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Konzentriert, praxisnah, wegweisend - die Bilanz einer Debatte Das Basiswerk zum religionspolitisch wichtigsten Gegenwartsthema Wie bestimmen die religiösen Grundhaltungen von Christen und Muslimen das Zusammenleben hierzulande? Wie ist die Situation der dauerhaft hier lebenden Muslime, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen? Was sagen Wissenschaftler zu den religiösen, sozialen und politischen Hintergründen konkreter Probleme und Konfliktfelder? Wo besteht akuter, wo langfristiger Handlungsbedarf? Gibt es gelungene und vorbildliche Integrationsprojekte - und was zeichnet sie aus?…mehr

Produktbeschreibung
Konzentriert, praxisnah, wegweisend - die Bilanz einer Debatte Das Basiswerk zum religionspolitisch wichtigsten Gegenwartsthema Wie bestimmen die religiösen Grundhaltungen von Christen und Muslimen das Zusammenleben hierzulande? Wie ist die Situation der dauerhaft hier lebenden Muslime, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen? Was sagen Wissenschaftler zu den religiösen, sozialen und politischen Hintergründen konkreter Probleme und Konfliktfelder? Wo besteht akuter, wo langfristiger Handlungsbedarf? Gibt es gelungene und vorbildliche Integrationsprojekte - und was zeichnet sie aus? Experten muslimischer und christlicher Provenienz zeigen die gesellschaftlichen, rechtlichen und politischen Aspekte des Zusammenlebens von Muslimen und Christen aus muslimischer und christlicher Perspektive. Die grundlegende Orientierung.
Autorenporträt
Rohe, Mathias§Özsoy, Ömer, Prof. Dr., Professor für Koranexegese am Institut für Studien der Kultur und Religion des Islam, Goethe Universität Frankfurt am Main Rohe, Mathias, Prof. Dr., M. A., Professor für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung, Direktor des Erlanger Zentrums für Islam und Recht in Europa (EZIRE) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Engin, Havva, Prof. Dr., Professorin für Allgemeine Pädagogik, Leiterin des Heidelberger Zentrums für Migrationsforschung und Transkulturelle Pädagogik (Hei-MaT) an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg Khorchide, Mouhanad, Prof. Dr., Professor für Islamische Religionspädagogik, Stellvertretender Direktor des Centrums für religiöse Studien, Leiter des Zentrums für Islamische Theologie an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Schmid, Hansjörg, PD Dr., Referent an der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Privatdozent für Christliche Sozialethik an der Ludwig-Maximilians-Universität Münchenimilians-Universität München
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Eins wird Wolfgang Günter Lerch beim Lesen in den beiden Bänden dieses enzyklopädischen Handbuchs klar: Beim hochaktuellen Thema Muslime und Christen lässt sich nicht pauschalisieren. Was die 55 Autoren hier wissenschaftlich nüchtern, nicht polemisch an Informationen zusammentragen, ergibt für Lerch neben viel statistischem Material eine Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse, der theologisch-religiösen Grundlagen und der Rolle des Rechtsstaates für das Miteinander von Muslimen und Christen in Deutschland. Lerch liest die Motive der Migration, über die türkischen Aleviten im Land und dass die Islamisierung in weiter Ferne ist.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.01.2015

Das Vereinswesen als Integrationsfaktor
Verschiedene Weltlichkeiten: Das "Handbuch Christentum und Islam in Deutschland" lässt von pauschalen Urteilen nichts übrig

Im Jahre 2013 erschien das "Lexikon des Dialogs. Grundbegriffe aus Christentum und Islam", mit dem die Eugen-Biser-Stiftung religiöses wie theologisches Wissen über beide Weltreligionen verbreiten wollte. In rascher Folge ist nun das "Handbuch Christentum und Islam in Deutschland" auf den Markt gekommen: mit zwei Bänden und fast tausenddreihundert Seiten schon eine kleine Enzyklopädie. Fünf Herausgeber und insgesamt fünfundfünfzig Autoren aus allen für die Thematik relevanten Fachgebieten zeichnen in ihr für die Beiträge verantwortlich.

Angesichts der gegenwärtigen Brisanz des Themas Islam und Muslime in den westlichen Gesellschaften, angesichts des sich verstärkenden islamistischen Terrors in Europa und des Generalverdachts, den Gruppen wie Pegida, aber auch andere - nicht erst nach den Anschlägen von Paris - gegen "den Islam" hegen, ist dieses Werk bestürzend aktuell geworden. Sein wissenschaftlicher Charakter trägt zur Nüchternheit bei, die notwendig ist, um die realen Verhältnisse verstehen und einordnen zu können.

Um es vorweg festzuhalten: Eine Islamisierung des Abendlandes ist in weiter Ferne. 4,9 Prozent Muslime werden das nicht bewirken, selbst wenn ihr Anteil in der nächsten Generation ansteigen sollte. Richtig ist, dass insbesondere muslimische Migranten, drei Viertel aus der Türkei, weitaus religiöser sind und fürs Erste wohl auch bleiben werden als die deutsche Ursprungsbevölkerung, bei der seit den fünfziger Jahren eine drastische Entkirchlichung und auch Entchristlichung zu beobachten ist (weniger in Westdeutschland als in der früheren DDR, wo drei Viertel der Bevölkerung konfessionslos sind).

Eine gesellschaftliche Marginalisierung des Christentums in Deutschland ist dennoch nicht absehbar; gemessen am starken Rückgang von Kirchlichkeit und Gläubigkeit, sind sogar überdurchschnittlich viele Christen im öffentlichen Leben bis hinein in die Politik, die Volksparteien und Sozialverbände aktiv. Die Vita activa, zu der das Christentum die Gläubigen anregt, schlägt weiterhin zu Buche. Aber aus dem Streben nach Seelenheil ist dabei mehr und mehr das Streben nach einem säkularen, vorwiegend sozialen Heil geworden. Dabei ist das säkularisierte Deutschland weniger laizistisch als etwa Frankreich; die deutsche Aufklärung unterschied sich von der französischen dadurch, dass sie religiöser inspiriert war. Der unterschiedliche Stand der "Weltlichkeit" zwischen Muslimen und Christen, erst recht den agnostischen oder konfessionslosen Bürgern, bietet die meisten Reibungsflächen in einer pluralistischen Gesellschaft.

Zu den lehrreichsten Beiträgen gehört Havva Engins (Heidelberg) Aufsatz über die türkischen Aleviten, die in der Bundesrepublik immerhin eine Gemeinde von etwa 530 000 Anhängern stellen. Diese Migranten aus der Türkei, vornehmlich aus Anatolien, die dort selbst vom sunnitischen Mehrheitsislam seit Jahrhunderten dominiert, auch unterdrückt werden, sind vergleichsweise stark verweltlicht und pflegen ihre aus dem heterodoxen Schiitentum heraus entwickelte Kultur, ohne größere Schwierigkeiten. Eher modernistisch eingestellt ist auch die auf Mirza Ghulam Ahmad zurückgehende Ahmadiyya-Gemeinschaft, die allerdings wegen ihrer teilweise metaphorischen Auslegungen des Korans und anderer Abweichungen von anderen Muslimen abgelehnt wird.

Die muslimische Migration ist mittlerweile etwas älter als fünfzig Jahre. Sie begann mit Arbeitsmigranten ("Gastarbeitern"), setzte sich als Familiennachzug fort und hat sich heute zu einer Einwanderung entwickelt, die längst auch Muslime vom Balkan, aus den muslimischen GUS-Republiken, Nordafrika, Arabien, Ostasien und Iran umfasst. Nicht zu vergessen sind in diesem Kontext auch Juden und orthodoxe Christen aus Osteuropa. Die Motive der Migration sind vielfältiger geworden (Studium, Berufswahl, EU-Freizügigkeit, zuletzt Flüchtlinge aus islamischen Ländern und Regionen). Vierzig Prozent der Iraner, die bei uns leben, gehören überraschenderweise keiner Religionsgemeinschaft an, wobei es gewisse Schwierigkeiten bereitet, dies überhaupt festzustellen. Der Islam ist keine Kirche.

Nimmt man das Vereinswesen - etwa Sportvereine - als Maßstab, so ist die Partizipation muslimischer Menschen am Leben unserer Gesellschaft bereits größer, als mancher glauben mag, was freilich die Abgeschlossenheit konservativer Milieus ("Parallelgesellschaften") nicht ausschließt. Freilich: Sie gibt es auch in klassischen Einwanderungsländern - und beileibe nicht nur unter Muslimen.

In Aufsätzen, die von viel statistischem Material untermauert werden, analysieren die Autoren die aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse. Ebenso gehen sie auf die theologisch-religiösen Voraussetzungen für das Zusammenleben von Muslimen und Christen im säkularen Deutschland ein und auf die Erwartungen der Religionsgemeinschaften an den Rechtsstaat und des Rechtsstaates an sie. Wertepluralismus ist dabei das alles beherrschende Stichwort einer freien Gesellschaft. Das Menschenbild in Islam und Christentum wird verglichen, Initiativen wie die von der Bundesregierung einberufene Islamkonferenz werden dargestellt. Islamismus und Fundamentalismus bieten die größten Herausforderungen für den Rechtsstaat und den Verfassungsschutz, die angesichts der Radikalisierung mancher Muslime vor neuen Herausforderungen stehen.

Die Aufsätze, zu deren Verfassern unter anderen liberale muslimische Theologen und Exegeten wie Ömer Özsoy (Frankfurt) und Mouhanad Khorchide (Münster) sowie der Jurist und Scharia-Spezialist Mathias Rohe aus Erlangen gehören, machen deutlich, dass die Themen, die zwischen Muslimen und Christen debattiert wurden und werden, nicht auf einen pauschalen Nenner gebracht werden können, schon gar nicht im Sinne einfacher Entgegensetzungen. Die Verhältnisse sind längst ausdifferenziert. Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff, auf den das Wort vom Islam, der zu Deutschland gehöre, zurückgeht, hat ein kurzes einleitendes Grußwort beigesteuert.

WOLFGANG GÜNTER LERCH

"Handbuch Christentum und Islam in Deutschland". Grundlagen, Erfahrungen und Perspektiven des Zusammenlebens.

Hrsg. von Mathias Rohe u.a. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2014. 1297 S., geb., 48,- [Euro].

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