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Um die Grundlagen für eine völkerstrafrechtliche Dogmatik des Allgemeinen Teils zu entwickeln, arbeitet Kai Ambos zunächst auf der Basis von völkerstrafrechtlicher Rechtsprechung und Kodifikationen general principles heraus, die er anschließend einer Systematisierung und Dogmatisierung unterzieht. Dabei beschränkt er sich auf die zentralen Sachbereiche eines "völkerstrafrechtlichen AT", insbesondere die Beteiligungslehre und die Vorgesetztenverantwortlichkeit. Neben der deutschen berücksichtigt der Autor insbesondere die spanische, französische und angloamerikanische Strafrechtslehre.
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Produktbeschreibung
Um die Grundlagen für eine völkerstrafrechtliche Dogmatik des Allgemeinen Teils zu entwickeln, arbeitet Kai Ambos zunächst auf der Basis von völkerstrafrechtlicher Rechtsprechung und Kodifikationen general principles heraus, die er anschließend einer Systematisierung und Dogmatisierung unterzieht. Dabei beschränkt er sich auf die zentralen Sachbereiche eines "völkerstrafrechtlichen AT", insbesondere die Beteiligungslehre und die Vorgesetztenverantwortlichkeit. Neben der deutschen berücksichtigt der Autor insbesondere die spanische, französische und angloamerikanische Strafrechtslehre.

Die hervorragende Aufnahme der ersten Auflage hat den Verlag zu einer zweiten Auflage bewogen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.08.2003

Da sieht Amerika aber alt aus
Zwei Pionierleistungen zum Völkerstrafrecht setzen Maßstäbe

Das Völkerstrafrecht hat durch das Rom-Statut eines internationalen Strafgerichtshofs (1998) zum ersten Mal eine gesetzliche Grundlage erhalten. Auch Deutschland hat sich im Jahre 2002 ein Völkerstrafgesetzbuch gegeben. Trotz des amerikanischen Boykotts richten sich viele Hoffnungen für eine zukünftige Friedenssicherung auf die jetzt auf nationaler und internationaler Ebene möglich werdende Verfolgung völkerstrafrechtlicher Delikte wie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und sonstige Kriegsverbrechen.

Diese Entwicklung hat das vorher sehr rudimentäre Völkerstrafrecht in den Rang einer selbständigen juristischen Disziplin erhoben, die auf dem Grenzgebiet von Völkerrecht und Strafrecht angesiedelt ist. Wer in diesem durch die Fülle einer weit zerstreuten internationalen Literatur unübersichtlichen Bereich ebenso rasch wie umfassend informiert werden will, ist mit den beiden hier anzuzeigenden dickleibigen Büchern gut bedient. Sie überschneiden sich kaum, sondern ergänzen einander.

Das Werk von Kai Ambos, eine Münchener Habilitationsschrift, zerfällt in drei klar geschiedene Teile. Der erste enthält eine Schilderung und Analyse der bisherigen völkerstrafrechtlichen Rechtsprechung von den Nürnberger Urteilen bis hin zu den Jugoslawien- und Ruanda-Tribunalen. Der zweite schildert alle bisherigen Kodifikationsbemühungen, die mit den sogenannten sieben Nürnberger Grundsätzen beginnen und durch zahlreiche internationale Abkommen und zum Teil auch private Entwürfe fortgesetzt worden sind, bis das Rom-Statut dann alle diese Bemühungen durch ein grundlegendes Gesetzgebungswerk gekrönt hat. Der dritte Teil des Buches ist der wichtigste und originellste. Unter der schlichten Überschrift "Ansätze einer Dogmatisierung" versucht Ambos, die allgemeinen Lehren des Völkerstrafrechts, wie sie sich aus der bisherigen Rechtsprechung, aus internationalen Regelungen und vor allem aus dem Rom-Statut entwickeln lassen, zu einem zusammenhängenden juristischen Regelwerk auszuarbeiten.

Dieser "Allgemeine Teil des Völkerstrafrechts", den schon der Titel des Buches ankündigt, behandelt nicht die einzelnen völkerstrafrechtlichen Delikte, sondern die für diese geltenden gemeinsamen Grundlagen. Das sind vor allem die Lehren von Täterschaft und Teilnahme, die sogenannte Vorgesetztenverantwortlichkeit, der Versuch, die subjektiven Voraussetzungen der individuellen Verantwortlichkeit einschließlich des Irrtums und die Strafausschließungsgründe.

Wenn man in diesen Bereichen allgemein anerkannte Grundsätze entwickeln will, muß man nicht nur die völkerstrafrechtlichen "Materialien" der ersten beiden Teile des Buches, sondern auch die wichtigsten nationalen Strafrechtsordnungen gut kennen. Denn es handelt sich um Themen, die auch das auf andere Delikte zugeschnittene Strafrecht gründlich behandelt; diese Erkenntnisse können teilweise und manchmal in abgewandelter Form in das Völkerstrafrecht übertragen werden. Wer eine solche Arbeit unternimmt, muß also auch ein geschulter, wenigstens die wichtigsten europäischen Sprachen beherrschender Rechtsvergleicher sein.

Ambos wird dem großen Anspruch, den ein solches Arbeitsprojekt stellt, in höchst anerkennenswerter Weise gerecht. Er verarbeitet umfassend das deutsche Strafrecht, was sich durch dessen internationale Geltung rechtfertigen läßt, berücksichtigt aber auch viel Literatur aus dem sonstigen kontinentaleuropäischen und dem anglo-amerikanischen Rechtskreis. Angesichts des riesigen Umfanges an Stoff und an Problemen, der zu bearbeiten war, können nicht alle Partien auf derselben Höhe stehen wie zum Beispiel der Abschnitt über "Die Grundformen strafbarer Beteiligung", der ein besonderes Glanzstück des Buches bildet. Aber alles in allem bietet Ambos doch erheblich mehr als die von ihm versprochenen "Ansätze". Sein Buch ist der erste Entwurf einer allgemeinen Verbrechenslehre auf dem Gebiet des Völkerstrafrechts, an den alle weiteren Arbeiten werden anknüpfen müssen. Es handelt sich um eine Pionierleistung.

Die Arbeit von Christina Möller, eine Münsteraner Dissertation, setzt anders an. Der im Titel erwähnte internationale Strafgerichtshof, das Rom-Statut und die juristischen Voraussetzungen völkerstrafrechtlicher Verantwortlichkeit werden nicht näher behandelt. Statt dessen widmet sich die Autorin - insoweit dem Titel entsprechend - den kriminologischen, straftheoretischen und rechtspolitischen Aspekten des Völkerstrafrechts, die bei Ambos zugunsten einer juristischen Beurteilung in den Hintergrund gerückt waren.

In einem ersten Abschnitt von rund zweihundert Seiten liefert die Autorin eine "Bestandsaufnahme völkerstrafrechtlich relevanter Ereignisse der Menschheitsgeschichte". Sie schildert in diesem Rahmen die schlimmsten "Menschheitsverbrechen" der letzten tausend Jahre, von denen die bei weitem meisten keine strafrechtlichen Konsequenzen nach sich gezogen haben: die Kreuzzüge, die Auslöschung der Ureinwohner Amerikas, die Bartholomäusnacht und die Hugenottenverfolgung in Frankreich, die Verfolgung der Schotten durch die Engländer im achtzehnten Jahrhundert, vor allem aber die Massaker des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Völkermorde an den Armeniern, an den europäischen Juden, in Kambodscha und Ruanda, die Untaten des Vietnam-Krieges, verschiedener Militärregime in Südamerika (Argentinien, Chile, El Salvador) und des Krieges in Jugoslawien sowie die Menschenrechtsverletzungen des Apartheids-Regimes in Südafrika werden ziemlich ausführlich dargestellt und aus zuverlässigen Quellen belegt.

Es folgen dann auf weiteren knapp zweihundert Seiten "kriminologische und rechtspolitische Folgebetrachtungen". Sie gelten vor allem den kriminologischen Strukturen der "Makrokriminalität". Dabei kann die Autorin vielfach an die in diesem Bereich grundlegenden Arbeiten von Herbert Jäger anknüpfen, der unter Makrokriminalität (im Gegensatz zur sogenannten Alltagskriminalität) "die in ihren destruktiven Wirkungen besonders gravierenden und gefährlichen Großformen kollektiver Gewalt" versteht.

Die Autorin beschäftigt sich in diesem Zusammenhang mit der Frage, wie sonst leidlich sozialisierte Menschen dazu gebracht werden können, sich an derartigen Greueltaten zu beteiligen: durch die Vorgaukelung höherer Notwendigkeiten, durch den Abstumpfungseffekt geschäftsmäßigen Tötens und durch die Dehumanisierung der Opfer, die als minderwertige Menschen dargestellt werden. Ausführlich wird die individuelle Zurechenbarkeit bei solchen Kollektivverbrechen diskutiert und mit Recht bejaht. Menschheitsverbrechen müßten "als das wahrgenommen werden, was sie darstellen: Schwerstverbrechen . . .". Gleichwohl tritt Möller aus pragmatischen Gründen - wegen der "Leistungsgrenzen des Strafrechts" - für eine Beschränkung der Strafverfolgung auf besonders schwerwiegende Fälle ein. Ein weiterer Abschnitt untersucht die opferspezifischen Aspekte der Makrokriminalität, wo die Aufmerksamkeit der Autorin vor allem den Frauen und Kindern als Opfer und auch dem Phänomen der "Kindersoldaten" bei diesen Verbrechen gilt.

In einem dritten Hauptteil der Arbeit beschäftigt sich Möller - wiederum auf rund zweihundert Seiten - mit der "straftheoretischen Einbindung des Völkerrechts", also mit der Frage, welche Zwecke mit der gerichtlichen Ahndung völkerstrafrechtlicher Delikte verfolgt und erreicht werden können. Sie legt das Schwergewicht recht einleuchtend auf die "Erziehung durch globale Stigmatisierung", das heißt auf die Schaffung universaler Wertvorstellungen und die Durchsetzung der Einsicht, "daß Politik kriminell, ja schweres und sogar international strafwürdiges Verbrechen sein kann". Einen weiteren, spezifisch völkerstrafrechtlichen Strafzweck sieht sie in der Verdeutlichung, daß nicht ein "Volk" oder eine "Gruppe", sondern individuelle Personen an diesen Verbrechen schuldig und für sie verantwortlich seien; dadurch werde der "Perpetuierung von Feindbildern" entgegengewirkt. Daneben treten in gleichem Range "die Rechte des Opfers auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Wiedergutmachung".

Beide Bücher zusammen ersetzen in den von ihnen behandelten Bereichen des Völkerstrafrechts eine ganze Bibliothek. Die Literaturverzeichnisse umfassen jeweils mehr als fünfzig Seiten; dazu liefert Ambos noch drei Anhänge mit Quellennachweisen und Normtexten. Die Bücher eignen sich nicht nur als Lektüre für Spezialisten des Völkerstrafrechts. Da sie übersichtlich und in allgemein verständlicher Sprache geschrieben sind, werden auch Politiker, Publizisten, Lehrer und alle, die an der Entwicklung des Völkerstrafrechts interessiert sind, aus ihnen großen Nutzen ziehen können. Denn sie sind einerseits Fundgruben des einschlägigen, sonst nur aus zahllosen Publikationen erlangbaren Wissens. Sie beziehen andererseits aber auch eigenständige Positionen und tragen in fesselnder Weise zur Entwicklung einer Wissenschaft bei, die immer noch in der Phase des Aufbruchs steht.

CLAUS ROXIN

Kai Ambos: "Der Allgemeine Teil des Völkerstrafrechts". Ansätze zu einer Dogmatisierung. Duncker & Humblot Verlag, Berlin 2002. 1058 S., geb., 76,- [Euro].

Christina Möller: "Völkerstrafrecht und Internationaler Strafgerichtshof" Kriminologische, straftheoretische und rechtspolitische Aspekte. LIT-Verlag, Münster 2003. 712 S., geb., 44,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ein enormer Anspruch und nichts geringeres als eine "Pionierleistung" - Claus Roxin spricht Kai Ambos seine uneingeschränkte Hochachtung dafür aus, als erster eine "allgemeine Verbrechenslehre" des Völkerstrafrechts entworfen zu haben, und zwar mit viel Originalität und Gelehrsamkeit. Das Völkerstrafrecht, erklärt er, ist eine noch junge Disziplin und überdies eine Art Zwitter aus Völkerrecht und individuellen strafrechtlichen Bestimmungen, die sich von Land zu Land unterscheiden können. Es müssen also allgemeine Grundlagen - wann ist man Täter, wann Teilnehmer, wie verhält sich es sich mit der individuellen Schuld von Befehlsempfängern, etc. - für die Beurteilung konkreter Delikte her, und genau die formuliere Ambos, nachdem er zunächst ausführlich den bisherigen Stand des Völkerstrafrechts Revue passieren lasse. Und alles auch noch "übersichtlich und in allgemein verständlicher Sprache". Alle anderen, meint Roxin, werden sich auf ihn beziehen müssen.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Sein Buch ist der erste Entwurf einer allgemeinen Verbrechenslehre auf dem Gebiet des Völkerrechts, an den alle weiteren Arbeiten werden anknüpfen müssen. Es handelt sich um eine Pionierleistung." Prof. Dr. Claus Roxin, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Neue Sachbücher vom 01.08.2003