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Wunderbar skurril und zutiefst menschlich - Markus Orths Geschichten über den alltäglichen Wahnsinn
Zwei Männer im Zugabteil kämpfen einen stillen Kampf. Ein Mann kann das Leben nur bestehen, indem er gräbt. Hinterbliebene diskutieren: "Wer geht wo hinterm Sarg?". Eine Horde Schweine wagt einen entschlossenen Ausbruch. Markus Orths' Erzählungen sind ungewöhnlich und hintersinnig, sie spielen mit der Erwartung des Lesers - der sie nie folgen - und überzeugen durch suggestive Sprachkraft und eindringliche Bilder. Und in allen Situationen entdeckt Markus Orths beunruhigende Abgründe, die den Leser noch lange in Atem halten.…mehr

Produktbeschreibung
Wunderbar skurril und zutiefst menschlich - Markus Orths Geschichten über den alltäglichen Wahnsinn

Zwei Männer im Zugabteil kämpfen einen stillen Kampf. Ein Mann kann das Leben nur bestehen, indem er gräbt. Hinterbliebene diskutieren: "Wer geht wo hinterm Sarg?". Eine Horde Schweine wagt einen entschlossenen Ausbruch. Markus Orths' Erzählungen sind ungewöhnlich und hintersinnig, sie spielen mit der Erwartung des Lesers - der sie nie folgen - und überzeugen durch suggestive Sprachkraft und eindringliche Bilder. Und in allen Situationen entdeckt Markus Orths beunruhigende Abgründe, die den Leser noch lange in Atem halten.
Autorenporträt
Markus Orths, 1969 in Viersen geboren, studierte Philosophie, Romanistik und Englisch in Freiburg. Für seine Erzählungen wurde er mit dem Moerser Literaturpreis ausgezeichnet und gewann den Open Mike, einen der wichtigsten Literaturwettbewerbe für junge Schriftsteller. Für seinen Roman "Corpus" wurde ihm der Marburger Literaturpreis (Förderpreis) verliehen. Neben zahlreichen Stipendien, u. a. des Literarischen Colloquiums Berlin, wurde er zuletzt für "Das Zimmermädchen" mit dem Telekom Austria Preis bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt ausgezeichnet. Markus Orths lebt in Karlsruhe.
Rezensionen
»Bei manchen Erzählungen denkt man an Edgar Allen Poe und ein grösseres Lob dürfte es in diesem Genre kaum geben.« metropol

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.05.2002

Ihr blödes Schlendern ist Absicht
Im Ohrenzeugenstand: Erzählungen voller Rätsel von Markus Orths

Man muß nicht zum Dichter geboren sein, um fabulieren zu lernen. Manchmal reicht schon eine große Operationsnarbe. Ob im Schwimmbad, beim Tauchkurs oder im Bett - der Neugierde darf ein so gezeichneter Erzähler sicher sein. Je nach Anlaß kann er sich von einer einfachen Messerstecherei über eine Haiattacke bis zur Austragung eines Babys steigern. In "Krakenkampf", einer von siebzehn Geschichten in Markus Orths' Debütband "Wer geht wo hinterm Sarg", prahlt solch ein Stegreifkünstler mit phantastischen Heldentaten. Orths steht ihm an bizarren Einfällen um nichts nach, doch sein Erzählerrepertoire umfaßt mehr als Münchhausen-Figuren.

Orths, Jahrgang 1969, bedarf keiner Narben für seine Schriftstellerei. Ständig spielt er aber mit Effekten, die sich aus der Konfrontation mit dem Unheimlichen, Bedrohlichen oder Ekelhaften ergeben. Der Leser wird dabei nicht geschont, zumal das altbewährte angenehme Grauen nur selten zur Reinigung gelangt. Die aufgebaute Spannung findet nicht immer angemessene Ableitung, die durchweg kurzen Geschichten kommen häufig zu keinem pointierten Schluß. Rätselhaft bleiben die besten, etwas skizzenhaft und konturenlos die schwächeren. Manchmal scheint es, als wolle Orths unerhörte Begebenheiten präsentieren, dabei aber etwas so Traditionelles wie eine Novelle um jeden Preis vermeiden.

In den meisten Fällen sind es Ich-Erzähler, befallen von einer Verunsicherung, die allmählich auf den Leser übergreift. In der Titelgeschichte geht sie von der Sorge um die Marschordnung einer kleinstädtischen Trauergesellschaft aus, die den Erzähler von der Beerdigung seiner Großmutter fernhält. "Im Stühlinger" übernimmt ein mißtrauischer Student die Rolle des Irritierten, der sich auf einer Zugfahrt erfolglos den zudringlichen Fragen eines Mitreisenden zu entziehen sucht. Wittert er Gefahren hinter bloßen Harmlosigkeiten, gibt er dem seltsamen Fremden leichtsinnig verwertbare Informationen preis, oder leidet er lediglich an Verfolgungswahn?

Hegt der psychiatrische Verstand hier noch Zweifel, so sind diese angesichts eines von völligem Gedächtnisverlust heimgesuchten Mannes ausgeräumt. Sein hilfloser Versuch, mittels Adreßbuch und Tagesnotaten Freundschaften oder einfach nur das Gestern zu vergegenwärtigen, wirken höchst beklemmend. Zwischen diesen Extremen tummeln sich allerlei Psychopathen des Alltagslebens, die man sogar literarisch schon zu kennen meint.

So etwa "Der Gräber", der sämtliche biographischen Klippen mit dem Spaten in der Hand im eigenen Garten zu bewältigen sucht: Er mutet nicht nur durch die theophrastische Reduktion auf einen einzigen Charakterzug wie ein Widergänger aus Canettis "Ohrenzeuge" an. In einer anderen Geschichte mag einer wie Gottfried Benn der Pate bösartiger Phantasien sein: "Die Käfer haben ihr die Eier unter die Augenlieder geschoben" - erfährt eine Frau über ihre verstorbene Vormieterin -, "die Larven haben ihr die Augen zerbissen und sind in ihren Schädel gekrochen, sie haben aus ihrem Gehirn getrunken und Puppennester in die Ohrmuschel gebaut." Kein Wunder, daß diese Frau sich in imaginäre Schlachten mit widerlichem Ungeziefer hineinsteigert. Die absurden Alltagsszenen in "Likör und Pantoffel" oder "Ritt durch den Baum" erscheinen schließlich wie Etüden des Kafkaesken.

Anklänge und Anspielungen, die der Literaturwissenschaftler Orths auch anderen Autoren verdankt, müssen kein Nachteil sein. Steigt aber ihr vielstimmiger Pegel, drohen sie die selbständige Stimme eines Autors zu übertönen. Orths ist zwar ein solider und dabei erfrischend skurriler Erzähler, genau in Detailbeobachtungen und listig im Aufbau von Spannung. Ein unverwechselbar eigener Ton oder Einfälle jenseits von Effekten mangeln ihm aber noch etwas.

ALEXANDER KOSENINA

Markus Orths: "Wer geht wo hinterm Sarg?" Erzählungen. Verlag Schöffling & Co., Frankfurt am Main 2001. 160 S., geb., 15,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Einen skurrilen Erzählstil, Beobachtungsgabe und Spannung bescheinigt Rezensent Alexander Kosenina dem Debütband des 1969 geborenen Autors. Ständig spielten seine siebzehn Geschichten mit Effekten, die sich aus der Konfrontation mit dem "Unheimlichen, Bedrohlichen oder Ekelhaften" ergäben. Der Leser wird dabei nicht geschont, meint Kosenina. Doch es stört ihn, dass die kurzen Geschichten häufig ausläppern. Vermisst hat der Rezensent auch einen unverwechselbar eigenen Ton des Autors sowie Einfälle jenseits der Effekte.

© Perlentaucher Medien GmbH