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In einem so leidenschaftlichen wie aufrüttelnden Appell kämpft Helmut Kohl für sein und unser Europa. Er macht deutlich, warum Europa für Frieden und Freiheit im 21. Jahrhundert existentiell bleibt und warum auch er voller Sorge ist. Nachvollziehbar und aus eigenem Erleben erklärt der Kanzler der Einheit und Ehrenbürger Europas, wie die Idee des geeinten Europas entstanden ist, wie Europa sich seit 1945 entwickelt hat, wie Europa funktioniert, wie es zum Euro kam und warum der Euro richtig und wichtig bleibt. Helmut Kohl legt zugleich den Finger in die Wunde: Er benennt die Fehler, die später…mehr

Produktbeschreibung
In einem so leidenschaftlichen wie aufrüttelnden Appell kämpft Helmut Kohl für sein und unser Europa. Er macht deutlich, warum Europa für Frieden und Freiheit im 21. Jahrhundert existentiell bleibt und warum auch er voller Sorge ist.
Nachvollziehbar und aus eigenem Erleben erklärt der Kanzler der Einheit und Ehrenbürger Europas, wie die Idee des geeinten Europas entstanden ist, wie Europa sich seit 1945 entwickelt hat, wie Europa funktioniert, wie es zum Euro kam und warum der Euro richtig und wichtig bleibt.
Helmut Kohl legt zugleich den Finger in die Wunde: Er benennt die Fehler, die später beim Euro gemacht wurden, und die Fehlentwicklungen, die weit über die Grenzen Europas hinausreichen. Er beklagt mangelnde Ernsthaftigkeit im Umgang mit dem Projekt Europa und politische Fehlentscheidungen aus wahltaktischen Gründen.
Der Ehrenbürger Europas schließt mit der Grundüberzeugung, die sein Handeln und Leben immer bestimmt hat: Europa ist unser Schicksal. Es ist Verantwortung und Verpflichtung zugleich. Europa ist eine historische Chance, aber wir müssen sie auch ergreifen. Vor allem muss die Politik wieder beherzt und entschlossen vorangehen und muss Europa wieder eine Herzensangelegenheit der Menschen werden.
Autorenporträt
Dr. Helmut Kohl, geboren am 3. April 1930 und verstorben am 16. Juni 2017 in Ludwigshafen am Rhein. Seit 1947 Mitglied der CDU. Von 1959 bis 1976 Mitglied des Landtags von Rheinland-Pfalz. Von 1969 bis 1976 Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz. Von 1973 bis 1998 Bundesvorsitzender der CDU. Von 1976 bis 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages. Vom 1. Oktober 1982 bis 27. Oktober 1998 Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Helmut Kohl ist mit 16 Jahren Regierungszeit bis heute der am längsten amtierende deutsche Bundeskanzler. Er war der sechste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland und der erste Bundeskanzler des wiedervereinten Deutschland. Im Dezember 1998 wurde er zum Ehrenbürger Europas ernannt. Helmut Kohl lebte bis zu seinem Tod mit seiner Frau Dr. Maike Kohl-Richter in seiner Heimatstadt Ludwigshafen.
Rezensionen
"Auf 120 Seiten hat Kohl sein Europa-Credo zusammengefasst, für alle jene, die weit nach ihm geboren sind, und in der EU nicht länger das große kontinentale Friedensprojekt sehen, das es mit aller Kraft voranzutreiben gilt." -- Süddeutsche Zeitung, 04.11.2014

"... eines der wichtigsten politischen Dokumente unserer Zeit." -- BILD, 03.11.2014

"In seinem Buch rechnet Kohl ab mit seinen politischen Nachfolgern in der Bundesrepublik, wirft ihnen 'Geschichtslosigkeit', 'Mutlosigkeit' und 'Kleinmut' vor." -- Frankfurter Rundschau, 04.11.2014

"... eine Mahnung und zugleich der Versuch, die Deutungshoheit über sein Lebenswerk zurückzugewinnen." -- Wirtschaftswoche (online), 03.11.2014

"Das Altkanzler Helmut Kohl nicht viel von der Euro-Politik seines Nachfolgers Gerhard Schröder hält, ist bekannt. In seinem (...) Buch (...) hat Kohl die Vorwürfe zugespitzt." -- Frankfurter Rundschau (online), 01.11.2014

"Helmut Kohl zeigt sich in seinem neuen Buch (...) gewohnt angriffslustig" -- N-TV (online), 01.11.2014

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.11.2014

„Unnötige Spannungen“
Helmut Kohl ist sehr unzufrieden: Die deutsche Europapolitik hält er für miserabel. Und der
Konflikt in der Ukraine dürfe nicht dazu führen, dass die Partnerschaft mit Russland zuschanden gehe
VON FRANZISKA AUGSTEIN
Wenn Helmut Kohl, der „Europa-Kanzler“, in seinem hohen Alter einen Europa-Appell publiziert, dann erwarten seine Anhänger, dass er endlich sage, was kleineren Geistern nicht einfällt. Er sagt: „Mit mir als Bundeskanzler wäre das niemals geschehen.“ Er glaubt, dass die Regierungen nach ihm aus dem Blick verloren hätten, wie wichtig die EU ist: Sie stehe für „Frieden und Freiheit“. Überdies habe Deutschland seine außenpolitischen Beziehungen vernachlässigt, sowohl die zu den USA als auch die zu Russland.
  Kohls Gegner sind auch für Frieden und Freiheit, fragen sich aber, wie die Meinungen des kranken Altkanzlers, der nur mehr mühsam reden kann, ihren Fluss in Manuskriptform fanden. Maike Kohl-Richter hat daraus kein Geheimnis gemacht: Sie kann ihren Mann auch dann verstehen, wenn andere, die ihn nur gelegentlich sehen, lediglich Genuschel vernehmen. Was er sagte oder andeutete, hat sie nachrecherchiert. Der Weg zum Archiv war in der Regel nicht weit: 400 Aktenordner lagern im Keller seines Hauses in Oggersheim.
  Maike Kohl-Richter, die vier Jahre lang unter Kohl im Kanzleramt arbeitete und Reden für ihn schrieb, kennt die Diktion ihres früheren Chefs sehr gut. Das Buch erfüllt seinen Zweck: Da spricht Helmut Kohl; da bäumt ein geschwächter, innerlich aber kraftvoller Staatsmann sich nochmals auf, um für den europäischen Gedanken zu werben und die „Sozen“ – wie er sie früher nannte, in diesem Buch aber nicht – samt den Grünen in den Staub zu treten.
  Unter den aus Kohls Sicht im Hinblick auf Deutschland „verantwortungslosen“ und im Hinblick auf den Europa-Gedanken „verräterischen“ Politikern der SPD und der Grünen ist Joschka Fischer der einzige, dem die Ehre zuteil wird, namentlich verteufelt zu werden. Kohl neigte stets dazu, Leute, die er missachtet, nicht beim Namen zu nennen. Gern hätte man erfahren, ob er bei Fischer aus Gründen eine Ausnahme machte. Oder war das einfach nur ein Ausrutscher, der Maike Kohl-Richter unterlief und den ihr Mann versehentlich nicht korrigierte?
  Maike Kohl-Richter hat sich vieles nachsagen lassen müssen, vieles, was einer liebenden Frau wehtut. Was dieses Buch angeht, würden alle Anwürfe fehlgehen: Kohls furioser Europa-Appell ist authentisch. Denn fast alles, was er nun mithilfe seiner Frau zu Buche brachte, hat er schon früher gesagt.
  Immer schon war er nicht bloß für eine Währungsunion, sondern auch für eine politische Union. Wie Letztere zustande kommen soll, ist bis heute unklar. Weil dem Kanzler der Spatz in der Hand lieber war als die Taube auf dem Dach, hat er sich damals mit der Währungsunion zufriedengegeben. Die wirtschaftlichen Folgen waren ihm, der sich auf die Politik versteht wie wenige, die Ökonomie aber links liegen ließ, einerlei. Es kam dann, was von manchen vorhergesagt wurde: Die wirtschaftlich weniger potenten Länder nutzten den Euro, um in einem Ausmaß Kredite aufzunehmen, wie sie es mit ihrer eigenen Währung nicht hätten machen können.
  Als 2007 die Bankenkrise hereinbrach, stellte sich heraus, dass Griechenland so gut wie pleite war. Das Land ist allerdings – rein wirtschaftlich gesehen – ziemlich klein. Die griechische Krise war nicht das Problem; problematisch war allenfalls, wie Europa, die Bundesrepublik vorneweg, damit umgegangen ist. Kohl behauptet jetzt, er habe davor gewarnt, Griechenland in den Euro-Raum aufzunehmen. Das ist wenig plausibel. 2002, als Griechenland der Euro-Zone schon beigetreten war, hat Kohl – auf Wahlkampf für die Union – in einem Festzelt auf dem bayerischen Land gesagt: Er mache sich Sorgen um die Zukunft, die vielen Arbeitslosen und um den „Traktor Deutschland“, der das Schlusslicht sei in Europa hinter Irland und Griechenland (siehe SZ vom 8. 5. 2002). Im Übrigen: Wer wie Kohl für ein geeintes Europa ist und die Politik höher achtet als wirtschaftliche Belange, wird Griechenland, „die Wiege der abendländischen Kultur“ (so steht es in älteren deutschen Schulbüchern), wohl nicht haben ausschließen wollen.
  In dem Buch preist Helmut Kohl, wie stets, die „christlich-abendländischen Traditionen Europas“. Vor Jahren hat er die EU als einen „christlichen Klub“ bezeichnet. Dabei bleibt er. Dass Juden, Muslime und andere, um es mit einem Verbum des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff zu sagen, auch zu Europa „gehören“: Es geht an Kohl vorbei. Ein Beitritt der Türkei zur EU? Für den Altbundeskanzler war das stets eine abwegige Idee, revidiert hat er seine Meinung nicht.
  Wie viele deutsche Politiker, wie Willy Brandt, Egon Bahr und andere, hat Helmut Kohl, spätestens als er 1982 Kanzler wurde, verstanden, dass er eine Linie seines Vorbildes Konrad Adenauer vertiefen musste: Die Sowjetunion durfte man nicht bloß als Feind betrachten. Man musste diplomatisch mit dem Kreml, mit Russland umgehen. Kohl sagt denn auch, dass er mit Putins Vorgänger Boris Jelzin ein gutes Verhältnis gehabt habe.
  Den heute tätigen Politikern und Journalisten, die sich zum Konflikt in der Ukraine äußern, schreibt er ein paar kluge Sätze ins Stammbuch. In den vergangenen Jahren sei „die noch junge Partnerschaft mit Russland“ vernachlässigt worden, „und Befindlichkeiten wurden verkannt“. Über die schon unter seiner Kanzlerschaft geplante Osterweiterung der EU sagt Kohl, dass diese „das Sicherheitsinteresse Russlands natürlich elementar berührt und dass wir auf die Befindlichkeiten Russlands in seinem strategischen Umfeld Rücksicht nehmen mussten, wenn wir keine unnötigen Spannungen riskieren wollten“.
  Genau diese „unnötigen Spannungen“ sind nun da: In der Ukraine herrscht ein Bürgerkrieg. Von einem neuen Kalten Krieg zwischen dem Westen und Russland ist die Rede. Kohl dazu: „Zum Verhalten Russlands und der Situation in der Ukraine kann der Westen natürlich nicht schweigen, aber auch der Westen hätte sich klüger verhalten können. Hier sind auf beiden Seiten Fehler gemacht und Befindlichkeiten offenkundig nicht ausreichend beachtet worden.“ Für diese Worte werden auch Gegner Helmut Kohls ihm dankbar sein.
Helmut Kohl: Aus Sorge um Europa. Ein Appell. Droemer/Knaur, 2014. 119 Seiten, 19,99 Euro.
Als 1992 der Fasching begann, war Helmut Kohl nicht zum Feiern zumute - die blühenden Landschaften im Osten ließen auf sich warten. Heute beklagt er mangelndes Interesse an der Europäischen Union.
Zeichnung: Haderer
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Was der Altkanzler, hier in der Diktion seiner Frau Maike Kohl-Richter, über die Ukrainekrise verlautbaren lässt, hat die Zustimmung von Franziska Augstein: Ja, auch der Westen hat Fehler gemacht. Ansonsten gibt es Einwände von Seiten der Rezensentin. Die von Kohl geforderte politische und Währungsunion innerhalb seines Europa-Appells hört Augstein, allein, sie weiß nicht, wie sie sich bewerkstelligen lässt. Kohl weiß es auch nicht. Dass ihn der EU-Beitritt der Türkei nach wie vor nicht interessiert, er SPD und Grüne beschimpft, bringt Augstein zu folgendem zwiespältigem Urteil: Dieses Buch ist authentisch, auch wenn Helmut Kohl kaum noch zu sprechen vermag, geschweige schreiben, denn was der Altkanzler hier erklärt, hat er beinahe alles schon früher gesagt, meint Augstein.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Der 25. Jahrestag der Grenzöffnung und des Falls der Berliner Mauer und der deutschen Wiedervereinigung verleiht eine besondere Aktualität jenem vor kurzem erschienen Buch, das die persönlichen Erfahrungen sogar das politische Credo Helmut Kohls, eines großen Gestalters der Geschichte des 20. Jahrhunderts, zum Inhalt hat: "Aus Sorge um Europa" (Viktor Orbán, Ministerpräsident Ungarns) Frankfurter Allgemeine Zeitung 20141113
„Unnötige Spannungen“

Helmut Kohl ist sehr unzufrieden: Die deutsche Europapolitik hält er für miserabel. Und der
Konflikt in der Ukraine dürfe nicht dazu führen, dass die Partnerschaft mit Russland zuschanden gehe

VON FRANZISKA AUGSTEIN

Wenn Helmut Kohl, der „Europa-Kanzler“, in seinem hohen Alter einen Europa-Appell publiziert, dann erwarten seine Anhänger, dass er endlich sage, was kleineren Geistern nicht einfällt. Er sagt: „Mit mir als Bundeskanzler wäre das niemals geschehen.“ Er glaubt, dass die Regierungen nach ihm aus dem Blick verloren hätten, wie wichtig die EU ist: Sie stehe für „Frieden und Freiheit“. Überdies habe Deutschland seine außenpolitischen Beziehungen vernachlässigt, sowohl die zu den USA als auch die zu Russland.

  Kohls Gegner sind auch für Frieden und Freiheit, fragen sich aber, wie die Meinungen des kranken Altkanzlers, der nur mehr mühsam reden kann, ihren Fluss in Manuskriptform fanden. Maike Kohl-Richter hat daraus kein Geheimnis gemacht: Sie kann ihren Mann auch dann verstehen, wenn andere, die ihn nur gelegentlich sehen, lediglich Genuschel vernehmen. Was er sagte oder andeutete, hat sie nachrecherchiert. Der Weg zum Archiv war in der Regel nicht weit: 400 Aktenordner lagern im Keller seines Hauses in Oggersheim.

  Maike Kohl-Richter, die vier Jahre lang unter Kohl im Kanzleramt arbeitete und Reden für ihn schrieb, kennt die Diktion ihres früheren Chefs sehr gut. Das Buch erfüllt seinen Zweck: Da spricht Helmut Kohl; da bäumt ein geschwächter, innerlich aber kraftvoller Staatsmann sich nochmals auf, um für den europäischen Gedanken zu werben und die „Sozen“ – wie er sie früher nannte, in diesem Buch aber nicht – samt den Grünen in den Staub zu treten.

  Unter den aus Kohls Sicht im Hinblick auf Deutschland „verantwortungslosen“ und im Hinblick auf den Europa-Gedanken „verräterischen“ Politikern der SPD und der Grünen ist Joschka Fischer der einzige, dem die Ehre zuteil wird, namentlich verteufelt zu werden. Kohl neigte stets dazu, Leute, die er missachtet, nicht beim Namen zu nennen. Gern hätte man erfahren, ob er bei Fischer aus Gründen eine Ausnahme machte. Oder war das einfach nur ein Ausrutscher, der Maike Kohl-Richter unterlief und den ihr Mann versehentlich nicht korrigierte?

  Maike Kohl-Richter hat sich vieles nachsagen lassen müssen, vieles, was einer liebenden Frau wehtut. Was dieses Buch angeht, würden alle Anwürfe fehlgehen: Kohls furioser Europa-Appell ist authentisch. Denn fast alles, was er nun mithilfe seiner Frau zu Buche brachte, hat er schon früher gesagt.

  Immer schon war er nicht bloß für eine Währungsunion, sondern auch für eine politische Union. Wie Letztere zustande kommen soll, ist bis heute unklar. Weil dem Kanzler der Spatz in der Hand lieber war als die Taube auf dem Dach, hat er sich damals mit der Währungsunion zufriedengegeben. Die wirtschaftlichen Folgen waren ihm, der sich auf die Politik versteht wie wenige, die Ökonomie aber links liegen ließ, einerlei. Es kam dann, was von manchen vorhergesagt wurde: Die wirtschaftlich weniger potenten Länder nutzten den Euro, um in einem Ausmaß Kredite aufzunehmen, wie sie es mit ihrer eigenen Währung nicht hätten machen können.

  Als 2007 die Bankenkrise hereinbrach, stellte sich heraus, dass Griechenland so gut wie pleite war. Das Land ist allerdings – rein wirtschaftlich gesehen – ziemlich klein. Die griechische Krise war nicht das Problem; problematisch war allenfalls, wie Europa, die Bundesrepublik vorneweg, damit umgegangen ist. Kohl behauptet jetzt, er habe davor gewarnt, Griechenland in den Euro-Raum aufzunehmen. Das ist wenig plausibel. 2002, als Griechenland der Euro-Zone schon beigetreten war, hat Kohl – auf Wahlkampf für die Union – in einem Festzelt auf dem bayerischen Land gesagt: Er mache sich Sorgen um die Zukunft, die vielen Arbeitslosen und um den „Traktor Deutschland“, der das Schlusslicht sei in Europa hinter Irland und Griechenland (siehe SZ vom 8. 5. 2002). Im Übrigen: Wer wie Kohl für ein geeintes Europa ist und die Politik höher achtet als wirtschaftliche Belange, wird Griechenland, „die Wiege der abendländischen Kultur“ (so steht es in älteren deutschen Schulbüchern), wohl nicht haben ausschließen wollen.

  In dem Buch preist Helmut Kohl, wie stets, die „christlich-abendländischen Traditionen Europas“. Vor Jahren hat er die EU als einen „christlichen Klub“ bezeichnet. Dabei bleibt er. Dass Juden, Muslime und andere, um es mit einem Verbum des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff zu sagen, auch zu Europa „gehören“: Es geht an Kohl vorbei. Ein Beitritt der Türkei zur EU? Für den Altbundeskanzler war das stets eine abwegige Idee, revidiert hat er seine Meinung nicht.

  Wie viele deutsche Politiker, wie Willy Brandt, Egon Bahr und andere, hat Helmut Kohl, spätestens als er 1982 Kanzler wurde, verstanden, dass er eine Linie seines Vorbildes Konrad Adenauer vertiefen musste: Die Sowjetunion durfte man nicht bloß als Feind betrachten. Man musste diplomatisch mit dem Kreml, mit Russland umgehen. Kohl sagt denn auch, dass er mit Putins Vorgänger Boris Jelzin ein gutes Verhältnis gehabt habe.

  Den heute tätigen Politikern und Journalisten, die sich zum Konflikt in der Ukraine äußern, schreibt er ein paar kluge Sätze ins Stammbuch. In den vergangenen Jahren sei „die noch junge Partnerschaft mit Russland“ vernachlässigt worden, „und Befindlichkeiten wurden verkannt“. Über die schon unter seiner Kanzlerschaft geplante Osterweiterung der EU sagt Kohl, dass diese „das Sicherheitsinteresse Russlands natürlich elementar berührt und dass wir auf die Befindlichkeiten Russlands in seinem strategischen Umfeld Rücksicht nehmen mussten, wenn wir keine unnötigen Spannungen riskieren wollten“.

  Genau diese „unnötigen Spannungen“ sind nun da: In der Ukraine herrscht ein Bürgerkrieg. Von einem neuen Kalten Krieg zwischen dem Westen und Russland ist die Rede. Kohl dazu: „Zum Verhalten Russlands und der Situation in der Ukraine kann der Westen natürlich nicht schweigen, aber auch der Westen hätte sich klüger verhalten können. Hier sind auf beiden Seiten Fehler gemacht und Befindlichkeiten offenkundig nicht ausreichend beachtet worden.“ Für diese Worte werden auch Gegner Helmut Kohls ihm dankbar sein.

Helmut Kohl: Aus Sorge um Europa. Ein Appell. Droemer/Knaur, 2014. 119 Seiten, 19,99 Euro.

Als 1992 der Fasching begann, war Helmut Kohl nicht zum Feiern zumute - die blühenden Landschaften im Osten ließen auf sich warten. Heute beklagt er mangelndes Interesse an der Europäischen Union.

Zeichnung: Haderer

DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de

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