische Religiosität oder über seine Liebe zur Natur – einmal brachte er zu einer Debatte über das Waldsterben zwei Zweige mit in den Landtag, einen gesunden und einen kranken. Solche Anekdoten gibt es reichlich, am schönsten sind die über das Hadern des Realos mit den Fundis im eigenen Lager. Wie er auf einem Landesparteitag, der bei der grünen Anti-Partei noch nicht so heißen durfte, gellend ausgepfiffen wurde, weil er den damaligen CDU-Kultusminister Gerhard Mayer-Vorfelder verteidigte. Oder wie ihn grüne Feministinnen von der Bühne jagten, weil er ihren Antrag ablehnte, dass wegen Vergewaltigung bezichtigte Männer selbst ihre Unschuld beweisen sollten. Ganz kurz war Kretschmann mehrmals davor, seine Partei zu verlassen. Jetzt werden beide froh sein, dass er blieb. ROMAN DEININGER
PETER HENKEL, JOHANNA HENKEL-WAIDHOFER: Winfried Kretschmann. Das Porträt. Herder Verlag, Freiburg 2011. 160 Seiten, 14,95 Euro.
Bei einem Parteitag
jagten ihn Feministinnen
von der Bühne
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.06.2011

Hoffnung auf alle Gutwilligen
Ministerpräsident Winfried Kretschmann in linker Sicht

Als Winfried Kretschmann, der erste grüne Ministerpräsident der Republik, den Amtseid sprach, trug er auf Hochglanz polierte Budapester. Die Berliner "tageszeitung" fand das auch 26 Jahre nach der Vereidigung Joseph Fischers zum hessischen Turnschuhminister immer noch ungewöhnlich und schrieb von Kretschmanns "schwäbischen Turnschuhen". Nun wird in Krawattenknoten und Kleidungsstil bei Politikern gelegentlich viel zu viel hineininterpretiert, bei Kretschmann können die Schuhe aber durchaus als Erkennungszeichen eines durch und durch ungewöhnlichen Politikers gesehen werden: Er war einmal Mitglied einer linken studentischen Gruppe namens "Roter Pfeil", gehörte dem maoistischen Kommunistischen Bund Westdeutschlands an und ist nun schon seit vielen Jahren Mitglied des Zentralkomitees der Katholiken. Er gehörte zu den Gründern der Grünen, war aber an so manchem Wochenende bei sich zu Hause in Laiz kurz davor, den Bettel hinzuschmeißen.

Ausgerechnet dieser Mann ist im immer noch konservativen Baden-Württemberg zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Hinter ihm steht keine breitschultrige Volkspartei, noch nicht einmal seiner eigenen Partei kann sich dieser in der Wolle schwarz gefärbte Grüne sicher sein. Das provoziert Fragen, vor allem die eine: Kann das funktionieren? Das Journalisten-Ehepaar Johanna Henkel-Waidhofer und Peter Henkel, früherer Korrespondent der "Frankfurter Rundschau", haben nach dem Wahlsieg von Grün-Rot innerhalb von drei Wochen ein Porträt über Winfried Kretschmann geschrieben. Nun sind beide Autoren bekennende Linke. Mit dem Sieg von Grünen und SPD ist für beide ein über Jahrzehnte gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen. Das Buch ist deshalb an vielen Stellen zu huldvoll geraten. "Immerzu geht es bei diesem Altökologen um Werte und Prinzipien, um wichtige Stilfragen, um innovatives Wirtschaften und eine moderne Zivilgesellschaft", schreiben die Autoren. Auch der Satz eines Stuttgarter Kommunalpolitikers, Kretschmann sei der anständigste Mensch, der je in Deutschland Regierungschef geworden sei, darf nicht fehlen.

Manchmal wäre eben eine kritischere Reflexion dessen wünschenswert, was Kretschmann will: etwa wenn es um die Haushaltspolitik geht oder seinen sehr emphatischen Begriff von der Bürgergesellschaft. "Denn nur wo Mangel herrscht, kann es Freiheit geben" zitieren sie Kretschmann. In den Koalitionsverhandlungen hat sich die neue Landesregierung für die Haushaltskonsolidierung mehr Zeit gegeben als die alte. "Da ist sie wieder, die fast an einen Kinderglauben erinnernde, hoffende Erwartung, dass alles verstehbar und verstanden wird, wenn nur alle Gutwilligen sich Zeit nehmen und Mühe geben", schreiben die Autoren. Letztlich können sie die Schwächen des frisch ins Amt gewählten Ministerpräsidenten natürlich nicht vorhersagen. Andeutungen darüber, welche Probleme der 63 Jahre alte Politiker haben könnte - die schmale Mehrheit, die konservative "Tiefengrammatik" des Landes, die Entscheidungsschwäche des bekennenden Regietheaterfans in der Villa Reitzenstein - finden sich aber in dem Porträt durchaus an einigen Stellen.

An der Verschlossenheit des Porträtierten und an mangelnden Quellen liegt es wohl, dass man in dem Buch auch nur wenig über die Kindheit und die Jugend findet. Das Internatsleben bei den Redemptortisten in Riedlingen habe zu Kretschmanns schlimmsten Erfahrungen gehört, das Lehrerelternhaus sei liberal und vom Reichtum des Kirchenjahres geprägt gewesen. Vergleicht man dieses Buch mit anderen und unter geringerem Zeitdruck geschriebenen Politiker-Biographien, muss man den Autoren aber auch großen Respekt zollen. Wer kann schon aus dreißig Jahren Beobachtung schöpfen und in so kurzer Zeit ein solches Buch vorlegen? Noch interessanter dürfte es werden, wenn am Ende von Kretschmanns Regierungszeit bei einer Neuauflage einige Kapitel über die Regierungspraxis des ungewöhnlichen grünen Politikers hinzu kommen sollten.

RÜDIGER SOLDT

Peter Henkel/Johanna Henkel-Waidhofer: Winfried Kretschmann. Das Porträt. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2011. 159 S., 14,95 [Euro].

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"Nun ist pünktlich zur geplanten Vereidigung des 62-Jährigen eine Biografie erschienen, in der die gängigen Klischees über Kretschmann mit Lust zerlegt werden." -- Die Zeit

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Gerade mal sechs Wochen nach der Landtagswahl erscheint die politische Biografie zum baldigen ersten grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann von Johanna und Peter Henkel. Dass bei der Eile Fragen offen bleiben, findet Roman Deininger nicht verwunderlich. Eher schon staunt er darüber, dass die wichtigsten Fragen zu Kretschmann (wie hält er's mit der Religion, mit dem Koalitionswillen?) sehr wohl beantwortet werden und kundig und differenziert dazu. In munterem Ton, essayistisch oder reportageartig kommt das laut Deininger daher und ist trotz oder wegen der offenen Sympathie für den Grünen Kretschmann - sympathisch.

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