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Tagsüber ist es die gnadenlose Julisonne, nachts "dieser fette Mond von Istrien", der die Leute in Pelegrin verrückt macht. Wie behext jedenfalls ist der Ehemann der Ich-Erzählerin von dem leerstehenden Haus nebenan. Dieses Haus will er haben. Um jeden Preis. Und immer besessener wird er, der Fremde, je mehr Widerstände er im kroatisch-italienischen Grenzland erfährt. Eine virtuose Farce, kafkaesk und komisch, die den Leser von der ersten Seite an in ihren Bann zieht.

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Produktbeschreibung
Tagsüber ist es die gnadenlose Julisonne, nachts "dieser fette Mond von Istrien", der die Leute in Pelegrin verrückt macht. Wie behext jedenfalls ist der Ehemann der Ich-Erzählerin von dem leerstehenden Haus nebenan. Dieses Haus will er haben. Um jeden Preis. Und immer besessener wird er, der Fremde, je mehr Widerstände er im kroatisch-italienischen Grenzland erfährt. Eine virtuose Farce, kafkaesk und komisch, die den Leser von der ersten Seite an in ihren Bann zieht.
Autorenporträt
Swartz, Richard
Richard Swartz, 1945 in Stockholm geboren, war Osteuropa-Korrespondent des Svenska Dagbladet. Sein Buch Room Service. Geschichten aus Europas Nahem Osten war ein internationaler Erfolg. Swartz lebt abwechselnd in Stockholm, Wien und Sovinjak (Istrien) und schreibt regelmäßig für verschiedene internationale Zeitungen. Bei Hanser erschienen Ein Haus in Istrien (Roman, 2001), Adressbuch. Geschichten aus dem finsteren Herzen Europas (2005) und Notlügen (2012). Im Herbst 2015 bei Zsolnay erschienen: Wiener Flohmarktleben.

Verena Reichel, geboren 1945 in Grimma, Sachsen, wuchs zweisprachig in Stockholm und in Süddeutschland auf. Nachdem sie eine Ausbildung an einer Journalistenschule absolviert hatte, studierte sie Skandinavistik, Germanistik und Theaterwissenschaft. Seit 1972 arbeitet sie als freie Übersetzerin von Prosa, Lyrik und Theaterstücken aus dem Schwedischen, Norwegischen und Dänischen.
Verena Reichel ist Mitglied im Verband Deutschsprachiger Übersetzer Literarischer und Wissenschaftlicher Werke im Verband Deutscher Schriftsteller. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen: 1987 den Übersetzerpreis der Schwedischen Akademie, 1992 den Helmut-M.-Braem-Preis, 1995 den Petrarca-Preis und den Nossack-Akademiepreis der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz (zusammen mit Lars Gustafsson), 1998 den Übersetzerpreis der Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Stiftung sowie 2008 den Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.03.2001

Fremder Mann, bau nicht an, wenn die Sonne lacht
Richard Swartz erzählt eine Heimatgeschichte aus Istrien / Von Dirk Schümer

Warum erwirbt jemand ein Haus? Verbaut über Jahre seine Ersparnisse, ruiniert seine Nerven, verschwitzt seine freie Zeit? Häuser haben viel gemeinsam mit einem Amour fou, treffen die Liebhaber wie ein Blitz ins Herz, und dann kennen sie nur noch ein Ziel: besitzen und einziehen. Richard Swartz schildert so einen Fall von Häuserwahn, siedelt ihn in seiner zweiten Heimat Istrien an, der Halbinsel an der Nordostecke der Adria, wo der Schwede selbst ein schönes Haus besitzt. Aber Swartz erzählt uns nicht die autobiographische Geschichte vom kühlen Nordländer, der sich mit viel Ausdauer gegen Bürokratie und Ureinwohner seinen Traum vom Häuschen am Mittelmeer verwirklicht.

Der Mann, der in dieser Geschichte sein istrisches Haus mit allen Mitteln haben will, trägt keinen Namen. Er wohnt mit seiner Frau bereits vor Ort, im kleinen Nachbarhaus seines Traumobjekts. Wahrscheinlich hat er zu lange über die Mauer in Nachbars verwilderten Garten gestarrt, konnte den Leerstand nicht mehr ertragen, phantasierte sich in Fensternischen und Dachkammern hinein. Oder "dieser fette Mond von Istrien" hat ihn, den Fremden im Bergdorf Pelegrin, schlicht verrückt gemacht. Er klettert nachts über die Mauer, reißt sich an Flaschenscherben die Arme blutig, streunt auf dem Gelände umher wie eine rollige Katze. Seinen Wahn schildert uns - wie überhaupt das gesamte Geschehen - seine Frau, die als tristes Ehegespons selbst wenig zu sagen hat. Die Häuserliebe ihres Gatten, den sie mit schlechten Gründen ausdauernd "der Schatz" nennt, hat sie zu erdulden und meist den Mund zu halten.

Dieses nicht mehr ganz junge Ehepaar von der traurigen Gestalt begleiten wir auf einer Tour durch die nähere Umgebung: zum perfiden Nachbarn, der den Schlüssel für das begehrte Haus nicht herausrückt, aber endlos von seiner banalen Familiengeschichte erzählt. Zum Liegenschaftsamt, wo eine struppige Beamtin die passenden Akten kaum auftreiben kann. Zum kurzatmigen Anwalt im Nachbarstädtchen, der beim Mittagessen in brüllender Sommerhitze dringend vom Häuserkauf abrät, dafür aber allerhand skurrile Ratschläge für die persönliche Gesundheit im Alter bereithält. Und schließlich in die istrische Hauptstadt Triest auf der anderen Seite der Grenze, wo das italienische Hausbesitzerpaar bei Schinken und Melone viel über Haustiere und Nierenleiden, wenig jedoch über die Immobilientransaktion kundgibt.

Wir merken schnell: Swartz hat es auf eine skurrile Erzählung abgesehen. Die geographische Exaktheit zwischen Motovun und Buzet, die vorgeblich lautere Erzählerin, die kein Wässerchen trüben kann - das ist alles Fassade für ein absurdes Geschehen, das in der polternden, atemlosen Syntax von Thomas Bernhard geschrieben ist. Diesem Eklektizismus sind vor Swartz bereits viele erlegen. Einmal wird auch unverhohlen auf Kafkas "Verwandlung" angespielt. Und so bewegt sich Swartz - übrigens bis in die alltagssprachlichen Dialoge hervorragend übersetzt - geschmackvoll im literarischen Erbe der Habsburgermonarchie, die Istrien bis heute merklich prägt.

So werden wir durch die Hintertür in diese mehr literarische als reale Landschaft eingeführt, die nicht mehr Italien und Österreich und auch nicht mehr Jugoslawien, aber niemals ganz Kroatien oder Slowenien ist. Jeder Strauch, jeder Felsen erzählt hier von einstigen Herren und Knechten, von Massakern der Faschisten und dann der Kommunisten, von vertriebenen Italienern und zugewanderten Serben. Es ist das zerrissene, niemals mit sich selbst identische Istrien, das Claudio Magris in die Karte der europäischen Kulturlandschaften eingezeichnet hat. Das Istrien, von dem die nostalgischen Filme des kroatischen Regisseurs Ante Babaja handeln. Und wenn Swartz sein Slapstick-Paar schließlich auf dem Sofa einer Kleinbürgerwohnung in Triest landen läßt, dann ist Italo Svevos verzweifelte Komik der putzigen Lebensverlierer nicht weit.

Swartz bezeugt mit solchen Anspielungen seine Liebe zu seiner neuen Heimat am Mittelmeer, seine Faszination für ihre verschrobenen Bewohner und das rudimentäre Landleben, das hier in Dörfern des Karstes und der Steilküsten irgendwie überlebt hat: mit Säufern, salbungsvollen Priestern in Soutane, von irgendeinem der letzten Kriege Versprengten und den ansässigen Istriern, die bis heute über das richtige Blut und die falsche Nationalität schwadronieren. Genaugenommen ist diese Landschaft ein kleines, hinterlistiges Idealbild von ganz Europa, diesem Kontinent der Kriege und Verwerfungen, der alten Nationalmythen und neuen Ökonomien. Ein altes Haus, in dem keiner mehr wohnt und das ein Zugewanderter den vertriebenen Besitzern um jeden Preis abkaufen will, wirkt da wie ein Katalysator für eine gute Geschichte.

Ob Swartz aber wirklich eine gute Geschichte geschrieben hat, darüber läßt sich streiten. Seine abgedrehten Gespräche über Gott und die Welt mit lauter Leuten, die sich weder etwas zu sagen haben noch einander verstehen, wirken einfach zu artifiziell. Das Haus stiftet keinen Zusammenhang zwischen den Skizzen, die Swartz' Erzähltalent beweisen und doch verpuffen lassen. Die Präzision, die seinen großartigen Reportagen aus Osteuropa eignet, hat hier einer schweifenden Fabuliererei Platz gemacht, der das Wichtigste fehlt: die Handlung, das persönliche Drama, die historische Grundierung. All das wird nur als ferne Ahnung hingestellt: Lebensläufe, deren Tristesse und Gewalt nur ganz kurz aufscheinen. Begegnungen, die auf den Austausch von Lappalien hinauslaufen. Landschaften, deren bedrohliche Faszination nicht in packenden Bildern erstarrt. Und eine Leidenschaft, die angesichts der Ursache nicht recht überzeugen kann.

Diese Prosa der Liebe zu Haus- und Grundbesitz endet mittendrin, als hätte der Autor plötzlich die Lust verloren oder sein Sommeraufenthalt in Istrien wäre plötzlich zu Ende gewesen oder - und das ist die wahrscheinlichste Lösung - die Leidenschaft für das merkwürdige Haus wäre so grundlos abgeflaut, wie sie aufgekommen ist. Ob "der Schatz" am Ende sein Liebesobjekt bekommt, ob er den Geschichten Istriens eine gehaltvolle hinzufügen kann - darüber erfahren wir von seiner graumäusigen Gemahlin nichts. Fortsetzung folgt nicht. Aber das Buch ist nicht so geschrieben, daß uns das leid tun muß.

Richard Swartz: "Ein Haus in Istrien". Roman. Aus dem Schwedischen übersetzt von Verena Reichel. Carl Hanser Verlag, München 2001. 184 S., geb., 29,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Lauter Eklektizismen hat Dirk Schümer in diesem Buch ausgemacht, was ihm als Rezensent natürlich nicht gefallen darf, als Leser aber wohl doch manchmal Vergnügen machte. Die Namen Claudio Magris, Kafka, Ante Babaja und Italo Svevo fallen, sogar Thomas Bernhard scheint ein Pate dieses Roman zu sein, den Schümer "bis in die Dialoge" auch "hervorragend" übersetzt findet. Schümer merkt ziemlich schnell: "Swartz hat es auf eine skurrile Erzählung abgesehen". Und so ist er mit dem seltsamen Ehepaar im Zentrum des Buches über Zäune geklettert, hat mit ihnen "bei brüllender Sommerhitze" mit einem Anwalt zu Mittag gegessen und allerlei sonstige Kapriolen erlebt, die wohl dazu gehören, wenn man von einer Amour fou namens "Häuserwahn" befallen ist. Dann war ihm aber manches doch zu artifiziell und abgedreht. Letztlich habe dem Buch sogar das Wichtigste gefehlt: "die Handlung, das persönliche Drama, die historische Grundierung".

© Perlentaucher Medien GmbH"
"Ein Haus aus Istrien", das ist die Geschichte eines Hauses, eines Dorfes und einer europäischen Ehe, vor allem ein Liebesroman, ein kauziger, merkwürdiger verschrobener, doch umso innigerer Liebesroman." Karl-Markus Gauss, Die Zeit, 19.7.2001