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Nach einer wahren Begebenheit Als Siebenjährige kommt die Chinesin Yinna 1937 aus dem von den Japanern besetzten Schanghai nach Brandenburg und lebt als Pflegekind bei der verwitweten Frau von Steinitz. Ihr Vater, ein Freund der Familie von Steinitz, möchte das kleine Mädchen vor dem Krieg in Sicherheit bringen. Doch bald greift der Krieg ein zweites Mal in das Leben von Ina, wie sie in Deutschland genannt wird, ein.
Der Roman erzählt von den Eingewöhnungsschwierigkeiten und dem Alltag einer jungen Ausländerin in einer nazideutschen Kleinstadt zwischen 1937 und 1944, blendet aber auch
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Produktbeschreibung
Nach einer wahren Begebenheit
Als Siebenjährige kommt die Chinesin Yinna 1937 aus dem von den Japanern besetzten Schanghai nach Brandenburg und lebt als Pflegekind bei der verwitweten Frau von Steinitz. Ihr Vater, ein Freund der Familie von Steinitz, möchte das kleine Mädchen vor dem Krieg in Sicherheit bringen. Doch bald greift der Krieg ein zweites Mal in das Leben von Ina, wie sie in Deutschland genannt wird, ein.

Der Roman erzählt von den Eingewöhnungsschwierigkeiten und dem Alltag einer jungen Ausländerin in einer nazideutschen Kleinstadt zwischen 1937 und 1944, blendet aber auch zurück in die Schanghaier Kindheit und in das Peking der Jahrhundertwende. Im Verlauf ihres wechselvollen Lebensweges beginnt Ina zu begreifen, dass Begriffe wie "Freund", "Feind", "Heimat" im persönlichen Leben etwas ganz anderes bedeuten können als in der großen Politik
Autorenporträt
Susanne Hornfeck, Dr. phil, ist Germanistin und Sinologin, Autorin und Übersetzerin. Fünf Jahre lebte und lehrte sie in Taipei. 2007 wurde sie mit dem renommierten C.H. Beck Übersetzerpreis ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.12.2007

Laut und bunt
Kindheit in der Fremde
Brandenburg 1937 ist sehr, sehr deutsch. Als die siebenjährige Yinna aus China von ihrem Vater in die vermeintliche Sicherheit nach Deutschland geschickt wird, weil in ihrem Land der Krieg wütet, gibt es keine weiteren Ausländer in der Stadt. Sie fällt auf mit ihren schwarzen, glatten Haaren und den Mandelaugen. Die erste Zeit erlebt sie wie in einem Zwangskorsett, bestehend aus Regeln und Pünktlichkeit. In ihrer Heimatstadt Schanghai ist es laut und bunt und lebhaft. Hier lebt sie allein bei einer alten Dame und wird Ina genannt. Alles ist fremd, die Kirchen mit Glockentürmen ebenso wie der Brauch, den eigenen Geburtstag zu feiern, in China begehen ihn alle Kinder zusammen am Neujahrstag. Und natürlich alles, was mit Essen zu tun hat, ist hier anders. Angefangen beim Einkaufen – in China kauft man kein Huhn, das man nicht vorher lebend gesehen hat, und die Märkte sind voll bunter Obst- und Gemüsesorten – bis zur Sitte, Messer auf den Tisch zu legen. Das gilt in China als unfein, darum wird alles schon in der Küche vorgeschnitten. Fremd ist auch die Art, wie ein Buch geschrieben und aufgeschlagen wird. Oder der Umstand, dass es bei 28 Grad Celsius in den Schulen hitzefrei gibt. Bei dieser Regelung gäbe es in China so gut wie keinen Unterricht. Brandenburg 1937 ist sehr, sehr deutsch. Außer dem kleinen Chinesen-Mädchen gibt es keine Ausländer in der Stadt.
Alles ist anders als bei ihr zu Hause und durch ihren Blick erfährt der Leser zugleich viel über das Reich der Mitte vor dem Zweiten Weltkrieg. Ina lernt schnell die deutsche Sprache und freut sich an der Einfachheit des Alphabets und der Methode, Wörter aneinanderzuhängen und dadurch neue zu bilden. Kofferraum ist ihr erstes Lieblingswort. Sie findet Anschluss in der Schule und gute Freunde. Den Mitschülern bringt sie das Fingerspiel „Stein, Schere, Papier” bei und erzählt ihnen, dass in China im Lied „Bruder Jakob” statt der Glocken ein rennender Tiger besungen wird.
Doch die kleine Chinesin kommt zur falschen Zeit. Die Politik der Nazis beeinflusst immer mehr das Leben der Menschen. Die Konditorei im Ort wird überfallen und ihre Freundin Inge muss mit ihrer Familie das Land verlassen, weil sie Halbjüdin ist. Ironie der Geschichte, sie zieht nach Schanghai, dem einzigen Ort, der von Juden kein Visum verlangt. Lotte, die andere Freundin, ist ganz aktiv beim Bund deutscher Mädel, bleibt aber Inas beste Freundin und nimmt sie auch mit zu den regelmäßigen Sammelaktionen. Ina aber sitzt zwischen allen Stühlen. Japan, der Feind der Chinesen, ist jetzt Verbündeter ihres Gastlandes. Sie kann nicht mit den anderen Kindern „Sieg Heil” schreien.
Sie erlebt dann den Krieg in Deutschland in voller Härte, mit Bombenangriffen, Nächten im Luftschutzkeller, Hunger, Kälte und Flüchtlingsscharen aus dem Osten, aber immer in der Geborgenheit ihrer Gastmutter Muma. Siebeneinhalb Jahre lebt Ina in Brandenburg, bis sie kurz vor Kriegsende 1945 in die Schweiz zu Verwandten ausreist. 1955 kehrt sie nach Taiwan zurück, aber auch hier fühlt sie sich fremd. Hier gehört sie zwar äußerlich dazu, aber sie beherrscht die Sprache nicht mehr.
Das Leben der kleinen Chinesin ist so ereignisreich und mit ihrem Schicksal lässt sich so viel über die jüngere Geschichte mit ihren weltweiten Bezügen erzählen und erklären, dass dieses Buch mehr ist als ein Roman. Die mehrseitige Zeittafel im Anhang fasst alle wichtigen politischen Ereignisse, die für dieses Buch eine Rolle spielen, zusammen. Damit ist Susanne Hornfeck das geglückt, was man idealer Weise von einem Geschichtsbuch erwartet, Zeitgeschichte auf lebendige Art und Weise zu vermitteln. (ab 12 Jahre) BIRGITT VON MALTZAHN
SUSANNE HORNFECK: Ina aus China, oder Was hat schon Platz in einem Koffer. dtv, Reihe Hanser 2007. 304 Seiten, 8,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.05.2008

Mondfest und Volksweihnacht

Eine junge Chinesin kommt ins nationalsozialistische Deutschland: Aus dieser realen Lebensgeschichte hat Susanne Hornfeck einen Jugendroman geschaffen.

Ein Leben zwischen den Kriegen und Kulturen als Zeitzeugnis des zwanzigsten Jahrhunderts - die Sinologin Susanne Hornfeck verwebt die reale, höchst aufregende Biographie einer Chinesin, die sie in Taiwan kennenlernte, zu einem ambitionierten Jugendroman. Bei Ausbruch des chinesisch-japanischen Kriegs 1937 wurde die siebenjährige Yinna - der Name bedeutet "Silbermädchen" - von ihrem besorgten Vater aus Schanghai auf Schiffs- und Bahnreise zu einer deutschen Bekannten der Familie nach Brandenburg an der Havel geschickt. Das aufgeweckte Mädchen lernte Deutsch und besuchte als Ina die Schule. Im Endstadium des Weltkriegs im April 1945 floh sie in die Schweiz. 1955 übersiedelte sie, zumal eine Rückkehr nach Schanghai wegen der gewandelten politischen Lage nach Gründung der Volksrepublik China nicht in Betracht kam, nach Taiwan.

Die Verbindung von Inas Familie Chen zur Familie der deutschen Pflegemutter reicht dabei bis zum Boxeraufstand 1900 zurück, als Inas Großonkel und der Schwiegervater der Pflegemutter, Major von Steinitz, sich als Offiziere befeindeter Parteien in Peking gegenüberstanden, aber dennoch anfreundeten. Zunächst hält sich Inas Vorfreude auf das "Land, wo es Stubenarrest, Schulranzen und diese schreckliche warme Milch gibt", in Grenzen. Doch allmählich findet sie bei Frau von Steinitz, einer strengen, aber fürsorglichen Witwe, eine zweite Heimat.

Konsequent gleicht dabei die kleine Ina in Hornfecks sinnlichem Roman den Erfahrungshorizont und Bildervorrat, Geräuschkulissen und Gerüche der chinesischen und deutschen Kultur wie Garküchen, Frühlingsrollen und Mondfest einerseits und Bohnerwachs, Malzkaffee oder nationalsozialistische Volksweihnacht andererseits miteinander ab. Während sie von der Disziplin der Fußgänger beeindruckt ist, wundert sie sich, dass Deutsche Hühner kaufen, die sie zuvor nicht lebend gesehen haben. Hornfecks rhetorischer Kunstgriff der Erzählperspektive der außenstehenden, kindlich-neutralen Beobachterin von historischen Vorgängen und Verirrungsmomenten führt das nationalsozialistische System ohne offene Wertung ad absurdum. Die zunehmende Indoktrinierung, Radikalisierung, Rationierung und Mobilisierung des Alltagslebens in Brandenburg werden etwa in Form der Ereignisse wie der Pogrome von 1938 oder des Verführungspotentials der BDM-Romantik und HJ-Paraden dargestellt.

Auch Ina ist kurz geneigt, dem zu erliegen. Doch als sie erfährt, dass ihre Freundin Inge, deren Vater Jude ist, mit ihren Eltern quasi in Gegenbewegung - etwa 17000 Juden fanden Ende der 1930er Jahre in Schanghai ohne Visum Aufnahme - in Inas Heimat auswandert, sieht sie die Dinge in einem anderen Licht. Ina, die von den Deutschen oft für eine Japanerin gehalten wird, gerät in eine Identitätskrise angesichts der Willkür der rassischen Zuordnungen und Allianzen, zumal Japan als Mitglied der Achsenmächte auf Seiten Deutschlands steht: "Was tut man, wenn der Feind plötzlich zum Verbündeten und der Verbündete zum Feind wird?"

Als sich die Bombardements verschärfen und die Ostfront einzubrechen beginnt, flüchtet Ina auf Wunsch ihres Vaters in die Schweiz. Paradoxerweise entpuppt sich die Rückkehr der nunmehr erwachsenen Heldin in den eigenen Kulturkreis nach Taiwan 1955 als eine "Ankunft in erneuter Sprachlosigkeit", wobei sich im Wechsel der Schauplätze die Kulturverortungen relativieren: "Hier ist Ina wieder Yinna, das Silbermädchen. Manchmal wird ihr ganz schwindelig, wenn sie sich fragt, wer sie denn nun eigentlich ist. Eine deutsche Ina mit chinesischem Gesicht, eine chinesische Yinna, die deutsch denkt?"

So ist "Ina aus China" eine Parabel über die Einsamkeit des Kulturenwanderers, über Suche und Flucht, Spracherwerb und Fremdheitserfahrung, aber auch über die grenzüberschreitende Kraft der Freundschaft. Gleichwohl verlangt die Autorin den jungen Lesern wegen der Komplexität der historischen Zusammenhänge einiges ab. Als Versuch eines didaktischen Brückenschlags zwischen den Kulturen ist der Roman aber durchaus lesenswert.

STEFFEN GNAM

Susanne Hornfeck: "Ina aus China oder: Was hat schon Platz in einem Koffer". Roman. Reihe Hanser. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2007. 304 S., br., 8,95 [Euro]. Ab 12 J.

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Sinologin Susanne Hornfeck lehnt ihren ersten Jugendroman an eine wahre Lebensgeschichte an. Jemanden wie die Hauptfigur Yinna beziehungsweise Ina hat es tatsächlich gegeben. Ihr Schicksal ist erstaunlich: Als Siebenjährige gelangt Yinna von China nach Deutschland, und zwar im Jahr 1933. Sie erlebt - nun zu Ina umgetauft - in ihrer Gastfamilie den Aufstieg des Nationalsozialismus, zieht später um in die Schweiz und 1955 nach Taiwan, das ihr allerdings zunächst nur als weitere Fremde erscheint. Der Rezensent Steffen Gnam erkennt in der Wahl der Perspektive - man sieht alles mit den Augen der Heldin - einen gelungenen Verfremdungseffekt im Blick auf die deutsche Geschichte. Eine ganz leichte Lektüre für die damit adressierten jungen Leser ist das Ganze nicht, meint Gnam, lobt das Buch aber, wenn auch ohne großen Enthusiasmus, als "durchaus lesenswert".

© Perlentaucher Medien GmbH
"Der Autorin gelingt ein eindrucksvolles Porträt über ein junges Mädchen, das seinen Platz im Leben sucht."
Der Havelländer 27.03.2008