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'China ist im Begriff, die Welt auf den Kopf zu stellen. Um den Boom im eigenen Land nicht zu gefährden, brauchen die Chinesen dringend Rohstoffe. Da sie aus lukrativen Handelsgeschäften über Devisenreserven von über 1000 Milliarden US-Dollar verfügen, können sie fast jeden Preis bezahlen und westliche Konkurrenten problemlos ausstechen. Außerdem verknüpfen sie ihre Versorgungsinteressen mit geschickten politischen Strategien. In Zentralasien, im Nahen Osten und vor allem in Afrika ziehen sie ein Land nach dem anderen durch lukrative Angebote auf ihre Seite und entziehen diese Länder damit dem…mehr

Produktbeschreibung
'China ist im Begriff, die Welt auf den Kopf zu stellen. Um den Boom im eigenen Land nicht zu gefährden, brauchen die Chinesen dringend Rohstoffe. Da sie aus lukrativen Handelsgeschäften über Devisenreserven von über 1000 Milliarden US-Dollar verfügen, können sie fast jeden Preis bezahlen und westliche Konkurrenten problemlos ausstechen. Außerdem verknüpfen sie ihre Versorgungsinteressen mit geschickten politischen Strategien. In Zentralasien, im Nahen Osten und vor allem in Afrika ziehen sie ein Land nach dem anderen durch lukrative Angebote auf ihre Seite und entziehen diese Länder damit dem Einflussbereich des Westens. Gleichzeitig verringert sich die Kluft zwischen Arm und Reich: Noch nie wurden so schnell so viele Menschen der Armut entrissen. Das ist der Beginn eines globalen Trends. Zum ersten Mal in der Geschichte steht der Westen einem ernsthaften Konkurrenten gegenüber und plötzlich relativiert sich alles: unser wirtschaftlicher und politischer Einfluss und nicht zuletzt die westliche Wertorientierung.
Autorenporträt
Frank Sieren, geb. 1967, gilt als 'einer der führenden China-Spezialisten' (Die Zeit). Der Korrespondent verschiedener namhafter Zeitschriften, u. a. WirtschaftsWoche, Capital und Vanity Fair, lebt seit 1994 in Peking.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.06.2008

Neue Spielregeln?
Chinas Aufstieg und das gegenwärtige Weltgeschehen

Wenn von China als der "Weltmacht des 21. Jahrhunderts" die Rede ist, schwingt noch die Faszination mit, die dieses "Reich der Mitte" seit Marco Polos Reisebericht in Europa immer wieder auslöst. Im Verborgenen bleibt dabei, wie sich China als Weltmacht in Szene setzen wird. Als "Werkbank der Industrieländer" konnte es zwar Devisen verdienen, aber daraus allein resultiert noch kein Weltmachtstatus. Ist es aber auf dem Weg dahin? Wie China seine Interessen im globalen Wirtschaftsgeschehen verfolgt, das zeigt der Wirtschaftsjournalist Frank Sieren und meint mit dem "Gefügigmachen" der Welt eher die Erfolge chinesischer Wirtschaftsaußenpolitik. Die westlichen Wertorientierungen und das gegenwärtige Weltgeschehen werden gleichzeitig in den Blick genommen, und der für die Menschenrechte und die Gleichheit der Menschen streitende Abendländer wird mit dem "schockierenden" Satz konfrontiert: "Die Chinesen wollen den gleichen Lebensstandard wie wir, und das ist ihr gutes Recht." Dieser Satz bildet die Grundfärbung des ganzen Buches.

Zwischen den Zeilen ist zugleich die Rede von den Irrtümern und Fehlern des Westens. Diese verknüpft der chinaerfahrene Autor mit der Botschaft: "Das Jahrhundert des Teilens hat gerade erst begonnen." Die Begründung dieser These ist nur die eine Seite des Buches, der Rahmen, in dem acht zum Teil lange und doch gut lesbare Reportagen und Rechercheergebnisse den Leser in ihren Bann ziehen. Zunächst nähert sich der Autor China von seinen unmittelbaren Rändern her und schildert, wie das Unternehmen "Li & Fung" von Hongkong aus die Warenbeschaffung für die Handelskonzerne der Welt global organisiert. Die Mongolei dient als Beispiel für die Ausbeutung an den Rändern Chinas. Statt aber von den Rändern ins Innere Chinas vorzudringen, die unkontrollierte Ausbeutung in den einzelnen Nachbarländern zu thematisieren und den Raubbau an Ressourcen und die Selbstausbeutung Chinas zu beschreiben und die wachsenden sozialen Spannungen hervorzuheben, betont Sieren am Fall Nordkoreas die außenpolitische Gestaltungskraft Chinas, aber auch die Notwendigkeit für China, sich international zu engagieren. Dies wird am Beispiel Afrikas veranschaulicht, wo China derzeit seine Überlegenheit ausspielt und sich Schritt für Schritt Erfolge einstellen.

Die "Megageschäfte in Afrika", wenn etwa Rohstoffe gegen Infrastruktur getauscht werden, werden als Win-win-Ereignisse für beide Seiten geschildert. Die tatsächlichen und oft auch nur in der Presse konstruierten Menschenrechtsverletzungen dagegen ordnet Sieren mit der Feststellung ein: "Auch die Entwicklung der französischen und englischen Nation war kein Kindergeburtstag." Seitdem "die Asiaten an Bord sind", gehe es in Afrika bergauf. Die solide recherchierten Zahlen und Zusammenhänge werden immer wieder zugespitzt: "Während Hu Milliarden investiert, preist Merkel Mikrokredite." Die Unverzichtbarkeit des Knowhows deutscher Ingenieure für die Qualitätssicherung und damit das Gelingen bei afrikanisch-asiatischen Infrastrukturmaßnahmen wird zugestanden, doch der Wohlstand des Westens wird sich wohl nicht allein dadurch sichern lassen, dass man "Pfusch am Bau" verhindert.

Die Reportagen Sierens werfen ungewohnte Blicke auf einzelne Länder Afrikas, und nach der Lektüre des "Genozid Light. China im Sudan" überschriebenen Kapitels wird man das Thema Darfur und George W. Bushs Rede vom Genozid in einem neuen Licht sehen. Wenn der Westen nicht mehr die Macht hat, internationale Spielregeln durchzusetzen, wäre es dann nicht besser, dieser ließe sich auf die neuen Spielregeln ein? Das ist das Plädoyer des Autors, und jeder, der Verantwortung trägt im Westen, sollte dieses Buch zur Kenntnis nehmen. Was im gerade beginnenden "Jahrhundert des Teilens", so das Schlusskapitel, der China-Schock für Europa bedeutet, ist noch nicht ausgemacht, aber Aufschwung und Wohlstand Chinas könnten für den Westen wie für Afrika zu einem Win-win-Spiel werden. Dazu muss man China auch von innen verstehen, um sein Handeln in der Welt zu deuten. Dies setzt neue Konzepte voraus und eine andere Sicht auf die Akteure. Nur wer sich selbst kennt und den anderen, so der Militärstratege Sunzi aus dem dritten Jahrhundert v. Chr., wird siegreich bleiben. Sieren weiß natürlich, dass es neben dem, was der Blick auf das globale Marktgeschehen erfasst, noch andere Seiten gibt, etwa in Wertetraditionen gegründete Erfolge des Westens, die auch von den Eliten Chinas bewundert werden und für die sie sich interessieren. Jenseits der globalen Rohstoffnachfrage gibt es eine Nachfrage nach Sinn und nach Legitimität, und ohne diese bleiben auch die Gewinne ungewiss. Es ist zu hoffen, dass der China-Schock dem Westen zu einer neuen Weltoffenheit und zur Einsicht in die zum Teil von ihm selbst erzeugten Widersprüche verhilft.

HELWIG SCHMIDT-GLINTZER

Frank Sieren: Der China-Schock. Wie Peking sich die Welt gefügig macht. Econ Verlag, Berlin 2008. 240 S., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Dass hier einer den genauen Blick auf die Chinesen nicht scheut, hält Marcus Engler für bemerkenswert. Unaufgeregt und mit Kenntnis des Landes und seiner Menschen, denen Engler in diesem Buch begegnet, Geschäftsleute und Politiker, unterwegs in Nigeria, Sudan oder Iran. Die These vom gut durchdachten, effektiven ökonomischen Engagement Chinas in Ländern wie diesen reizt den Rezensenten zwar zum Widerspruch, doch scheint sie ihn auch zu faszinieren. Als Mangel empfindet er allerdings, dass der Asienspezialist Frank Sieren keine soziologische Perspektive anzubieten hat, die die Gewinner und Verlierer der im Buch aufgezeigten globalen wirtschaftlichen und kulturellen Veränderungen differenzierter sichtbar macht. An der Brillanz des Buches indessen ändert das laut Engler nichts. Sierens Rechercheleistung betreffend historische Zusammenhänge und die von ihm durch "Geschichten und Begegnungen" illustrierten geopolitischen Machtverhältnisse ergeben für Engler nicht weniger als eine nicht eurozentrische Geschichte der Globalisierung, die nichts verharmlost und auch nicht die Augen verschließt vor Entwicklungen, die längst im Gang sind.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.08.2008

Handeln statt diskutieren
Die pragmatische und erfolgreiche chinesische Außenpolitik
Nicht nur in Tibet, auch im fernen Ausland treten die Chinesen nicht zimperlich auf. In Afrika verkaufen sie in neokolonialem Gewand Waffen an menschenverachtende Regime, um deren Rohstoffe auszubeuten. Zudem halten sie ihre mächtige Hand über die Diktatoren in Iran und Nordkorea. So sieht der aufgeschreckte Westen das Reich der Mitte. Der Asienspezialist Frank Sieren, der seit 15 Jahren in Peking lebt, präsentiert in seinem neuen Buch eine andere Sicht. Er erzählt von chinesischen Geschäftsleuten und Politikern in Nordkorea, Nigeria, im Sudan und in Iran. „Die Chinesen stellen keine Fragen. Sie bieten gegen niedrige Kredite an, die Infrastruktur aufzubauen, und bekommen dafür Bodenschätze.” Sie bauen Eisenbahnlinien, Raffinerien und Häfen. Deutsche Ingenieure kontrollieren dann im Auftrag afrikanischer Regierungen die chinesischen Bauarbeiter. Trotz Korruption und moralischer Bedenken ist das am Ende gut für die Menschen, urteilt der Autor, der all diese Länder bereist hat. Denn ohne Strom und Straßen sei Good Governance unmöglich.
Sieren nennt den neuen chinesischen Weg „Mutter-Courage-Ökonomie”. Ein sudanesischer Taxifahrer, der bei ihm wie viele andere vermeintliche Zaungäste der Globalisierung zu Wort kommt, kommentiert: „Die Chinesen diskutieren und besichtigen nicht, sie handeln.” Das kenne er vom Westen nicht. „Und sie respektieren unsere Religion.”
Der wachsende Einfluss Chinas verringert die Spielräume des Westens. „Jeden Tag”, so eine seiner Thesen, „verschiebt das Reich der Mitte die Weltwirtschaft ein wenig zu seinen Gunsten, bisher unaufhaltsam und für unser Zeitgefühl überraschend schnell.” Die politische Machtverlagerung folgt der wirtschaftlichen. Und damit steigt der kulturelle Einfluss. Ein Scheitern des chinesischen Projekts infolge innerer Konflikte ist eine Schimäre. Zu viele Menschen profitieren vom chinesischen Wirtschaftswunder. Trotz Tibet.
Sieren widerspricht damit neoliberalen Predigern und leichtzüngigen Politikern, die behaupten Freihandel und Globalisierung seien ein Win-Win-Geschäft. Der langsame Abstieg des Westens sei vorprogrammiert. Überraschend kommt er zu dem Schluss: „Wir haben kein Recht, uns darüber zu beklagen. Denn die Vernetzung der globalen Wirtschaft und ihre Folgen machen die Welt gerechter.” Der Autor ist überzeugt, dass die westliche Maxime „One man, one vote” sich langsam aber stetig auch auf globaler Ebene durchsetzt. Einstweilen wird die Entwicklung von mächtigen, effizienten und erfolgreichen Diktaturen vorangebracht. Am Ende ist der Westen eine kleine Minderheit, dessen exklusive Position sich nicht halten lässt.
Sierens Thesen sind ungewöhnlich, man will widersprechen. Passiert dem Westen auf globaler Ebene, was dem Adel in den Nationalstaaten des 19. Jahrhunderts widerfuhr, wie der Autor behauptet? Auch die Adligen waren überzeugt, dass ihre Werte für die Nation das Beste seien. Doch als die Mehrheit ihre Rechte einforderte waren sie machtlos. Die Chinesen beschleunigen diesen nun globalen Prozess, indem sie sich mit vom Westen geächteten, schwachen Staaten zusammentun. In Iran versuchen sie langfristige Vertrauensverhältnisse zu den Wirtschaftsreformern eines Mullah-Regimes aufzubauen, das ihnen genauso suspekt ist wie dem Westen. Die Trennung von Staat und Religion ist auch den Chinesen heilig. Doch sie sind überzeugt, dass „Wandel durch Annäherung” erfolgreicher ist als Ausgrenzungen.
Gewinnen würde das Buch durch eine soziologische Perspektive, die differenzierter danach fragt, welche Gruppen im Westen und in China von den globalen Verschiebungen profitieren und welche abgehängt werden. Hier scheint Sierens Argumentation zu pauschal. Dennoch ist es ein brillantes Buch. Geschichten und Begegnungen, wie die Freundschaft zwischen einem chinesischen und einem sudanesischen Lokführer, haben ebenso ihren Platz wie geopolitische Machtverflechtungen und gut recherchierte historische Zusammenhänge.
Sieren erzählt uns eine alternative Geschichte der Globalisierung. Eine Geschichte, die im eurozentrischen Weltbild nicht vorkommt. Eine Geschichte, in der andere Maßstäbe gelten, auch in Fragen der Menschenrechte. Sieren verharmlost nicht das Leid unzähliger Menschen unter Diktatur und Bürgerkrieg. Aber er denkt weiter, wo andere aufgrund moralischer Scheuklappen, vielleicht auch aus Furcht vor den Verschiebungen der Weltordnung, sich nicht hinwagen. Wir müssen nicht mögen, wie die Chinesen vorgehen, aber deswegen nicht genau hinzugucken, können wir uns nicht mehr leisten. MARCUS ENGLER
FRANK SIEREN: Der China Schock. Wie Peking sich die Welt gefügig macht. Econ Verlag, Berlin 2008. 432 Seiten, 19,90 Euro.
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