Marktplatzangebote
21 Angebote ab € 2,09 €
  • Gebundenes Buch

Eine Gebrauchsanweisung für die deutsche Sprache: was man mit ihr ausdrücken kann und was nicht, wie man ihre Möglichkeiten erweitert und was man tunlichst vermeiden sollte. Hans-Martin Gauger hat in den letzten Jahren beobachtet, wie sich unsere Sprache verändert hat, nicht zuletzt durch E-Mail und SMS. Noch nie wurde so leicht und unterhaltsam erklärt, was wir sagen, wenn wir reden.

Produktbeschreibung
Eine Gebrauchsanweisung für die deutsche Sprache: was man mit ihr ausdrücken kann und was nicht, wie man ihre Möglichkeiten erweitert und was man tunlichst vermeiden sollte. Hans-Martin Gauger hat in den letzten Jahren beobachtet, wie sich unsere Sprache verändert hat, nicht zuletzt durch E-Mail und SMS. Noch nie wurde so leicht und unterhaltsam erklärt, was wir sagen, wenn wir reden.
Autorenporträt
Hans-Martin Gauger, Jahrgang 1935, aufgewachsen im Saulgau, war von 1969 bis 2000 ordentlicher Professor für Romanische Sprachwissenschaft an der Universität Freiburg und von 1984 bis 1989 Vizepräsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.05.2005

Jagd auf den Buckelwal
Hochgebildete Bruddeligkeit: Hans-Martin Gaugers Sprachglossen

Der Romanist und Sprachwissenschaftler Hans-Martin Gauger hat sein Freiburger Ordinariat 1969, zur Kulminationszeit der antiautoritären Studentenbewegung, angetreten. Eine auffällige, auf den ersten Blick nicht ohne weiteres einleuchtende Zutat im politischen Zeitgeist jener Jahre war das leidenschaftliche Interesse der intellektuellen Revolutionäre am linguistischen Strukturalismus (eine Wahlverwandtschaft, der die legendäre Gründerfigur der generativen Transformationsgrammatik, Noam Chomsky, bekanntlich die lebensgeschichtliche Treue gehalten hat). Wahrscheinlich war die Faszination durch Systeme (und deren Sprengung) der Grund für diese intellektuelle Koalition zwischen marxistischer Revolution und fundamentalontologischer Grammatiktheorie. Der gnostische Verdacht gegen die unausweichlichen, nicht reformierbaren Tiefenstrukturen der kapitalistischen Demiurgenwelt verbündete sich mit einer Linguistik, der zufolge nicht eigentlich die Sprecher selbst der Herr im Haus der Sprache waren. Vielmehr realisierten sich dieser Sprachwissenschaft zufolge deren unzerbrechliche Tiefenstrukturen in den verschiedenen Sprachen der Völker und noch in den abseitigsten oder zufälligsten "Sprechakten" einzelner Individuen.

Gauger ist schon 1969 ein wissenschaftlicher Gegner dieser Auffassung gewesen. Noch in seinem neuen Buch, einer Sammlung von "Glossen zur Sprache", die vor allem im "Merkur" zuerst erscheinen sind, setzt er sich mit der Grundintention der generativen Transformationsgrammatik (nach der sich gesprochene oder geschriebene Texte fast in so etwas wie Instinkthandlungen verwandeln) in einer Auseinandersetzung mit dem Chomsky-Schüler Steven Pinker auseinander, die zu den inspiriertesten und temperamentvollsten Stücken des Bandes gehört. Ganz nebenbei zeigt Gauger hier eindrucksvoll, daß auch deutsche Autoren komplizierte wissenschaftliche Sachverhalte einfach, unterhaltsam und transparent darstellen können, ohne Genauigkeit und Autorität darüber zu verlieren.

Und es scheint mit jener wissenschaftlichen Gegnerschaft durchaus zusammenzuhängen, daß Gauger sich in seiner gesamten wissenschaftlichen und publizistischen Laufbahn besonders für das allgegenwärtige, intuitiv jedem zugängliche, wissenschaftlich aber schwer faßbare Phänomen des sprachlichen Stils interessiert hat. Gauger ist tief davon überzeugt, daß nicht anonyme Tiefenstrukturen, sondern konkrete und verantwortliche Individuen dafür zuständig (und daran schuld) sind, wie öffentlich und privat gesprochen wird. Ob, mit anderen Worten, gut gesprochen und geschrieben wird: Er zeigt sich in einer sehr altmodischen Weise überzeugt von der Existenz stilistischer Qualitätsmaßstäbe.

Interessant ist nun, daß er diese Qualitätsmaßstäbe nicht etwa aus feststehenden Regeln ableitet, sondern daß er sie aus einer geduldig erwägenden Introspektion angesichts existierender Sprachgebräuche gewinnt, in der Meditation darüber, wie bestimmte stilistische Moden und Verwendungen auf ihn selber als Leser und Hörer wirken und woran das liegen mag. "Ich weiß nicht recht, warum mich das alles ärgert", schreibt Gauger zum Beispiel in einem Stück über "Was mich nervt", und spürt dann dem eigenen Ärger nach. So geht er seinen verschiedenen idiosynkratischen Abneigungen (gegen Wendungen wie "den Aufstand proben" oder "wie man jetzt neudeutsch sagt" in Verbindung mit englischen Wendungen; gegen "allemal", "eh schon", "immer für eine Überraschung gut" und sogar gegen das tatsächlich ja irgendwie eklige Einzelwort "Schenkel") so lange und so geistreich nach, bis wir wirklich etwas gelernt haben über Sprachgebrauch und Sprache.

Daß dabei auch das Individuum Hans-Martin Gauger sichtbar wird, gehört zur Arbeitsmethode dieses Autors und wirkt sympathisch. Weil man sich als Leser in guten Händen weiß, interessiert man sich durchaus auch zum Beispiel dafür, daß Gauger Schwabe ist: "Natürlich weiß ich (und durchschaue mich insoweit schon), daß da die normale Irritation des Süddeutschen, insbesondere die des Schwaben, gegenüber dem Norddeutschen hervortritt. Schwaben haben ja zweifellos zumindest einen sprachlichen Komplex", schreibt er. Aber auch das Bekenntnis des Autors zu seinem Lehrer, der Hinweis auf Schüler gehört zu dieser protoautobiographischen Durchsichtigkeit seiner Glossen auf ein Individuum und auf dessen konkrete idiosynkratische Sensibilität. Denn diese Sensibilität, nicht der (freilich immer spürbare und spürbar gediegene) wissenschaftliche Hintergrund des Philologen Gauger ist das eigentliche Arbeitsinstrument seiner Schriftstellerei.

Gauger zeigt, wie man mit der Sphinx namens "Wissenschaft" als essayistischer Autor vielleicht überhaupt am gescheitesten Umgang pflegt. Er behält sie gleichsam im Augenwinkel, während er, freundlich und unprätentiös, aber ohne die gefürchtete Vereinfachung seine anspruchsvollen und manchmal durchaus sehr verwickelten Gegenstände mit dem Leser verhandelt. Auf manchen Seiten seines Buchs fühlt man sich wie der Beifahrer auf einem schweren Motorrad, dessen Pilot seinen ängstlichen Passagier, nachdem er eine Weile gemächliches Spaziertempo gefahren ist, plötzlich in die Beschleunigung mitnimmt, zu der seine Maschine in Wirklichkeit in der Lage und für die sie ausgelegt ist. "Der Gesang des Buckelwals", jene schon zitierte Auseinandersetzung mit Steven Pinker, gehört zu diesen Passagen.

Die idiosynkratische Facette in Gaugers Temperament dagegen kehren seine brillant mißgelaunten Polemiken hervor. Zum Beispiel gegen die allgegenwärtige prätentiöse Gewohnheit, von unserem westlichen Nachbarland, wenn es besonders feierlich und "gebüldet" zugehen soll, als von der "Grande Nation" zu sprechen - was den Franzosen selber nicht einfallen würde. Überhaupt besitzt Gauger eine schöne und für den Leser sehr unterhaltsame Begabung zur Ungeduld mit jeder Form von Dummheit im öffentlichen und privaten Sprachgebrauch. Eine hochsublimierte und wissenschaftlich exquisit informierte Freude daran, sich reizen zu lassen und gereizt zu zeigen, sicher eine Mitgift aus dem Sprachraum, wo diese Haltung mundartlich als "Bruddeligkeit" bekannt ist, bildet die Grundtonart auch der heitersten Auseinandersetzung mit den halbgebildeten Selbstgefälligkeiten unserer Honoratiorenkreise. Aber auch bei der Betrachtung politisch bedenklicher Sprachgebräuche (wie zum Beispiel der Formel von den "deutschen Juden" oder den "bürgerlichen Parteien") bewährt sich seine Methode. Dabei entgeht er auf manchmal ziemlich virtuose Weise dem präzeptorenhaften Gestenspiel des Sprach- und Kulturkritikers. Gauger versucht nicht außerhalb des Spiels zu stehen und uns zu belehren. Er beobachtet sich nur selbst und sagt, was er als Wissenschaftler weiß, was ihm als irritierbarer Leser, Fernsehzuschauer, Konversationalist auffällt oder auf die Nerven geht.

Und er tut dies, womit das letzte Verdienst dieses nützlichen, unterhaltsamen, lustigen und lehrreichen Buchs aufgezählt wäre, in einem Stil, der eine angenehm durchgearbeitete, gleichsam nobilitierte Mündlichkeit bewahrt. Reiseführer durch die eigene Sprache, stilistische Benimm-Fibeln aller Art haben derzeit Konjunktur. Es ist vielleicht keine Überinterpretation, dies als Symptom dafür zu nehmen, daß das Denken in Strukturen endgültig vorbei ist. In der "Berliner Republik" scheint sich jeder Bürger für sein Schicksal, sein Benehmen, seine Umgangsformen und seine Sprachverwendung sehr viel verantwortlicher zu fühlen, als das im alten Westen Mode war. Lesern, die auf lehrreiche und vergnügliche Weise etwas für ihr sprachliches Verantwortungsgefühl und Erscheinungsbild tun wollen, wird empfohlen, sich treiben zu lassen zwischen den Kurzkapiteln in Hans-Martin Gaugers neuem Buch. Es wird aber auch jedem von Nutzen sein, der anspruchsvolle sprachwissenschaftliche oder philosophische Zusammenhänge in freundlichen und durchsichtigen Formulierungen nachschlagen und sich klarmachen möchte.

STEPHAN WACKWITZ

Hans-Martin Gauger: "Was wir sagen, wenn wir reden". Glossen zur Sprache. Carl Hanser Verlag, München 2004. 277 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

" Nützlich, unterhaltsam, lustig und lehrreich sind nur einige der Adjektive, die der rezensierende Schriftsteller Stephan Wackwitz zur emphatischen Beschreibung dieses Buches heranzieht. In den darin abgedruckten Glossen und Texten des Romanisten und Sprachwissenschaftlers fand er nicht nur die deutsche Sprache, einzelne ihrer Worte und Redewendungen, subtil und gleichermaßen verständlich bin in ihre tieferen Schichten untersucht, "bis wir wirklich etwas gelernt haben über Sprachgebrauch und Sprache". Den rezensierenden Schriftsteller begeisterte besonders Hans-Martin Gaugers unterhaltsame Gabe "zur Ungeduld mit jeder Form von Dummheit im öffentlichen und privaten Sprachgebrauch". Auch zeige Gauger, wie man mit der Wissenschaft essayistischen Umgang pflegen könne, "freundlich und unprätentiös, aber ohne die gefürchtete Vereinfachung seiner anspruchsvollen und manchmal durchaus sehr verwickelten Gegenstände". Hoch rechnet der Rezensent dem Autor auch an, dass er nie versucht, außerhalb des Spiels zu stehen, um den Leser zu belehren. Er beobachte nur sich selbst und sage, was er als Wissenschaftler wisse und was ihm als irritierbaren Leser, Fernsehzuschauer und Konversationalisten auf die Nerven gehe.

© Perlentaucher Medien GmbH"
"Was wir sagen, wenn wir reden? Dieser Frage geht Hans-Martin Gauger in seinen wunderbaren "Glossen zur Sprache" akribisch, aber nicht pedantisch nach. [...] seine Argumentation sind höchst plausibel entfaltet und obendrein - das ist bei einem sprachkritischen Buch ja nicht unerheblich, der Autor ist sich "des ärgerlichen Abspruchs bewusst" - brilliant geschrieben." Martin Krumbholz, Neue Zürcher Zeitung, 17/18.04.04