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Säkularisierung, Verwissenschaftlichung und Fortschritt galten lange als Grundtendenzen der neuzeitlichen Geschichte. Diese Auffassung wurde von der postmodernen Geschichtstheorie grundsätzlich in Frage gestellt. Ihrzufolge unterscheidet sich die Selbstinterpretation der Moderne als Zeitalter fortschreitender Verwissenschaftlichung nicht wesentlich von den mythischen Weltdeutungen, die die moderne Geschichtswissenschaft abzulösen vorgab.
Der Autor verfolgt das Verhältnis der modernen Geschichtswissenschaft zu einer vormodernen Lebensform wie der der Religion von den Anfängen moderner
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Produktbeschreibung
Säkularisierung, Verwissenschaftlichung und Fortschritt galten lange als Grundtendenzen der neuzeitlichen Geschichte. Diese Auffassung wurde von der postmodernen Geschichtstheorie grundsätzlich in Frage gestellt. Ihrzufolge unterscheidet sich die Selbstinterpretation der Moderne als Zeitalter fortschreitender Verwissenschaftlichung nicht wesentlich von den mythischen Weltdeutungen, die die moderne Geschichtswissenschaft abzulösen vorgab.

Der Autor verfolgt das Verhältnis der modernen Geschichtswissenschaft zu einer vormodernen Lebensform wie der der Religion von den Anfängen moderner Geschichtstheorie in der Aufklärung bis zur Postmoderne. Am Beispiel der Einschätzung der Zukunftsfähigkeit des Kirchenstaates im Zeitalter der Aufklärung soll verdeutlicht werden, wie das Konzept der Modernisierung, die im 18. Jahrhundert als Überwindung konfessioneller Staatlichkeit gedacht wurde, angesichts der Beharrungskraft von Papsttum und Katholizismus im Verlauf der letzten zweihundert Jahre revidiert wurde. Es zeigt sich, daß die moderne Geschichtswissenschaft ihre Haltung zur weltgeschichtlichen Rolle von Wissenschaft und Religion permanent revidiert hat. Im Anschluß an die postmoderne Kritik, die die moderne Wissenschaft als typisch neuzeitliches Machtinstrument versteht, werden die verschiedenen Deutungen des Gegensatzes von Papsttum und Aufklärung nach ihrem Verhältnis zu der politischen Auseinandersetzung um die Rolle von Wissenschaft und Religion in der Gesellschaft befragt. In Anlehnung an die postmodernen Kritiker, die die Erzählung vom wissenschaftlichen Fortschritt als neue Form des Mythos bezeichnen, werden die Geschichten von Papsttum und Aufklärung mit dem Instrumentarium der Erzählforschung untersucht.

Die narratologische Untersuchung macht deutlich, wie die Verwendung bestimmter Erzählmodelle unabhängig von der politischen und konfessionellen Ausrichtung des Autors die Deutungen der geschichtlichen Rolle von Wissenschaft und Religion beeinflußt hat. Sie zeigt, daß sich die Geschichtsschreibung bei der Darstellung der Interaktion von Wissenschaft, Staat, Kultgemeinschaft und Individuum über den gesamten Untersuchungszeitraum der narrativen Schemata bedient hat, die schon den alttestamentarischen, christlichen und humanistischen Erzählungen von der geschichtlichen Rolle des »wahren Wissens« zugrunde lagen. Am Schluß legt Veit Elm dar, inwieweit die Kontroversen der Forschung auf politische Gegensätze bzw. auf die Unverbeinbarkeit der drei Erzählmuster zurückzuführen sind.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Thomas Brechenmacher erklärt zunächst, was er unter einem "aufklärungsresistenten Sachverhalt" versteht. Zum Beispiel den katholischen Kirchenstaat, überhaupt das Papsttum, das allen Unkenrufen der Fortschrittsideologen zum Trotz noch immer existent sei. Für Brechenmacher stellt darum die Dissertation von Veit Elm ein sehr lobenswertes Unterfangen dar, das sich unter Heranziehung vor allem von italienischen Quellen und lokaler Geschichtsforschung um die Aufarbeitung dieses Widerspruchs bemüht. Elm kommt zu dem für Brechenmacher keineswegs erstaunlichen Ergebnis, dass auch die "Fortschrittsgeschichtsschreibung" tief in die eigene Zeit verstrickt war und auf irrationale Erklärungsmuster nicht verzichten konnte. Abgesehen von dem mehr als üppig geratenen Fußnotenapparat hat Brechenmacher an Elms Studie nicht viel auszusetzen - ihm fehlt höchstens eine nachdrücklichere Auseinandersetzung mit dem Kirchenhistoriker Ranke und anderen Vertretern des Historismus, die mit ihrem beschränkten Konzept nach Brechenmacher eher in der Lage waren, Geschichte zu beschreiben, statt "zu dozieren, wie Geschichte sein sollte".

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