Marktplatzangebote
4 Angebote ab € 4,50 €
  • Gebundenes Buch

2 Kundenbewertungen

Seit zweitausendfünfhundert Jahren versuchen Menschen, die Geheimnisse der Natur zu ergründen: die antiken Naturforscher ebenso wie die modernen Physiker. Carl Friedrich von Weizsäcker vollzieht dieses Abenteuer der Forschung nach. Mit umfassendem Wissen und bewusst subjektivem Blick zeichnet er kongeniale Porträts der revolutionären Naturforscher und Physiker, von Galileo über Einstein bis zu Bohr und Heisenberg.

Produktbeschreibung
Seit zweitausendfünfhundert Jahren versuchen Menschen, die Geheimnisse der Natur zu ergründen: die antiken Naturforscher ebenso wie die modernen Physiker. Carl Friedrich von Weizsäcker vollzieht dieses Abenteuer der Forschung nach. Mit umfassendem Wissen und bewusst subjektivem Blick zeichnet er kongeniale Porträts der revolutionären Naturforscher und Physiker, von Galileo über Einstein bis zu Bohr und Heisenberg.
Autorenporträt
Carl Friedrich von Weizsäcker, geb. am 26. Juni 1912 in Kiel, war Professor für Physik in Straßburg und Göttingen, arbeitete am Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin sowie am Max-Planck-Institut in Göttingen und wurde dann Professor für Philosophie in Hamburg. 1957 organisierte er die 'Erklärung der Göttinger Achtzehn', den Protest deutscher Wissenschaftler gegen die Bewaffnung der Bundeswehr mit Atomwaffen. Von 1969-80 war er Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt in Starnberg. Carl Friedrich von Weizsäcker wurde mit zahlreichen internationalen wissenschaftlichen Preisen sowie dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels (1963) ausgezeichnet. 2007 verstarb Carl Friedrich von Weizsäcker.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.11.1999

Der Physikbaukasten
Weizsäcker bastelt sich seine Welt selber / Von Helmut Mayer

Vierzehn Jahre alt ist Carl Friedrich von Weizsäcker, als er 1927 Werner Heisenberg in Kopenhagen kennen lernt. Ein erster gemeinsamer Besuch im Institut von Niels Bohr, dann eine Taxifahrt durch Berlin, bei der ihm Heisenberg von der Unschärferelation erzählt - "da war entschieden, dass ich Physik studieren würde, um das zu verstehen". Drei Jahre später ist Heisenberg sein Lehrer, und mit kaum zwanzig Jahren kann Weizsäcker aus nächster Nähe mitverfolgen, wie die Quantenmechanik ihre elegante mathematische Gestalt bekommt und sich als grundlegende Theorie bewährt: Ein sehr junger Physiker unter vielen jungen, die in den Jahren zuvor die neue Wissenschaft ausgearbeitet hatten. "Knabenphysik" hat der scharfzüngige Pauli sie einmal genannt, damals mit dreiunddreißig Jahren der Älteste im Kreise der Heisenberg, Born, Jordan und Dirac.

Die Quantentheorie zu verstehen, das hieß für Weizsäcker freilich von Anfang an mehr, als lediglich mit ihrem Formalismus umgehen zu können und im Übrigen zu konstatieren, dass ihr essentiell probabilistischer Charakter offensichtlich unhintergehbar ist. Dass sie glänzend funktionierte und ihre "Kopenhagener Deutung" konsistent war, musste ja auch ein hartnäckiger Kritiker ihres wahrscheinlichkeitstheoretischen Zuschnitts wie Einstein einräumen. Weizsäckers Begründungsansprüche reichten dagegen ungleich tiefer. Für ihn galt es schließlich zu zeigen, dass mit dem abstrakt formulierten Kern der Quantentheorie nicht nur eine, sondern die Fundamentaltheorie der Physik vorliegt: fundamental und unhintergehbar deshalb, weil ihre Basisaxiome letztlich nichts anderes seien als die mathematisch zugeschliffene Formulierung der Bedingungen naturgesetzlicher Vorhersagen.

Das war und ist ein denkbar unbescheidener Anspruch, der ein Maximum an Begründungslasten auf sich nimmt. Denn wo mathematische "Röntgenaufnahmen" der quantenmechanischen Axiomatik das Bild einer verallgemeinerten Wahrscheinlichkeitstheorie vor Augen führen, da möchte Weizsäcker noch zeigen, warum ausgerechnet eine Wahrscheinlichkeitstheorie dieser Art der mathematische Kern der Physik sein muss. Ließe sich das zeigen, so steckten in den Basisaxiomen der Quantentheorie bereits die Grundzüge einer einheitlichen Physik, die sich schrittweise aus den vorausgesetzten und mathematisch gefassten Bedingungen empirischer Prognosen aufbauen lassen müsste: Vom abstrakten Darstellungsraum der Quantenmechanik zur relativistischen Raum-Zeit-Struktur samt Theorie der Wechselwirkungen und den Bestimmungsgrößen der Elementarteilchen, schließlich bis zum Eisenspektrum. Jeder dieser Schritte, die sich kaum trennscharf scheiden lassen, müsste die Konsistenz des gesamten Aufbaus bestätigen.

Weizsäcker arbeitete über Jahrzehnte an Stücken dieses "Aufbaus der Physik" - so der Titel der bündigsten, 1985 erschienenen Darstellung - und kam immer wieder auf die für ihn zentrale Ableitung des quantenmechanischen Darstellungsraums aus der Logik zeitlicher Aussagen zurück. Der Übergang von den basalen "Uren", den "zeitüberbrückenden entscheidbaren Alternativen", zu einem hinreichend bestimmten Darstellungsraum blieb abhängig von wichtigen Zusatzannahmen, die etwas in der Luft hängen. Und wenn es um die richtige Kombination mehrerer voneinander unabhängiger "Ure" geht, wird die Sache so furchtbar kompliziert, dass man es mathematischen Physikern kaum verdenken kann, sich auf Weizsäckers Programm nicht eingelassen zu haben.

Aufschlussreich bleibt dieser Aufbauversuch trotzdem. Was dabei an Klärungsarbeit geleistet wurde, muss man nicht unbedingt gleich am großen Ganzen messen, an der Zielvorstellung der einheitlichen Physik. Das gilt auch für Weizsäckers philosophische und wissenschaftshistorische Reflexionen auf die Grundlagen empirischer Wissenschaft. Wie in einer Klammerbewegung - Weizsäcker selbst bevorzugt das Bild des Kreisgangs - sollte die durch die philosophische Tradition angeleitete Interpretation des Ganges der Wissenschaft(en) das Telos der einheitlichen Physik qua "Einheit der Natur" bestätigen und seinerseits durch den Aufbau der Physik verstehbar werden. Solch groß angelegtes Theoriedesign ist dem mainstream der Wissenschaftstheorie und -geschichte der letzten Jahrzehnte ziemlich strikt entgegengesetzt.

Bruchstücke dieses Kreisgangs, weit vorausgreifende Skizzen seiner möglichen Vollendbarkeit, finden sich in einigen Büchern Weizsäckers. Geschlossene Darstellungen sind daraus naturgemäß nie geworden, und auch der zuletzt gemachte Versuch, mit "Zeit und Wissen" (F.A.Z. vom 29. September 1992) eine Art von Summe vorzulegen, änderte daran nichts. Jetzt hat Weizsäcker ein neues Buch unter dem Titel "Große Physiker" vorgelegt. Wer neue Texte erwartet, muss allerdings enttäuscht werden: Es handelt sich um eine Zusammenstellung von Aufsätzen und Vorträgen, die zum größten Teil bereits in Buchveröffentlichungen vorliegen (was das Quellenverzeichnis mit wenigen Ausnahmen diskret übergeht).

Nun spricht prinzipiell nichts dagegen, Texte neu zu gruppieren. Aber in diesem Fall erwarten den Leser keine neuen Akzentsetzungen, sondern eine Zusammenstellung von Texten nach dem Kriterium: Lässt sich halbwegs rechtfertigen, ihnen die Namen von Naturphilosophen und Physikern voranzustellen? Manchmal liegt das auf der Hand, wie in den Beiträgen zu Bohr, Heisenberg, Einstein und Dirac, auch in den eher holzschnitthaften Ausführungen zu Descartes oder Galilei. Anders schon, wenn man unter "Platon" Anmerkungen zur platonistischen Tradition in der Physik des siebzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts findet oder unter "Robert Mayer" Ausführungen zum Energieerhaltungssatz, welche dessen historischen Urheber nur im Vorbeigehen erwähnen.

Die Ausrichtung an Weizsäckers großem Programm, welches zwei rahmende Aufsätze von 1967 und 1972 skizzieren, verraten die anregenden Abschnitte zu (Platons) Parmenides, zu den platonistischen Wurzeln mathematischer Naturwissenschaft und Aristoteles ebenso wie die Porträts von Heisenberg und Bohr. Gerade deshalb standen diese Texte als Teile von "Die Einheit der Natur" (1971) und "Zeit und Wissen" am richtigen Ort. Aber gebeckmessert soll über diese Frage nicht werden: Die "Großen Physiker" geben auf ihre Art und Weise Gelegenheit, einen Einstieg in die Weizsäckerschen Kreisgänge im Nachdenken über die Physik zu finden.

Carl Friedrich von Weizsäcker: "Große Physiker". Von Aristoteles bis Werner Heisenberg. Herausgegeben von Helmut Rechenberg. Carl Hanser Verlag, München 1999. 376 S., geb., 45,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Helmut Mayer ist etwas skeptisch. Carl Friedrich von Weizsäckers Ansichten zur Quantentheorie seien weithin bekannt. Sein "denkbar unbescheidener Anspruch", die Quantentheorie zu einer Art alles erklärenden "Fundalmentaltheorie der Physik" zu machen, werde von Kollegen kaum geteilt. Die hier vorliegenden Essays, so Mayer weiter, seien allesamt bereits in anderen Büchern veröffentlicht worden. Die Essays über Bohr, Heisenberg oder Einstein findet Mayer zwar teilweise sehr anregend, nur hätten sie in den ursprünglichen Veröffentlichungen am richtigen Ort gestanden. Immerhin erlaube der Band eine Einführung "in die Weizsäckerschen Kreisgänge im Nachdenken über die Physik".

© Perlentaucher Medien GmbH