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"Glücklich die Kinder, die in der Liebe zu einer Insel aufwachsen. Sie erlernen dort in Windeseile bestimmt, für ihr späteres Leben nützliche Fertigkeiten: Fantasie, Einsamkeit, Freiheit..., den Horizont abzusuchen, zu segeln und fortzugehen." Erik Orsenna wuchs in der Liebe zu einer solchen Insel auf. Dort traf er Gilles, den frühreren Freund Cocteaus, Übersetzer und Herr über 47 Katzen. Er soll Nabokovs "Ada" übersetzen, ein so schwieriges Unterfangen, dass er lieber träumend vor seiner alten Remington sitzt oder spazierengeht und die Briefe des Verlegers vorsichtshalber ungeöffnet läßt. Als…mehr

Produktbeschreibung
"Glücklich die Kinder, die in der Liebe zu einer Insel aufwachsen. Sie erlernen dort in Windeseile bestimmt, für ihr späteres Leben nützliche Fertigkeiten: Fantasie, Einsamkeit, Freiheit..., den Horizont abzusuchen, zu segeln und fortzugehen." Erik Orsenna wuchs in der Liebe zu einer solchen Insel auf. Dort traf er Gilles, den frühreren Freund Cocteaus, Übersetzer und Herr über 47 Katzen. Er soll Nabokovs "Ada" übersetzen, ein so schwieriges Unterfangen, dass er lieber träumend vor seiner alten Remington sitzt oder spazierengeht und die Briefe des Verlegers vorsichtshalber ungeöffnet läßt. Als die Situation nach fünf Jahren unhaltbar wird, entschließen die Inselbewohner sich zu einem Akt unerwarteter Solidarität. Madame rekrutiert die Hilfstruppen aus den des Englischen mächtigen Sommergästen, denen sich bald auch ein argentinischer Tourist anschließt, der über sein Funkgerät mit der halben Welt in Verbindung steht. Dennoch bangen wir bis zum Schluss um die Vollendung des Werks. Orsenna hat aus dieser wahren Geschichte ein Feuerwerk von Witz und intelligenten Einfällen gemacht, ein Muß für alle Inselurlauber und Literaturliebehaber.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.03.2000

Hier leben lauter Übersetzer
Erik Orsennas Inselmärchen
Ein immer wieder gern geträumter Traum: ganz weit weg zu sein von der Alltagswirklichkeit und ganz nah bei sich selbst. Sanfte antizivilisatorische Rebellen bevorzugen für die Verwirklichung dieser Wunschvorstellung die Insel. Je kleiner das Eiland, je bescheidener sein Ruf, desto größer die Chance, den zeitlich begrenzten Ausstieg aus dem Reglement des Alltags zu vollziehen.
Erik Orsenna hat diese Insel entdeckt, deren Namen er uns wohlweislich verschweigt. Irgendwo im Ärmelkanal liegt sie, Aloen, Mimosen und Palmen wachsen dort, und das Wichtigste: Es passiert gar nichts. Es gibt ein paar Einheimische, die ganzjährig die Stellung halten, und dann gibt es die Sommergäste, die jahraus und jahrein für die Zeit der langen französischen Ferien ihre Häuser beziehen, die seit Generationen in Familienhand sind. Sommer auf der Insel: Man verlässt seine reguläre Zeit und taucht ein in die Inselzeit, die von Sonne und Seeluft überhaucht ist und langsam und gleichmäßig verrinnt.
Mit der Fähre muss man in diese andere Zeit übersetzen, und Orsennas leicht und federnd erzählter kleiner Roman ist im wörtlichen und im übertragenen Sinn ein Lobgesang auf das Übersetzen. Zum einen auf das Übersetzen vom Festland auf die Insel und von den Zwängen des Alltags in die Freiheit des Sommers, zum anderen aber auf das Übersetzen eines großen Romans von einer Sprache in eine andere.
Auf der Insel hat sich nämlich ein kleiner wundersamer Mann angesiedelt, der in einem verfallenen Häuschen mit siebenundvierzig Katzen lebt. Ein Außenseiter, der weder zu den eingesessenen Inselbewohnern zählt noch zu den Sommergästen. Ein Mann der Zwischenwelt, der sich selbst von seiner Welt in die der anderen übersetzen muss. Diesem Mann – wir ahnen es: von Beruf ist er Übersetzer – widerfährt nun ein großes Glück. Ihm wird die Übersetzung des neuesten Romans von Vladimir Nabokov, Ada or Ardor, angeboten. Und diesem Angebot ist ein Scheck mit einer Summe beigefügt, der unser Übersetzer nicht widerstehen kann. Obwohl er doch weiß: Nabokov, das Genie, ist auch ein genialer Pedant, der seine Übersetzer quält und verächtlich macht.
Was lässt er aus seiner Residenz im Hotel Palace in Montreux verlauten? „Ich bin im Begriff mich in einen Vernichtungskrieg gegen schlechte Übersetzer von Rang zu stürzen . . .” Doch nicht nur diese martialischen Worte schleudert der Meister gegen seine Übersetzer, auch die larmoyante Klage steht ihm zu Gebote: „Was ist Übersetzung? Auf einem Teller das bleiche und zornig blickende Haupt eines Dichters. ”
Keine Frage, der schüchterne und melancholische Übersetzer Gilles ist diesen Drohgebärden nicht gewachsen. Ursprünglich hatte er den Übersetzer mit einem Seeräuber verglichen: „Er kapert ein Buch, wechselt die gesamte Sprache aus und tauft es französisch. ” Doch da sei Nabokov vor. Unter der Knute seiner übersetzerfeindlichen Verdikte krümmt sich nun auch Gilles – und ist unfähig, auch nur eine Zeile zu übersetzen. Nach drei Jahren und fünf Monaten, nach Mahn- und Drohbriefen des Verlegers, die Gilles nicht geöffnet hat, nach dem Verzehr des Schecks, steht er immer noch vor dem Beginn der gefürchteten Arbeit. Was kann jetzt noch helfen? Ein Wunder, und das geschieht dank des besonderen Geistes, der auf der Insel herrscht und Denken und Handeln der Bewohner beseelt. Orsenna erzählt ein Märchen aus jenen Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat.
Inselbewohner und Sommergäste werden, als sie von den Schwierigkeiten des Übersetzers erfahren, schnurstracks selbst zu Übersetzern. Murmelnd und gestikulierend marschieren sie über die Insel und übersetzen Passage um Passage des Textes, lassen sich nicht von den Schmähungen und Verwünschungen des Inselpfarrers abhalten, der von Lolita gehört hat, und erhalten sogar noch Hilfe von einem deus ex machina, einem argentinischen Pianisten, der mit seinem Funkgerät aus aller Welt Übersetzungsvorschläge einholt.
Was zeichnet ein gutes Märchen aus? Dass wir ihm glauben – wider alle Wahrscheinlichkeit. Und so wie wir der Prinzessin auf der Erbse ihre Empfindsamkeit abnehmen, so sind wir auch davon überzeugt, dass auf dieser kleinen Atlantikinsel die beste Nabokov-Übersetzung aller Zeiten verfertigt worden ist. Wie hat Erik Orsenna, der Ökonomie-Professor, der Verleger und Präsidentenberater, das geschafft? Indem er seine Geschichte als Aquarell anlegte: Vieles ist hingetupft, manches scheint nur kurz auf und verschwimmt wieder, nichts ist bedeutungsschwer, Witz und Melancholie gehen eine menschenfreundliche Verbindung ein. Im Büchermeer ist dies eine kleine Erzählinsel, auf die man gerne übersetzt um sich bezaubern zu lassen.
CLAUS-ULRICH BIELEFELD
ERIK ORSENNA: Inselbewohner. Roman. Aus dem Französischen von Uli Aumüller. Hanser Verlag, München 2000. 160 Seiten, 29,80 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.03.2000

Ganz Gallien? Erik Orsennas Sprachinsel
Von Sandra Kerschbaumer

Die Franzosen lieben ihre Sprache. Es werden Minister zu ihrem Schutz ernannt. Angelsächsische Fremdkörper werden übersetzt oder französisch ausgesprochen, "fast-food" heißt "bouffe-vite". Die Wissenschaft wird angehalten, über ihrer Forschung die Muttersprache nicht zu vergessen, keine Ergebnisse ohne Circonflexe. Nun erleben wir ein weiteres Novum: den Roman zur Frankophonie. Erik Orsenna, mit wirklichem Namen Arnoult, Goncourt-Preisträger und in den achtziger Jahren Redenschreiber von François Mitterrand, hat mit dem "Inselsommer" einen Roman vorgelegt, der sich dem bedrohten Zustand der französischen Sprache widmet. Orsenna steht zum Anliegen seines ehemaligen Chefs.

Er hüllt es in eine Fabel: Der Übersetzer Gille, ein alter Faun in weißem Leinenanzug und Besitzer von siebenundvierzig Katzen, hat sich auf eine fiktive Kanalinsel der Seligen zurückgezogen, um dort eine gewaltige Aufgabe zu vollbringen: die Übersetzung von Vladimir Nabokovs "Ada or Ardor". Obwohl der Übersetzer in das Werk kaum hineinsieht, ahnt er, dass ihm dessen Philosophie entgegenkommt. Er erklärt Zeit für subjektiv und lässt drei Jahre verstreichen, um sich Überlegungen zu widmen: "Die Katzen sind Wörter mit Pelz. Wie die Wörter, so streifen sie um die Menschen herum, ohne sich je zähmen zu lassen." Der Verleger aus Paris glaubt nicht an Worte mit Pelz und droht mit Abgabeterminen. Da rekrutiert eine schwärmerische Madame mit Namen Saint-Exupéry aus den der englischen Sprache mächtigen Sommergästen und Einheimischen der Insel einen improvisierten Übersetzerstab. Fortan müht sich diese Gesellschaft um den Geist der französischen Sprache.

Der Archipel ist durch ein mildes Klima und wuchernde Hortensien mit paradiesischen Zügen ausgestattet, ein leuchtendes Gegenbild zum hektischen Festlandleben mit seiner Hingabe an die verderbte Weltsprache. Er ist Hort einer wunderbaren Gemeinschaft der Sprachenthusiasten, ein Ort der Zuflucht und der Hoffnung auf Vielsprachigkeit unter besonderer Berücksichtigung des Französischen. Über dessen Finessen sinniert die aufrechte Gemeinde, als ihr die französische Sprache als leibhaftige Personifikation erscheint. Sie wirkt mütterlich, spricht aufmunternde Worte, ist aber doch so kurz angebunden, dass bald wieder übersetzerische Ratlosigkeit und Mühsal herrschen. Vor allem Gille, der Held, glaubt nicht an eine Vollendung des Werkes. Denn der Erfolg hängt nicht nur von ihm, seinen Hilfswilligen oder den Katzen ab, sondern - da es hier um Nabokov geht - auch von Schmetterlingen. Sie umflattern den Übersetzer zu Inspirationszwecken. Dies ist bedauerlich, denn es zeigt sich literarische Qualität daran, ob es einem Autor gelingt, den Namen Nabokov ohne Beigabe von Schmetterlingen zu erwähnen. Hier werden sie auch noch augenzwinkernd Lepidopteren genannt.

Überhaupt wird in diesem Buch viel mit den Augen gezwinkert, damit sich eine leichte Ironie über die Geschehnisse legt. Es ist eine Ironie, die meint, was sie sagt, die sich aber durch ein leichtes Kräuseln der Mundwinkel aus der Verantwortung für das Gesagte zu stehlen versucht. Sie signalisiert amüsierte Distanz zur sprachpflegerischen Idee des Romans, zur abstrus konstruierten Geschichte, mit deren Hilfe diese transportiert wird, zur Überfülle der sehr nahe liegenden oder sehr weit hergeholten Motive. Aber warum hat uns der Autor diese Inhalte und Motive dann zugemutet? Diese Schmetterlinge und Katzen und den argentinischen Touristen mit seinem TS-801-Funkgerät, der auf der Insel eintrifft, um die kurz vor ihrem Ziel strauchelnden Übersetzer mit seinen weltweiten Verbindungen zu retten: "F5NLZ José an alle, ich wiederhole: F5NLZ José an alle. Kann jemand their immoderate exploitation of physical joy amounted to madness ins Französische übersetzen?" Nach einer langen Stille antworten karibische, afrikanische und vietnamesische Akzente. Es wird - wie seit Mitterrand üblich - eine Konferenz der Frankophonen einberufen, diesmal über Funk, in der Ionosphäre der Literatur.

Die Freunde der französischen Sprache müssen zusammenhalten, sagt Orsenna. Wenn sie das tun, können sie Nabokov übersetzen. Und sie können das Schlimmste verhindern: die Ausbreitung der Weltsprache, welche die Dialekte des Inselarchipels ebenso verschlingen will wie das Tschechische und das Finnische. Aber noch steht die Insel - für die Vielfalt der Sprache und der Hortensien - und beherbergt den Übersetzer Gille, der gerade noch rechtzeitig fertig wird. Mit einem Karren voll unvermeidlicher Katzen erscheint er am Bootsanleger, um sein Manuskript in die Welt zu schicken. Da bricht ein Unwetter los, das gar nicht wieder aufhört. Der Kampf zwischen dem französischen Manuskript und dem Weltmeer ist noch nicht entschieden.

Erik Orsenna: "Inselsommer". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Uli Aumüller. Carl Hanser Verlag, München und Wien 2000. 155 S., geb., 29,80 DM.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Claus-Ulrich Bielefeld hat diesen kleinen Roman über einen Übersetzer, der sich an Nabokov die Zähne ausbeißt, sehr gemocht und lobt Orsenna für die Leichtigkeit und Melancholie seines Stils. Besonders hat es Bielefeld die Insel-Atmosphäre des Buchs angetan, das auf einer nicht näher bezeichneten, weltentrückten Insel im Ärmelkanal spielt. Eine "Erzählinsel", meint Bielefeld zu dem Roman und schwärmt von der Seeluft, von der er durchweht sei.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Intelligent und unterhaltend." Michael Kleeberg, Die Welt, 18.03.00 "Im Büchermeer ist dies eine kleine Erzählinsel, auf die man gerne übersetzt, um sich bezaubern zu lassen." Claus-Ulrich Bielefeld, Süddeutsche Zeitung, 22.03.00 "Der Goncourt-Preisträger und ehemalige Berater von Präsident Mitterand serviert einen beschwingten Mix aus Meer, Liebelei und Literatur." Hilke Prillmann, Welt am Sonntag, 19.03.2000