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Die Autobiografie Hans Joachim Meyers ist so, wie ihn die Öffentlichkeit kennt: meinungsstark, klar und mutig. Das Buch beschreibt Meyers Erfahrungen sowohl in der DDR, während der Wende als auch später in der Bundesrepublik. Der Fokus liegt dabei auf seinem öffentlichen Wirken als Wissenschaftspolitiker, Minister und ranghöchster Laienkatholik. Dabei kommt der Autor auch zu unbequemen Thesen und Einschätzungen.

Produktbeschreibung
Die Autobiografie Hans Joachim Meyers ist so, wie ihn die Öffentlichkeit kennt: meinungsstark, klar und mutig. Das Buch beschreibt Meyers Erfahrungen sowohl in der DDR, während der Wende als auch später in der Bundesrepublik. Der Fokus liegt dabei auf seinem öffentlichen Wirken als Wissenschaftspolitiker, Minister und ranghöchster Laienkatholik. Dabei kommt der Autor auch zu unbequemen Thesen und Einschätzungen.
Autorenporträt
Hans Joachim Meyer (1936-2024), war einer der bekanntesten Wissenschaftspolitiker Deutschlands. In seiner Zeit als Minister in der DDR und dann in Sachsen wurde er zum wissenschaftspolitischen Vordenker. Seinen Ruf als unbequemer, aber mutiger Kopf hat er auch als Vorsitzender des ZdK bewiesen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zwar hätte sich Heike Schmoll das Buch insgesamt knapper und pointierter gewünscht, trotzdem findet die Rezensentin die Ausführungen des einstigen sächsischen Wissenschaftsministers Hans Joachim Meyer über die (Wieder-)Vereinigung der beiden deutschen Wissenschaftssysteme nach 1990 durchaus interessant. Schmoll findet darin "viele treffende Beobachtungen über ost- und westdeutsche Prägungen", die sie nachdenklich stimmen. Die Kritikerin hebt besonders hervor, dass Meyer auch eigene politische Niederlagen und Fehden anspricht; seine kritische Sicht auf die Bologna-Reform hält Schmoll für aufschlussreich. Wenig Verständnis zeigt sie hingegen dafür, dass der CDU-Politiker die Kritik an der Rechtschreibreform von 1996 marginalisiert. Ein Lob ringt sich die Kritikerin schließlich auch für die Zeitlosigkeit von Meyers Analysen ab.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.12.2015

Er riskierte den Alleingang gegen Bologna
Wiedervereinigung des Wissenschaftssystems: Hans Joachim Meyer erinnert sich an herzliche Feindschaften

"Für die Deutschen im Osten bedeutete der Beitritt, faktisch über Nacht zu Lehrlingen zu werden und zu Einwanderern im eigenen Land". Die Folgen der asymmetrischen Einheit beschreibt der langjährige sächsische Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer in seinem Lebensbericht dezidiert aus der Perspektive eines Ostdeutschen. Er gehört zu denjenigen, die versucht haben, im schwierigen Einigungsprozess vor allem in der Wissenschaft der Bundesrepublik bei aller nötigen Anpassung doch sie selbst zu bleiben.

Dem entschiedenen Katholiken geht es nicht darum, die DDR-Wissenschaft schönzureden, wie das nach seiner Beobachtung im Westen lange genug üblich war. Gegen den abrupten Gesinnungswandel im Jahre 1990, im Osten jede wirkliche Wissenschaft zu negieren, wehrt er sich jedoch genauso entschieden. Sein Schock über das Globalverdikt des damaligen Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft aus dem Jahre 1990, die DDR sei eine "wissenschaftliche Wüste", ist auch fünfundzwanzig Jahre danach noch spürbar, auch wenn der MPG-Präsident in erster Linie die Sozialwissenschaften meinte und damit nicht so unrecht hatte. Das Bildungswesen in der DDR sei zwar hoch ideologisiert gewesen, aber in seinem fachlichen Kernbestand "solide und anwendungsorientiert", hält Meyer dagegen.

Nach 1990 zeigte sich, dass Ostdeutschland einige wenige neue Universitäten brauchte, vor allem aber Fachhochschulen. Für eine Ingenieurschule oder Ingenieurhochschule war das attraktiv, für die vielen Spezialhochschulen dagegen eher ein Schock. Denn sie verloren damit das Promotionsrecht, darüber hinaus wurden die westdeutschen Fachhochschulen nicht als attraktive Vorbilder wahrgenommen, berichtet Meyer. Er verschweigt die vielen Verletzungen bei verdienten ostdeutschen Wissenschaftlern nicht, die nun wie Schulbuben examiniert wurden und im Falle ihrer Weigerung, sich demütigen zu lassen, den Dienst ebenso quittieren mussten wie die Belasteten.

Über die schwierige Gratwanderung zwischen persönlicher Integrität und fachlicher Kompetenz zu entscheiden, berichtet er als Involvierter, dem das ziemlich nahe ging. Seine politischen Niederlagen im Erneuerungsprozess verschweigt er so wenig wie die langjährige Feindschaft des wissenschaftspolitischen Sprechers der sächsischen CDU Matthias Rößler, der sich wohl selbst Hoffnungen auf das Wissenschaftsministerium gemacht hatte.

Aufschlussreich ist Meyers frühe Kritik an der Bologna-Reform, die von den meisten kritiklos hingenommen wurde. Wo immer er konnte, kämpfte er gegen das Täuschungsmanöver der englischen Abschlüsse. Als Anglist wusste er, dass der Bachelor in England keineswegs berufsbefähigend war, die Modularisierung eines akademischen Studiums hielt er von Anfang an für den falschen Weg. Er ging damals sogar so weit, als Sächsischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst im Bundestag gegen die Bologna-Trunkenheit seines Parteikollegen und Bundesbildungsministers Jürgen Rüttgers anzureden. Innerhalb der Kultusministerkonferenz (KMK) stand er mit dieser Haltung allerdings allein. Selbst sein bayerischer Amtskollege Zehetmair hatte die Auswirkung der Bologna-Reform völlig unterschätzt - wie er sehr viel später zugab, genauso wie im Fall der Rechtschreibreform.

Unverständlich ist, wieso Meyer die Kritik an der Rechtschreibreform als Lappalie abtut. Angesichts der minimalen Änderungen und der klaglosen Akzeptanz vieler, erscheint ihm der Glaubenskrieg darüber völlig unverständlich: "Besonders töricht fand ich die Behauptung, hier würde von der Politik in die organische Entwicklung der Sprache eingegriffen und diese von oben reglementiert." Als habe es je eine Orthographie gegeben, die nicht von oben beschlossen worden sei. Eine herzliche Feindschaft verband ihn offenbar mit der früheren Bundesbildungsministerin Schavan, die dafür gesorgt hatte, dass er der bildungspolitischen Kommission der CDU nicht angehörte, um so ungehindert den Reformpfad weitergehen zu können.

Viele seiner Analysen sind alles andere als zeitbedingt, das gilt etwa für seine Beobachtungen zum Abitur: "Nach dem Motto ,Jeder für sich und die Hochschulzugangsberechtigung für uns alle' polieren die einen unverdrossen die Säulenhalle des Abiturs, während andere in diesem Tempel, von jeder Wirklichkeitserfahrung unberührt, den Selbstbedienungsladen der gymnasialen Beliebigkeit zum Einheitspreis unterhalten." Zu seinen Lieblingsfeinden zählt der "akademisch-journalistische" Komplex, wie er die von ihm wahrgenommene Melange von Medienmacht und einer in seinen Augen von 1968 geprägten Öffentlichkeit nennt.

Man hätte dem Buch Straffungen gewünscht. Das ändert jedoch nichts daran, dass es nicht nur Einblicke in die jüngere deutsch-deutsche Vereinigung des Wissenschaftssystems gibt, sondern auch viele treffende Beobachtungen über ost- und westdeutsche Prägungen enthält, die nachdenklich stimmen.

HEIKE SCHMOLL

Hans Joachim Meyer:

"In keiner Schublade". Erfahrungen im geteilten und vereinten Deutschland.

Herder Verlag, München 2015. 776 S., geb., 36,- [Euro].

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