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Paris kannte Undine Gruenter wie wenig andere. Sie folgt in ihren Erzählungen den Menschen in Restaurants und Cafés, in Metrostationen und Hotelzimmer und beobachtet ihre erotischen Verwicklungen, ihre Trennungen und Versöhnungen. Geschichten voller Atmosphäre und Poesie und zugleich eine wunderbare Liebeserklärung an die Stadt, in der Undine Gruenter lange gelebt hat.

Produktbeschreibung
Paris kannte Undine Gruenter wie wenig andere. Sie folgt in ihren Erzählungen den Menschen in Restaurants und Cafés, in Metrostationen und Hotelzimmer und beobachtet ihre erotischen Verwicklungen, ihre Trennungen und Versöhnungen. Geschichten voller Atmosphäre und Poesie und zugleich eine wunderbare Liebeserklärung an die Stadt, in der Undine Gruenter lange gelebt hat.
Autorenporträt
Undine Gruenter, 1952 in Köln geboren, studierte Jura, Literaturwissenschaft und Philosophie. Sie lebte bis zu ihrem Tod 2002 in Paris. Bei Hanser erschienen Ein Bild der Unruhe (1986), Nachtblind. Erzählungen (1989), Vertreibung aus dem Labyrinth (1992), Das Versteck des Minotauros (2001), Sommergäste in Trouville. Erzählungen (2003), Der verschlossene Garten (2004) und Pariser Litertinagen. Erzählungen (2005)
Rezensionen
"Das Dokument einer ungebrochenen Leidenschaft...In ihrem poetischen Blick auf die Stadt gewinnt ihr Buch eine durch und durch schöpferische Note."
Hans-Dieter Fronz, Der Bund, 01.10.05

"...eine beeindruckende Hommage an ein imaginäres Paris des 20. Jahrhunderts..."
Elfriede Czurda, Die Presse, 15.10.05

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Gerne gelesen hat Rezensent Joseph Hanimann dieses posthume Paris-Buch der 2002 verstorbenen Autorin. In Undine Gruenters "subtilen, mitunter witzigen Texten" findet er Paris weniger beschrieben, denn als Lebensform beschworen. Der Ton der Texte sei "der von erinnerten, nachempfundenen Gängen durch die Stadt". Im Sinne Benjamins beschreibe Gruenter dabei Stadt und Dinge als bereits im Verschwinden begriffene Phänomene. Das hat der Einschätzung des Rezensenten zufolge auch mit der tödlichen Krankheit der Autorin zu tun, die, als sie diese Texte schrieb, Krankenhaus beziehungsweise Wohnung schon nicht mehr habe verlassen können. So liege als gemeinsamer Grundklang über dieser Prosa "der des Entschwindens". Manche dieser "ohne Punkt und Komma hingerafften Texte" legen bei ihm allerdings die Vermutung nahe, dass "Stadt und Wahrnehmungssubjekt" darin schon eins geworden seien.

© Perlentaucher Medien GmbH"

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.10.2005

Und nirgends ein Schwan
Bildnisse einer verblassenden Zeit: Auf ihren Streifzügen durch Paris beschwört Undine Gruenter die Lebensform der Libertinage

Die Möglichkeiten der Paris-Literatur scheinen ausgeschöpft. Buchtitel wie "Paris hat kein Ende" von Enrique Vila-Matas oder "Immer Paris" von Karl Heinz Götze behaupten zwar bis heute das Gegenteil. Doch die Stadt hat wohl schon bei Benjamin und Hemingway literarisch gegeben, was sie zu geben hat, zumindest für Ausländer. Das kann auch die Autorin dieses Buchs nicht leugnen. Am Mythos Paris weiterzustricken sei nichts als der zehnte Aufguß einer zum Stillstand gekommenen Paris-Literatur, schreibt Undine Gruenter, der bis zu ihrem Tod vor drei Jahren das Leben in dieser Stadt eine wahre Leidenschaft war. Und nun erscheint von ihr postum ein Paris-Buch von ganz eigener Art. Die Stadt ist in diesen Prosatexten nicht Thema, nicht Kulisse, nicht Muse oder Stofflieferantin, sondern eine Lebensform.

Diese Libertinage führt zu jener höheren Freiheit, die fern von allem individualistischen Ich-Zeremoniell um so souveräner die Regeln bricht, je besser sie sie beherrscht. Paris hat über die Jahrhunderte die Regeln des guten Geschmacks gepflegt und verletzt, die Ästhetik des Häßlichen und die Kunst des Stilbruchs perfektioniert. Tausendfach funkelnd strahlt die Stadt heute die Spielmöglichkeiten damit zurück, mit einem ganz eigenen Gelbstich - jene freche Farbe, mit der schon Aragon 1924 in "Libertinage" seine Tabubrüche feierte. Das Zeitalter des Libertins sei wieder angebrochen, "wir sind ironisch, frivol und heiter wie die erfundenen Narzissenfelder", schreibt Undine Gruenter.

Die Zeitebenen springen über Wetterumschläge - im Französischen dasselbe Wort, "temps" - bald regnerisch, bald sonnig übereinander. Bei der nächtlichen Autofahrt nimmt die Erzählerin während ihres ersten Paris-Besuchs Mitte der siebziger Jahre die Stadt wahr wie einen schon im Erscheinen verblassenden Traum. Zugleich drängt beim Krankenbesuch eines Freundes im Spital mit der "Trostlosigkeit an den Rändern sich einrollender Scheiben Mortadella" auf dem Eßtablett die Ahnung des körperlichen Zerfalls herein, in dem die Autorin selbst diese Texte schrieb. Ihre Erdgeschoßwohnung am Montmartre konnte sie, so die Herausgeberin, nicht mehr verlassen - und wenn ein gemeinsamer Grundklang über diesen subtilen, mitunter witzigen Texten liegt, ist es der des Entschwindens.

Daß Paris, die Stadt der Liebe, vor allem die ihrer Abwesenheit ist, erfährt die Erzählerin früh - wenn auch nicht unbedingt am eigenen Leib. An den von den Fotografen tausendfach festgehaltenen Stadtsujets läßt sich vielmehr, etwa bei einem Gang über die Place Gambetta, die existentielle Vergänglichkeit der Dinge noch einmal erfahren: nicht als Straßenszenen der Paare, nicht als Ontologie des Stadtlebens und wohl auch nicht als "Dingwelten" im Sinne Benjamins, sondern als das vielleicht schon "bald Verschollene". Nostalgie wäre hier aber fehl am Platz. Der Ton ist vielmehr der von erinnerten, nachempfundenen Gängen durch die Stadt, durch die Tuilerien und über die Place du Carrousel etwa, wo gerade die Glaspyramide für den Louvre entstand: schwerer Himmel, weißer Staub, Dreck, Bretterzaun mit Graffiti, feingeschnittene Hecken, Autoschlange - "und nirgends ein Schwan", der wie einst bei Baudelaire an diesem Ort bei einer anderen Louvre-Baustelle im Sand badete.

Es kommt nicht von ungefähr, daß die meisten hier evozierten Orte am Nordrand der Stadt liegen: dort, wo das heutige Hochglanz-Paris am wenigsten fortgeschritten ist. Das Bistro "L'Etoile de Montmartre" am Nordhang des Hügels etwa ist mit seinem schmutzig kalten Neonlicht ein Paradies von Anti-Gemütlichkeit, die im tellerklappernden Tumult die Gäste zusammenbringt und doch nie weinselig verbrüdert. Im Gezänk mit der langjährigen Deutsch-Pariserin, ob die salamiartige Wurst "Rosette de Lyon" oder "Rosette de France" heißt, muß dann aber letztlich auch die Seinsfrage tranchiert werden: Ist Schreiben Selbsttherapie? Ist das dahinterstehende Ich überhaupt noch als Einheit zu nehmen? Manche der ohne Punkt und Komma hingerafften Texte legen in ihrem Empfindungsstaccato die Vermutung nahe, Stadt und Wahrnehmungssubjekt seien hier schon eins geworden. Streift aber der Blick über die Oliven auf dem Tisch, meldet sich doch wieder so etwas wie subjektiver Eigensinn. Dem Schriftsteller Somerset Maugham wird nachgesagt, er sei mit einer Olive in der Hand gestorben, als Unterpfand für den geliebten italienischen Süden. "Mein Süden, meine Antike sind strikt französisch", erklärt Undine Gruenter dagegen kategorisch. Ihre Vorliebe für Oliven sei rein ästhetisch: "Sehen - nicht essen. Aber wir essen doch." Und wir lesen es gern.

Undine Gruenter: "Pariser Libertinagen". Herausgegeben und mit einem Nachwort von Katrin Hillgruber. Hanser Verlag, München 2005. 190 S., geb. 17,90 [Euro].

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