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Was macht komische Bücher komisch? Was macht erfolglose Autoren erfolglos? Wilhelm Genazino - berühmt für seine Beobachtungsgabe und seinen Wortwitz - über Theodor W. Adornos Humor, über Fotografien, über das Lachen und andere Begebenheiten. Wie immergelingt es ihm, aus scheinbar Alltäglichem, Banalem das Verblüffende, Unerhörte, nie Gesehene herauszulesen.

Produktbeschreibung
Was macht komische Bücher komisch? Was macht erfolglose Autoren erfolglos? Wilhelm Genazino - berühmt für seine Beobachtungsgabe und seinen Wortwitz - über Theodor W. Adornos Humor, über Fotografien, über das Lachen und andere Begebenheiten. Wie immergelingt es ihm, aus scheinbar Alltäglichem, Banalem das Verblüffende, Unerhörte, nie Gesehene herauszulesen.
Autorenporträt
Wilhelm Genazino, 1943 in Mannheim geboren, lebte in Frankfurt und ist dort im Dezember 2018 gestorben. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Georg-Büchner-Preis und dem Kleist-Preis. Bei Hanser erschienen zuletzt: Bei Regen im Saal (Roman, 2014), Außer uns spricht niemand über uns (Roman, 2016), Kein Geld, keine Uhr, keine Mütze (Roman, 2018), Der Traum des Beobachters (Aufzeichnungen 1972-2018, 2023).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.10.2004

Quietschkommode des Glücks
Hinschauen, Entspannen, Nachdenken: Wilhelm Genazinos Essays schalten drei Gänge herunter und belohnen die Geduld des Lesers mit nachhaltiger Wahrnehmung
Als Sten Nadolnys Romanerfolg „Die Entdeckung der Langsamkeit” ins Englische übersetzt worden war, befand der Kritiker des „Times Literary Supplement”, zu den größten Leistungen des Autors gehöre „die Art, wie der Rhythmus seiner Prosa die Geschwindigkeit unserer Wahrnehmung verändert”.
Der Buchtitel wurde damals in Kreisen, die auch Paul Virilio lasen, zur Widerstandsparole gegen die Beschleunigung des Alltags erklärt, was sich indes bald als ein schnellebiger Trend unter vielen erwies. Zwanzig Jahre später haben wir uns in einer Epoche der flüchtigen Blicke, der knatternden Bildersalven und des galoppierenden Gedächtnisverlusts häuslich eingerichtet. Und doch haben wir, mit einiger Verzögerung, die Prosa eines Wilhelm Genazino entdeckt, gegen die Nadolnys Seefahrer-Epos sich nur mehrt wie eine in mäßigem Tempo erzählte Abenteuergeschichte ausnimmt, mit menschenfreundlicher Bedächtigkeits-Philosophie.
Was es wirklich bedeutet, im Gleichklang mit einem Textfluss die eigene Wahrnehmungshektik abzulegen, zwei bis drei Gänge herunterzuschalten und die Gedanken von der Rennbahn auf die Wanderstrecke umzulenken, das lässt sich an den Romanen des Büchner-Preisträgers Genazino erproben - noch besser womöglich an seinen essayistischen Arbeiten, die jetzt unter dem Titel „Der gedehnte Blick” erschienen sind.
Wenn der Absatz von Digitalkameras explodiert, wirkt nichts unzeitgemäßer, ja abseitiger als der Erfahrungsbericht eines Mannes, der wochenlang immer wieder dieselbe alte Schwarzweißfotografie betrachtet hat, um Aufschlüsse über die Natur des Sehens zu gewinnen. Das Ganzbildporträt zweier melancholischer Kinder im Sonntagsstaat, die eine Puppe und eine Ziehharmonika als „Stellvertreter des Glücks” im Arm halten, inspiriert den Flohmarktflaneur Genazino zu weitreichenden Mutmaßungen über die Funktion des Auges als Erkenntnisinstrument und die Rolle des Sehsinns beim Identitätserwerb, sprich: beim Erwachsenwerden.
Die Auslegung des Bildes, zwischen Einfühlung und Spekulation unangestrengt vermittelnd, führt Genazino zum Konzept der „Epiphanie”, wie James Joyce es in seinem frühen Roman „Stephen Hero” umrissen hat, und damit zur Erläuterung seines eigenen, neuerdings so einhellig gerühmten literarischen Verfahrens: Es besteht darin, banalen Objekten zu einer Ausstrahlung zu verhelfen, „die sie augenblicksweise aufleuchten lässt”.
Im zentralen Essay der Sammlung bringt Genazino jenes Leuchten in Verbindung mit einer Technik des verlangsamten, die Dinge unablässig verwandelnden und umdeutenden Hinschauens, die ihrem Wesen nach gesellschaftlich randständig, ja widerständig ist. „Der gedehnte Blick”, heißt es, „sieht auch dann noch, wenn es nach allgemeiner Übereinkunft, die schon längst beim nächsten oder übernächsten Bild angekommen ist, nichts mehr zu sehen gibt. Wir können sagen: Erst wenn das gemeine, das verallgemeinerte Auge die Oberflächenstruktur eines Bildes fixiert und das Bild damit 'erledigt', das heißt registriert ist, erst dann beginnt die Arbeit des gedehnten Blicks.”
Die geschärfte, vollkommen entschleunigte Aufmerksamkeit, die der Autor als Romancier unscheinbaren Figuren, alltäglichen Dingen und Vorgängen angedeihen lässt, widmet er auch als Essayist seinen Gegenständen. Dabei knüpft er ein feines Netz von Themen und Motiven, das die hier versammelten Texte am Ende als Einheit erscheinen lässt, obwohl sie zu unterschiedlichen Zeiten und Anlässen verfertigt wurden.
Mit demselben akribischen, doch immer respektvollen Beobachtungsdrang nähert er sich den Werken und sonstigen Lebensäußerungen der Dichter und Philosophen, denen er sich geistig verwandt fühlt oder die sein Denken befruchtet haben. Ob er Kafka beim Schwindeln ertappt, Samuel Beckett huldigt, das Arbeitsprinzip Claude Simons enthüllt oder Adornos „Verweigerung des Lachens” untersucht - stets beginnt er dort, wo wir schon einiges zu wissen glaubten, und zwingt uns so sanft wie unwiderstehlich dazu, noch einmal genauer hinzusehen.
Das tut er freilich auch dort, wo es „nur” um das betagte Publikum einer Schlagerparade im Fernsehen oder um jene verwirrten Außenseiter geht, die in den Innenstädten durch laute Selbstgespräche und Schimpftiraden auffällig werden: Genazino, der unpathetische Humanist, findet für sie alle einen Platz in seiner kleinen Typenlehre der Sehnsucht. Randexistenzen, Einzelgänger, Ausgegrenzte und Versager geraten immer wieder in den Fokus seines gedehnten Blicks. Die Phänomenologie des Scheiterns ist sein Fachgebiet, nicht nur in der Unterabteilung „Literarische Erfolglosigkeit”, in der ihm Musil und Broch, Italo Svevo und Marieluise Fleißer begegnet sind - und der er nun, ganz ohne triumphalen Gestus, glücklich entkommen ist: „Das Unverstandene an meinen Niederlagen”, notiert er, „hat einen inneren Text hervorgebracht, ohne den ich heute nicht leben möchte.”
Den passionierten Straßenbahnfahrer zieht es hinaus in die Vorstadt, die für ihn zur „Konkursmasse der Moderne” gehört: Hier beobachtet er beruhigende „Fortschrittsresistenz” ebenso wie wachsende Vereinsamung und Desorientierung, hier nährt er seine Reflexionen über Heimat und Fremdheit, die dann wieder seine Überlegungen zum „Ort der Handlung in der Literatur” grundieren. Wilhelm Genazino, Passant zwischen den Welten, repräsentiert den Idealtypus des Flaneurs, aber er kann auch sehr konkret werden, politische Rhetorik auf faschistische Keime durchsuchen, Alarm schlagen gegen Gewalt und Extremismus.
Er kann das, was ihn neben dem Scheitern am meisten interessiert, das komplizierte Beziehungsgeflecht zwischen Komik und Humor, Witz und Ironie, unter Berufung auf Jean Paul und Sigmund Freud, Henri Bergson und Helmuth Plessner hochseriös abhandeln; er kann klug den „außengeleiteten Humor” von der „komischen Empfindung” unterscheiden und schließlich die „Latenz des Komischen” in Adornos Ästhetik mit Anekdoten illustrieren, unter denen jene vom denkwürdigen Zusammentreffen zwischen Teddie und Charlie (Chaplin) die wunderbarste ist.
Für alles gilt: Der Leser muss sich auf die Geduld und Behutsamkeit dieses schweifenden Blicks einlassen, um an seiner Nachhaltigkeit teilhaben zu können. Und darf dann auch darüber lachen, dass die Wahrnehmung im Zeitlupentempo sich manchmal selbst ein Schnippchen schlägt. Wenn Genazinos Spürsinn für das Banale, das „Unaufräumbare”, bei den Plastikstühlen verweilt, „auf die sich weite Teile unserer Gastronomie inzwischen eingeschworen haben”, muss jeder, dem das Straßen- und Terrassenmobiliar unserer schönheitstrunkenen Epoche nicht völlig am Allerwertesten vorbei geht, protestieren: Sie sind längst wieder auf dem Rückzug. Wie warnte schon Beckett, zitiert bei Genazino: „Das Auge wird zu den Stätten seiner Betrügereien zurückkehren.”
Wilhelm Genazino
Der gedehnte Blick
Carl Hanser Verlag, München 2004. 191 Seiten, 17,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2004

Der zitternde Text
Wilhelm Genazino über das Komische / Von Ernst Osterkamp

In Wilhelm Genazinos kleinem Entwicklungsroman "Eine Frau, eine Wohnung, ein Roman" (2003) unterhalten sich zwei junge Leute, die beide gern ihren ersten Roman schreiben würden, aber noch nicht wissen wie. Auf beeindruckend altkluge Weise sprechen sie über Nutzen und Nachteil der Literaturtheorie. Linda, eine glühende Verehrerin Joseph Conrads, verwirft jede Literaturtheorie als "einzigen riesigen Kompensationsakt" derer, die zu große Hoffnungen in die Literatur gesetzt haben. Der Ich-Erzähler, ganz Kafka hingegeben, weist dagegen die Identifikation von Werk und Autor mit dem Argument zurück, daß jedem Text eine Entfernung des Autors von der Welt zugrunde liege, und diese Distanz erzwingt die literaturtheoretische Reflexion: "Das Schreiben ist ein Versuch, mit der Welt draußen einen phantastischen Kontakt aufzunehmen."

Natürlich bleibt dieser Streit im Roman ungeschlichtet, aber vielleicht läßt sich der Konflikt zwischen dem Wunsch nach Freiheit von allen literaturtheoretischen Dogmen und der Einsicht in die Notwendigkeit der ästhetischen Reflexion in Kopf und Herz eines Autors auch gar nicht schlichten. Vermutlich repräsentieren Linda und ihr männlicher Kontrahent die zwei Seelen in der Brust ihres Autors Wilhelm Genazino. Der spricht nämlich anläßlich der Entgegennahme eines Literaturpreises wie seine Linda: "Schreibweisen sind Existenzweisen." Und läßt in einem Text über Claude Simon keinen Zweifel daran, daß nur aus der Rezeptlosigkeit, der Absichtslosigkeit und der Resistenz des Autors gegen alle Dogmen ein "Meisterwerk" erwachsen könne. (Nur freilich: was ist ein Meisterwerk? Setzt der Begriff selbst nicht schon Rezepte, vielleicht sogar Dogmen voraus?) Und besteht schließlich in einem kleinen Aufsatz über die Handlungsorte der Literatur darauf, daß ästhetische Reflexion nie der Wirklichkeit eines Romantextes gerecht werden könne: "In der Kunstproduktion gibt es nicht nur keine gesicherten, sondern es gibt überhaupt keine Ansichten."

Das gibt immerhin Anlaß zu dem allseits beliebten Germanisten-Bashing: "Der allwissende Autor war nie allwissend gewesen. Der allwissende Autor ist eine Fiktion der erzählenden Germanistik." (Erzählende Germanistik? Hm. Eigentlich ein sympathischer Gedanke . . .) Der Autor also: ein "radikaler Heimwerker", der "ohne Muster, ohne Werkzeug, ohne Erfahrung, ohne Übersicht, ohne Verläßlichkeit, ohne Berechnung, ohne Plan" arbeitet, während die Kritiker, fixiert auf Muster, Werkzeuge etc., "so gut wie nichts vom Schreiben verstehen." So weit die Linda-Seele in der Brust des Autors Wilhelm Genazino.

Ihr aber steht, wie die hier anzuzeigende Sammlung von Genazinos kleinen Schriften zu Literatur und Leben erweist, in derselben Brust ein erstaunlich starker Theoretiker gegenüber, der über die Bedingungen und Resultate seines Schreibens begriffsklar und beobachtungsscharf Rechenschaft abzulegen weiß. Seine Reflexionen kreisen um drei thematische Kerne: das Recht des Autors aufs Scheitern, die komische Empfindung und jene Besonderheit des Sehens, die der Titelessay mit dem Begriff des "gedehnten Blicks" bezeichnet. Es ist leicht zu erkennen, daß diese drei Themen ins Zentrum der Ästhetik von Genazinos Romanen verweisen, deren Helden seit Anno "Abschaffel" (1977) geradezu durch ihre Distanz zur Welt definiert werden.

Genazino zitiert Becketts Satz "Künstler sein heißt scheitern, wie kein anderer zu scheitern wagt" und setzt dabei auf die identitätsbildende Kraft des Scheiterns. Da jede künstlerische Arbeit von der Möglichkeit des Mißlingens lebt, plädiert er für den Mut, gelegentlich auch gescheiterte Werke und Fragmente zu veröffentlichen, wobei er zu einer radikal unromantischen Definition des Fragments gelangt: "Das Fragment ist der Text, der uns sein Zittern zeigt." Denn es hat das Wagnis des Scheiterns, ohne das es Kunst nicht geben kann, noch nicht auf dem Altar der Form geopfert. Der Kritiker freilich könnte auf Genazinos Vorschlag entgegnen, er müsse ohnehin schon allzu viele mißlungenen Werke lesen.

Und wird sich statt dessen lieber an Genazinos Reflexionen über das Komische, den Witz und den Humor halten, die mehr als zwei Fünftel des Bandes füllen. Sie sind tatsächlich außerordentlich ergiebig, und es schadet ihnen keineswegs, daß sie im Gestus zitatengesättigter und keineswegs unakademischer Vorlesungen auftreten. Denn sie gelangen zu trennscharfen Bestimmungen der Begriffe Komik, Witz und Humor, die bisher oft genug "auf ihrerseits komische Weise durcheinandergeraten" sind. Genazino hat sie alle gelesen, die Theoretiker des Witzes und des Humors, des Komischen und des Lachens im weiten Spektrum von Jean Paul bis zu Plessner, und sie doch aus der Praxis seines eigenen Schreibens heraus für zu leicht befunden. Seine Sympathie gehört ganz dem, was er die "komische Empfindung" nennt: einer "Innerlichkeit der komischen Regung", die starker Außenreize nicht bedarf, wohl aber eines sensiblen Entdeckers der Lächerlichkeit der Außenwelt, der naturgemäß an dieser Lächerlichkeit selbst teilhat. In diesem Sinne nennt er die komische Kompetenz ein "Reflexionsspiel, dessen Ziel es ist, uns das Geschenk der Distanz zu machen" - und bezeichnet damit zugleich ein Grundprinzip seines Erzählens.

Wie die Studien zum Komischen, so weist auch der große Essay "Der gedehnte Blick" ins Zentrum von Genazinos Poetik. Die Leser seiner Romane kennen sie gut, diese gedehnten, jede Alltagswahrnehmung mit Bedeutung aufladenden Blicke. Genazino leitet die schriftstellerische Arbeit des gedehnten Blicks ab aus dem bedeutungssuchenden staunenden Kinderblick, dessen Wahrnehmungsform das "dauerhafte Perplex-Sein der Aufmerksamkeit" ist. Diese Fähigkeit zur permanenten Verdutztheit verwandelt der Schriftsteller - hier erhebt St. James Joyce sein Haupt - in das "Bedeutungstheater des Epiphanikers". Wer Genazinos Romane liest, betritt dieses Bedeutungstheater mit seinem beständigen Wetterleuchten sanfter Epiphanien vor dem Horizont der Alltäglichkeit. "Wir können nicht schauen ohne den Drang nach Bedeutung", so konstatiert der Essay. Können wir nicht oder wollen wir nicht? Jedenfalls scheint der "Drang nach Bedeutung" auch bei dem Epiphaniker Genazino ein wenig abzunehmen, und es mag deshalb zu dem außerordentlichen Erfolg seines Romans "Ein Regenschirm für diesen Tag" (2001) auch beigetragen haben, daß dessen flanierender Held am Ende immerhin dieses Dranges überdrüssig wird: "Guter Gott, wie mir dieser Zwang zum bedeutungsvollen Sehen auf die Nerven geht." Man darf also auf die weitere Entwicklung dieses klugen Schriftstellers gespannt sein.

Nicht nur die Verehrer von Genazinos Romanen werden diese schöne Sammlung von Reden, Essays und Vorlesungen mit Gewinn lesen. Allerdings scheint bei ihrer Konzipierung ein gewisses Klassizitätsverlangen des diesjährigen Büchnerpreisträgers am Werke gewesen zu sein, denn der Band enthält keinerlei Angaben über Entstehungszeit, Entstehungsanlaß oder Erstpublikation der Texte. Wir wollen dies eine grobe Unhöflichkeit gegenüber dem Leser nennen: Denn da alle Texte ihre geschichtlichen Spuren deutlich an sich tragen ("Und Sie haben sicher auch die Worte des bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber im Ohr"), ist er bei ihrer Lektüre nun beständig mit der Entzifferung ihrer Entstehungsumstände beschäftigt.

Wilhelm Genazino: "Der gedehnte Blick". Essays. Carl Hanser Verlag, München/Wien 2004. 191 S., geb., 17,90 [Euro].

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"Wir haben keinen anderen Autor, der die Banalität des Augenblicks ... so in ihrer Abgründigkeit und in ihrem Seligkeitsversprechen darzustellen vermag."
Joachim Kalka, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.01.2003

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Eines muss jeder Leser nach der Lektüre von Wilhelm Genazinos Textsammlung begriffen haben, meint Hubert Winkels: "Der Verächter des permanenten Entertainment-Feuerwerks ist selbst ein begnadeter Feuerwerker." Indem er die Bedeutung seiner Gegenstände erfindet, lässt er Bedeutung "explodieren", wo vorher nichts war und erweist sich als "poetischer Ethnograf des Inlands". Drei Hauptthemen macht der Rezensent in den versammelten Feuilletons, Essays und Aufsätzen aus: die Ambivalenz des Scheiterns, die Erkenntnisstruktur des Blicks und die "Komik als dichterische Kraft". Genazino biete nicht nur "geistreiche" Gedanken zu Kafka, Claude Simon oder Literaturpreisen, sondern erweise sich in den "gewichtigeren" Texten auch als "philosophischer Kopf", der allerdings der Dialektik der alten Frankfurter Schule mehr verbunden ist als der ironischen Art, die deren Nachfolgerin pflegt. In den Erzählungen greift Genazino nach dem Motto des "gedehnten Blicks" einzelne Bilder aus dem Fluss des unscheinbaren Alltags heraus und beginnt in aller Ruhe, sie zu betrachten.

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"Seine literarische Stimme ist unverwechselbar, dieser eigenbrötlerische Genazino-Sound des gebildeten Taugenichts, der durch die Großstadt stromert und kraft seiner schrägen Sicht auf die Dinge das Flüchtige fixiert und das Banale zum Leuchten bringt." Susanne Kunckel, Welt am Sonntag, 17.10.04

"Als Poetologie des wahrnehmenden Schreibens bildet diese Essaysammlung eine sehr gelehrte Rückseite für Genazinos Romane." Martina Meister, Frankfurter Rundschau, 13.10.04

"Wir haben keinen anderen Autor, der die Banalität des Augenblicks ... so in ihrer Abgründigkeit und in ihrem Seligkeitsversprechen darzustellen vermag." Joachim Kalka, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.01.2003

Genazino ist "der große Meister des Nebenbei". Meike Fessmann, Financial Times, 27.08.2004.

"... Beobachtungs- und Denksplitter, die, wie Splitter nach dem Kontakt mit einem rauen Stück Holz, unter die Haut gehen." Martina Meister, Frankfurter Rundschau, 13.10.2004